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Weizenhalmfaser auch Weizenfaser bezeichnet die Fasern aus dem Halm des Weizens Sie enthalten hauptsachlich die pflanzlichen Polysacchariden Cellulose und Hemicellulose die in der Natur sehr haufig vorkommende Biopolymere sind Inhaltsverzeichnis 1 Chemischer Aufbau 2 Gewinnung 3 Geschichte 4 Verwendung in Lebensmitteln 5 Ernahrungsphysiologie 6 Lebensmittelrechtliche Einordnung 7 Literatur 8 EinzelnachweiseChemischer Aufbau BearbeitenDie Weizenhalmfaser besteht zu mehr als 95 aus Cellulosen und Hemicellulosen Bei den Hemicellulosen handelt es sich grosstenteils um Arabinoxylane Beide Bestandteile zahlen zu den Polysacchariden die sich aus mehreren uber glykosidische Bindungen miteinander verknupften Monomeren zusammensetzen Als ursprungliche Stutzelemente der pflanzlichen Zellwand weisen die beiden Kohlenhydratpolymere Kettenlangen von uber 1 000 Monomeren auf was zu ihrer Wasserunloslichkeit beitragt Die Weizenhalmfaser wird aus dem Halm der Pflanze gewonnen und enthalt deshalb weder Gluten noch Starke die typischerweise im Weizenkorn enthalten sind Gewinnung BearbeitenDie Weizenhalmfaser wird als Koppelnutzung aus den Halmen der geernteten Weizenpflanzen extrahiert die bei der Gewinnung des Weizenkorns als Nebenproduktstrom anfallen Der Weizenhalm ist aufgrund hoher Stabilitatsanforderungen besonders reich an den strukturgebenden Substanzen Cellulose und Hemicellulose Ziel der Verarbeitung ist insbesondere die Entfernung des in der Zellwand eingelagerten Lignins zur Konzentration der Polysaccharide und Steigerung ihrer Abbaubarkeit durch die Darmflora Durch die Entfernung ubriger organischer Verbindungen entsteht ein nahezu geschmacks farb und geruchsneutrales Produkt Nach der Auswahl Sauberung und Sortierung des Rohmaterials erfolgt ein chemischer Aufschluss der Weizenhalmstruktur in alkalischer Losung zur Herauslosung des Ligninanteils Danach erfolgt die Waschung des Extrakts zur Entfernung des herausgelosten Lignins sowie per se wasserloslicher Substanzen und die Aufreinigung der Fasern in phasenweisem sauren oder alkalischen Milieu Anschliessend wird eine mechanische Entwasserung der Fasern mit anschliessender Heisslufttrocknung durchgefuhrt Das Produkt wird vermahlen und verpackt Geschichte BearbeitenWeizen stellt neben Mais und Reis eines der drei wichtigsten Getreide weltweit dar 1 Angebaut wird er in erster Linie wegen des Kornertrags Das als landwirtschaftliches Nebenprodukt anfallende Stroh wurde lange Zeit lediglich zur Grundungung oder als Tiereinstreu verwendet Mit zunehmender Erkenntnis uber die Wichtigkeit von Ballaststoffen in der menschlichen Ernahrung entstand die Idee zur Nutzbarmachung der nutritiven Bestandteile des Weizenhalms in Form der Weizenhalmfaser Sie wird seit Beginn der 1990er Jahre hergestellt und seither in Lebensmitteln zur Ballaststoffanreicherung eingesetzt Traditionell wird sie als Weizenfaser bezeichnet Um den neusten lebensmittelrechtlichen Anforderungen Lebensmittelrechtliche Einordnung gerecht zu werden wird die Bezeichnung Weizenhalmfaser im Zutatenverzeichnis empfohlen Einer der grossten Produktionsstandorte in Europa fur Nahrungsfasern im Speziellen der Weizenhalmfaser befindet sich heutzutage in Ungarn Dunaujvaros Die Region sudlich von Budapest bietet sich dafur an da dort grosse Mengen Weizen angebaut werden Verwendung in Lebensmitteln BearbeitenBallaststoffkonzentrate wie die Weizenhalmfaser werden zur Anreicherung von Lebensmitteln verwendet Dadurch kann Ballaststoffmangel entgegengewirkt werden der oft durch die heutzutage typisch westliche Ernahrungsweise entsteht bei der zu wenig von Natur aus ballaststoffreiche Lebensmittel gegessen werden 2 In Deutschland empfiehlt die Deutsche Gesellschaft fur Ernahrung eine Zufuhr in Hohe von 30 g pro Tag 3 Weltweit liegt die durchschnittliche Ballaststoffzufuhr in etwa bei 12 g pro Tag 4 Mit Hilfe der Ballaststoffkonzentrate ist neben der Ballaststoffanreicherung auch die Senkung nutritiv ungunstiger Nahrstoffe wie Fett gesattigte Fettsauren und Zucker moglich Sensorische Eigenschaften wie der Geschmack die Textur oder das Mundgefuhl der Produkte wodurch die Verbraucherakzeptanz beeintrachtigt werden konnte bleiben durch Einsatz der Weizenhalmfaser weitestgehend unbeeinflusst sodass der arttypische Charakter der Lebensmittel erhalten bleibt Die Darmvertraglichkeit der Weizenhalmfaser ist sehr hoch was ihre Anreicherung in Lebensmitteln in unbegrenzter Hohe moglich macht 5 6 Damit bietet die Weizenhalmfaser eine Losung zur Unterstutzung der momentan von Public Health und politischer Seite geforderten und geforderten Reformulierungsstrategie 7 8 Forschung und Entwicklung zum Einsatz von Ballaststoffen zur Verbesserung von Convenience Produkten wird seit 2015 auch im Rahmen der vier durch das Bundesministerium fur Bildung und Forschung BMBF geforderten Cluster der Ernahrungsforschung betrieben 9 Ernahrungsphysiologie Bearbeiten Hauptartikel Ballaststoff Durch Wasserbindung und Nichtabbbaubarkeit tragen Ballaststoffe zu einer regelmassigen Verdauung bei Der Einfluss der Weizenhalmfaser auf charakteristische Parameter der Darmgesundheit wie die Stuhlfrequenz oder das Stuhlgewicht wurde bereits mehrfach untersucht und belegt 6 7 Studien fanden einen steigernden Effekt auf die Insulinsensitivitat wodurch die insulinabhangige Glukoseaufnahme insbesondere in die Muskelzellen positiv beeinflusst wird und sich Blutzuckerspiegel schneller wieder normalisieren 14 18 Der Effekt durch unlosliche Getreideballaststoffe tritt verstarkt bei Menschen mit bereits gestorter Glukosetoleranz auf Wissenschaftliche Beobachtungen zeigen dass in der Folge die Entstehung von Diabetes verringert werden kann 19 20 Untersuchungen deuten auf einen positiven Effekt der Weizenhalmfaser auf die Zusammensetzung der Darmmikrobiota hin 21 Lebensmittelrechtliche Einordnung BearbeitenIn der europaischen Lebensmittelinformationsverordnung 22 werden drei verschiedene Ballaststoffgruppen definiert Allen gemeinsam ist die Unverdaulichkeit im menschlichen Dunndarm aufgrund mangelnder Enzymausstattung Mangels Cellulasen konnen Menschen Cellulose nicht selbst abbauen Unterschieden wird zwischen naturlich enthaltenen extrahierten und synthetisch hergestellten Ballaststoffen Nach der Health Claims Verordnung mussen gesundheitsbezogene Aussagen wissenschaftlich nachgewiesen werden Die Weizenhalmfaser war bereits vor 1997 umfangreich in Lebensmitteln auf dem EU Markt verfugbar und fallt somit auch nicht unter die Regelung der Novel Food Verordnung Seit 1992 hat sich die verkehrsubliche Bezeichnung Weizenfaser unter den aktiven Marktteilnehmern etabliert Alternativ kann die beschreibende Bezeichnung Weizenhalmfaser gewahlt werden die erganzend das pflanzliche Ausgangsmaterial benennt 22 Da der Rohstoff Weizen zu den allergenhaltigen Getreiden zahlt muss die Weizenhalmfaser entsprechend der Vorschriften zur Allergenkennzeichnung als solches in der Zutatenliste gekennzeichnet werden auch wenn die Weizenhalmfaser nachweislich glutenfrei ist 22 Literatur BearbeitenDP Burkitt HC Trowell Dietary fibre and western diseases In Irish Medical Journal Band 70 Nr 9 1977 S 272 277 englisch Dietary fibre and incidence of type 2 diabetes in eight European countries the EPIC InterAct Study and a meta analysis of prospective studies In Diabetologia Band 58 Nr 7 2015 S 1394 1408 doi 10 1007 s00125 015 3585 9 englisch F Isken S Klaus M Osterhoff AFH Pfeiffer MO Weickert Effects of long term soluble vs insoluble dietary fiber intake on high fat diet induced obesity in C57BL 6J mice In The Journal of Nutritional Biochemistry Band 21 Nr 4 2010 S 278 284 doi 10 1016 j jnutbio 2008 12 012 englisch MO Weickert M Mohlig C Koebnick JJ Holst P Namsolleck M Ristow et al Impact of cereal fibre on glucose regulating factors In Diabetologia Band 48 Nr 11 2005 S 2343 2353 doi 10 1007 s00125 005 1941 x englisch MO Weickert M Mohlig C Schofl AM Arafat B Otto H Viehoff et al Cereal Fiber Improves Whole Body Insulin Sensitivity in Overweight and Obese Women In Diabetes Care Band 29 Nr 4 2006 S 775 780 doi 10 2337 diacare 29 04 06 dc05 2374 englisch MO Weickert AFH Pfeiffer Impact of Dietary Fiber Consumption on Insulin Resistance and the Prevention of Type 2 Diabetes In The Journal of Nutrition Band 148 Nr 1 2018 S 7 12 doi 10 1093 jn nxx008 englisch MO Weickert M Roden F Isken D Hoffmann P Nowotny M Osterhoff et al Effects of supplemented isoenergetic diets differing in cereal fiber and protein content on insulin sensitivity in overweight humans In The American Journal of Clinical Nutrition Band 94 Nr 2 2011 S 459 471 doi 10 3945 ajcn 110 004374 englisch Kabisch Meyer Honsek Gerbracht Dambeck Kemper et al Fasting Glucose State Determines Metabolic Response to Supplementation with Insoluble Cereal Fibre A Secondary Analysis of the Optimal Fibre Trial OptiFiT In Nutrients Band 11 Nr 10 2019 S 2385 doi 10 3390 nu11102385 englisch C Honsek S Kabisch M Kemper C Gerbracht AM Arafat AL Birkenfeld et al Fibre supplementation for the prevention of type 2 diabetes and improvement of glucose metabolism the randomised controlled Optimal Fibre Trial OptiFiT In Diabetologia Band 61 Nr 6 2018 S 1295 130 doi 10 1007 s00125 018 4582 6 englisch A Steimle M Neumann ET Grant JD Turner MS Desai Concentrated Raw Fibers Enhance the Fiber Degrading Capacity of a Synthetic Human Gut Microbiome In IJMS Band 22 Nr 13 2021 S 6855 doi 10 3390 ijms22136855 englisch Verordnung EU Nr 1169 2011 des Europaischen Parlaments und des Rates vom 25 Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher uber Lebensmittel In Amtsblatt der Europaischen Union L Nr 304 22 November 2011 S 18 63 Einzelnachweise Bearbeiten FAO Produktionsstatistik der FAO Crops 2019 Stand 6 Juli 2021 Kassem Makki Edward C Deehan Jens Walter Fredrik Backhed The Impact of Dietary Fiber on Gut Microbiota in Host Health and Disease In Cell Host amp Microbe 23 2018 S 705 doi 10 1016 j chom 2018 05 012 Deutsche Gesellschaft fur Ernahrung Referenzwerte Kohlenhydrate Ballaststoffe 2000 Ashkan Afshin Patrick John Sur Kairsten A Fay Leslie Cornaby Giannina Ferrara Joseph S Salama Erin C Mullany Kalkidan Hassen Abate Cristiana Abbafati Zegeye Abebe Mohsen Afarideh Anju Aggarwal Sutapa Agrawal Tomi Akinyemiju Fares Alahdab Umar Bacha Victoria F Bachman Hamid Badali Alaa Badawi Isabela M Bensenor Eduardo Bernabe Sibhatu Kassa K Biadgilign Stan H Biryukov Leah E Cahill Juan J Carrero Kelly M Cercy Lalit Dandona Rakhi Dandona Anh Kim Dang Meaza Girma Degefa Maysaa El Sayed Zaki Alireza Esteghamati Sadaf Esteghamati Jessica Fanzo Carla Sofia e Sa Farinha Maryam S Farvid Farshad Farzadfar Valery L Feigin Joao C Fernandes Luisa Sorio Flor Nataliya A Foigt Mohammad H Forouzanfar Morsaleh Ganji Johanna M Geleijnse Richard F Gillum Alessandra C Goulart Giuseppe Grosso Idris Guessous Samer Hamidi Graeme J Hankey Sivadasanpillai Harikrishnan Hamid Yimam Hassen Simon I Hay Chi Linh Hoang Masako Horino Nayu Ikeda Farhad Islami Maria D Jackson Spencer L James Lars Johansson Jost B Jonas Amir Kasaeian Yousef Saleh Khader Ibrahim A Khalil Young Ho Khang Ruth W Kimokoti Yoshihiro Kokubo G Anil Kumar Tea Lallukka Alan D Lopez Stefan Lorkowski Paulo A Lotufo Rafael Lozano Reza Malekzadeh Winfried Marz Toni Meier Yohannes A Melaku Walter Mendoza Gert B M Mensink Renata Micha Ted R Miller Mojde Mirarefin Viswanathan Mohan Ali H Mokdad Dariush Mozaffarian Gabriele Nagel Mohsen Naghavi Cuong Tat Nguyen Molly R Nixon Kanyin L Ong David M Pereira Hossein Poustchi Mostafa Qorbani Rajesh Kumar Rai Christian Razo Garcia Colin D Rehm Juan A Rivera Sonia Rodriguez Ramirez Gholamreza Roshandel Gregory A Roth Juan Sanabria Tania G Sanchez Pimienta Benn Sartorius Josef Schmidhuber Aletta Elisabeth Schutte Sadaf G Sepanlou Min Jeong Shin Reed J D Sorensen Marco Springmann Lucjan Szponar Andrew L Thorne Lyman Amanda G Thrift Mathilde Touvier Bach Xuan Tran Stefanos Tyrovolas Kingsley Nnanna Ukwaja Irfan Ullah Olalekan A Uthman Masoud 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Innovationsstrategie fur Zucker Fette und Salz in Fertigprodukten Zwischenbericht 2020 R Rennekamp B Brandl P Giesbertz T Skurk H Hauner Metabolic and satiating effects and consumer acceptance of a fibre enriched Leberkas meal a randomized cross over trial In European Journal of Nutrition Band 60 Nummer 6 September 2021 S 3203 3210 doi 10 1007 s00394 020 02472 1 PMID 33555374 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Weizenhalmfaser amp oldid 238347739