www.wikidata.de-de.nina.az
Das Stammlager X Az Heidkaten bei Kaltenkirchen war ein deutsches Kriegsgefangenenlager und Lazarett fur Angehorige der Sowjetarmee in Kaltenkirchen das auch als Erweitertes Krankenrevier bezeichnet wurde Das Gelande des Kriegsgefangenenlagers liegt am Westrand des ehemaligen WKII Einsatzflughafens Kaltenkirchen bis 1945 Es ist Eigentum der Bundesanstalt fur Immobilienaufgaben Inhaltsverzeichnis 1 Die Lagerorganisation im Wehrkreis X 2 Das Erweiterte Krankenrevier Heidkaten 3 Die Begrabnisstatte Moorkaten 4 Arbeitseinsatz 5 Gelandebefund 6 Ehemalige Lagerstrasse 7 Gebaude mit Sheddach Arrestbau 8 Literatur 9 Einzelnachweise 10 AnmerkungenDie Lagerorganisation im Wehrkreis X BearbeitenDie im Zuge des Kriegsgeschehens in Gewahrsam genommenen Kriegsgefangenen wurden in Durchgangslagern Dulags registriert und dann den Mannschaftsstamm und Straflagern den Stalags uberstellt Die Stalags trugen als Kennzeichen die romische Ziffer des jeweiligen Wehrkreises also fur Schleswig Holstein Hamburg und das nordliche Niedersachsen die Ziffer X Wehrkreis X Im Gebiet des Wehrkreises war Stalag X B in Sandbostel Rotenburg Wumme von 1939 an zentrales Aufnahme und Verteilungslager fur den Wehrkreis X Gefangene wurden von hier aus zu Arbeitseinsatzen den Stalags X A und X C Nienburg zugewiesen 1 Die Stalags X A und X C waren sogenannte Schattenstammlager die nur wenige hundert Gefangene aufnahmen Sie waren vielmehr fur die Organisation und Verteilung zu den Arbeitskommandos zustandig Im Sommer 1941 kam bedingt durch den Krieg gegen die Sowjetunion das ausschliesslich fur sowjetische Gefangene vorgesehene Stalag X D Wietzendorf hinzu Das Russenlager Wietzendorf wurde schliesslich im Dez 1941 Stalag X B zugeordnet das in der Folge die Arbeitskommandos zusammenstellte und auf die Stammlager A B und C verteilte Wietzendorf diente auch als zentrales Lazarett im Wehrkreis X 2 Fur Gefangene anderer Nationen gab es in Schleswig Holstein Reservelazarette in Rendsburg Rotenburg und Marne 3 Das Erweiterte Krankenrevier Heidkaten Bearbeiten nbsp Luftbild vom April 1945 nbsp Karte mit den Gebauden des Erweiterten Krankenreviers Heidkaten Anm 1 Nach einer Ruhrepidemie im August 1941 und infolge der allgemein unzureichenden Versorgung und Unterbringung kam es ab Oktober 1941 zu einem Massensterben sowjetischer Gefangener Im Januar 1942 trat eine Fleckfieberepidemie hinzu Die Sterberate in den Stammlagern erreichte 50 Prozent des Gefangenenbestandes die Lazarette Wietzendorf Sandbostel und Bergen Belsen waren vollig uberfullt 4 Deshalb wurde in Schleswig Holstein das Erweitere Krankenrevier Heidkaten bei Kaltenkirchen begrundet und in den Baracken eines zuvor bestehenden Marinelagers eingerichtet Das Lager wurde im Sommer 1942 in Betrieb genommen und erhielt den offiziellen Namen Stalag X A z z Zweiglager Heidkaten Das Stalag X Az verblieb hier bis April 1944 und wurde dann nach Gudendorf Dithmarschen verlegt In der Forschung galt das Lager Heidkaten lange als Sterbelager 5 und wurde so auch in der Offentlichkeit vermittelt 6 Jungere Untersuchungen anhand von Personalkarten durch die Historiker Martin Gietzelt 7 und Thomas Tschirner 8 lassen allerdings ein differenzierteres Bild zeichnen Beide Forscher nutzten Personalkarten verstorbener Gefangener die ihnen aus dem deutsch russischen Forschungs und Dokumentationsunternehmen Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene und Internierte Forschungen zum Zweiten Weltkrieg und zur Nachkriegszeit zur Verfugung gestellt worden waren 9 Im Verlauf des Bestehens des Erweiterten Krankenreviers Heidkaten starben gemass der Personalkarten 446 Gefangene Die durchschnittliche Uberlebensdauer der sowohl einmalig als auch der 36 zweimalig eingelieferten Kriegsgefangenen betrug 40 3 Tage Die 354 einmalig eingelieferten Kriegsgefangenen uberlebten im Schnitt 34 8 Tage im Lazarett Die zweimalig eingelieferten sowjetischen Kriegsgefangenen haben beide Aufenthalte kombiniert im Schnitt 96 4 Tage im Lazarett verbracht 10 Von den einmalig in das Lazarett Heidkaten eingelieferten Gefangenen haben 30 den ersten Tag nach Ankunft im Lazarett nicht uberlebt Die 36 Gefangenen die zweimal in das Lazarett eingeliefert wurden haben zwischen 11 und 304 Tagen im Lazarett verbracht Die Personalkarten betreffen nur die Verstorbenen Gefangenen Es gibt keine Angaben uber die Gesamtzahl der hier behandelten Kranken Einen Anhaltspunkt bietet das Krankenbuch des Nachfolgelagers in Gudendorf Dieses Buch war unmittelbar nach dem Krieg vom englischen Militar ins englische ubersetzt worden und ist so erhalten geblieben Es vermerkt zwischen 1 Oktober 1944 und 31 Marz 1945 717 Kranke von denen 46 verstorben sind 11 Ahnliche Relationen durften auch im Lager Heidkaten geherrscht haben wofur auch die innere Lagerorganisation spricht Das Lager war in funf Krankenreviere eingeteilt Die Reviere I III fur Gefangene mit leichten mittelschweren und schweren Krankheitsfallen Revier IV als Quarantanestation Revier V galt gemass Gerhard Hoch als Todeslager und Sonderlager 12 Daruber hinaus existierte im Lager Heidkaten ein sogenanntes Teilstammlager fur Gesunde oder Gesundete Gefangene welches nur durch den Eintrag in einer Personalkarte belegt ist Der Kriegsgefangene Michail Afonasiew geboren am 27 Dezember 1908 in Leningrad war am 14 August 1941 in Potetskaja in Gefangenschaft geraten 13 Nach Arbeitseinsatzen in Friedrichstadt ab 6 November 1941 Hemmingstedt und Busum wurde er am 19 Mai 1942 in das Laz arett Heidkaten eingeliefert Am 2 Juni 1942 war er offenbar als gesund dem Teilstammlager Heidkaten zugewiesen worden Am 18 Juni 1942 kam er erneut ins Lazarett Heidkaten wo er am 21 Juli 1942 verstarb Vermutlich stellte das Teilstammlager das Arbeitskommando fur den Ausbau des Einsatzflughafens Kaltenkirchen Die Begrabnisstatte Moorkaten BearbeitenDie 446 Toten des Erweiterten Krankenreviers Heidkaten wurden auf der 800 Meter entfernten Begrabnisstatte Moorkaten bestattet Der als Kriegsopferfriedhof ortlich ausgewiesene Bestattungsplatz ist nur 900 Quadratmeter gross Hier wurden auch einige italienische Militarinternierte sowie die 230 toten Konzentrationslagerhaftlinge des KZ Aussenlagers Springhirsch Kaltenkirchen bestattet Die sowjetischen Opfer liegen im westlichen und mittleren Friedhofsbereich Arbeitseinsatz BearbeitenDas Stalag lag am Rande des Einsatzflughafens Kaltenkirchen der Luftwaffe der von 1942 an ausgebaut werden sollte Die Gefangenen gruben die unterirdischen Zu und Ableitungen errichteten die Gebaude und planierten und zementierten eine 2 300 Meter lange und 60 Meter breite Start und Landebahn aus Beton die fur den Einsatz von strahlgetriebenen Flugzeugen geeignet war Eine zweite Landebahn derselben Dimension wurde im Dezember 1944 begonnen Als Arbeitskrafte hatte man Konzentrationslagerhaftlinge eingesetzt fur die 1200 Meter nordlich des Stalags das KZ Aussenlager Kaltenkirchen des KZ Neuengamme errichtet wurde Gelandebefund BearbeitenDas vollig flache Areal des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers umfasst eine Flache von 2 3 ha Sudlich an das Lager der Gefangenen schloss sich der Lagerabschnitt der Lagerverwaltung an Die Trennlinie zwischen dem Areal der Lagerverwaltung und dem anschliessenden Teil eines Marinelagers ist nicht zu bestimmen Das Areal befindet sich unmittelbar an der Bundesstrasse 4 vordem R 4 Es wird vorwiegend forstlich genutzt nur im mittleren Teil dem ehemaligen Lagerzugang besteht eine landwirtschaftlich genutzte Wiese Ehemalige Lagerstrasse BearbeitenDie ehemalige Lagerstrasse erscheint heute als Waldweg sie war Lagerachse und an ihr orientierten sich alle Lagergebaude Auf der Lagerstrasse fanden samtliche Bewegungen und Transporte der Lagerzeit statt Sie zieht vollstandig erhalten parallel zur B 4 von Norden nach Suden durch das gesamte Gelande Auch der ehemalige Lagerzugang von der damaligen R4 zum Lagerareal ist als Trasse noch vorhanden Gebaude mit Sheddach Arrestbau BearbeitenIm Suden des Lagerareals steht das Gebaude 19 von 2 5 1 8 m Grosse Der grau verputzte Ziegelbau ist 1 6 m hoch und tragt ein primitives Sheddach aus Beton Der Eingang ist nach Westen zum Lagerweg hin gerichtet Der Turrahmen ist nur etwa 1 m hoch Uber dem Turrahmen ist in das Dach eine Luke eingeformt die unabhangig von der Eingangstur zu offnen war Der Fussboden liegt tiefer als das umgebende Gelande Da das Innere mit Abfall angefullt ist ist die ursprungliche Tiefe des Bodens nicht zu ermitteln Es konnte sich um einen Arrestbau handeln der im Bereich der Eingangswache erwartet werden darf Literatur BearbeitenGerhard Hoch Rolf Schwarz Hrsg Verschleppt zur Sklavenarbeit Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Schleswig Holstein Alveslohe und Nutzen 1985 Einzelnachweise Bearbeiten Rolf Kelle Silke Petry Hrsg Sowjetische Kriegsgefangene im Arbeitseinsatz 1941 1945 Dokumente zu den Lebens und Arbeitsbedingungen in Norddeutschland Gottingen 2013 S 17 Kelle und Petry 2013 17 Thomas Tschirner Kleine Fische Das Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener in Schleswig Holstein Eine regionale Studie anhand von Personalkarten der im Erweiterten Krankenrevier Heidkaten gestorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen Examensarbeit Kiel 2011 42 zwangsarbeiter s h de PDF Tschirner 2011 33 Gerhard Hoch Erweitertes Krankenrevier Heidkaten In Gerhard Hoch Rolf Schwarz Hrsg Verschleppt zur Sklavenarbeit Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Schleswig Holstein Alveslohe 1985 S 78 Wolfgang Klietz Das vergessene Sterbelager 24 Mai 2011 abendblatt de Nur uber Login moglich Martin Gietzelt Die Gedenkstatte Gudendorf Dithmarschen Neue Forschungsergebnisse Heide Heft 3 2004 58 80 Heidkaten 69 72 Ders Das Lager und die Gedenkstatte Gudendorf Studie zum Forschungsstand In Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig Holstein e V AKENS Hrsg Kritische Annaherungen an den Nationalsozialismus in Norddeutschland Festschrift fur Gerhard Hoch zum 80 Geburtstag am 21 Marz 2003 Informationen zur Schleswig Holsteinischen Zeitgeschichte 41 42 2003 330 353 Thomas Tschirner Als registrierte und geimpfte Spezialisten in den Tod Eine Analyse von Personalkarten der im sogenannten Sterbe Lager Heidkaten gestorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen Informationen zur Schleswig Holsteinischen Zeitgeschichte AKENS 54 2013 30 55 zur ehemaligen bis 2014 Dokumentationsstelle des Dresdner Projektes dokst de Tschirner 2011 83 Martin Gietzelt Die Gedenkstatte Gudendorf Von der Schwierigkeit zu erinnern In Katja Kohr Hauke Petersen Karl Heinrich Pohl Hrsg Gedenkstatten und Erinnerungskulturen in Schleswig Holstein Geschichte Gegenwart Zukunft Berlin 2011 80 f u Anm 5 Hoch 1985 9 Tschirner 2011 Anhang Personalkarte Michail AfonasiewAnmerkungen Bearbeiten Die Gebaude 22 27 gehoren vermutlich zu einem Marinelager Die Gebaude 10 11 13 und 29 waren 1945 bereits beseitigt sie sind hier nach einem Luftbild vom Juni 1942 eingetragen Gebaude 3 ist die Entlausungsstation Der Eingang zum Gefangenenlager befand sich zwischen Gebaude 16 Wachbaracke und Gebaude 14 Gebaude 19 ist als einziges heute noch erhalten53 82 9 8827777777778 Koordinaten 53 49 12 N 9 52 58 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stammlager X Az Heidkaten Kaltenkirchen amp oldid 188684195