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Der Warenumsatzstempel ist der unmittelbare Vorlaufer der Reichsumsatzsteuer aus dem Jahre 1918 Damit handelt es sich um die erste moderne Form einer allgemeinen Verbrauchsteuer und die Urform der Umsatzsteuer im Deutschen Reich Die Finanznot des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg kann als Ausloser fur den Vorschlag einer Quittungssteuer gelten Weil das Deutsche Reich ohne ein schlussiges Finanzkonzept in den Krieg eingetreten war wurde zunachst versucht die Kosten durch Kriegsanleihen zu decken die ebenso wie im Deutsch Franzosischen Krieg von 1870 71 durch den besiegten Gegner beglichen werden sollten Nachdem sich die Hoffnungen auf ein schnelles Kriegsende zerschlagen hatten stand der Reichstag im Jahre 1916 vor einem Haushaltsdefizit von rund 500 Mio Mark Aus diesem Grund legte die Reichsregierung am 13 Juni 1916 eine aus funf Gesetzesentwurfen bestehende sogenannte Kriegssteuervorlage dem Reichstag vor Eine dieser Vorlagen sah die Einfuhrung eines Quittungsstempels vor Diese Vorlage wurde indes sowohl im Reichstag als auch durch die Presse heftigst kritisiert Aufgrund zahlreicher Detailfragen wurde die Beratung dieses Quittungssteuerentwurfs einer besonderen Kommission zur Uberarbeitung der Gesetzesvorlage uberwiesen Diese Kommission nahm am 12 April 1916 ihre Arbeit auf wobei unmittelbar zu Beginn der Beratungen der Antrag Nr 19 Warenumsatzstempel durch den Abgeordneten der Zentrumspartei Richard Muller aus Fulda eingebracht wurde Bei diesem Antrag handelte es sich um einen Gesetzesentwurf bei dem der gewerbliche Warenumsatz ab 3000 Mark mit einer Steuer von 0 1 Prozent belegt werden sollte Dieser Gedanke einer umsatzabhangigen Steuer war durch den Berliner Warenhausbesitzer Oscar Tietz dessen Warenhauser nach der Arisierung des Unternehmens wahrend der NS Diktatur spater den Namen Hertie tragen sollten vermittelt worden der die Rentabilitat einer solchen Steuer auf Grund seiner Erfahrungen mit den kommunalen Warenhaussteuern einzuschatzen wusste Der neue Entwurf eines Warenumsatzstempels trat bereits in der ersten Verhandlung der Kommission an die Stelle des Entwurfs eines Quittungsstempels Gegen die Stimmen der sozialdemokratischen Abgeordneten und mit einigen Anderungen wurde der Entwurf von der Mehrheit der Kommission dem Reichstag zur Verabschiedung empfohlen Auch im Reichstag wandten sich die Abgeordneten der SPD gegen die Verabschiedung des Warenumsatzstempels als einer allgemeinen Verbrauchsteuer da eine solche Steuer nicht am Leistungsfahigkeitsprinzip ausgerichtet und damit die armere Bevolkerung verhaltnismassig starker belaste als direkte Steuern die im Gegenzug vorgeschlagen wurden An der zweiten Lesung des Gesetzesentwurfs nahm auch bereits Dr Johannes Popitz teil der spater als Referent im Reichsschatzamt als Schopfer der Reichsumsatzsteuer die Umsatzbesteuerung massgebend mitpragen sollte Das Gesetz wurde am 5 Juni 1916 im Reichstag verabschiedet durch Kaiser Wilhelm II im Grossen Hauptquartier in Spa Belgien im Namen des Reichs eigenhandig unterzeichnet und trat am 1 Oktober 1916 in Kraft Der Warenumsatzstempel wurde in Tarifnummer 10 und den 76 ff des Reichsstempelgesetzes eingefugt Von seiner Systematik regelt er zwei Steuern zum einen den so genannten Umsatzstempel auf inlandische Warenlieferungen die einen jahrlichen Umsatz von 3000 Mark ubersteigen und zum anderen den Quittungsstempel auf nicht gewerbliche Warenlieferungen aus privater Hand im Wert uber 100 Mark Steuerpflichtiger war fur beide Steuerarten der Empfanger der Zahlungen Steuerobjekt und damit Anknupfungspunkt waren Warenumsatze in Form bezahlter Warenlieferungen Als Bemessungsgrundlage diente dem Umsatzstempel die Jahresaufstellung der Gewerbetreibenden uber die gelieferten Waren Beim Quittungsstempel war es der auf der Empfangsbestatigung Quittung angegebene Warenwert Der Bundesrat hat neben Ausfuhrungsbestimmungen auch noch Auslegungsgrundsatze verabschiedet um den Gewerbetreibenden Hinweise zur Handhabung der neuen Steuer zu geben Im letzten Kriegsjahr waren die finanziellen Reserven des Reiches nahezu vollstandig aufgebraucht Die Reichsregierung brachte daher am 20 April 1918 eine umfassende Steuerreform von 11 Steuervorlagen in den Reichstag ein Darunter befand sich auch der Entwurf einer Reichsumsatzsteuer die am 1 August 1918 in Kraft trat Der Warenumsatzstempel hatte somit gerade mal 22 Monate bestanden Die Gesamteinnahmen beliefen sich auf rund 225 Mio Mark Quellen BearbeitenHauser Abriss der geschichtlichen Entwicklung der offentlichen Finanzwirtschaft in Handbuch der Finanzwissenschaften Band I 3 Auflage 1977 S 50 ff Verhandlungen des Reichstages Band 318 Drucksache 321 Jacobs Am Anfang war der Warenumsatzstempel von 1916 DStZ 2006 S 654 660 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Warenumsatzstempel amp oldid 225505775