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Der Verfall war ein strafrechtliches Instrument zur Abschopfung rechtswidrig erlangter Vermogensgegenstande Er zielte generalpraventiv darauf jedem Anreiz zur Begehung gewinnorientierter Straftaten entgegenzuwirken Dies geschah indem vergleichbar dem Kondiktionsrecht im Burgerlichen Gesetzbuch die aufgrund eines Rechtsverstosses herbeigefuhrte Fehlerhaftigkeit der Guterzuordnung korrigiert und dem Verfallsadressaten Tater der durch eine solche Tat zugeflossene Vorteil genommen wurde 1 Als praventiv ordnende Massnahme war der Verfall im Unterschied zur Geldstrafe keine dem Schuldgrundsatz unterliegende strafahnliche Massnahme sondern ein Rechtsinstitut sui generis Er war nicht auf die Zufugung eines Ubels sondern auf die Beseitigung eines Vorteils gerichtet dessen Verbleib den Tater zu weiteren Taten verlocken konnte 2 3 Die Anordnung des Verfalls erfolgte als unselbststandiger Teil des von Amts wegen ergehenden Urteils oder Strafbefehls Durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermogensabschopfung 4 wurden die Regelungen des Verfalls in 73 ff StGB zum 1 Juli 2017 abgeschafft und mit den Regelungen zur Einziehung zusammengefuhrt 5 Inhaltsverzeichnis 1 Strafgesetzbuch in der bis zum 30 Juni 2017 geltenden Fassung 1 1 Voraussetzungen und Umfang 1 2 Rechtsfolgen 2 Ordnungswidrigkeitenrecht 2 1 Zweck der Vorschrift 2 2 Voraussetzungen fur die Anordnung 2 3 Hohe der Abschopfung 2 4 Verfahren 2 5 Verjahrung 3 Literatur 4 EinzelnachweiseStrafgesetzbuch in der bis zum 30 Juni 2017 geltenden Fassung BearbeitenVoraussetzungen und Umfang Bearbeiten Gemass 73 StGB wurde der Verfall eines Vermogensvorteils angeordnet wenn der Tater diesen aus einer rechtswidrigen Tat erlangt hatte Sinn dieser Vorschrift war es unrechtmassig erlangten Vermogenszuwachs abzuschopfen also eine rechtswidrige Bereicherung zu beseitigen 6 Der Verfall war jedoch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keine Strafe auch keine strafahnliche Massnahme sondern eine Massnahme eigener Art 7 Die Hohe des Verfalls richtete sich nach dem Bruttoprinzip Das bedeutet dass nicht bloss der Gewinn sondern grundsatzlich alles was der Tater fur die Tat oder aus ihr erlangt hatte fur verfallen zu erklaren war 73 Abs 1 Satz 1 StGB 8 Ausnahmen ergeben sich aus der Harteklausel in 73c StGB Der Verfall konnte auch gegen denjenigen angeordnet werden der nicht Tater sondern Teilnehmer der rechtswidrigen Tat ist Es musste ausserdem kein schuldhaftes Handeln vorliegen 9 da der Verfall keine Strafe darstellte Der Rechtssatz nulla poena sine culpa lat keine Strafe ohne Schuld war daher nicht anwendbar Die Anordnung war gemass 73 Abs 1 Satz 2 StGB nicht moglich wenn dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwuchs dessen Erfullung den aus der Tat erlangten Vorteil beseitigt oder gemindert hatte Moglich war hier dann aber die Beschlagnahme des Gegenstandes als Ruckgewinnungshilfe im Sinne des 111b Abs 5 StPO War ein bestimmter Gegenstand nicht mehr beschaffbar oder der Verfall aus einem anderen Grunde nicht moglich so war nach 73a StGB sog Wertersatz durch den Tater zu leisten Damit sollte verhindert werden dass erlangte Vermogensvorteile veraussert oder verbraucht werden um so dem Verfall zu entgehen Den Umfang und den Wert konnte das Gericht schatzen 73b StGB Uber den Verfall hinaus war der erweiterte Verfall 73d StGB zulassig Dieser wies im Vergleich zum herkommlichen Verfall zwei Unterschiede auf 1 mussen die Verfallsobjekte nicht aus einer konkret abgeurteilten Tat stammen sondern es genugen beliebige andere rechtswidrige Taten soweit die Vorschrift nur auf den 73d StGB verweist 2 kann der erweiterte Verfall schon dann angeordnet werden wenn nur die Umstande die Annahme rechtfertigen es genugt eine konkrete Wahrscheinlichkeit 10 dass der Tater oder Teilnehmer die betreffenden Gegenstande aus einer oder fur eine rechtswidrige Tat erlangt hat Rechtsfolgen Bearbeiten Der Verfall bewirkte dass das Eigentum an der Sache oder das verfallene Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat uberging Vor der Rechtskraft wirkte die Anordnung als Verausserungsverbot im Sinne des 136 des Burgerlichen Gesetzbuches 73e StGB Ordnungswidrigkeitenrecht BearbeitenDurch 29a OWiG wurde die Verwaltungsbehorde bzw das zustandige Gericht ermachtigt gegen den Beteiligten der eine Ordnungswidrigkeit begangen hat oder gegen einen Dritten der aus der Ordnungswidrigkeit einen Vermogensvorteil hatte den Verfall anzuordnen Der Verfall konnte im Ordnungswidrigkeitenrecht nur ein Geldbetrag sein Der Verfall von Sachen und Rechten war aus Vereinfachungsgrunden nicht vorgesehen 11 Praktische Anwendung fand der Verfall nahezu nur im Wirtschaftsrecht es sind aber auch Falle aus dem Gewasser bzw Umweltschutzrecht oder Arbeitsrecht denkbar Im gewerblichen Strassenverkehr wurde der Verfall ebenfalls angewandt Vor allem das Handeln des Taters fur einen Dritten als Nutzniesser war von praktischer Bedeutung Andere Falle waren extrem selten 12 Der 29a OWiG war eine Kann Bestimmung die zustandige Behorde muss also innerhalb ihres Ermessensspielraumes unter Beachtung des Opportunitatsprinzipes uber die Anordnung des Verfalls entscheiden Zweck der Vorschrift Bearbeiten Der Grund fur den 29a OWiG lag in dem Willen des Gesetzgebers den Nutzen aus einer ordnungswidrigen Tat abzuschopfen um vor allem im Wirtschaftsrecht eine eventuelle Chancenungleichheit mit gesetzestreuen Mitbewerbern auszuschliessen Hierbei sollen auch solche Falle erfasst werden in denen zur Abschopfung des Vermogensvorteils kein Bussgeld verhangt werden konnte z B wegen mangelnder Vorwerfbarkeit oder weil der Nutzniesser der Tat nicht Tater war 29a OWiG beugt also einer fur den Gesetzgeber unbefriedigenden Gesetzeslucke vor 13 Voraussetzungen fur die Anordnung Bearbeiten Der Verfall als Nebenfolge konnte von der zustandigen Behorde nur unter Beachtung des Opportunitatsprinzips und in den Grenzen des 29a OWiG angeordnet werden 14 Dieses Ermessen ersparte dem Gesetzgeber die Einfuhrung einer Hartefallklausel analog zum 73c StGB 15 Die bedeutete fur die Anordnung des Verfalls im Einzelnen es wurde eine mit Geldbusse bedrohte Handlung 1 OWiG 16 begangen durch die ein Vermogensvorteil erzielt wurde und dieser kann nicht durch eine Geldbusse abgeschopft werden es wurde also wegen dieser Tat kein Bussgeld verhangt nur bei wirtschaftlich erheblichen z B wenn das Wettbewerbsgefuge gestort wurde Vorteilen die Gefahr einer Wiederholung durch andere war gegeben Nachahmungstaten es bestand ein Bedurfnis fur die Befriedung der Rechtsordnung die Auswirkungen des Verfalls bedeuten fur den Betroffenen keine unbillige Harte der Aufwand fur die Sachverhaltsermittlung und die Anordnung des Verfalls ging nicht uber das erzielte Ergebnis hinaus 17 es war keine Abschopfung des Nutzniessers uber ein Bussgeld wegen 30 in Verbindung mit 130 OWiG Aufsichtspflichtverletzung moglich ein Angestellter hat zum Nutzen des Unternehmens eine OWi begangen 18 Hohe der Abschopfung Bearbeiten Die Hohe der Abschopfung richtete sich nach dem erlangten Vermogensvorteil und durfte diesen nicht uberschreiten konnte ihn aber im Ermessen der Behorde unterschreiten 19 Fur die Bemessung der Verfallshohe war der Vermogensvorteil der unmittelbar aus dem Erfolg der Tat hervorgegangen ist massgeblich z B ein Zinsgewinn aus der Anlage des Betrages oder ein Lottogewinn wenn das Los mit dem Erlos der Tat gekauft wurde sind nicht zu berucksichtigen 20 Wurde durch die Tat ein Gegenstand erlangt so ist seine Wertsteigerung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung aber nicht ein eventueller Wertverfall zu berucksichtigen 21 Hierbei galt das Bruttoprinzip Es konnten also keine Kosten die fur die Erlangung des unrechtmassigen Vermogensvorteiles aufgewendet wurden oder bei rechtmassigem Verhalten hypothetisch entstandene Gewinne in Abzug gebracht werden Dies ergab sich aus der Formulierung Etwas statt der alten Formulierung Vermogensvorteil die mit dem AWStGB AndG vom 28 Februar 1992 22 eingefuhrt worden ist Der Bundesgerichtshof hatte allerdings schon vor der Gesetzesanderung die Anwendung des Nettoprinzips bei der Hohe von Verfallsanordnungen im OWi Recht kritisiert 23 Bei der Bemessung des Verfallsbetrages war zu berucksichtigen ob der Vermogensvorteil noch vorhanden ist und ob auf den Betrag Anspruche Dritter bestehen Insbesondere war zu beachten dass es durch die Abschopfung zu keinen Vermogensnachteilen Dritter die z B Forderungen in den Geldbetrag haben kommt Konnte die genaue Hohe des Vermogensvorteiles nicht ermittelt werden wurde er von der zustandigen Behorde auf Grund der ihr vorliegenden Tatsachen geschatzt Diese Schatzung ist fur das eventuell spater folgende Rechtsmittelverfahren zu belegen 24 Verfahren Bearbeiten Der Verfall wurde in der Regel mit der Einstellungsverfugung des Bussgeldverfahrens angeordnet In Fallen in denen auf die Einleitung eines Verfahren verzichtet wurde z B auf Grund des 47 OWiG oder des 170 StPO in Verbindung mit 47 Abs 1 OWiG konnte er auch in einem selbstandigen Verfahren angeordnet werden 25 Verjahrung Bearbeiten Die Verjahrung der OWi nach 31 OWiG schloss auch die Anordnung des Verfalls aus Zur Verjahrungsunterbrechung gelten die 32 33 OWiG analog 26 Literatur BearbeitenKommentare und Lehrbucher zum StGB und zum Allgemeinen Strafrecht Hans Theile Grundprobleme der strafrechtlichen Verfallsvorschriften nach den 73 ff StGB ZJS 2011 333 online PDF 127 kB Einzelnachweise Bearbeiten Hans Theile Grundprobleme der strafrechtlichen Verfallsvorschriften nach den 73 ff StGB ZJS 2011 S 333 341 BVerfG Beschluss vom 14 Januar 2004 2 BvR 564 95 Rdnr 56 ff BGH Urteil vom 21 August 2002 1 StR 115 02 Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermogensabschopfung Text Anderungen Begrundungen Synopse der am 1 Juli 2017 durch Artikel 1 des VermAbschRAndG geanderten Einzelnormen StGB n F neue Fassung in der am 1 Juli 2017 geltenden Fassung durch Artikel 1 G vom 13 April 2017 BGBl I S 872 buzer de abgerufen am 19 Oktober 2020 BGHSt 31 145 BGH Urteil vom 21 August 2002 1 StR 115 02 S 10 ff mit abweichender Literaturmeinung BGH NStZ 1995 491 Joecks in Munchener Kommentar zum StGB 1 Aufl 2005 73 Rn 12 Trondle Fischer StGB 73 Rn 12 Riess NJW 92 493 vgl Gohler Rn 4a zu 29a OWiG vgl Komm OWiG 2 Aufl 5 Lfg Rn 3 Gohler Rn 2 vgl Gohler Rn 1 zu 29a Gohler Rn 2 f vgl Komm OWiG 2 Aufl 5 Lfg Rn 14 Gohler Rn 8 vgl Gohler Rn 8 zu 1 vgl Gohler Rn 8 vgl Gohler Rn 2 15 vgl Komm OWiG 2 Aufl 5 Lfg RNr 5 Gohler RNr 10 vgl Komm OWiG 2 Aufl 5 Lfg Rn 10 Gohler RNr 5 vgl KK OwiG Mitsch Rn 42 f BGBl I S 372 vgl Komm OWiG 2 Aufl 5 Lfg Rn 6 Gohler Rn 4a vgl Komm OWiG 2 Aufl 5 Lfg Rn 17 Gohler Rn 11 vgl Gohler RNr 12 13 vgl Gohler RNr 14 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verfall deutsches Recht amp oldid 216744127