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Als Calvinistensturm wird der tumultartige Hohepunkt der theologischen Auseinandersetzung der orthodoxen Lutheraner mit den Calvinisten in Leipzig im Mai 1593 bezeichnet bei dem die Hauser reicher calvinistisch gesinnter Kaufleute gesturmt und geplundert wurden Ersturmung und Plunderung des Hauses des Calvinisten Adolph Weinhaus am Naschmarkt in Leipzig am 20 Mai 1593 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Das Ereignis 3 Folgen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseVorgeschichte Bearbeiten nbsp Die Verhaftung Gundermanns Hauptbild und weiterer Calvinisten nbsp Kontrolle der Turmkugel der Leipziger Nikolaikirche 1592 auf calvinistische SchriftenUnter Kurfurst Christian I 1560 1592 und Kanzler Nikolaus Krell 1550 1601 wurde Ende der 1580er Jahre in Sachsen die sich seit Luthers Tod herausbildende Luthersche Orthodoxie zuruckgedrangt und die dem Calvinismus Zugeneigten gewannen an Einfluss Insbesondere Leipzig war durch die Einwanderung niederlandischer Kaufleute zu einem Zentrum des sogenannten verdeckten Calvinismus Kryptocalvinismus geworden 1589 wurde der lutherisch orthodoxe Leipziger Universitatsprofessor und Pfarrer der Thomaskirche Nikolaus Selnecker 1530 1592 durch den Calvinisten Christoph Gundermann 1549 1622 ersetzt Auch weitere einflussreiche Amter wurden mit Calvinisten besetzt Die Situation anderte sich mit dem Tod Christians I 1591 und der Entmachtung und spateren 1601 Hinrichtung Krells Unter dem Einfluss der Witwe des Kurfursten Sophie von Brandenburg 1568 1622 und der vormundschaftlichen Regierung von Herzog Wilhelm I von Sachsen Weimar 1562 1602 fur den noch unmundigen Christian II 1583 1611 wurde die alte Ordnung konsequent wiederhergestellt Schon am 15 Dezember 1591 wurde Pfarrer Gundermann als Calvinist verhaftet und in die Pleissenburg uberfuhrt Im Februar 1592 beschloss der Landtag alle Calvinisten aus Verwaltungen Gerichten Schulen und Kirchen zu entfernen In Leipzig mussten alle des Calvinismus verdachtigen Personen auf dem Rathaus erscheinen und ihre Abkehr vom Calvinismus unterschreiben Vier Ratsherren verweigerten die Unterschrift was ihre Entlassung aus dem Amt zur Folge hatte Die Verfolgung des Calvinismus ging so weit dass man im Dezember 1592 die Turmkugel der 1591 renovierten Nikolaikirche untersuchte weil man darin calvinistische Schriften vermutete aber keine fand In Leipzig vermischten sich die religiosen Spannungen mit sozialen da die eingewanderten reichen Kaufleute zumeist calvinistisch gesinnt waren Das Ereignis BearbeitenAm 14 Mai 1593 kam es im Haus des als Calvinisten verdachtigten Kaufmanns Adolph Weinhaus am Naschmarkt zu einem heftigen Streit zwischen dem Wittenberger lutherisch orthodoxen Theologen Samuel Huber 1547 1624 und calvinistisch gesinnten Anwesenden um die rechte Bibelauslegung wobei dem Wittenberger ubel mitgespielt wurde Am 19 Mai erschienen in der Stadt Flugblatter dem Text nach von Studenten verfasst die zur Zerstorung des Weinhausschen Hauses aufriefen Von Weinhaus beim Stadtrat angeforderte Schutzmassnahmen fielen nur halbherzig aus Einen ersten Angriff am gleichen Abend konnte Weinhaus mit Gewehrschussen abwehren Am 20 Mai sturmte eine aufgebrachte Menge vor allem Handwerksgesellen und Studenten das Haus und warf den gesamten Hausrat auf die Strasse Weinhaus hatte inzwischen fliehen konnen Auch die Hauser weiterer reicher calvinistisch verdachtiger Kaufleute wurden angegriffen Erst jetzt als die Revolte unbeherrschbar zu werden drohte rief der Stadtrat die ihm wohlgesinnten Burger zur Niederschlagung des Aufstands auf Diese setzten dem Treiben zusammen mit den stadtischen Soldnern ein Ende aber erst dann als der Rat die Ausweisung bestimmter calvinistischer Burger moglicherweise okonomischer Konkurrenten zugesichert hatte Folgen Bearbeiten nbsp Enthauptung von vier Anfuhrern des Calvinistensturms auf dem Marktplatz in Leipzig am 1 Juni 1593Am nachsten Tag wurden durch einen Administrator der Landesregierung zwei Statthalter eingesetzt die die strenge Bestrafung der Tater zu organisieren hatten In der Thomaskirche wurde eine Warnungspredigt gegen mogliche Wiederholungen gehalten Etwa vierzig Personen waren nach den Unruhen verhaftet worden Neunzehn von ihnen kamen unter die Folter Schliesslich wurden vier von ihnen zum Tode durch das Schwert verurteilt Die Hinrichtung fand am 1 Juni 1593 auf dem Leipziger Marktplatz statt Die vier Todeskandidaten waren der Kurschnergeselle Ambrosius Bartsch genannt Furst 1 ein Zimmerergeselle sowie ein Tagelohner und ein Maurer Studenten welche die Mitinitiatoren waren traf keine Bestrafung und auch keinen wohlhabenden Leipziger Burger unter denen vermutlich die geistigen Brandstifter zu suchen waren die ihre Konkurrenzkampfe unter dem religiosen Vorwand austrugen Auch die versprochene Ausweisung calvinistischer Burger wurde nur zum Teil realisiert Ruhe trat nicht ein Vier Wochen nach der offentlichen Hinrichtung wurde ein sudlich der Stadt gelegenes Vorwerk des Peter Roth unter dem Vorwand in Brand gesteckt er verberge dort Calvinisten Nach dem Wiederaufbau hiess das Gut Brandvorwerk Literatur BearbeitenKarl Czok Der sogenannte Calvinistensturm in Leipzig 1593 In Dresdner Hefte Band 29 Dresden 1992 S 33 42 digital abgerufen am 12 Mai 2017 Horst Riedel Thomas Nabert Red Stadtlexikon Leipzig von A bis Z 1 Auflage Pro Leipzig Leipzig 2005 ISBN 3 936508 03 8 S 85 86 Peter Schwarz Das tausendjahrige Leipzig Von den Anfangen bis zum Ende des 18 Jahrhunderts 1 Auflage Band 1 Pro Leipzig Leipzig 2014 ISBN 978 3 945027 04 2 S 283 288 Wolfgang Hocquel Der Calvinistensturm in Leipzig 1593 In Leipziger Blatter Band 70 Passage Verlag Leipzig 2017 S 4 8 Einzelnachweise Bearbeiten Heinrich Lange Albert Regge Geschichte der Zurichter Kurschner und Mutzenmacher Deutschlands Deutscher Bekleidungsarbeiter Verband Hrsg Berlin 1930 S 65 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Calvinistensturm amp oldid 212222845