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Die Unionbrauerei Gross Gerau war eine 1868 gegrundete Brauerei auf dem heutigen Gelande des Gewerbeparks Alte Brauerei in der Frankfurter Strasse 74 der Kreisstadt Gross Gerau Sie bestand von 1868 bis 1967 und hatte auf dem Hohepunkt ihres Erfolgs einen Ausstoss von 100 000 Hektolitern Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Produkte 3 Brauereieigentumer 4 Brauerei Gelande heute 5 Quellen 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenMarxsohn hiess eine alteingesessene Bier Brauerfamilie aus Konigstadten Aus dieser meldete Baruch Marxsohn mit Datum vom 29 Oktober 1868 eine Brauerei in der Frankfurter Strasse in Gross Gerau an 1863 hatte er zuvor bereits eine Malzerei in der gleichen Strasse errichtet allerdings noch auf Hohe des damaligen Innenstadtgebietes gegenuber dem alten Stadthaus und sudlich der Bahnlinie von Darmstadt nach Mainz Da das Betriebsgelande dort jedoch zu klein war erbaute man die eigentliche Brauerei dann vor den Toren der Stadt an der Frankfurter Strasse 74 nordlich der Bahnstrecke anfangs noch unter dem Namen Parkbrauerei Die Nachfolger von Baruch Marxsohn benannten die Firma am 9 Januar 1897 in Unionbrauerei um Als Gesellschafter wurden seinerzeit eingetragen Baruch Simon Ferdinand Ludwig und Albert Marxsohn alle in Gross Gerau Seit 4 Juli 1904 waren Ferdinand und Ludwig Marxsohn alleinige Geschaftsfuhrer Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurde eine Leistung von 50 000 Hektolitern bei einer Personalstarke von ca 80 Beschaftigten erzielt In der Zeit des Nationalsozialismus mussten die judischen Eigentumer den Betrieb veraussern zum Teil auch deswegen weil bisherige Kunden nicht mehr bereit waren Bier von einem judischen Unternehmen abzunehmen Aus den Akten im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden HHStAW die Auskunft geben uber die langjahrigen Geschaftsbeziehungen der Familien Marxsohn zu der Darmstadter Rechtsanwaltskanzlei von Friedrich Moritz Mainzer ist ersichtlich dass es 1935 zu einem Kaufangebot durch die Dr August Oetker KG gekommen war das aber aus nicht bekannten Grunden zu keinem Abschluss fuhrte 1 Es kam dann zu Verhandlungen mit Willy Kaus die mit einem Kaufvertrag vom 27 April 1936 besiegelt wurden Die Bruder Marxsohn verkauften demnach Geschaftsanteile uber 495 000 RM an Kaus fur 306 000 RM der sich zudem verpflichtete ein Verbindlichkeit uber 13 235 60 RM abzulosen In den spateren Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt Gross Gerau wird allerdings mehrfach ein Kaufpreis von 380 000 RM genannt 1 2 Friedrich Mainzer der die Marxsohns in den Verhandlungen mit Kaus juristisch beriet schrieb im Zusammenhang mit Hypothekenablosungen am 28 Juli 1936 an die Braunschweig Hannoversche Hypothekenbank Die Herren Marxsohn haben ein gutes Geschaft fur einen verhaltnismassig nicht sehr hohen Betrag verkauft wahrend Herr Kaus das Geschaft fur einen verhaltnismassig niedrigen Preis gekauft hat Das Stammkapital der GmbH betrug zu dem Zeitpunkt tatsachlich 550 000 RM wovon je 212 500 RM von Ferdinand und Ludwig Marxsohn gehalten wurden die zugleich GmbH Geschaftsfuhrer waren und 125 000 RM von Walter Marxsohn 1 In einer Gerichtsentscheidung gegen das Finanzamt Gross Gerau das bei der Bemessung der Reichsfluchtsteuer auf dem Wert von 550 000 beharrte entschied das Finanzgericht bei dem Oberfinanzprasidenten Hessen dagegen dass von einem Anteilswert von 440 000 RM 80 von 550 000 auszugehen sei 1 Auch im Verhaltnis dazu war der von Kaus bezahlte Kaufpreis noch sehr zu seinem Vorteil Diese Arisierung des Betriebs durch Kaus der einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg Alleineigentumer der Unionbrauerei wurde und diese in einen Konzern aus Unternehmen der unterschiedlichsten Wirtschaftszweige einfugte fuhrte offenbar zu innerfamiliaren Auseinandersetzungen insbesondere zwischen Ferdinand und Ludwig Marxsohn die auch die seit Jahrzehnten bestehenden Beziehungen zwischen Ferdinand Marxsohn und Friedrich Mainzer belasteten 3 Die Auseinandersetzung entzundete sich daran dass Mainzer am 15 April 1937 Ferdinand Marxsohn eine Honorar Rechnung uber 254 34 RM stellte Dieser weigert sich zu zahlen weshalb Mainzer am 24 September 1937 einen Zahlungsbefehl erwirkt Die Weigerung Ferdinand Marxsohns war offenbar darin begrundet dass er vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit seinem Bruder Ludwig befurchtete durch die Anerkennung der Honorarforderung die sich noch auf Leistungen rund um den Firmenverkauf bezog ein Prajudiz in der Auseinandersetzung zwischen den Brudern zu schaffen 4 Zuvor am 24 April 1937 hatte Mainzer aus seiner Sicht die Hintergrunde des Konflikts beschrieben Der Schwiegersohn des Herrn Ferdinand Marxsohn Reg Rat i R Dr Alfred Wolff in Darmstadt war mit den Verhandlungen und mit dem Kaufabschluss nicht zufrieden er war der Meinung es sei zweckmassiger das Geschaft zu verpachten eine Auffassung der ich aus Ihnen zweifellos verstandlichen Grunden nicht beipflichten konnte Herr Dr Alfred Wolff hat sich deshalb recht scharf gegen die Verausserungsplane in der von samtlichen Beteiligten gebilligten Weise ausgesprochen und hat den Versuch gemacht seinen Schwiegervater zu veranlassen bei der Verausserung nicht mitzuwirken ein Versuch der ihm missgluckt ist Nun sind nach Jahr und Tag meiner Ansicht nach auf Veranlassung von Herrn Dr Alfred Wolff Misshelligkeiten zwischen den Brudern entstanden 5 Mainzer der seine Forderung zwischenzeitlich auf 830 13 RM erhoht hatte bot Marxsohn am 15 Marz 1939 eine pauschale Abgeltung in Hohe von 500 RM an Dazu schrieb er Ich habe bei er Liquidation meines Buros keine Streitigkeiten gehabt und insbesondere auf die Verhaltnisse von Juden jede nur erdenkliche Rucksicht genommen Es wurde mir im hochsten Masse widerstehen gerade mit Ihnen mit dem ich Jahrzehnte lange angenehme personliche und berufliche Beziehungen hatte in einen Streit zu geraten der meiner Ueberzeugung nach ebenso wenig Ihren Wunschen entspricht wie er es den meinen tut Ich kann aber andererseits unmoglich mich dem Diktat der Sie beratenden Herren fugen und bin es mir schuldig die Angelegenheit zu Ende zu bringen 6 Eine Antwort Marxsohns ist in den Akten nicht enthalten Friedrich Mainzer emigrierte kurze Zeit spater nach England 1967 verausserte Kaus die Unionbrauerei sowie die ebenfalls ihm gehorende Heidelberger Engelbrau und die Mulheimer Ibingbrauerei an die Frankfurter Henninger Brauerei Henninger kaufte zu dieser Zeit bereitwillig lastige Konkurrenz im Frankfurter Umland auf um sie stillzulegen und den eigenen Anteil am schon damals hart umkampften Biermarkt zu erhohen Dieses Schicksal hatte auch die Unionbrauerei Zuletzt hatte die Brauerei bei einer Mitarbeiterzahl von rund 120 Beschaftigten einen Ausstoss von 100 000 Hektolitern Bier sowie ein Verbreitungsgebiet zwischen Wiesbaden Rheinhessen und Aschaffenburg Produkte BearbeitenErzeugt und vertrieben wurde Exportbier und Pils ein Lagerbier ein helles Bockbier ganzjahrig das Bockbier Uniator zur Weihnachtszeit sowie das Malzbier Univita Hinzu kam noch die in Lizenz erfolgte Limonadenherstellung von Bluna und Afri Cola mit einem Ausstoss von 30 000 Hektolitern alkoholfreier Getranke Zustandig war hier die Union Getrankeindustrie in Werbeanzeigen auch Bluna Getranke Industrie Gross Gerau Brauereieigentumer BearbeitenBaruch Marxsohn geb 1831 der Grunder der Brauerei starb 1913 sein Grab befindet sich auf dem Judischen Friedhof in Gross Gerau Ferdinand Marxsohn geb 1869 Neffe von Baruch und Bruder von Ludwig Aus Gross Gerau 1936 vertrieben zog er zunachst nach Frankfurt und wohnte danach kurzzeitig in Darmstadt 1942 wurde er ins Ghetto Theresienstadt deportiert und dort ermordet Ludwig Marxsohn geb 1870 Neffe von Baruch und Bruder von Ferdinand konnte 1939 nach Jerusalem fliehen und verstarb dort 1945 kurz vor Kriegsende Willi Orschler Wilhelm Orschler war 1943 an der Ostfront gefallen seine Witwe Brunhilde geb Greve sowie sein Sohn Dieter Orschler wurden jeweils zu Erben 1951 wurden der Gesellschaftsvertrag zwischen der Witwe Hilde Orschler ihrem nachgeruckten Sohn Dieter und die Fa Kaus Orschler aufgelost von da an firmierte die Brauerei als Unionbrauerei Inhaber W Kaus Gross Gerau Willy Kaus Wilhelm Kaus geb 1900 war ein deutscher Unternehmer und Industrieller Im Zuge der gegen Unternehmer judischen Glaubens gerichteten Enteignungsmassnahmen des NS Regimes erwarb Kaus neben der Unionbrauerei noch weitere Firmen Als ehemaliger Wehrwirtschaftsfuhrer durchlief Kaus nach dem Zweiten Weltkrieg den Entnazifizierungsprozess der Alliierten und musste einen Grossteil seiner zwischen 1933 und 1945 erworbenen Unternehmensanteile zuruckgeben Kaus verstarb 1978 Brauerei Gelande heute BearbeitenAb 1985 wurden die Gebaude auf dem ehemaligen Gelande der Unionbrauerei im nordlichen Stadtgebiet nach und nach saniert In den darauffolgenden Jahren wurde die ehemalige Brauerei in einen Gewerbepark mit Buro und Lagerflachen umgebaut 2008 waren 44 Gewerbebetriebe hier tatig grosstenteils aus dem Dienstleistungssektor Der Gewerbepark Alte Brauerei besteht aus dem ehemaligen Brauerei Turm und vier weiteren Gebauden 7 2019 wurde eine Wiedergeburt der Unionbrauerei angekundigt 8 9 10 Quellen BearbeitenHessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Beratung Vertretung Marxsohn durch Dr Mainzer und Dr Wolf Signatur HHStAW Abt 474 3 Nr 2409 Die Akte gibt Auskunft uber die jahrzehntelangen Beziehungen der Familien Marxsohn zur Darmstadter Rechtsanwaltskanzlei von Friedrich Moritz Mainzer das erst aufgrund innerfamiliarer Streitigkeiten seit September 1937 Schaden nahm Weblinks BearbeitenRecherchen zur Familie Marxsohn ihren Hausern und Schicksalen Sarah Westedt Die Unionbrauerei war ein Markstein der Gross Gerauer WirtschaftsgeschichteEinzelnachweise Bearbeiten a b c d HHStAW Beratung Vertretung Marxsohn durch Dr Mainzer und Dr Wolf Der Name von Willi Orschler taucht in dem Kaufvertrag nicht auf Die Akten belegen aber dass Walter Marxsohn der nicht Geschaftsfuhrer des Unternehmens war sondern nur Angestellter einen kleineren Anteil an ein Bank verausserte Ob dieser Anteil dann an Orschler uberging ist nicht bekannt Wie langanhaltend diese Beziehungen schon waren erwahnte Mainzer am 2 November 1937 in einem Schreiben an den gegnerischen Anwalt Robert Rosenburg aus Frankfurt Bereits die Rechtsvorganger der Herren Ferdinand und Ludwig Marxsohn waren Klienten des Buros meines bereits im Jahre 1911 verstorbenen Vaters die beiden Herren Ferdinand und Ludwig Marxsohn sind von mir nicht nur jahrzehntelang anwaltlich beraten und vertreten worden sondern es bestanden auch angenehmste personliche Beziehungen HHStAW Beratung Vertretung Marxsohn durch Dr Mainzer und Dr Wolf Schreiben des fur Mainzer tatigen Rechtsanwalts Gutenstein vom 12 Oktober 1937 HHStAW Beratung Vertretung Marxsohn durch Dr Mainzer und Dr Wolf Schreiben Mainzers an den fur ihn tatigen Rechtsanwalts Gutenstein vom 24 April 1937 HHStAW Beratung Vertretung Marxsohn durch Dr Mainzer und Dr Wolf Schreiben Mainzers an Ferdinand Marxsohn vom 15 Marz 1939 HHStAW Beratung Vertretung Marxsohn durch Dr Mainzer und Dr Wolf Umbau und Sanierung des Gewerbeparks Alte Brauerei GFP Projektmanagement abgerufen am 3 Marz 2016 https blogs faz net bierblog 2018 04 19 wiederbelebung einer brauerei 3368 Jorg Monzheimer Heimat auf der Zunge Torsten und Stephanie Witusch bringen Union Bier zuruck In echo online de 14 Oktober 2017 abgerufen am 26 Februar 2024 https www main spitze de lokales kreis gross gerau union brauerei wiedergeburt nach 50 jahren 17684905 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Unionbrauerei Gross Gerau amp oldid 242599250