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Abwagungsfehler ist ein Begriff des deutschen Verwaltungsrechts Demnach sind Abwagungsfehler die im Planungsrecht auftreten nicht mehr gedeckt durch die dort ansonsten herrschende planerische Gestaltungsfreiheit Planungsermessen in der Terminologie des Bundesverwaltungsgerichts Als Ausfluss des Verhaltnismassigkeitsprinzips gilt das Abwagungsgebot und somit die Uberprufbarkeit auf Abwagungsfehler auch dort wo es nicht explizit erwahnt wird Die Grundlagen der Abwagungsfehlerlehre wurden vom Bundesverwaltungsgericht 1969 im Rahmen eines bauplanungsrechtlichen Falls ausformuliert 1 1974 stellte das Gericht zudem klar dass sowohl der Abwagungsvorgang als auch das Abwagungsergebnis der Uberprufung auf Abwagungsfehler unterlagen 2 logischerweise mit Ausnahme des Abwagungsausfalls An diesen Entscheidungen war der Richter Felix Weyreuther massgeblich beteiligt 3 Die Abwagungsfehlerlehre weist deutliche Parallelen zur Ermessensfehlerlehre auf wobei die unterschiedlichen Termini vor allem der Herausstellung des dogmatischen Unterschiedes dienen Von Abwagung ist immer im Planungsrecht also Recht finaler im Gegensatz zu konditionaler Programmierungsstruktur die Rede Zu unterscheiden ist zwischen folgenden Abwagungsfehlern Der Planungstrager macht von seiner ihm gebotenen planerischen Gestaltungsfreiheit keinen Gebrauch Abwagungsausfall Der Planungstrager hat von seiner planerischen Gestaltungsfreiheit Gebrauch gemacht aber er hat nicht alle abwagungsrelevanten Belange ermittelt und berucksichtigt Abwagungsdefizit er hat planfremde Ziele oder Belange herangezogen Abwagungsuberschreitung auch Abwagungsuberschuss oder Abwagungsfehleinstellung er hat das Gewicht der einzelnen Belange falsch eingeschatzt Abwagungsfehleinschatzung betroffen sein konnen hier insbesondere die Optimierungsgebote 4 etwa der Trennungsgrundsatz des 50 BImSchG oder 2 Abs 3 BNatSchG er hat zwischen widerstreitenden Belangen keinen angemessenen Ausgleich hergestellt Abwagungsdisproportionalitat Nach einer vermittelnden Meinung lasst sich grob systematisierend feststellen dass die ersten vier Fehlerkategorien einen ausschliesslichen Verfahrensbezug aufweisen wahrend die Abwagungsdisproportionalitat stets als Fehler im Abwagungsergebnis anzusehen ist mit der Folge dass Rechtsschutz gegen abwagungsdisproportionale Planungen regelmassig zur Aufhebung derselben fuhren wird wahrend in den ubrigen Fallen haufig zu prufen ist ob nicht in einem erganzenden Verfahren eine Heilung moglich ist was insbesondere in Betracht kommt wenn durch eine ordnungsgemasse Abwagung keine Auswirkungen auf das Abwagungsergebnis zu befurchten sind Dieser Meinung steht jedoch die Ansicht entgegen dass Abwagungsfehleinschatzung und Abwagungsdisproportionalitat sich nicht trennen lassen Zur Konkretisierung der Abwagungsanforderungen wurden zusatzliche Massstabe ausgeformt Neben den Optimierungsgeboten sind dies das Gebot der Konfliktbewaltigung planerisch zu bewaltigende Nutzungskonflikte sollen im aktuellen Planverfahren und nicht erst in einem spateren Genehmigungsverfahren gelost werden gegenlaufig wirkt insoweit jedoch der Grundsatz planerischer Zuruckhaltung als Ausdruck planerischer Gestaltungsfreiheit fur die Falle in denen eine Konfliktbewaltigung sachgerechter auf Ebene der Einzelgenehmigung oder nachgeordneter Planungsebenen erfolgen kann sowie die Pflicht zur Rucksichtnahme bauplanungsrechtlich etwa gegenseitige Rucksichts und Duldungspflichten hinsichtlich Baugebieten unterschiedlicher Qualitat Im bauplanungsrechtlichen Bereich kam hinsichtlich der Regelung des heutigen 214 Abs 3 S 2 BauGB die Frage auf inwieweit dies die Abwagungsfehlerlehre beruhre Die Regelung fand eine verfassungskonforme Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht 5 wonach als offensichtlich erheblich diejenigen Umstande beachtlich sind die auf objektiv erfassbaren Sachumstanden beruhen und diese von Einfluss gewesen sind wenn nach der Sachlage des jeweiligen Falls die konkrete Moglichkeit besteht dass ohne den Mangel anders geplant worden ware Ferner stellt sich als Folge jungerer Gesetzgebungsaktivitaten die noch ungeklarte Frage inwieweit durch den neuen 214 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BauGB eine grundsatzliche Umgestaltung der gesamten Abwagungsdogmatik erfolgt ist da nach dem Wortlaut der Norm die zutreffende Ermittlung und Bewertung der Planungsbelange als Verfahrens und Formvorschrift und damit als Frage der formellen Rechtmassigkeit des Plans eingeordnet werden so dass das bislang allgemein zugrunde gelegte Verstandnis der Abwagung als einheitlichem materiellem Rechtmassigkeitserfordernis aufzugeben sein konnte Gegen dieses Verstandnis des Wortlauts wird angefuhrt dass eine derartige Anderung seitens des Gesetzgebers nicht bezweckt wurde was sich auch aus 214 Abs 3 Satz 2 2 Halbsatz BauGB erkennen lasse Siehe auch BearbeitenErmessensfehlerlehre PlanfeststellungLiteratur BearbeitenWerner Hoppe in Hoppe Bonker Grotefels Offentliches Baurecht 3 Auflage 2004 5 umfassende Darstellung der gesamten Abwagungsdogmatik Helmuth Schulze Fielitz Das Flachglas Urteil des Bundesverwaltungsgerichts BVerwGE 45 309 Zur Entwicklung der Diskussion um das planungsrechtliche Abwagungsgebot In JURA 1992 S 201 208 Walter Schmitt Glaeser Eberhard Konig Grundfragen des Planungsrechts Eine Einfuhrung JURA 1980 S 321 ff Gunnar Folke Schuppert Verwaltungswissenschaft 2000 S 208 u 524ff Mario Martini Xaver Finkenzeller Die Abwagungsfehlerlehre JuS 2012 S 126 ff Quellen Bearbeiten Grundlegend BVerwGE 34 301 309 BVerwGE 45 309 315 Jorg Berkemann Das Abwagungsmodell des BVerwG Entstehungsgeschichte und Legendenbildung BVerwGE 34 301 In Festschrift fur Stuer Munchen 2013 S 89 ff Optimierungsgebot BVerwGE 71 163 165 BVerwGE 64 33 36 ff Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Abwagungsfehler amp oldid 237077380