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Der Streik um Lohnfortzahlung bei Krankheit begann am 24 Oktober 1956 in Schleswig Holstein und entwickelte sich zum langsten Arbeitskampf in Deutschland seit 1905 Mehr als 34 000 Beschaftigte der Metallindustrie erstreikten nach 114 Tagen einen Tarifvertrag der die Arbeiter bei Krankheit besser absicherte da nun der Lohn bei Krankheit weitergezahlt wurde Damit wurde ein Grundstein fur die heutigen tarifvertraglichen und gesetzlichen Regelungen zur Lohnfortzahlung bei Krankheit gelegt Inhaltsverzeichnis 1 Ziele des Streiks 2 Streikdurchfuhrung 3 Schlichtungsversuche 4 Ende des Streiks 5 Spatere Entwicklung 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksZiele des Streiks BearbeitenIm August 1955 hatte der Vorstand der IG Metall beschlossen alle Rahmentarifvertrage kundigen zu lassen bei denen die Moglichkeit dazu bestunde Das war unter anderem in Schleswig Holstein der Fall Die aufgestellten Forderungen fur die neuen Verhandlungen waren Lohnausgleich bei Krankheit eine Erhohung der Urlaubstage und die Zahlung eines zusatzlichen Urlaubsgeldes In seinem Mittelpunkt stand die Forderung nach Gleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten bei Krankheit Fur Angestellte galt bereits die volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Die schleswig holsteinischen Arbeitgeber und der Gesamtverband der Metallindustriellen befurchteten einen Prazedenzfall und wollten deshalb vor allem die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verhindern Streikdurchfuhrung BearbeitenEs folgten vorbereitende Gesprache mit den Arbeitgebern und am 28 Juli 1956 die erste Verhandlung die zu keiner Einigung fuhrte Die gewerkschaftliche Verhandlungskommission erklarte am 28 September schliesslich das Angebot der Arbeitgeber fur unzureichend Die Grosse Tarifkommission entschloss sich den Betroffenen das Verhandlungsergebnis zur Entscheidung vorzulegen Uber die Absicht am 11 und 12 Oktober eine Urabstimmung abzuhalten wurden die Arbeitgeber informiert Im gesamten Tarifgebiet betrug das Organisationsverhaltnis 71 9 Von 62 366 Arbeitern waren 44 856 Mitglieder der IG Metall In fast allen Verwaltungsstellen bestand ein gut ausgebauter Vertrauenskorper Die Bemuhungen der Bezirkskommission die Beschaftigten in den Betrieben auf eine Auseinandersetzung vorzubereiten reichten von Pressekonferenzen uber Inserate Flugblatter und Plakate bis hin zu Wochenendschulungen und Grossveranstaltungen Erstmals wurde ein so langer Streik nicht um die Verbesserung des Lohntarifs sondern um einen Rahmentarifvertrag gefuhrt Die beiden Hauptforderungen Lohnausgleich und Urlaubsgeld hatten etwa 3 23 der Bruttolohnsumme ausgemacht Dazu war die wirtschaftliche Lage ausgezeichnet Die Auftragsbestande der Werften hatten im Herbst 1956 einen noch nie dagewesenen Hochststand erreicht Schlichtungsversuche BearbeitenEinigungsversuche des Ministerprasidenten von Schleswig Holstein Kai Uwe von Hassel blieben ergebnislos Der Schlichtungsvorschlag Hassels der keine der Kernforderungen der IG Metall berucksichtigte wurde in einer Urabstimmung am 7 Januar 1957 mit 97 4 abgelehnt Der Arbeitskampf wurde auf weitere Betriebe ausgedehnt Verhandlungen unter Vorsitz des fruheren Arbeitsministers von Nordrhein Westfalen Johann Ernst fuhrten zwar zu einem Ergebnis dessen Annahme der Vorstand die Streikleitung und die Tarifkommission empfahlen aber die Streikenden stimmten nicht zu Mit 76 2 lehnten sie am 30 Januar das Verhandlungsergebnis ab Schon die Grosse Tarifkommission hatte sich nur mit der knappen Mehrheit von 32 zu 30 Stimmen dafur ausgesprochen Das Ergebnis so wurde argumentiert stelle nicht die Gleichbehandlung sicher Ende des Streiks BearbeitenErneute Schlichtungsverhandlungen fuhrten am 9 Februar in Kiel zu einem einstimmigen Einigungsvorschlag In der vierten Urabstimmung nahmen ihn 39 7 der Streikenden an 60 3 stimmten dagegen Dieses Urabstimmungsergebnis wurde als konkrete Zahl nicht veroffentlicht Da nach den Regularien der IG Metall fur einen Arbeitskampf die Zustimmung von mindestens 75 der Beschaftigten erforderlich ist war damit der Streik beendet Von Gewerkschaftsseite wurde dieses Verhandlungsergebnis als entscheidender Durchbruch zur Gleichbehandlung der Arbeiter und Angestellten wahrgenommen Weiterhin wurde ein langerer Urlaub und eine bessere Urlaubsvergutung vereinbart Einer der langsten Streiks der deutschen Sozialgeschichte war aus Sicht der Gewerkschaft erfolgreich abgeschlossen Wenige Monate spater verabschiedete der Bundestag das Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle dem Vorlaufer fur die endgultige Gleichstellung durch das Lohnfortzahlungsgesetz von 1969 Am 31 Oktober 1958 verurteilte das Bundesarbeitsgericht die IG Metall zum Ersatz des Schadens der durch den Streik entstanden war 1 Das Bundesarbeitsgericht wertete die gewerkschaftliche Urabstimmung als Kampfmassnahme die vor dem Ende der durch Tarifvertrag vereinbarten Friedenspflicht erfolgt war Spatere Entwicklung Bearbeiten1969 wurde durch die CDU SPD Regierung der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall fur alle Beschaftigten im Lohnfortzahlungsgesetz verankert Dieses Gesetz wurde 1996 durch die CDU FDP Regierung geandert so betrug beispielsweise der Anspruch lediglich 80 Prozent statt 100 Prozent des Entgeltes So kam es zum Konflikt um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall 1996 Nach einem langeren bundesweiten Konflikt vereinbarten die IG Metall und der Arbeitgeberverband der niedersachsischen Metall und Elektroindustrie die tarifliche Regelung der 100 prozentigen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall unabhangig von der jeweiligen gesetzlichen Regelung Dieser Tarifkompromiss wurde schrittweise in den anderen Tarifgebieten der Metallindustrie und spater in anderen Branchen ubernommen 1999 wurde durch die rot grune Bundesregierung die 100 prozentige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wieder im Entgeltfortzahlungsgesetz festgeschrieben Literatur BearbeitenFritz Kohler Drei gerechte Forderungen Der Metallarbeiterstreik in Schleswig Holstein Verlag Tribune Berlin 1958 Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts im Schleswig Holsteinischen Metallarbeiterstreik Beck Munchen 1959 IG Metall Material und Stellungnahmen zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Kassel vom 31 Oktober 1958 gegen die IG Metall wegen Schadenersatzforderungen der Arbeitgeber aus dem Metallarbeiterstreik in Schleswig Holstein Frankfurt am Main 1959 Andreas Hamann Gewerkschaften und Sozialstaatsprinzip Zugleich eine kritische Stellungnahme zu dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts uber den schleswig holsteinischen Metallarbeiter Streik im Jahre 1956 Rechtsgutachten erstattet von Andreas Hamann Union Druck Frankfurt M 1959 Lothar Schimmelpfennig Der Metallarbeiterstreik in Schleswig Holstein 1956 57 eine Demonstration des Wesens und der Bedeutung der Aktionsgemeinschaft der Arbeiterklasse Berlin 1963 Berlin Humboldt Univ Diss 1963 Irene Dittrich Wilfried Kalk Wir wollen nicht langer Menschen zweiter Klasse sein Der Metallarbeiterstreik in Schleswig Holstein 1956 57 In Demokratische Geschichte 2 1987 S 351 393 ISSN 0932 1632 Hier wird gestreikt Streik der Metallarbeiter in Schleswig Holstein 1956 57 Bearbeitet von Holger Gorr Rita Suhrig Bund Verlag Frankfurt am Main 2011 ISBN 978 3 7663 6099 1 Einzelnachweise Bearbeiten BAG Urteil vom 31 Oktober 1958 Az 1 AZR 632 57 Weblinks BearbeitenMetallarbeiterstreik in Schleswig Holstein Kabinettsprotokolle Online abgerufen am 12 Marz 2017 Erinnerungstag 24 Oktober 1956 Der langste Streik in der Bundesrepublik begann am 24 Oktober mit dem Streik der Metallarbeiter in Schleswig Holstein Kieler Stadtarchiv abgerufen am 5 Januar 2019 24 Oktober 1956 Beginn des Streiks der Metallarbeiter in Schleswig Holstein Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 12 Marz 2017 Der Metallerstreik 1956 57 in Karikaturen Beirat fur Geschichte abgerufen am 12 Marz 2017 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Streik um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall amp oldid 238554087