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In den Kirchen von Westerwijtwerd und Woldendorp in den Groninger Ommelanden finden sich Deckengemalde aus dem 14 Jahrhundert mit der Abbildung eines Zweikampfes uber deren Bedeutung verschiedene Vermutungen kursieren Diese reichen vom rituellen Zweikampf oder Gottesurteil bis zur symbolischen Darstellung des Kampfes zwischen Gut und Bose 1 Beide Bilder sind sich sowohl in der Aufstellung der Figuren als auch in der dargestellten Szene so ahnlich dass es sich um ein und dasselbe Sujet handeln muss das hier von verschiedenen Kunstlern bearbeitet wurde Die unterschiedliche Haartracht und Bekleidung beiseitelassend konzentrieren sich die Ausfuhrungen auf die Bewaffnung und die Kampfszene 2 Kirche in WesterwijtwerdKirche in WoldendorpInhaltsverzeichnis 1 Die Bewaffnung 2 Die Kampfszene 3 Der Spiess 4 Conclusio 5 EinzelnachweiseDie Bewaffnung BearbeitenBeide Kampfer tragen Rundschild Langschwert und eine Kletsie den friesischen Sprungspeer Die Kletsie ist eine Kombination aus uberlangem Infanteriespiess und Kluvstock Es handelt sich um einen Sprungstab mit einer Platte oder Gabel am unteren Ende letztere um beim Uberspringen von Graben in der Art ahnlich der eines Stabhochspringers nicht im Morast stecken zu bleiben versehen mit einer Lanzenspitze am oberen Ende und einem verdickten Griffstuck in der Mitte wie sie u a auf dem Upstalsboom Siegel zu sehen ist 3 Allerdings ist der abgebildete Spiess in beiden Fallen zu dunn um als holzerner Sprungstab dienen zu konnen nbsp Siegel des Upstalsboom BundesDie Kampfszene BearbeitenDie Szenerie zeigt zur Linken den ersten Kampfer wie er den Rundschild in der Linken in der Rechten den hocherhobenen Speer zum Wurf auf seinen Gegner ansetzt Dieser steht zur Rechten und hat seinen Spiess bereits verworfen Er ist offensichtlich vom Schild des Ersten abgeprallt und liegt verbogen nicht gesplittert am Boden Der Krieger selbst hat sein Schwert gezogen und erwartet geduckt den gegnerischen Wurf Die hier dargestellte Szene kennt man aus der klassischen Literatur nbsp Der Zweikampf zwischen Achill und Hektor In Archaologisches Landesmuseum Baden Wurttemberg et al Hrsg Troja Traum und Wirklichkeit Stuttgart 2001 Sprach s und im Schwung entsandt er die weithinschattende Lanze Traf und verfehlete nicht gerad auf den Schild des Peleiden Doch weit prallte vom Schilde der Speer Da zurnete Hektor Also redete jener und zog das geschliffene Schwert aus Welches ihm langs der Hufte herabhing gross und gewaltig Also sturmete Hektor das hauende Schwert in der Rechten Gegen ihn drang der Peleid und Wut erfullte das Herz ihmUngestum Er streckte der Brust den gerundeten Schild vor So von der Scharfe des Speers auch strahlet es welchen AchilleusSchwenkt in der rechten Hand wutvoll dem gottlichen Hektor Spahend den schonen Leib wo die Wund am leichtesten hafte Der Betrachter wird Zeuge des entscheidenden Augenblicks von Hektors todlichem Zweikampf gegen Achill vor den Mauern Trojas wie ihn Homer im XXII Gesang der Ilias schildert 4 und wie er uber die Jahrhunderte im griechisch romischen Kulturraum vielfach dargestellt wurde 5 Der Spiess BearbeitenWiewohl es sich bei den dargestellten Spiessen offensichtlich um Kletsien handelt ist der Schaft der abgebildeten Waffe einerseits zu dunn fur einen holzernen Sprungstab andererseits ist der verworfene Speer nicht gesplittert wie es bei Holz der Fall gewesen ware sondern verbogen also aus Metall Aus der romischen Kaiserzeit kennen wir einen eisernen Wurfspiess der sich im Schild des Gegners verhaken und verformen sollte um den Kampfer im Gebrauch des Schildes zu behindern das Pilum 6 Dieses war im Mittelalter zur Entstehungszeit der Deckengemalde bereits seit Jahrhunderten ausser Gebrauch es mogen sich aber Abbildungen erhalten haben in denen der romische Kunstler dem Hektor und Achill ein Pilum in die Hand gab einfach deshalb weil er keine andere Art von Wurfspiess kannte So haben dann spater wohl auch die friesischen Kirchenmaler die Vorgabe eine verbogene Lanze darzustellen mit dem Bild der Kletsie verschmolzen sie kannten keinen anderen Speer 2 Es tragt auch die Lanze die ein in der Kirche von Den Andel Groninger Ommelande dargestellter Ritter zu Pferde eingelegt hat das typische gabelformige Ende der Kletsie was bei einer Reiterlanze keinen Sinn ergibt 1 nbsp Kirche in Den AndelSo verformte sich Homers weithinschattende Lanze im Laufe von uber 2000 Jahren kultureller Transformation erst zum Pilum und schliesslich zur Kletsie Conclusio BearbeitenDer Mythos Troja durchzieht seit dem Altertum die europaische Geschichte So haben im Mittelalter nicht nur verschiedenste Herrscherhauser ihre Abkunft von den aus dem brennenden Troja gefluchteten Helden zu belegen versucht auch Eggerik Beninga zitiert in seiner Cronica der Fresen Sebastianus Franck welcher die Herkunft der Friesen irrtumlich von den Troern herleitet 7 Wir wissen nicht wer ob als Kreuzfahrer oder Kaufmann ob zu Wasser oder zu Lande den Weg vom Mittelmeer zur Nordsee zuruckgelegt hat aber er trug die Faszination des heroischen Kampfes um Troja bis in die friesischen Lande dieselbe Faszination die Heinrich Schliemann schliesslich wiederum Jahrhunderte spater zu den Ruinen des Hugels Hisarlik fuhren sollte 2 Einzelnachweise Bearbeiten a b Mol Johannes A Friese krijgers en de kruistochten In Jaarboek voor Middeleeuwse Geschiedenis 4 2001 S 88 117 a b c Raimund Poppinga Achill in Friesland Hannover o J Gohler Johannes Der friesische Sprungspeer Auf Spurensuche nach einem vergessenen mittelalterlichen Mehrzweckgerat der Marschleute an der Nordsee Kuste In Emder Jahrbuch fur historische Landeskunde Ostfrieslands 80 2000 S 160 172 Homer Ilias Odyssee Ubers von Johann Heinrich Voss Munchen 2002 S 385 Archaologisches Landesmuseum Baden Wurttemberg et al Hrsg Troja Traum und Wirklichkeit Stuttgart 2001 S 132 Loose Dieter Sub Aquila Das romische Militar zur fruhen Kaiserzeit Norderstedt 2014 S 44 Beninga Eggerik Cronica der Fresen Bearb v Louis Hahn Hrsg v Heinz Ramm Quellen zur Geschichte Ostfrieslands 4 Aurich 1961 Bd 1 S 111 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Deckengemalde von Westerwijtwerd und Woldendorp amp oldid 237946778