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Das Schanzer Journal war eine Ingolstadter Lokalzeitung die von 1978 bis 1988 monatlich bis zweimonatlich erschien Das Schanzer Journal auch kurz SJ oder das Schanzer genannt verstand sich als alternative Lokalzeitung fur und von Ingolstadt Das zentrale Anliegen der Zeitungsmacher war die Schaffung einer Gegenoffentlichkeit die in Ingolstadts einziger Tagespresse dem Donau Kurier kein oder kein ausreichendes Sprachrohr fand Inhaltsverzeichnis 1 Journalismus der sich uber die herrschende Meinung hinauswagt 2 Die Themen 3 Journalismus und das Engagement in Kunst Kultur und Politik 4 Als die Gegenoffentlichkeit ihr Sprachrohr verlor 5 Journalistische Professionalitat jenseits des professionellen Journalismus 6 Hinweis 7 Weblinks 8 Siehe auch 9 EinzelnachweiseJournalismus der sich uber die herrschende Meinung hinauswagt BearbeitenGegenoffentlichkeit wurde dabei als umfassendes Konzept verstanden fur Themen Meinungen Ansichten und Interessen die in der herrschenden Offentlichkeit Ingolstadts das heisst in der politischen Meinungsfuhrerschaft der Stadt kein Gehor fanden Diese war vor allem gepragt durch die jahrzehntelange CSU Vorherrschaft im Stadtparlament und das immer weiter um sich greifende kulturelle Selbstverstandnis als Autostadt Ingolstadt ist einerseits abhangig von Audi ihrem grossten Arbeitgeber es ist andererseits auch froh daruber diesen Arbeitgeber zu haben der der Stadt zu ihrer deutlich wahrnehmbaren Prosperitat verhalf Zahlreiche Audi Beschaftigte sind stolz darauf Audianer zu sein In dieser Meinungsfuhrerschaft waren in jener Zeit zum Beispiel die Nutzung der Kernenergie die Aufrustung gegen die Bedrohung aus dem Osten oder aber eine autogerechte Stadtplanung alternativlos Die Schaffung einer Gegenoffentlichkeit war auch in anderen Stadten in jener Zeit das Ziel zahlreicher Zeitungsinitiativen die sich deshalb auch oftmals Stattzeitungen nannten Die Protagonisten des alternativen Journalismus schufen Zeitschriften wie das Munchner Blatt die zitty in Berlin den Plarrer in Nurnberg oder den Falter in Wien Die Blatter wurden zwischenzeitlich eingestellt oder pflegen langst nicht mehr den Journalismus der damaligen Zeit Die erfolgreichste Umsetzung dieses Zeitungskonzepts aber fand auf Bundesebene mit der Grundung der taz statt Die Zeitungsmacher des SJ waren in der Regel keine ausgebildeten Journalisten In der Lust am Schreiben und der Vision dass die Schaffung einer Gegenoffentlichkeit erreichbar ist entwickelten sie ihre journalistischen politischen aber auch betriebswirtschaftlichen Talente Die Artikel waren oftmals das Ergebnis langer und hitziger Diskussion Selbst die Setzerin funkte noch wahrend der Produktion der Zeitung dazwischen und schrieb ihre Kommentare einfach zwischen die Satze Die Themen BearbeitenDen uberregionalen Themen wie der Einfuhrung der 35 Stunden Woche der Wiederaufbereitungsanlage fur radioaktiven Abfall WAA in Wackersdorf Vom WAAsinn gezeichnet 1 die Rustungspolitik 2 die Volkszahlung 1983 und 1987 3 Arbeitslosigkeit oder Immigrations und Asylpolitik fehlte nie der Fokus auf das Lokale Dauerthemen waren der geplante Bau von Ingolstadts Dritter Donaubrucke 4 und die Diskussion der Ingolstadter Verkehrspolitik und Stadtplanung Autowahn oder Alptraum Auto 5 6 Sie scheuten sich nicht davor mutige oder auch skurrile Themen aufzugreifen Nulltarif im offentlichen Nahverkehr 7 Fremde Biersitten Bayern und Indianer im Vergleich 8 oder Manner enthullt von einer Frau eine Reportage uber die gleichnamige Ausstellung die dem Titelblatt der Januar Ausgabe des Jahres 1985 9 zu einem fur die damalige Zeit beinahe skandaltrachtigen Aktfoto mannlicher Natur verhalf Dem Schanzer Journal mangelte es auch nicht an bekannten Interviewpartnern wie zum Beispiel dem Schriftsteller und Reporter Gunter Wallraff 10 In der Ausgabe 4 1980 11 findet sich ein Interview mit dem damals 31 jahrigen CSU Abgeordneten Horst Seehofer nbsp Titelblatt aus der Anfangszeit der Zeitung Schanzer Journal Ausgabe 11 1979 nbsp Spater erreichte das Schanzer Journal durchaus auch ein profihafteres Outfit Schanzer Journal Ausgabe 2 1987 nbsp Schanzer Journal Ausgabe 1 1985 Originaltitelblatt vom Autor retuschiert nbsp Ausgabe des Schanzer Journals 4 1984 Wenn es um die nationalsozialistische Vergangenheit oder die publizistischen Machenschaften des damaligen Herausgebers des Donau Kurier Wilhelm Reissmuller ging liefen die SJ Zeitungsmacher zur Hochform auf Der Attackierte zog gegen entsprechende Berichte uber seine angebliche NSDAP Mitgliedschaft 12 13 oder Schwarze Listen 14 15 gerichtlich zu Felde Letztendlich konnte keine Seite die juristischen Schlachten wirklich fur sich entscheiden Der finanzielle Flurschaden hielt sich fur die Redakteure des SJ in Grenzen Die Herzen so manches Ingolstadters aber hatten sie mit ihrem Feldzug gegen Reismuller ganz sicher erobert wahrend andere wiederum darin nur Respektlosigkeit gegen einen renommierten Ingolstadter sahen Das Schanzer Journal brauchte Reissmuller und er brauchte das Schanzer Journal Journalismus und das Engagement in Kunst Kultur und Politik BearbeitenKunst und Kultur lagen den Schanzer Journalisten ebenfalls am Herzen Die Sagenforscherin Emmi Bock die nach Meinung der Blattmacher in der lokalen Tagespresse nicht richtig gewurdigt wurde hatte fast schon einen Stammplatz in der Berichterstattung Junge und unbekannte Kunstler aus Ingolstadt und Umgebung hatten im SJ oftmals ihren ersten Auftritt Auch Lyrik durfte nicht fehlen wenngleich ein Gutteil davon aus der Feder der Zeitungsmacher selbst stammte Spater wurde der Zeitungsverlag noch um einen Buchverlag erweitert Die Redakteure des Schanzer Journal beschrankten sich nicht nur aufs Schreiben Gegenoffentlichkeit verlangte nach ihrer Auffassung auch nach einer aktiven Teilnahme in der Politik und Burgerinitiativen sowie burgerlichen Ungehorsam So initiierte das Schanzer Journal beispielsweise 1983 und 1987 auf lokaler Ebene den Protest gegen die Volkszahlung Es begleitete auch Entstehung und Entwicklung der Grunen als politische Grosse in Ingolstadt Als die Gegenoffentlichkeit ihr Sprachrohr verlor BearbeitenDas Ende des Schanzer Journals kam fur viele Ingolstadter uberraschend und plotzlich nbsp Titel der letzten Ausgabe des Schanzer JournalsDie Zeitung war fester Bestandteil der lokalen Zeitungslandschaft geworden Sie lebte uberwiegend von der Selbstausbeutung der Zeitungsmacher von ihrem nahezu unentgeltlichen Engagement fur einen anderen Journalismus Die Einnahmen deckten in der Regel nur die Produktionskosten Dieses Konzept das zehn Jahre funktionierte verlor unter den Protagonisten des Schanzer Journals an Akzeptanz Auf der Suche nach Werbekunden und einer breiteren Leserschicht die allein den finanziellen Ruin abwenden konnten entfernten wir uns immer mehr von unserem ehemals nur politischen Anspruch Erstaunlicherweise finanzierte sich das SJ sogar selbst Doch eine angemessene Bezahlung der Redaktion stand weiterhin in den Sternen 16 Eine okonomische Basis die den Zeitungsmachern ein Auskommen sichern wurde erschien unerreichbar Das anderte sich auch nicht gross als man der Redaktion noch eine Weinhandlung und einen Kopierladen anschloss Um eine tragfahige okonomische Basis zu erreichen veranderten viele der spater so genannten Szeneblatter nicht nur ihre Erscheinung sondern orientierten sich auch inhaltlich neu Fortan wurde ein Journalismus gepflegt bei dem Abonnenten und vor allem Inserenten nicht mehr das Gefuhl bekamen eine radikale Organisation zu unterstutzen Im Ingolstadt der 1970er und 1980er Jahre stellte sich dieses Gefuhl sehr schnell ein Die Schanzer Journalisten wollten diesen Weg nicht einschlagen wollten nicht dem Zeitgeist folgen der sie um ihre journalistische Identitat bringen wurde Es war und ist wichtig in Ingolstadt eine Gegenoffentlichkeit zu schaffen Es rechnete sich nur nicht fur die Zeitungsmacher Sie dankten erhobenen Hauptes ab auch wenn sie dadurch zum Grossteil ihren politischen Anspruch und ihre journalistische Identitat auch nicht mehr retten konnten Und es gab auch keine Idealisten mehr die ihre journalistische Nachfolge antreten wollten Journalistische Professionalitat jenseits des professionellen Journalismus BearbeitenDas Schanzer Journal pragte in Ingolstadt einen Journalismus der in seiner Art einzigartig war und nicht mehr erreicht wurde Dem SJ gelang es seinem Anspruch gerecht zu werden und eine Gegenoffentlichkeit herzustellen Das politisch journalistische Konzept der Zeitung war erfolgreich sein betriebswirtschaftliches konnte nicht tragfahig sein Beide standen in Konkurrenz zueinander das eine war nicht unter Aufgabe des anderen zu erreichen jedenfalls nicht in Ingolstadt Die zehnjahrige Geschichte des Schanzer Journals zeigt dass es Themen gibt die von den etablierten Medien nicht ausreichend gewurdigt werden auf lokaler wie auf uberregionaler Ebene Das war und ist keine Neuigkeit Beeindruckende Reportagen publiziert von WikiLeaks beispielsweise zeigen dass zur umfassenden Information der Offentlichkeit ein journalistisches Engagement gehort das bei den etablierten Medien nicht ausreichend vorhanden ist Diese Art des Journalismus nur macht es einer Zeitung oder uberhaupt einem Medium schwer als Werbetrager zu fungieren oder die Gefuhlswelt einer Leserschicht zu bedienen die breit genug ware um zu seiner Existenzsicherung beizutragen Hinweis Bearbeiten Schanzer ist ein althergebrachter Spitzname fur die Bewohner Ingolstadts der aus der Zeit stammte als die Stadt vor allem fur seine Festungsanlagen beruhmt war Weblinks BearbeitenThomas Schuler Der Pate vom Donau Kurier Berliner Zeitung vom 21 August 1999 Reportage uber WikiLeaks Video in Spiegel vom 6 April 2010 Ulrike Putz US Helikopter feuerten auf Zivilisten in Bagdad Emmi Bock im WebSiehe auch BearbeitenStattzeitungEinzelnachweise Bearbeiten Schanzer Journal Juni 1986 Schanzer Journal 3 1979 Schanzer Journal April 1987 Schanzer Journal August 1978 Schanzer Journal 1 1979 Schanzer Journal 2 1980 Schanzer Journal 3 1980 Schanzer Journal Oktober 1987 Schanzer Journal Januar 1985 Schanzer Journal Februar 1986 Schanzer Journal 4 1980 Schanzer Journal 4 5 Nr 4 82 Schanzer Journal 4 7 S 10 Juni 1984 S 5 7 Schanzer Journal 6 8 September 1985 S 8 Schanzer Journal 6 9 Oktober 1986 S 14 Schanzer Journal Nr 3 April 1988 S 5 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schanzer Journal amp oldid 227321191