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In Osterreich ist die Grundlage fur den Strafprozess die osterreichische Strafprozessordnung StPO Sie regelt das Verfahren uber die Aufklarung von Straftaten uber die Verfolgung verdachtiger Personen und uber damit zusammenhangende Entscheidungen 1 Abs 1 StPO Der Strafprozess gehort zum Bereich des offentlichen Rechts Das Strafverfahren besteht in Osterreich aus dem Ermittlungsverfahren dem Hauptverfahren und dem Rechtsmittelverfahren Inhaltsverzeichnis 1 Grundsatze 1 1 Amtswegigkeit 1 2 Objektivitat und Wahrheitsforschung 1 3 Anklagegrundsatz 1 4 Gesetz und Verhaltnismassigkeit 1 5 Rechtliches Gehor 1 6 Recht auf Verteidigung 1 7 Unschuldsvermutung 1 8 Freie Beweiswurdigung 2 Urteilsmoglichkeiten osterreichischer Gerichte im Strafverfahren 3 Instanzenzug 4 Rezeption 5 LiteraturGrundsatze BearbeitenIn den 2 bis 17 StPO sind bestimmte Grundsatze fur das gesamte Strafverfahren aufgezahlt Die Grundsatze im Einzelnen sind Amtswegigkeit Bearbeiten Der Grundsatz der Amtswegigkeit oder Offizialprinzip beinhaltet Jeder der Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gelangte Verdacht einer Straftat ausser bei Privatanklagedelikten muss in einem Ermittlungsverfahren von Amts wegen aufgeklart werden Verfolgungspflicht Legalitatsprinzip Das hat zur Folge dass eine einmal erstattete Anzeige nicht mehr zuruckgezogen werden kann Im Hauptverfahren hat das Gericht die der Anklage zugrunde liegende Tat und die Schuld des Angeklagten von Amts wegen aufzuklaren Objektivitat und Wahrheitsforschung Bearbeiten Kriminalpolizei Staatsanwaltschaft und Gericht haben die Wahrheit zu erforschen und alle Tatsachen aufzuklaren die fur die Beurteilung der Tat und des Beschuldigten von Bedeutung sind 3 Abs 1 StPO Alle Richter Staatsanwalte und kriminalpolizeiliche Organe haben ihr Amt unparteilich und unvoreingenommen auszuuben Sie haben die zur Belastung und die zur Verteidigung des Beschuldigten dienenden Umstande mit der gleichen Sorgfalt zu ermitteln 3 Abs 2 StPO Anklagegrundsatz Bearbeiten Der Anklagegrundsatz trennt die Funktion des Anklagens von der Funktion des Richtens Waren beide Funktionen dem Gericht uberlassen Inquisitionsprozess konnte das die Unbefangenheit und Unparteilichkeit des Richters stark gefahrden Daher kann nur ein berechtigter Anklager Staatsanwalt Privatanklager Subsidiaranklager und niemals das Gericht Anklage erheben Gesetz und Verhaltnismassigkeit Bearbeiten Kriminalpolizei Staatsanwalt und Gericht durfen nur soweit in Rechte von Personen eingreifen als dies gesetzlich ausdrucklich vorgesehen und zur Aufgabenerfullung erforderlich ist 5 Abs 1 StPO Rechtliches Gehor Bearbeiten Der Beschuldigte hat das Recht am gesamten Verfahren mitzuwirken 6 Abs 1 StPO Jede am Verfahren beteiligte Person z B Beschuldigte oder Opfer und alle Personen die von Zwangsmittel betroffen sind haben ein Recht auf angemessenes rechtliches Gehor und auf Information uber Anlass und Zweck der sie betreffenden Verfahrenshandlung sowie uber ihre wesentlichen Rechte im Verfahren 6 Abs 2 StPO Recht auf Verteidigung Bearbeiten Der Beschuldigte hat das Recht sich selbst zu verteidigen Er hat in jeder Lage des Verfahrens das Recht auf den Beistand eines Verteidigers Er darf nicht gezwungen werden sich selbst zu belasten Unschuldsvermutung Bearbeiten Die Unschuldsvermutung ist eines der zentralen Prinzipien des Strafprozessrechts und lautet wie folgt Jede Person gilt bis zu ihrer rechtskraftigen Verurteilung als unschuldig 8 StPO 8 StPO normiert den ohnehin im Wege des Art 6 Abs 2 MRK die im Verfassungsrang steht anzuwendenden Grundsatz dass niemand einer strafbaren Handlung als schuldig angesehen werden darf bevor nicht ein unabhangiges Gericht uber seine Schuld entschieden hat Die Unschuldsvermutung auch Zweifelsgrundsatz in dubio pro reo genannt fuhrt zu mehreren Schlussfolgerungen u a Das Gericht hat dem Angeklagten unvoreingenommen entgegenzutreten etwa EGMR 20 Marz 2001 Bsw 33501 96 Die Anklage Staatsanwaltschaft hat dem Angeklagten dessen Schuld zu beweisen nicht aber hat der Angeklagte seine Unschuld zu beweisen Der Angeklagte Beschuldigte ist nicht gehalten sich selbst zu bezichtigen sein Schweigen ist grundsatzlich vgl EGMR 2 Mai 2000 Bsw 35718 97 nicht als Schuldeingestandnis zu werten vgl EGMR 8 Februar 1996 Bsw 18731 91 Noch nicht in Rechtskraft erwachsene Verurteilungen durfen nicht als erschwerend gewertet werden RIS Justiz RS0074772 vgl Rechtsinformationssystem des Bundes Freie Beweiswurdigung Bearbeiten Es gibt grundsatzlich keine Regeln wann eine Behorde einen Beweis als wahr anzuerkennen hat Alle Beweismittel sind gleichwertig Urteilsmoglichkeiten osterreichischer Gerichte im Strafverfahren BearbeitenIm Strafverfahren gibt es in Osterreich drei Moglichkeiten fur den Urteilsausspruch freisprechendes Urteil schuldsprechendes Urteil UnzustandigkeitsurteilInstanzenzug BearbeitenDas Strafverfahren hat einen zweigliedrigen Instanzenzug Gegen Urteile des Bezirksgerichts und des Landesgerichts als Einzelrichter ist die Berufung sogenannte volle Berufung zulassig Hier konnen nicht nur ausgesprochene Strafhohe sogenannte Strafberufung und die Feststellung des Sachverhalts und der Schuld des Angeklagten Schuldberufung bekampft werden sondern auch gesetzlich bestimmte Nichtigkeitsgrunde Nichtigkeitsberufung geltend gemacht werden Uber die volle Berufung im bezirksgerichtlichen Verfahren entscheidet ein aus drei Richtern bestehender Senat am Landesgericht uber jene des einzelrichterlichen Verfahren am Landesgericht ein aus drei Richtern bestehender Senat am Oberlandesgericht Im Verfahren am Landesgericht als Schoffengericht oder Geschworenengericht gibt es die Moglichkeit der Strafberufung sowie der Nichtigkeitsbeschwerde Uber die Strafberufung entscheidet das Oberlandesgericht uber die Nichtigkeitsbeschwerde und eine gegebenenfalls gleichzeitig miteingebrachte Strafberufung der Oberste Gerichtshof Rezeption BearbeitenDas osterreichische Strafprozessrecht wurde zusammen mit der osterreichischen Strafprozessordnung weitestgehend in Liechtenstein rezipiert siehe dazu auch Strafprozessordnung Liechtenstein Die oben beschriebene Grundlage fur den Strafprozess das Verfahren uber die Aufklarung von Straftaten uber die Verfolgung verdachtiger Personen und uber damit zusammenhangende Entscheidungen konnen somit grossteils auch fur Liechtenstein ubernommen werden Literatur BearbeitenBertel Venier Strafprozessrecht 3 Auflage Manz Wien 2009 ISBN 978 3 214 14929 1 Stefan Seiler Strafprozessrecht 9 Auflage facultas wuv Wien 2008 ISBN 978 3 7089 0100 8 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Strafprozessrecht Osterreich amp oldid 214352614