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Die seismische Tomographie auch Erdtomographie ist eine Untersuchungsmethode der Seismologie und dient zur Bestimmung von Geschwindigkeitsanomalien der seismischen Wellenausbreitung im Erdinneren Grundsatzlich werden methodisch drei Untersuchungsansatze unterschieden Lokalbebentomographie teleseismische Tomographie und Dampfungstomographie Inhaltsverzeichnis 1 Theoretischer Hintergrund 1 1 Lokalbebentomographie 1 2 Teleseismische Tomographie 1 3 Dampfungstomographie 2 Interpretationsansatze 3 Literatur 4 QuellenTheoretischer Hintergrund Bearbeiten nbsp Durch seismische Tomographie aufgespurte mutmassliche Reste des nordlichen Teils der Farallon Platte im Erdmantel unterhalb NordamerikasTomographische Untersuchungen werden in der Regel anhand von naturlichen Quellsignalen den Erdbeben durchgefuhrt Neben naturlichen konnen auch kunstlich generierte seismische Wellen benutzt werden Das Grundprinzip der Methode ist dass die Laufzeit einer seismischen Raumwelle von ihrem Ursprungsort bei Erdbeben ist dies das Hypozentrum zu einer Messstation von den Ausbreitungsgeschwindigkeiten entlang ihres Laufweges abhangt Die Tomographie versucht nun aus den an verschiedenen Messstationen bestimmten Laufzeiten des Wellenfeldes auf die Geschwindigkeitsverteilung des durchlaufenen Untergrundes zuruckzuschliessen Grundlage der Seismischen Tomographie ist wie bei allen tomographischen Verfahren das Radon Prinzip das besagt dass die Werte einer Mannigfaltigkeit vollstandig aus ihren Projektionen bestimmt werden konnen Die hier angewendete Radon Transformation wird meist numerisch realisiert Hierzu wird der von den seismischen Wellen durchstrahlte Teil des Erdkorpers in Volumenelemente unterteilt und eine Inversionsrechnung durchgefuhrt Zu Beginn wird ein sogenanntes Startmodell erarbeitet das auf vorausgegangenen Messungen z B Reflexions oder Refraktionsseismik oder auf geologischen Beobachtungen basiert Zur Modellerstellung kommen unter anderem analytische Methoden zum Einsatz So lasst sich ein Dichtemodell mit der Adams Williamson Gleichung oder ahnlichen Methoden berechnen Den Volumenelementen des Untersuchungsgebietes werden dann Langsamkeitswerte entsprechend dem Startmodell zugeordnet Anhand der Strahlgeometrie konnen nun theoretische Laufzeiten als Integral oder Summe uber die Laufzeiten Langsamkeiten in den durchlaufenen Zellen berechnet und mit den gemessenen Daten verglichen werden Die auftretenden Differenzen zwischen beobachteten und theoretischen Laufzeiten die sogenannten Laufzeitresiduen entstehen durch lokale Abweichungen der tatsachlichen Geschwindigkeiten im Untersuchungsgebiet von dem vorgegebenen Geschwindigkeitsmodell den Geschwindigkeitsanomalien Ist die beobachtete Laufzeit grosser als erwartet hat die seismische Welle langsamere Bereiche durchlaufen und umgekehrt Durch eine schrittweise Anpassung der Werte in den Volumenelementen soll schliesslich eine Minimierung der Residuen erreicht werden so dass am Ende die Verteilung der Geschwindigkeitsanomalien im Untergrund moglichst genau wiedergegeben werden kann Die Laufzeitresiduen geben dabei immer die Summe aller Effekte entlang des Laufweges wieder Da eine Welle aber nacheinander mehrere sowohl positive als auch negative Anomalien durchlaufen kann ist fur eine erfolgreiche Tomographie die Uberdeckung von entscheidender Wichtigkeit D h das Untersuchungsgebiet muss von moglichst vielen Wellenstrahlen aus moglichst vielen unterschiedlichen Richtungen durchlaufen werden um eine optimale Erfassung der Volumenelemente in verschiedenen Kombinationen zu erreichen Nur so konnen Anomalien korrekt lokalisiert werden Lokalbebentomographie Bearbeiten Bei diesem Ansatz der Tomographie wird das zu untersuchende Gebiet mit Signalen aus geringer Entfernung untersucht Die Verwendung lokaler Erdbebenereignisse hat den Vorteil dass Laufwegeffekte auf Grund der raumlichen Nahe zum registrierenden Seismometer allein aus dem Untersuchungsgebiet stammen Andererseits ist die Methode auf eine hohe Seismizitat angewiesen und damit auf seismisch aktive Gebiete beschrankt Alternativ konnte die Anregung seismischer Wellen mit kunstlichen Quellen wie z B Sprengungen erfolgen Diese sind jedoch mit hohen Kosten verbunden so dass hiervon auf Grund der erforderlichen Vielzahl von Sprengungen bei gleichzeitig eingeschrankter Eindringtiefe in den Erdkorper eher selten Gebrauch gemacht wird Teleseismische Tomographie Bearbeiten Die teleseismische Tomographie verwendet hingegen Erdbeben aus grosserer Distanz Da diese weltweit aufgezeichnet werden unterliegt diese Methode einer weitaus geringeren raumlichen Einschrankung und kann nahezu uberall angewendet werden Ein weiterer Vorteil liegt in der Strahlgeometrie teleseismische Erdbebenwellen durchlaufen auch tiefere Erdschichten bis in den tiefen unteren Mantel und lassen daher auch Untersuchungen in diesen Regionen des Erdkorpers zu Das Auflosungsvermogen der teleseimischen Tomographie ist allerdings in grosseren Tiefen meist sehr gering Zudem ist die Datenbasis auch hier durch die limitierte raumliche Verteilung von Erdbebenherden eingeschrankt die eine optimale Uberdeckung oftmals nicht erlaubt Zusatzlich konnen hier auch Laufzeitresiduen einfliessen deren Ursprung nicht im Untersuchungsgebiet sondern nahe der Erdbebenherde liegt bei der tomographischen Inversion jedoch bei Anpassung der Geschwindigkeiten in den Volumenelementen miteinfliessen Dampfungstomographie Bearbeiten Bei der Dampfungstomographie Amplitudentomographie im Gegensatz zur Laufzeittomographie fliesst das Dampfungsverhalten des Untergrundes in die Untersuchung ein also die Abnahme der Wellenenergie entlang des Laufweges durch Dampfung Da auch Dampfungseffekte von den elastischen Eigenschaften des von der seismischen Welle durchlaufenen Gesteins abhangen lassen auch deren Anomalien Ruckschlusse auf das untersuchte Gebiet zu Da sich die Gesamtdampfung langs eines Wellenstrahles nicht als Summe Integral der Dampfung in den Einzelzellen ergibt sondern als deren Produkt ist von logarithmischen Dampfungswerten auszugehen die sich dann zur Gesamtdampfung addieren Andere Elemente der Amplitudenabnahme mit der Entfernung wie die geometrische Amplitudenabnahme sind zu berucksichtigen Interpretationsansatze BearbeitenAnomalien der seismischen Geschwindigkeiten und auch der Dampfung sind haufig auf Temperaturanderungen zuruckzufuhren wie sie z B durch heisses Magma oder partielle Schmelze in vulkanischen Gebieten oder durch kalte Lithospharen Bruchstucke oder abtauchende Platten in Subduktionszonen ausgelost werden konnen Veranderungen der elastischen Parameter konnen jedoch auch andere geologische oder mineralogische Ursachen haben Die Porenfullung von Gesteinen etwa mit Erdol Wasser oder anderen Fluiden aber auch leichte chemische Veranderungen der Minerale konnen hier eine Rolle spielen Die Interpretation tomographischer Ergebnisse erfolgt daher meist vor dem geologischen Hintergrund des Untersuchungsgebietes Literatur BearbeitenK Aki W Lee 1976 Determination of three dimensional velocity anomalies under a seismic array using first P arrival times from local earthquakes Part 1 A homogeneous initial model Journal of Geophysical Research Band 81 S 4381 99 englisch K Aki 1993 Seismic Tomography Theory and practice Ed H M Iyer und K Hirahara Chapman and Hall London S 842 englisch E Kissling 1988 Geotomography with local earthquakes In Reviews of Geophysics Band 26 S 659 698 englisch M Koch 1982 Seismicity and structural investigations of the Romanian Vrancea region Evidence for azimuthal variations of P wave velocity and Poisson s ratio In Tectonophysics Band 90 S 91 115 englisch M Koch 1985 A theoretical and numerical study on the determination of the 3D structure of the lithosphere by linear and nonlinear inversion of teleseismic travel times In Geophys J R Astr Soc Band 80 S 73 93 englisch C H Thurber 1993 Local earthquake tomography velocities and vp vs theory in Seismic Tomography Theory and practice Ed H M Iyer und K Hirahara Chapman and Hall London S 563 583 englisch Quellen BearbeitenMirjam Bohm 2004 3 D Lokalbebentomographie der sudlichen Anden zwischen 36 und 40 S Dissertationsschrift Freie Universitat Berlin GFZ Potsdam Scientific Technical Report STR 04 15 urn nbn de kobv b103 041559 Volltextzugriff auch uber die DNB moglich Benjamin S Heit 2005 Teleseismic tomographic images of the Central Andes at 21 S and 25 5 S An inside look at the Altiplano and Puna plateaus Dissertationsschrift Freie Universitat Berlin GFZ Potsdam Scientific Technical Report STR 06 05 urn nbn de kobv b103 06052 Volltextzugriff auch uber die DNB moglich englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Seismische Tomographie amp oldid 238528923