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Das dokumentarische Theater behandelt historische oder aktuelle politische oder soziale Ereignisse Dabei fungieren juristische oder historische Reportagen Berichte Dokumente und Interviews als Quellen Obwohl authentisches Material ubernommen und in der Regel unverandert wiedergegeben wird handelt es sich um eine fiktionale Kunstform Inhaltsverzeichnis 1 Wesen des Dokumentarischen Theaters 2 Kritik 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseWesen des Dokumentarischen Theaters Bearbeiten nbsp Die Ermittlung von Peter Weiss am Staatstheater Nurnberg Juni 2009Die schopferische Leistung der Autoren des dokumentarischen Theaters besteht in der Komposition des Roh Stoffes und in der Konzentration aufs Wesentliche Unwichtiges wird weggelassen um Aufklarung Konfrontation und Agitation zu erreichen Angestrebt wird Realismus nicht Naturalismus Der Zweck bzw das Ziel eines dokumentarischen Theaterstuckes ist die politische Aufklarung und die Agitation oft aber auch die Verurteilung einer der betroffenen Parteien Zusatzlich wird auf einschuchternde Authentizitat wie zum Beispiel genaue Nachbildung von Gerichtssalen etc verzichtet um den Zuschauer nicht unnotig von den Fakten abzulenken Diese Form des Theaters die unter anderem an das politische Theater der zwanziger Jahre anknupft entstand in den sechziger Jahren Als zeitgenossische Textbeispiele werden vielfach Rolf Hochhuths Der Stellvertreter Heinar Kipphardts In der Sache J Robert Oppenheimer sowie Peter Weiss Die Ermittlung genannt ferner Kipphardts Bruder Eichmann Eine Renaissance des dokumentarischen Theaters im deutschsprachigen Raum zeichnet sich seit Ende der 1990er Jahre ab Eher in der klassischen Tradition des dokumentarischen Theaters stehen dabei Hans Werner Kroesinger und Andres Veiel Veiels Der Kick dessen Text auf Interviews mit Beteiligten Angehorigen und Zeugen eines Mordfalls beruht war 2006 zum Berliner Theatertreffen eingeladen Beim selben Festival war das Regiekollektiv Rimini Protokoll mit seiner dokumentarischen Inszenierung nach Schillers Wallenstein zum zweiten Mal vertreten Die drei Mitglieder von Rimini Protokoll gelten als Begrunder einer Renaissance und Neudefinition des dokumentarischen Theaters In den Projekten von Rimini Protokoll steht seit Ende der 1990er Jahre nicht das recherchierte Material im Vordergrund sondern die Protagonisten der jeweiligen Ereignisse betreten selbst die Buhne Im Gegensatz zum Dokumentarfilm produzieren die sogenannten Experten des Alltags ihre Auftritte bei jeder Auffuhrung neu Und im Unterschied zum Laienspiel und Amateurtheater versuchen sie nicht Theater zu spielen Die darstellenden Personen bewahren sich ihre eigene Authentizitat sowie die ihrer Geschichten innerhalb des Kunstrahmens eines Theaters Die auch als Experten Theater bezeichnete junge Spielform des dokumentarischen Theaters wird mittlerweile von einer ganzen Reihe von Gruppen und Autoren Regisseuren praktiziert Ein jungeres Beispiel fur die Konfliktpotenziale die durch den neuen Einzug des Dokumentarischen ins Theater entstehen konnen war das Verbot von Volker Loschs Inszenierung von Gerhart Hauptmanns Die Weber im Jahr 2004 am Staatsschauspiel Dresden In der Inszenierung sollte ein Chor von 33 echten Arbeitslosen mit einer auf ihren eigenen Angsten und Sorgen basierenden Textcollage auftreten Der Grund fur ein Auffuhrungsverbot war der rechtliche Schutz des Originaltextes Eine vollig neue Form des Dokumentarischen Theaters wagte 2013 Matthias Hartmann gemeinsam mit Doron Rabinovici mit dem Projekt Die letzten Zeugen am Wiener Burgtheater indem er sechs Zeitzeugen des Holocausts auftreten und deren Texte von Burgschauspielern lesen liess Diese Mischform aus dokumentarischem Theater Leseinszenierung und Ehrung begeisterte Publikum und Kritik errang eine Einladung zum Berliner Theatertreffen und gastierte auch am Staatsschauspiel Dresden Kritik BearbeitenDie Ansatze zur theoretischen Fundierung einer Kategorie Dokumentarisches Theater die verstarkt seit den siebziger Jahren durch Hilzinger Blumer oder Barton verfolgt wurden werden in Zusammenhang neuerer literaturwissenschaftlicher Ansatze zunehmend kritisch beurteilt Unter Verweis auf die weitreichende Asthetisierung von Dokumenten aus einem ausserliterarischen Bezugssystem das heisst von realen historischen Materialien durch Theaterautoren wurde der Begriff des Dokumentarischen Theaters mitunter als strittiges Theorem 1 interpretiert oder wird grundsatzlich verworfen Ahnliche methodische Einwande treffen vergleichbare literaturwissenschaftliche Begriffe wie dokumentarische Literatur Dokumentarroman oder dokumentarisches Drama 2 Der Befund fur andere Kunstgattungen mit dokumentarischen Formaten fallt unterschiedlich aus Nur im filmischen Bereich ist die Kategorie des Dokumentarischen mit dem Dokumentarfilm in der Sekundarliteratur wie im allgemeinen Sprachgebrauch gleichermassen fest etabliert Seit den neunziger Jahren sind begriffliche Neubildungen wie das Doku Drama oder die Doku Soap hinzugekommen Nicht annahernd gleiche Bedeutung kommt der Kategorie der Dokumentarfotografie zu Literatur BearbeitenSekundarliteratur Brian Barton Das Dokumentartheater Sammlung Metzler Nr 232 Metzler Stuttgart 1987 ISBN 3 476 10232 7 Arnold Blumer Das dokumentarische Theater der sechziger Jahre in der Bundesrepublik Deutschland Anton Hain Meisenheim am Glan 1977 ISBN 3 445 01513 9 Ingo Breuer Theatralitat und Gedachtnis Deutschsprachiges Geschichtsdrama seit Brecht Kolner Germanistische Studien Neue Folge Bd 5 Bohlau Koln u a 2004 Sven Hanuschek Ich nenne das Wahrheitsfindung Heinar Kipphardts Dramen und ein Konzept des Dokumentartheaters als Historiographie Aisthesis Bielefeld 1993 ISBN 3 925670 88 2 Klaus H Hilzinger Die Dramaturgie des dokumentarischen Theaters Niemeyer Tubingen 1976 ISBN 3 484 10256 X Nikolaus Miller Prolegomena zu einer Poetik der Dokumentarliteratur Munchner Germanistische Beitrage Band 30 Wilhelm Fink Munchen 1982 ISBN 3 7705 2013 0 Boris Nikitin Carena Schlewitt Tobias Brenk Dokument Falschung Wirklichkeit Materialband zum zeitgenossischen Dokumentarischen Theater Theater der Zeit 2014 ISBN 978 3 943881 84 4 Journalistische Resonanz Peter Laudenbach Hexenkuche Wirklichkeit Theatertreffen 2006 Das Dokumentarstuck ist wieder da In Suddeutsche Zeitung Nr 117 22 Mai 2006 S 11 Tobias Becker Wolfgang Hobel Wir kommen mit unserer Wut In Der Spiegel Nr 50 2008 S 176 ff online Weblinks BearbeitenPeter Weiss uber das Dokumentartheater das dokumentartheater berlinEinzelnachweise Bearbeiten Siehe unter anderem Heiner Teroerde Politische Dramaturgien im geteilten Berlin Soziale Imaginationen bei Erwin Piscator und Heiner Muller um 1960 V amp R unipress Gottingen 2009 S 29 Breuer beschrieb das dokumentarische Drama als neue Auspragung des Geschichtsdramas Siehe Ingo Breuer Theatralitat und Gedachtnis Deutschsprachiges Geschichtsdrama seit Brecht Bohlau Koln u a 2004 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dokumentarisches Theater amp oldid 229899596