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Dieser Artikel beschreibt die Waage als Gebaude Dessen Bezeichnung kann synonym u a auch als Waaghaus Waaggebaude Alte Waage Stadtwaage oder Fronwaage erfolgen Weitere Bedeutungen des Begriffs Waage finden sich unter Waage Begriffsklarung Bei der Waage handelt es sich in einer Stadt oft um ein neben dem Rathaus und den Sakralbauten besonders grosses und monumentales Gebaude In diesem befindet sich in vorindustrieller Zeit die offentliche Waage In vielen Stadten ist diese Funktion allerdings in einem anders benannten Bautyp untergebracht Die Art der baulichen Unterbringung und der ausseren Erscheinung unterscheiden sich grundsatzlich nach den politischen und okonomischen Bedingungen in den Regionen Europas Waage von Gouda 1668 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Siehe auch 3 Literatur 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie offentliche Waage ist eine Einrichtung zum Wiegen von Handelswaren Sie diente sowohl der Gewichtsbestimmung als auch der Steuererhebung Die erstgenannte Funktion hatte ihre besondere Bedeutung in vorindustrieller Zeit sowohl in Anbetracht regional unterschiedlicher Masse und Gewichte als auch in der geringen Verfugbarkeit grosser Wiegeinstrumente sowie der Garantie einer verlasslichen Gewichtsbestimmung Bei der zweitgenannten Funktion ging es um einen gut kontrollierenden Zugriff auf das Handelsgeschehen 1 Die zentrale Bedeutung der offentlichen Waage ist mit der Vereinheitlichung der Mass und Gewichte und der Ablosung der direkten durch eine indirekte Besteuerung im 19 Jahrhundert weggefallen Offentliche Waagen hat es hochstwahrscheinlich schon im alten Agypten gegeben 2 In Europa gehorte das Wiegerecht im Mittelalter als Einkommensquelle zu den Rechten des Landesherrn das dieser den Stadten verleihen oder auch auf die Dauer verkaufen konnte In der Regel war das Wiegerecht mit dem Markt und dem Stapelrecht verbunden Letzteres verpflichtete durchreisende Kaufleute dazu ihre Waren fur einen bestimmten Zeitraum zum Verkauf anzubieten und auch wiegen zu lassen Umgekehrt war es den in der Umgebung von Stadten befindlichen dorflichen Ansiedlungen in der Regel verboten offentliche Waagen zu unterhalten 3 nbsp Halle von Montpazier mit Hohlmassen zur Gewichtsbestimmung von Getreide Mensa Ponderaria Die bauliche Unterbringung der offentlichen Waage erfolgte im Mittelalter in der Regel in einer multifunktionalen Handelshalle bei der die Bezeichnung nach einer einzelnen Funktion mehr oder weniger zufallig ist 4 So kann die Waage im Rathaus untergebracht oder umgekehrt in der Waage ein Ratssaal eingerichtet sein Auch in einer Tuchhalle Fleischhalle oder einem Stapelhaus etc konnte sich die offentliche Waage befinden Ist das entsprechende Gebaude als Waage benannt so ist davon auszugehen dass im Inneren noch weitere Funktionen untergebracht waren Im ubrigen gab es fur unterschiedliche Warengruppen oft unterschiedliche Waagen wobei es moglich war dass diese als Einrichtungen sowohl zusammen in einem einzigen Gebaude oder auf mehrere verteilt waren z B Salzwaage Fettwaage Eisenwaage Heuwaage usw nbsp Heuwaage in Soham GB Je nach den politischen Gegebenheiten im Zusammenhang mit dem materiellen Wohlstand der Stadte unterscheiden sich die multifunktionalen Handelshallen mit den in ihnen eingerichteten offentlichen Waagen in den Regionen Europas In Flandern mit seiner relativ schwachen Zentralgewalt haben zum Beispiel die Tuchhallen im Mittelalter beeindruckende monumentale Ausmasse erhalten Ypern Brugge Mechelen 5 In Frankreich dagegen hat es den Stadten auf Grund des starken Konigtums bei Handelshallen oft nur zu schlichten seitlich offenen holzernen Konstruktionen gereicht wie z B in Monpazier 6 In Deutschland sind die Handels und Versammlungsfunktionen stadtischer Hallen oft auf mehrere Gebaude verteilt 7 In jedem Fall befinden sich die Gebaude mit einer offentlichen Waage an oder in der Nahe von grosseren Platzen nbsp Ursprungliche Inneneinrichtung der Waage von Hoorn Die Balkenwaagen sind hier aus Holz an Laufbalken aufgehangt und uber Laufkatzen verschiebbarIn Holland hat sich seit dem 17 Jahrhundert auf Grund der besonderen politischen und okonomischen Bedingungen der Republik ein eigener Bautyp der Waage entwickelt Er unterscheidet sich vom ubrigen feudalabsolutistischen Europa durch die Tatsache dass das Erdgeschoss ausschliesslich der Funktion des Wiegens dient Die wesentlichen Ausloser fur diese Entwicklung waren der Wegfall der Stapelpflicht im Zusammenhang mit der Schaffung eines freien Warenverkehrs im Inland und die Konzentration der hollandischen Landwirtschaft auf die Herstellung von Milchprodukten wie Butter und Kase Diese mussten zur Gewichtsbestimmung gewogen werden Dagegen wurde die Masse von Getreide in der Regel mit Hohlmassen ermittelt 8 Die Verbreitung des genannten besonderen hollandischen Bautyps Waage beschrankt sich auf die an der Kuste Nord und Sudhollands sowie an den grossen Flussen und in der Provinz Friesland gelegenen Stadte Die entsprechenden Waaggebaude haben oft eine hochfunktionale Inneneinrichtung bei denen die Balkenwaagen tagsuber zum Wiegen uber Laufbalken und Katzen unter ein Vordach herausgeschoben werden und nach dem Einfahren nachts im Gebaude sicher verwahrt werden konnen Anhand ihrer baulichen Merkmale lassen sich die hollandischen Waaggebaude in vier Subtypen aufteilen Der Durchfahrtstyp kommt in Friesland vor Leeuwarden Workum Franeker Er ist freistehend Die Guter konnen auf Karren nach innen gefahren dort gewogen und auf der gegenuber liegenden Seite wieder herausgefahren werden Der Turmtyp steht immer an einer Blockecke und hat zwei spiegelbildlich angeordnete Fassaden mit je einer Toroffnung im Erdgeschoss hinter der jeweils eine Balkenwaage angeordnet ist Haarlem Makkum Der Laubentyp steht ebenfalls an einer Blockecke An der Langsseite befinden sich wie bei einer Loggia funf Toroffnungen durch die Balkenwaagen zur Halfte nach aussen unter ein Vordach geschoben werden konnen Hoorn Monnickendam Rotterdam Bei dem Synthesetyp kommen vom Durchfahrtstyp die freie Stellung vom Turmtyp die deutliche Hohenentwicklung und vom Laubentyp die unter ein Vordach verschiebbaren Balkenwaagen zusammen Amsterdam Leiden Gouda Daruber hinaus gibt es noch eine Vielzahl von Gebauden in denen die Waage sekundar im Rahmen eines Umbaus in einem anderen Bautyp eingerichtet wurde u a Alkmaar Delft Medemblik 9 In den Niederlanden findet die Entwicklung des Bautyps Waage im Vorfeld der Einfuhrung der napoleonischen Reformen zum Ende des 18 Jahrhunderts ihren Abschluss Im ubrigen Europa ist es die im Zusammenhang der Entstehung der Nationalstaaten eingefuhrte inlandische Zollfreiheit und die Steuererhebung anhand des Warenwerts die zu einem entscheidenden Wandel der Handelseinrichtungen fuhren Die Funktion der offentlichen Waage ist danach auf die Gewichtsbestimmung reduziert 10 Siehe auch BearbeitenListe von Waagen stadtische Gebaude Kasemarkt in AlkmaarLiteratur BearbeitenKarl Kiem Die Waage Ein Bautyp des Goldenen Jahrhunderts in Holland Berlin 2009 ISBN 978 3 7861 2605 8 Online auf Englisch als PDF abrufbar Einzelnachweise Bearbeiten Kiem 2009 S 167 ff Kiem 2009 S 167 ff Kiem 2009 S 180 ff Gerhard Nagel Das mittelalterliche Kaufhaus und seine Stellung in der Stadt Eine baugeschichtliche Untersuchung an sudwestdeutschen Beispielen Berlin 1971 S 69 ISBN 3 7861 4055 3 Fritz Schroder Die gotischen Handelshallen in Belgien und Holland Munchen u Leipzig 1914 S 55 Gilles Henri Bailly Philippe Laurent La France des halles amp marches Toulouse 1998 ISBN 2 7089 9150 7 passim Kiem 2009 S 183 ff Kiem 2009 passim Kiem 2009 S 205 ff Kiem 2009 S 167 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Waage stadtisches Gebaude amp oldid 225671109