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Ein Totempfahl seltener auch Wappenpfahl genannt ist eine monumentale Skulptur die aus einem grossen Baumstamm geschnitzt und anschliessend bemalt wird Totempfahle waren vor allem bei den Indianern der amerikanischen Nordwestkustenkultur verbreitet Die Errichtung eines Totempfahles war mit der Ausrichtung eines Potlatches verbunden bei dem die Stellung der Familie in der sozialen Hierarchie ihres jeweiligen Stammes bestatigt wurde Anders als von den ersten Missionaren in British Columbia vermutet haben Totempfahle keine religiose Bedeutung im Sinne eines spirituellen Totemismus Sie waren weder heilig noch wurden sie angebetet sondern hatten eine soziale und politische Funktion 1 Sie sind nicht mit dem Marterpfahl zu verwechseln der von indigenen Volkern anderer Regionen Nordamerikas zur Folterung von Gefangenen verwendet wurde Verschiedene Totempfahle im Stanley Park VancouverDetail eines Totempfahls in VancouverTotempfahl in Ketchikan Alaska Die untere Figur stellt einen Biber dar die Figur daruber einen BarenTotempfahle gelten heute als Identitatssymbole der indigenen Volker Nordamerikas und sind als Kunstwerke wieder begehrt 2 Sie wurden aber bereits gegen Ende des 19 Jahrhunderts von Siedlern europaischer Abstammung als Symbol des Nordwestens Nordamerikas angesehen wie das Beispiel des Seattle Totempfahls belegt Offentliche Einrichtungen im Nordwesten Nordamerikas sind haufig mit zeitgenossischen Beispielen von Totempfahlen geschmuckt Ein solcher befindet sich beispielsweise am Vancouver International Airport Totempfahle die im Freien stehen werden selten alter als 100 Jahre sondern vermodern im Verlauf der Zeit Die grosse Mehrzahl der Totempfahle die entlang der Kuste der Inside Passage zu sehen sind wurde nach 1930 errichtet Die altesten in Museen gezeigten Totempfahle stammen vom Ende des 18 Jahrhunderts 3 Einer der hochsten Totempfahle der Welt befindet sich in Alert Bay British Columbia Der mit Pflanzenfarben grellbunt bemalte Pfahl besteht aus drei Teilen und ist 56 4 m hoch Inhaltsverzeichnis 1 Wortherkunft 2 Bedeutung 3 Erstellung und Aufrichtung 4 Geschichte 5 Belege 5 1 Literatur 5 2 Weblinks 5 3 EinzelbelegeWortherkunft BearbeitenDer Begriff Totem stammt vom Wort odoodeman aus einer Algonkin Sprache vermutlich Ojibwa und heisst seine Sippe seine Gruppe seine Familie bzw sein Familienabzeichen 4 Das bedeutet dass die Begriffe Totempfahl und Wappenpfahl keinen Gegensatz bilden Nur wer den Totem Begriff rein ethnisch religios interpretiert und den Begriffszusammenhang vernachlassigt kann zur falschen Schlussfolgerung gelangen dass Totempfahl die falschliche Bezeichnung fur Wappenpfahl sei Bedeutung BearbeitenTotempfahle wurden und werden aus unterschiedlichen Grunden errichtet Sie erinnern an Verstorbene beherbergen gelegentlich die sterblichen Uberreste einzelner Personen und erzahlen die Geschichte einer Familie oder reprasentieren die Stellung einer Familie innerhalb der Gemeinschaft 5 Totempfahle beinhalten in ihren Darstellungen verschlusselte Botschaften und sind oft mehrdeutig Es gibt auch Pfahle die die Eigentumer verspotten Das geschah dann wenn der Auftraggeber den Pfahl nicht bezahlte oder Regeln verletzte 6 Totempfahle werden in der Regel von unten nach oben gelesen 6 Die Tiersymbolik ist in der Regel einfach zu entziffern So haben dargestellte Raben spitz zulaufende Schnabel Adler dagegen gekrummte Baren sind mit auffallenden Ohren scharfen Zahnen und grossen Pfoten mit langen Klauen dargestellt Biber werden ebenfalls haufig auf Totempfahlen dargestellt Sie haben auffallend lange Schneidezahne und Schwanze mit einer Kreuzschraffur Allerdings kann die Botschaft die diese Tiere symbolisieren nur lesen wer vom Bildhauer oder vom Auftraggeber informiert wurde was ein Totempfahl darstellen soll Eine Tierdarstellung auf zwei verschiedenen Totempfahlen stellt wenn der Totempfahl fur zwei unterschiedliche Familien gemacht wurde unterschiedliche Wesen dar oder erzahlt eine andere Geschichte 7 Wenn die Geschichte vergessen wurde kann sie nicht mehr entziffert werden Es konnen dann nur noch die Tierfiguren gedeutet werden der Zusammenhang ist aber nicht mehr zu entziffern 8 Nur Familienmitglieder haben das Recht ihre spezifischen Geschichten die sich in den Totempfahlen manifestieren zu erzahlen Uber die letzten Jahre haben einige Familien ihre Geschichten mit einer grosseren Offentlichkeit geteilt so dass sie letztendlich in verschiedenen Veroffentlichungen publiziert wurden So sind beispielsweise die Totempfahlen in Saxman Totem Bight Ketchikan und Klawock im Sudosten Alaskas interpretierbar Auch die drei Geschichten des Raben Clans die die Darstellungen des Seattle Totempfahls wiedergeben sind bekannt Erstellung und Aufrichtung Bearbeiten nbsp Foto von Edward Curtis eines Kwakwaka wakw Potlatches mit Tanzern und SangernTotempfahle wurden und werden meist aus dem Holz von Riesenlebensbaumen Thuja plicata Western Red Cedar gefertigt Eine Familie die einen Totempfahl errichten lassen wollte beauftragte meist einen Schnitzer fur diese Aufgabe Diese waren bis weit ins 20 Jahrhundert ausschliesslich Manner Die Familie wies den Schnitzer genau an was auf dem Totempfahl dargestellt werden sollte Die Aufrichtung des Totempfahl ging mit einem grossen Fest einem sogenannten Potlatch einher Am Ende eines solchen Potlatch uberreichte der Gastgeber seinen Gasten Geschenke wie Decken Holzkisten und gelegentlich auch Bargeld Mit der Annahme dieser Geschenke bestatigten die Gaste den Anspruch des Gastgebers auf die auf dem Totempfahl dargestellten Wappen sowie die gesellschaftliche Position der Familie in der Hierarchie des jeweiligen Stammes Aus diesem Grund betont die Kunsthistorikerin Aldona Jonaitis dass die wichtigste Funktion eines Totempfahles nicht seine Prasenz vor dem Familienhaus ist sondern die Ausrichtung des Potlatches das zu seiner Aufrichtung notwendig war 9 Geschichte Bearbeiten nbsp Totempfahl des Tlingit Hauptlings Kian auf einer PostkarteTotempfahle wurden bereits errichtet bevor die ersten Europaer die nordwestliche Kuste Nordamerikas im spaten 18 Jahrhundert erreichten Allerdings war die Verwendung von Totempfahlen auf die Tsimshian im Norden des heutigen British Columbia sowie auf die Haida auf Haida Gwaii und den Sudosten Alaskas begrenzt 5 Beginnend mit dem fruhen 19 Jahrhundert verbreitete sich die Verwendung von Totempfahlen auch bei den Tlingit spater auch bei den Nuxalk Kwakwaka wakw und Nuu chah nulth 5 Zur Verbreitung von Totempfahlen trug bei dass die zunehmende Verfugbarkeit von eisernen Werkzeugen die Herstellung von Totempfahlen vereinfachte und durch den Fellhandel ein Reichtum entstand der die Ausrichtung des Potlatches ermoglichte Ab den 1820er Jahren errichtete die Hudson s Bay Company Handelsstationen im Kustenbereich British Columbias Die Moglichkeit Felle zu verkaufen fuhrte dazu dass die indigenen Volker der Region zunehmend ihre kleinen Siedlungen aufgaben und in grossere Siedlungen in der Nahe dieser Handelsstationen zusammenzogen Auch die Epidemien die in Folge des Kontakts mit Europaern unter den indigenen Volkern ausbrachen und die zu einem massiven Bevolkerungsruckgang fuhrten trugen dazu bei dass Stamme zusammenzogen die zuvor nicht in grosser Nahe zueinander gelebt hatten Beides war Ursache dafur dass Totempfahle die sich in den alten nun aufgegebenen Siedlungen befanden kopiert und am neuen Wohnort neu aufgerichtet wurden 10 Die Reproduktion alter Totempfahle wurde wahrend des 20 Jahrhunderts fortgesetzt und war ein Faktor der zu der grossen Zahl an Totempfahlen beitrug die sich heute in British Columbia befinden 11 Das Verbot der Ausrichtung von Potlatches das in Kanada von 1884 bis 1951 Gultigkeit hatte hatte zur Folge dass in dieser Zeit die Zahl der errichteten Totempfahle erheblich zuruckging Das aktive Vorgehen von Missionaren trug gleichfalls dazu bei dass die Errichtung von Totempfahlen uber mehrere Jahrzehnte ungebrauchlich wurde Ein Teil der zum Christentum konvertierten indigenen Personen an der Nordwestkuste verwendete jedoch die typischen Bar Raben und Schwertwaldarstellungen unter anderem auf christlichen Grabsteinen weiter 9 Die Totempfahle die heute in Museen in Kanada den Vereinigten Staaten Europa und Japan gezeigt werden sind zum Teil historische Totempfahle die aus dem spaten 19 Jahrhundert und fruhen 20 Jahrhundert stammen Eine Reihe der gezeigten Totempfahle wurde jedoch auch von den Museen in Auftrag gegeben und in den letzten 40 Jahren errichtet Zu den gezeigten Exemplaren zahlen auch sogenannte Modell Totempfahle wie sie beispielsweise von dem Haida Kunstler Charles Edenshaw geschaffen wurden Belege BearbeitenLiteratur Bearbeiten Norman Bancroft Hunt Werner Forman Totempfahl und Maskentanz Die Indianer der pazifischen Nordwestkuste Herder Freiburg Breisgau u a 1980 ISBN 3 451 18829 5 Aldona Jonaitis Discovering Totem Poles University of Washington Press Seattle 2012 ISBN 978 0 295 99187 0 Robin K Wright Totem Poles Heraldic Columns of the Northwest Coast Alfred Hendricks Hg Indianer der Nordwestkuste Wandel und Tradition First Nations of the Pacific Northwest Change and Tradition Westfalisches Museum fur Naturkunde Munster 2005 ISBN 3924590850 Begleitbuch zu einer Reihe von Ausstellungen Zahlreiche Abb zweisprachig 12 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Totempfahle Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Totempfahl auf indianer welt deEinzelbelege Bearbeiten Jonaitis Discovering Totem Poles S XI und XII Cathedral Grove Big Trees amp Totem Poles Jonaitis Discovering Totem Poles S XII Totem auf etymonline com a b c Jonaitis Discovering Totem Poles S IX a b Totempfahl auf indianer welt de Jonaitis Discovering Totem Poles S X Coyote indianische Gegenwart Ausgabe 2004 S 26 als PDF 1 2 MB abgerufen am 14 Marz 2011 a b Jonaitis Discovering Totem Poles S XI Robin K Wright Totem Poles Heraldic Columns of the Northwest Coast aufgerufen am 7 November 2013 Jonaitis Discovering Totem Poles S XIII Historische und neu errichtete Pfahle und Pfahlanlagen z B an Ufern in British Columbia Herstellung eines neuen Pfahls in Munster fur Museumszwecke in Text und BildNormdaten Sachbegriff GND 4391098 1 lobid OGND AKS LCCN sh85136222 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Totempfahl amp oldid 231275302