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Die Vinylierung oder auch Reppe Vinylierung ist ein bedeutendes Verfahren aus dem Bereich der technischen organischen Chemie Die Reaktion und ihre technische Umsetzung wurde in den 1930er Jahren von Walter Reppe 1892 1969 und seinen Mitarbeitern in den Hauptlaboratorien der Badischen Anilin und Soda Fabrik heute BASF SE in Ludwigshafen am Rhein entwickelt Zusammen mit der Ethinylierung der Cyclisierung und der Hydrocarboxylierung bildet sie die bekannte Reppe Chemie Das Verfahren erlangte im Rahmen der Hochdrucksynthese des Acetylens und im Zuge der modernen Verfahrenstechnik grosse industrielle Bedeutung Bei der Vinylierung wird allgemein eine Vinyl Gruppe Ethenyl Gruppe H2C CH R in eine organisch chemische Verbindung eingefuhrt Dabei entstehen zahlreiche Produkte wie Vinylether Vinylsulfide Vinylester und Vinylamine Inhaltsverzeichnis 1 Geschichtliche Entwicklung 2 Ubersichtsreaktion 3 Vorgeschlagener Mechanismus 4 Anwendungsbeispiele 5 EinzelnachweiseGeschichtliche Entwicklung BearbeitenDie ersten Reaktionen die als Vinylierungen aufgefasst werden konnen wurden bereits im spaten 19 Jahrhundert entdeckt Der russische Chemiker Alexei Jewgrafowitsch Faworski bemerkte im Jahre 1891 bei Untersuchungen zur Isomerisierungen von ungesattigten Kohlenwasserstoffen durch Alkoholate die Bildung von Alkoxyalkenen 1 Weniger Jahre spater berichteten auch J V Nef und C Moureu die Darstellung verschiedener b Alkoxystyrole aus Phenylacetylen und Alkoholaten in alkoholischer Losung 2 In den Folgejahren wurde immer mehr Reaktionen von Acetylen mit zahlreichen Verbindungen wie Wasser Phenolen Alkoholen Malonsaureester Mercaptane Amine oder auch Essigsaure durchgefuhrt wobei verschiedenste vinylierte Produkte erhalten wurden 3 Erst in den 1930er Jahren beschaftigten sich Walter Reppe und seine Mitarbeiter bei der BASF in Ludwigshafen am Rhein bewusst mit der Vinylierungsreaktion Zu dieser Zeit wurde auch das Acetylen als wertvoller Chemierohstoff entdeckt Aus sicherheitstechnischen Grunden war es zu dieser Zeit strengstens untersagt das hochentzundliche und explosive Acetylen bei hohem Druck zu verarbeiten Chemiker und Ingenieure arbeiteten deshalb mit Acetylen nur bei geringen Uberdruck von maximal 1 5 bar Durch intensive Forschung und Entwicklung fand Reppe jedoch heraus dass sich unter speziellen Bedingungen Acetylen bei erhohtem Druck von bis zu 25 bar sicher handhaben liess Mit dieser Erkenntnis war der Grundstein fur die industrielle Weiterverarbeitung von Acetylen zu zahlreichen organischen Folgeprodukten gelegt woraus ein sehr reichhaltige Acetylenchemie entstand die bis heute von grosser Bedeutung ist Neben der Vinylierung erforscht Walter Reppe auch die Ethinylierung die Cyclisierung und die Hydrocarboxylierung die zusammengefasst als Reppe Chemie bezeichnet werden Er gilt bis heute als Begrunder der modernen Acetylenchemie Ubersichtsreaktion BearbeitenBei der Vinylierung werden Alkohole Thiole Amine Phenole und Carbonsauren in Gegenwart von basischen Katalysatoren z B Kaliumhydroxid KOH oder Kaliumalkoholate KOR mit Acetylen in einer nukleophilen Addition umgesetzt nbsp Allgemeines Reaktionsschema von VinylierungsreaktionenWerden Alkohole X O eingesetzt entstehen daraus Vinylether Enolether aus Thiolen X S werden Vinylsulfide und aus Aminen X N werden Vinylamine Enamine gebildet Aus Carbonsauren entstehen durch Vinylierung zahlreiche Vinylester Vorgeschlagener Mechanismus BearbeitenDer genaue Mechanismus der Vinylierung war lange Zeit Gegenstand kinetischer Untersuchungen Dabei wurden zahlreiche Hypothesen und Vorschlage aufgestellt die jedoch grosstenteils alle anhand experimentell erhaltene Daten wieder verworfen wurden Der Mechanismus der bis heute als korrekt angesehen wird soll im Folgenden anhand der Vinylierung von Alkoholen illustriert und beschrieben werden 3 Die Vinylierung findet im stark basischen Milieu statt Meist verwendet man festes Kaliumhydroxid Kalilauge oder die Kaliumalkoholate der entsprechenden Alkohole als basische Katalysatoren Fur gewohnlich werden diese vor der Reaktion separat hergestellt Als ersten Reaktionsschritt beobachtet man die Deprotonierung des Alkohols an der aciden Hydroxygruppe zum entsprechenden Alkoholat welches als sehr gutes Nucleophil das Acetylen Molekul angreift Uber eine nukleophile Addition wird dabei ein Carbanion als reaktive Zwischenstufe erhalten Dieses wird durch das im ersten Schritt abgespaltene Wasser falls KOH verwendet wurde bzw Alkoholmolekul falls KOR verwendet wurde protoniert wobei der Katalysator zuruckgebildet wird und ein Vinylether eine Untergruppe der Enolether entsteht 4 nbsp Reaktionsmechanismus zur Vinylether BildungNeben Alkoholen konnen auch Amine Thiole Carbonsauren und Phenole vinyliert werden da diese alle acide Protonen an der jeweiligen funktionellen Gruppe besitzen 4 Anwendungsbeispiele BearbeitenBesondere technische Bedeutung hat die Vinylierung zur Herstellung von Vinylethern aus Alkoholen Diese werden in vielfaltiger Weise als Monomere fur zahlreiche Polymere Copolymeren Lacken Beschichtungsmitteln und UV Hartern Wichtige Vertreter hierbei sind N Vinyl 2 pyrrolidon N Vinylcaprolactam 1 Vinylimidazol sowie zahlreiche vinylierte niedere aliphatische Alkohole Einzelnachweise Bearbeiten Alexei Favorski Isomerisationserscheinungen der ungesattigten Kohlenwasserstoffe In Journal fur Praktische Chemie 44 Jahrgang Nr 1 1891 S 208 238 doi 10 1002 prac 18910440124 J V Nef Uber das Phenylacetylen seine Salze und seine Halogensubstitutionsprodukte In Justus Liebigs Annalen der Chemie 308 Jahrgang Nr 3 1899 S 264 328 doi 10 1002 jlac 18993080303 a b Sidney I Miller George Shkapenko Vinylation Kinetics and Mechanism of the Methoxide catalyzed Addition of Methanol to Phenylacetylene In Journal of the American Chemical Society 77 Jahrgang Nr 19 1955 S 5038 5041 doi 10 1021 ja01624a030 a b Zerong Wang Comprehensive Organic Name Reactions and Reagents 1 Auflage John Wiley amp Sons 2010 ISBN 978 0 471 70450 8 Kapitel Reppe Vinylation Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vinylierung amp oldid 211360304