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Dieser Artikel behandelt den Begriff des absoluten Nichts bei Johannes Duns Scotus und in dessen Rezeption Zu dem Begriff eines absoluten Nichts in der Kyōto Schule siehe Kyōto Schule und unter Das Absolute Absolutes Nichts oder schlechthinniges Nichts nihil simpliciter ist ein Modalbegriff der Metaphysik und Schopfungstheologie des Johannes Duns Scotus 1266 1308 der sich auf Nichtexistentes bezieht das nicht einmal moglicherweise existieren konnte auch nicht als nur im Geiste seiend 1 Als absolut nichtig bezeichnet Duns Scotus sogenannte incompossibilia fiktive Objekte Figmente deren Wesensform eine Kombination von miteinander unvertraglichen Komponenten ware die sich nicht einmal gedanklich zu einem Gegenstand verbinden lassen und daher prinzipiell nicht verursachbar sind 2 Inhaltsverzeichnis 1 Absolutes Nichts Einfachheit und Moglichkeit 2 Rezeption 3 EinzelnachweiseAbsolutes Nichts Einfachheit und Moglichkeit BearbeitenIncompossibilia sind also nicht nur im Verhaltnis zu anderem zu bestimmten Umstanden zu existenten Objekten oder zum Willen Gottes unmoglich sondern ihrer eigenen Wesensform nach weshalb Duns Scotus von einer formalen Unmoglichkeit d i einer Unmoglichkeit der Form nach spricht und von einem nihil simpliciter also einem Nichts einfachhin statt Nichts relativ auf Anderes Ausgeschlossen sind daher ihr Sein an sich ihr Wirklich Sein wie auch ihr Moglich Sein und mithin ihre widerspruchsfreie Denkbarkeit Dagegen musse z B bei Gottes Schopfung als creatio ex nihilo das Nichts aus welchem Gott alles Seiende erschafft als nur relatives Nichts verstanden werden ihm kann und muss durchaus die Moglichkeit zu sein zugeschrieben werden Gott erwagt gleichsam die schaffbaren Objekte in seinem Geiste und schafft sie aus absoluter Freiheit d h ohne absolute oder relative Notwendigkeit Einzig Gott kommt absolute Notwendigkeit zu umgekehrt gibt es keineswegs ein in sich Eines das der Form nach in sich unmoglich ist vielmehr erklart Duns Scotus das schlechthin Nichtige eben durch Inkompossibilitat von per se mehreren Komponenten einer fiktiven Wesensform 3 Duns Scotus schlagt im Unterschied zu Aristoteles Thomas von Aquin und vielen anderen eine allgemeine Verwendung des Terminus seiend ens vor der in ein und demselben Sinne univok sowohl von endlichen Objekten als auch z B vom Gottlichen ausgesagt werden konne In dieser allgemeinen Verwendung gilt als seiend alles dem eine Wesenheit quidditas zukommt ob ein Objekt auch aktual existiert ist fur diese Verwendung von seiend unerheblich Zum Umfang des Seienden zahlt daher sowohl das was in Wirklichkeit existiert als auch das was moglicherweise existieren kann possibilia Seiendes oder ein Ding ist also alles was nicht Nichts ist sei es nun auch in Wirklichkeit oder nur im Geiste Dieser Unterscheidung entspricht umgekehrt diejenige von relativem und absolutem Nichts 4 Rezeption BearbeitenVermutlich seit dem Scotismus und dann auch in der deutschen Schulphilosophie etwa bei Alexander Gottlieb Baumgarten Christian Wolff wurde ausserdem unterschieden zwischen einem nihil privativum Nichtexistentes dessen Existenz aber moglich ist und einem nihil negativum das unmoglich existieren kann 5 Auch neuzeitliche Diskussionen uber die Kompossibilitat von Begriffen und Substanzen wie sie insbesondere von Leibniz weitergefuhrt werden stehen in der Tradition dieser scotistischen terminologischen Unterscheidungen und ihren Anwendungen 6 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Duns Scotus Ordinatio II d 1 q 2 nihil simpliciter id est nullo modo ens nec simpliciter nec secundum quid und n 81 84 insg vgl dazu Stanislav Sousedik Der Streit um den wahren Sinn der scotistischen Possibilienlehre In Ludger Honnefelder Rega Wood Mechthild Dreyer Hgg John Duns Scotus Metaphysics and Ethics Brill Leiden 1996 S 191 204 hier 199 Vgl z B Duns Scotus Ordinatio I d 43 q unica n 16 Opera Omnia v 6 Rom 1963 S 359 impossibile simpliciter includit incompossibilia quae ex rationibus suis formalibus sunt incompossibilia et ab eo sunt principiative incompossibilia a quo principiative habent suas rationes formales Ordinatio I d 36 n 60 61 Quodlibet q 3 n 2 Vgl dazu Ludger Honnefelder Scientia transcendens Die formale Bestimmung der Seiendheit und Realitat in der Metaphysik des Mittelalters und der Neuzeit Meiner Hamburg 1990 55 Das schlechthin Nichtige simpliciter nihil enthalt in sich immer mehrere Inhalte so dass es nicht Nichts ist aus sich selbst sondern aufgrund der Inhalte die in seiner fiktiv gedachten Einheit enthalten sind und die als solche einander widerstreiten und somit jedwedem Wirklichsein dieser fiktiven Einheit widersprechen Vgl dazu auch Ludger Honnefelder Possibilien I Mittelalter in Joachim Ritter und Karlfried Grunder Hgg Historisches Worterbuch der Philosophie Band 7 1126 1135 hier 1131 mit dem Hinweis dass die possibilitas ad esse der compossibilitas der formalen Gehalte folgt und das einfach Mogliche sich auch bezieht auf die Festigkeit ratitudo die dem erkannten Gehalt formal aus sich zukommt und ihn dem Sein nicht widerstreiten lasst Vorweg zu seinem Verursachtsein besitzt dieses ens ratum im weiten Sinn keinerlei Wirklichsein doch ist es gleichsam auf andere Weise Nichts als das schlechthinnige Nichts desjenigen das aufgrund der Widerspruchlichkeit seiner Gehalte nicht nur nicht verursacht ist sondern nicht einmal verursacht werden kann Ludger Honnefelder Scientia transcendens Die formale Bestimmung der Seiendheit und Realitat in der Metaphysik des Mittelalters und der Neuzeit Meiner Hamburg 1990 55 et passim Allan B Wolter The transcendentals and their function in the metaphysics of Duns Scotus The Catholic University of America Press Washington D C 1946 S 150 f Vgl etwa Theo Kobusch Sein und Sprache Brill Leiden 1984 434 Vgl etwa Fabrizio Mondadori Leibniz on Compossibility Some Scholastic Sources in Russell L Friedman Lauge Olaf Nielsen Hgg The Medieval Heritage in Early Modern Metaphysics and Modal Theory 1400 1700 Kluwer Dordrecht 2003 309 338 hier bes 330 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Absolutes Nichts amp oldid 219373629