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Unter Zusammenlegung umgangssprachlich Kommassierung versteht man in Osterreich jene planmassige und unter Leitung und Anordnung der Agrarbehorde erfolgende Flurneuordnung deren sinngemasse Entsprechung man in Deutschland als Flurbereinigung bezeichnet eine Veranderung der Flurgestaltung und einteilung mit dem Ziel sie den modernen landwirtschaftlichen Erfordernissen anzupassen In der Schweiz wird dafur der Begriff Guterzusammenlegung 1 in umfassenderem Sinn auch der Begriff Melioration 2 verwendet Die osterreichische Bevolkerung kennt diesen Vorgang noch weitgehend unter dem Begriff Kommassierung obwohl das Wort in den einschlagigen Gesetzen nicht mehr vorkommt 3 Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Gesetzliche Grundlagen 3 Verfahrensablauf 3 1 Stufenbau 3 2 Vorerhebungen 3 3 Einleitung des Verfahrens 3 3 1 Zusammenlegungsgemeinschaft 3 4 Ermittlung der Grundlagen 3 4 1 Besitzstand 3 4 2 Bewertung 3 4 3 Gemeinsame Massnahmen und Anlagen 3 4 4 Vermessung 3 5 Neueinteilung 3 6 Vorlaufige Ubernahme 3 7 Erlassung des Zusammenlegungsplans 3 8 Verarbeitung der Ergebnisse 3 9 Abschluss des Verfahrens 4 Rechtliche Besonderheiten 4 1 Erlassung von Bescheiden 4 2 Grenzkataster 5 Probleme 5 1 Landschaftsgestaltung 5 2 Berufungen 6 Literatur 7 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDie Zusammenlegung spielt sich in einem komplizierten und aufwandigen Verfahren ab Grund dafur Die neu gestalteten besser und grosser geformten und nun ausreichend erschlossenen Grundflachen mussen den bisherigen der jeweiligen Eigentumer moglichst genau entsprechen vor allem was den Ertragswert betrifft Das Zusammenlegungsverfahren im Folgenden nur mehr Z Verfahren ist stufenformig aufgebaut Ein Verfahrensabschnitt folgt dem anderen fruhere rechtskraftig abgeschlossene Abschnitte konnen spater nicht mehr aufgerollt werden Gesetzliche Grundlagen BearbeitenSeit dem 1 Janner 2020 ist die Zusammenlegung nicht mehr auf Bundesebene geregelt und sowohl Grundsatz als auch Ausfuhrungsgesetzgebung sowie Vollziehung allein Landessache Die osterreichischen Bundeslander ausgenommen Wien mangels Bedarfs an einer Zusammenlegung haben folgende Flurverfassungsgesetze erlassen Stand 14 Janner 2020 Burgenland Landesgesetzblatt LGBl Nr 40 1970 in der Fassung idF LGBl Nr 63 2018 Karnten LGBl Nr 64 1979 idF LGBl Nr 60 2015 Niederosterreich LGBl 6650 idF LGBl 23 2018 Oberosterreich LGBl Nr 73 1979 idF LGBl Nr 40 2018 Salzburg LGBl Nr 1 1973 idF LGBl Nr 80 2014 Steiermark LGBl Nr 82 1982 idF LGBl Nr 139 2013 Tirol LGBl Nr 74 1996 idF LGBl Nr 138 2019 Vorarlberg LGBl Nr 2 1979 idF LGBl Nr 78 2017Verfahrensablauf BearbeitenStufenbau Bearbeiten Vorerhebungen Einleitung des Verfahrens Ermittlung der Grundlagen Neueinteilung Vorlaufige Ubernahme Erlassung des Zusammenlegungsplans Verarbeitung der Ergebnisse Abschluss des VerfahrensVorerhebungen Bearbeiten Bevor ein Z Verfahren begonnen wird in das ja auch sowohl in Form der bereitgestellten und fur die Grundeigentumer kostenlosen Behordenstruktur als auch in Form von anderweitigen Forderungen betrachtliche offentliche Mittel fliessen muss klar sein dass es einerseits uberhaupt notwendig ist dort zusammenzulegen und dass andererseits das Verfahren von den ansassigen Grundeigentumern gewunscht wird Die erste Frage wird ublicherweise von einem Sachverstandigen beurteilt die zweite in Form von Antragen oder Zustimmungen der Eigentumer geklart Allerdings ist rein rechtlich die Antragstellung oder Zustimmung der Grundeigentumer keine Voraussetzung fur die Einleitung eines Verfahrens Einleitung des Verfahrens Bearbeiten Das Z Verfahren wird mit einer Verordnung der zustandigen Agrarbehorde eingeleitet Darin wird das Verfahrensgebiet abgegrenzt Das kann geschehen in Form der Aufzahlung aller Grundstucke oder Beschreibung der UmfangsgrenzenZusammenlegungsgemeinschaft Bearbeiten Zu Beginn des Verfahrens wird ebenfalls mit Verordnung der zustandigen Agrarbehorde die Zusammenlegungsgemeinschaft Z Gemeinschaft ins Leben gerufen Sie besteht aus der Gesamtheit aller Grundeigentumer im Verfahrensgebiet und hat die Aufgabe deren Interessen gegenuber der Agrarbehorde zu vertreten aber auch jene Kosten zu tragen die im Verfahren entstehen und sie auf ihre Mitglieder umzulegen Die notwendigen Beschlusse fallen im Ausschuss der Z Gemeinschaft der zu Beginn des Verfahrens von allen Grundeigentumern gewahlt wird und der dann aus seiner Mitte einen Obmann wahlt Die Z Gemeinschaft hat aber nicht das Recht bei der Neueinteilung der Flur mitzubestimmen Ermittlung der Grundlagen Bearbeiten Besitzstand Bearbeiten Dieser etwas unscharfe Begriff sollte eigentlich Eigentumsstand lauten denn ermittelt werden die Eigentumsverhaltnisse an den Grundstucken im Verfahrensgebiet Zwar sollte das Eigentum zweifelsfrei aus dem Grundbuch ersichtlich sein doch kommt es immer wieder vor dass aus nicht mehr klarbaren Grunden Eintragungen ins Grundbuch bei einem Eigentumswechsel ubersehen oder unterlassen wurden Der Eigentumsstand wird aus dem Grundbuch die Grundstucksflache aus dem Kataster oder auch durch Neuvermessung der einzelnen Grundstucke ermittelt beides wird gemeinsam mit dem Grundeigentumer uberpruft und gegebenenfalls korrigiert Die Ergebnisse der Besitzstandserhebung werden von der Agrarbehorde im Bescheid Besitzstandsausweis festgelegt Bewertung Bearbeiten Der Ertragswert aller Boden im Verfahrensgebiet wird meist mit Hilfe ortskundiger Helfer geschatzt damit im weiteren Verfahrensverlauf gleichwertige neue Flachen zugewiesen werden konnen Die Ergebnisse der Bewertung werden von der Agrarbehorde im Bescheid Bewertungsplan festgelegt Gemeinsame Massnahmen und Anlagen Bearbeiten Aufbauend auf die im Gebiet vorhandenen Landschaftselemente wie Hecken Boschungen Hohlwege soll ein langfristig funktionierender Landschaftshaushalt erreicht werden Diese Landschaftselemente mussen aber teils durch andere erganzt teils der neuen Flureinteilung angepasst werden Uberdies muss jedes neue Grundstuck mindestens eine Zufahrt haben Grossteils sind deshalb neue oder verbreiterte und besser ausgebaute Wege notig Der Bodenerosion soll durch Ruckhaltebecken oder Graben vorgebeugt werden Die Ergebnisse der Planungen in diesem Zusammenhang werden im Bescheid Plan der gemeinsamen Massnahmen und Anlagen festgelegt Vermessung Bearbeiten In manchen Bundeslandern werden die Altgrundstucke einzeln vermessen in manchen werden nur die Aussengrenzen vermessen also jene gegen Grundstucke ausserhalb des Verfahrensgebiets Diese nach modernsten Methoden erfolgende Vermessung ergibt praktisch immer eine Differenz zu jener Flache die aus der Addition der Grundstucksflachen laut Kataster resultiert weil diese Flachen fruher mit weniger genauen Methoden ermittelt wurden Wurde nur der Umfang des Verfahrensgebiets vermessen wird die Vermessungsdifferenz anteilig auf die einzelnen Grundeigentumer aufgeteilt positiv oder negativ je nachdem Neueinteilung Bearbeiten Sind die Grundlagen ermittelt kann die Flur auf dieser Basis neu eingeteilt werden Dafur gibt es ausserst strenge gesetzliche Regelungen deren genaue Darstellung den Rahmen dieses Beitrags sprengen wurde Berucksichtigt werden mussen neben anderen Kriterien die Wertsumme das Flache Wert Verhaltnis die moglichst gleiche Beschaffenheitder alten im Vergleich zu den zuzuweisenden neuen Grundstucken des jeweiligen Eigentumers Vorlaufige Ubernahme Bearbeiten Sobald die Neueinteilung feststeht und Besitzstandsausweis sowie Bewertungsplan rechtskraftig sind und wenn mindestens zwei Drittel der Grundeigentumer zustimmen und noch weitere Voraussetzungen vorliegen darf die Agrarbehorde anordnen dass die neuen Grundstucke vorlaufig zu ubernehmen sind Diese Anordnung erfolgt mit einem Bescheid der Agrarbehorde und bewirkt vorlaufiges Eigentum an den neuen Grundstucken Das Eigentum ist deswegen nur vorlaufig weil die endgultige Entscheidung in Form des Zusammenlegungsplans noch aussteht Mit dem Zusammenlegungsplan oder im Wege von Berufungsentscheidungen kann das Eigentum an den Grundstucken auch noch anders eingeteilt werden Erlassung des Zusammenlegungsplans Bearbeiten Wenn alle entsprechenden Unterlagen fertiggestellt und vor allem auch alle neuen Grundstucke vermessen und vermarkt sind erlasst die Agrarbehorde den Bescheid Zusammenlegungsplan Das ist die behordliche Entscheidung uber die neue Flureinteilung Damit werden die neuen Grundstucke in ihrer neuen Form und Lage den Grundeigentumern endgultig zugewiesen bis dahin war das Eigentum eben nur vorlaufig Erst gegen diesen Bescheid konnen die Grundeigentumer Berufung einbringen wenn sie meinen nicht gesetzmassig abgefunden worden zu sein Zum Instanzenzug Agrarbehorde Wenn uberhaupt keine Berufungen gegen den Zusammenlegungsplan eingebracht werden oder sobald die eingebrachten Berufungen entschieden sind ist der Zusammenlegungsplan rechtskraftig Verarbeitung der Ergebnisse Bearbeiten Die Agrarbehorde muss dafur sorgen dass die Ergebnisse des Verfahrens im Grundkataster und im Grundbuch durchgefuhrt werden Sie sendet ihre rechtskraftigen Unterlagen daher an das zustandige Vermessungsamt und das zustandige Grundbuchsgericht Die Verfahrensergebnisse werden in die dortigen Unterlagen eingearbeitet Abschluss des Verfahrens Bearbeiten Wenn Kataster und Grundbuch richtiggestellt sind schliesst die Agrarbehorde ihr Z Verfahren wieder mit einer Verordnung ab Ebenso wird die Zusammenlegungsgemeinschaft mit einer Verordnung aufgelost Rechtliche Besonderheiten BearbeitenErlassung von Bescheiden Bearbeiten Alle in der obigen Darstellung erwahnten Bescheide ausgenommen jener mit dem die vorlaufige Ubernahme angeordnet wird bestehen aus Listen Verzeichnissen und teils auch Plandarstellungen Diese Bescheide werden nicht jeder Verfahrenspartei einzeln zugestellt sondern an einem zentralen Ort meist Gemeindeamt zur Einsicht aufgelegt Die Parteien bekommen Verstandigungen daruber wann und wo sie in diese Bescheide Einsicht nehmen und wann und wie sie eventuelle Berufungen dagegen einbringen konnen Agrarverfahrensgesetz Grenzkataster Bearbeiten Die Vermessungsergebnisse tragt das Vermessungsamt in den Grenzkataster ein Das bedeutet dass der Grenzverlauf garantiert wird Ersitzungen von Nachbargrund sind damit ausgeschlossen Probleme BearbeitenLandschaftsgestaltung Bearbeiten Den Agrarbehorden wurde immer wieder vorgeworfen mit Hilfe ihrer Verfahren die Landschaft auszuraumen indem Hecken Baumbestande und naturliche Bewirtschaftungshindernisse beseitigt werden wodurch eine Agrarwuste entsteht Dieser Vorwurf ist insofern berechtigt als in den 1950er bis anfanglichen 1970er Jahren tatsachlich in erster Linie getrachtet wurde maschinengerechte moglichst grossflachige Grundstucke zu schaffen ohne sich besonders um das Landschaftsbild zu kummern Das erklart sich allerdings aus der nachkriegsbedingten Sorge um genugend Nahrungsmittel Auch damals hat man nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet Eben mit teils anderen Zielsetzungen Bei kritischer Betrachtung kann aus Sicht der einen zumeist nur ein Bruchteil der insbesondere tierokologisch wertvollen Strukturen erhalten werden Ausgleichsmassnahmen in Form von Krautstreifen Hecken und Baumpflanzungen verandern nicht nur den Landschaftscharakter es ist auch zweifelhaft ob sie in angemessener Zeit tatsachlich die okologischen Funktionen der traditionellen Strukturen ubernehmen konnen Insgesamt gehen zahlreiche lokale Besonderheiten des Landschaftsbildes verloren zuruck bleiben mehr oder weniger einheitliche Landschaften Verbunden ist dieser landschaftsasthetische Verlust der Zusammenlegung mit einer starken Reduktion der Anzahl der Bewirtschaftungseinheiten und somit auch der Fruchtarten der Schnitt und Erntetermine Es gerat also das gesamte Gefuge der Landschaftselemente und der Bewirtschaftung aus dem Gleichgewicht Wie diese Problematik angesichts der neueren Entwicklung in der Landwirtschaft vermieden werden kann scheint aber aktuell ungeklart zu sein Insgesamt besteht ein hohes Informationsmanko quer durch alle Ebenen bis hinauf zur Politik Allerdings haben einige Burgermeister grosserer Orte erkannt dass dadurch langfristig auch der Tourismus gefahrdet sein konnte und sie sehen die Kommassierungen inzwischen auch mit einem kritischen Auge Andere behaupten dass der Vorwurf heute keineswegs mehr zutrifft Abgesehen von der auch gesetzlich geregelten Mitwirkung von Umweltanwaltschaft und Naturschutz trachten die Agrarbehorden schon von sich aus die Landschaft moglichst so belassen wie sie ist 4 Das wird nicht immer ganz gelingen aber man bemuht sich Berufungen Bearbeiten Die weitaus uberwiegende Mehrzahl der betroffenen Grundeigentumer ist mit den Ergebnissen des Z Verfahrens zufrieden Unzufriedene Grundeigentumer mussen aber beachten dass rechtskraftig abgeschlossene Verfahrensabschnitte nicht mit Berufungen in spateren Verfahrensabschnitten neu aufgerollt werden konnen Wenn Parteien beispielsweise gegen den Zusammenlegungsplan berufen weil die Festlegungen im Besitzstandsausweis nicht korrekt sind so wird diese Berufung abgewiesen Es ist daher wichtig sich mit Bescheiden im Rahmen der Ermittlung der Grundlagen besonders sorgfaltig zu befassen Literatur BearbeitenErich Jobstl Schutzmassnahmen gegen Bodenerosion im Zuge der Kommassierung Dipl Arbeit Universitat fur Bodenkultur Wien 1990 Ilse Kainz Die Entwicklung der Kommassierung im nordostlichen Niederosterreich Dipl Arbeit Wirtschaftsuniversitat Wien 1979 Reinhard Kraus Kommassierung gestern heute morgen Hintergrunde und Problematik der Agrarverfahren mit besonderer Berucksichtigung Niederosterreichs WWF Osterreich Wien 1997 Horst Mullner Kommassierung Verfahren Mangelbehebung Kosten Amt der niederosterreichischen Landesregierung Wien 1990 Einzelnachweise Bearbeiten Thomas Glatthard Guterzusammenlegung In Historisches Lexikon der Schweiz 15 Oktober 2014 abgerufen am 16 Juli 2021 Thomas Glatthard Melioration In Historisches Lexikon der Schweiz 29 November 2016 abgerufen am 16 Juli 2021 Bundesministerium fur Land und Forstwirtschaft 100 Jahre Agrarische Operationen in Osterreich 1883 1983 Die erste Kommassierung auf der Grundlage der Reichsrahmengesetze wurde unter Burgermeister Porsch 1889 bis 1891 in Obersiebenbrunn im niederosterreichischen Marchfeld durchgefuhrt Sonderheft der Zeitschrift Der Forderungsdienst Fachzeitschrift fur Agrarwirtschaft Ernahrung und Okologie herausgegeben vom Bundesministerium fur Land und Forstwirtschaft ISSN 0015 525X Jg 31 1983 Helmut Grosina Hg Kommassierung und Landschaftserhaltung Ergebnisse der Seminartagung am 13 Marz 1986 in Eisenstadt veranstaltet von der Arbeitsgemeinschaft Lebensraum Burgenland und dem Institut fur Raumplanung und Agrarische Operationen an der Universitat fur Bodenkultur Wien Umwelt Burgenland Bd 9 Amt der Burgenlandischen Landesregierung Umweltreferat Eisenstadt 1986 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zusammenlegung amp oldid 235195965