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Ein Ancile lat Plural ancilia war ein kleinerer ovaler Bronzeschild der Antike der auf beiden Seiten eine Einbuchtung besass die ihn etwa die Form einer 8 annehmen liess Ancilia waren die gelaufige Schildform in mykenischer Zeit und gehorten wohl noch in den ersten Jahrhunderten des 1 Jahrtausends v Chr zur Bewaffnung italischer Krieger Illustration eines alten Schildes aus dem Nordisk familjebokIn der Antike wurde das Wort nach Angaben des romischen Philologen Varro De lingua Latina 7 43 von ambecisus beiderseitiger Einschnitt amb beide und accidere anschneiden abgeleitet vgl Ovid Fasti 3 377 weil es auf jeder Seite eingeschnitten ist das uber ancisile vgl anceps doppelkopfig von amb und caput Kopf zu ancile verschliffen wurde In der modernen Forschung ist jedoch umstritten ob diese Deutung tatsachlich zutrifft Inhaltsverzeichnis 1 Ancilia im romischen Kult 2 Der legendare gottliche Ursprung der Ancilia 3 Sonstiges 4 LiteraturAncilia im romischen Kult BearbeitenObwohl die Ancilia in historischer Zeit nicht mehr im Kriegswesen gebraucht wurden spielten sie in der gesamten Antike eine bedeutende Rolle im romischen Kultwesen In Rom existierten zwolf Ancilia die zusammen mit der heiligen Lanze des Kriegsgottes Mars in der Regia der einstigen Residenz des Konigs Numa Pompilius und spateren Amtssitz des Pontifex maximus aufbewahrt wurden Sie galten seit altester Zeit als pignora imperii Unterpfander der Herrschaft und damit als Garanten fur den Bestand der romischen Macht An zwei Festtagen im Marz und Oktober wurden die Ancilia von den zwolf Saliern den Priestern des Mars feierlich hervorgeholt und in einer Prozession durch die Stadt gefuhrt Die Zeremonie nannte sich ancilia ferre bzw ancilia movere d h die Schilde tragen bzw bewegen Dabei schlugen die mit Brustpanzer Helm Kurzschwert und Lanze ausgerusteten Priester im Takt des Gesanges mit den Waffen auf die Schilde so Plutarch Leben des Numa 13 7 Nach anderer Uberlieferung wurden die Ancilia von Dienern auf Gerusten durch die Stadt getragen und zur Schau gestellt Dionysios von Halikarnassos Romische Altertumer 2 71 1 was nicht im Widerspruch zu der erstgenannten Nachricht stehen muss da sich beide Aussagen vielleicht auf unterschiedliche Phasen der Prozession beziehen Im Anschluss an diese Zeremonie wurden die Ancilia feierlich in die Regia zuruckgebracht und dort niedergelegt was als ancilia condere dt die Schilde niederlegen aufbewahren bezeichnet wurde Die Tage dieser Zeremonien galten als dies religiosi d h als Tage die mit einem religiosen Bann belegt waren der beispielsweise verbot einen Feldzug zu beginnen eine Ehe zu schliessen oder bestimmte Geschafte zu tatigen Die beiden Prozessionstermine im Marz und Oktober versinnbildlichen anscheinend Beginn und Ende der fruchtbaren Jahreszeit und markieren auch Beginn und Ende der fur Feldzuge geeigneten Zeit In der Forschung nimmt man daher gelegentlich an dass die Begriffe ancilia movere Hervorholen der Schilde und ancilia condere Aufbewahren der Schilde ursprunglich nicht zwei Bestandteile einer Zeremonie sondern jeweils eine von zwei unterschiedlichen Zeremonien bezeichnete Ancilia movere bezeichnete die Zeremonie im Marz die das Hervorholen der Kriegswaffen symbolisierte und damit anzeigte dass nun die Monate der Feldzuge begonnen hatten Ancilia condere nannte man die Prozession im Oktober die das Ende der Kampfe und den Beginn der Winterpause markierte in der die Waffen ruhten Aufgrund der durftigen Quellenlage und der Tatsache dass es sich in historischer Zeit offenbar um zwei identische Zeremonien handelte lasst sich freilich nicht mehr entscheiden ob diese Vermutung den tatsachlichen Verhaltnissen entspricht Zu Beginn eines jeden Feldzugs begab sich der Feldherr in die Regia und bewegte dort in einem nicht naher bekannten Ritus die Ancilia und die Heilige Lanze des Mars Dabei sprach er die Worte Mars vigila dt Mars sei wachsam Bewegten sich die Schilde und die Lanze von selbst galt dies als Prodigium d h als Zeichen fur den Zorn der Gotter oder als Vorbote schlimmen Unheils nbsp zwei Ancilia auf Ruckseite eines As des Antoninus Pius Kampmann Nr 35 179Der legendare gottliche Ursprung der Ancilia BearbeitenDa in historischer Zeit die Herkunft der zwolf heiligen Schilde nicht mehr bekannt war kursierten verschiedene Legenden uber ihren angeblichen gottlichen Ursprung Nach dem altesten Beleg in den Annalen des Dichters Ennius erhielt Konig Numa die Ancilia von seiner Beraterin oder Geliebten der Quellnymphe Egeria Ennius Annalen 114 Spatere Quellen berichten dagegen dass die Schilde im achten Jahr von Numas Herrschaft wahrend einer Pestepidemie als gottliches Geschenk vom Himmel herabgeschwebt seien Entsprechend bezeichnet sie der Historiker Livius als himmlische Waffen caelestia arma Livius Ab urbe condita 1 20 4 Nach der ausfuhrlichsten Form des Mythos die moglicherweise erst in augusteischer Zeit entstanden ist schwebte wahrend einer Pestepidemie nur ein einziges Ancile vom Himmel hernieder Ovid Fasten 3 365 392 Plutarch Leben des Numa 13 2 3 Numa Pompilius erkannte darin ein gottliches Geschenk das den von der Seuche bedrohten Romern als Unterpfand der Herrschaft pignus imperii gesandt worden war Da er furchtete dass der Schild gestohlen werden konnte liess er von dem Schmied Mamurius Veturius elf identische Kopien anfertigen um Dieben die Auffindung des Originals zu erschweren Die zwolf Ancilia ubergab er der Obhut des dafur geschaffenen Priesterkollegiums der Salier des Mars Sonstiges BearbeitenEs ist nicht bekannt seit wann die Ancilia als Unterpfander der Herrschaft angesehen wurden Da sie aber von allen ausfuhrlichen Quellen als solche bezeichnet werden und der mit ihnen verbundene Kult stets auf Konig Numa zuruckgefuhrt wird lasst sich tatsachlich ein sehr hohes Alter dieser Vorstellung annehmen Dennoch finden sich Abbildungen der Ancilia erst auf Munzen aus dem Jahr 17 v Chr deren Motiv vermutlich im Zusammenhang mit der augusteischen Restauration alter Kulte ausgewahlt wurde In poetischen Werken wird gelegentlich jeder Schild als Ancile bezeichnet wenn die Sprache einen feierlich erhabenen altertumlichen Klang erhalten soll oder von Ereignissen aus alter Zeit die Rede ist z B Vergil Aeneis 7 188 Lukan Pharsalia 9 480 Ansonsten bezieht sich das Wort in antiken Quellen ausschliesslich auf die von den Saliern gefuhrten zwolf heiligen Schilde Literatur BearbeitenPaul Habel Ancile In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band I 2 Stuttgart 1894 Sp 2112 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ancile amp oldid 220458379