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Richard Stettiner 12 Mai 1865 in Berlin 15 Dezember 1927 in Ebenhausen bei Munchen war ein deutscher Kunsthistoriker Museumsmitarbeiter und Denkmalpfleger judischer Abstammung Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Stettiner und die Fotografie 2 1 Piktorialismus 3 Personlichkeit und Engagement Rezeption 4 Publikationen 4 1 Bucher 4 2 Zeitschriften und Aufsatze 5 Literatur 6 EinzelnachweiseLeben und Werk BearbeitenRichard Stettiner wurde als Sohn von Martin Stettiner und Mathilde Stettiner geb Schwarzschild geboren und wuchs in grossburgerlichen Berliner Kreisen auf Die kunstbegeisterten Eltern waren auch sozial sehr engagiert 1 Nach dem Studium der Kunstgeschichte das er 1895 in Strassburg abschloss schlug Richard Stettiner in Berlin unter Wilhelm von Bode die Museumslaufbahn ein Neben wissenschaftlichen Arbeiten uber mittelalterliche Bildhandschriften publizierte er in Ausstellungs und Museumskatalogen und war Mitherausgeber der Zeitschrift Museum 1900 wurde er wissenschaftlicher Assistent am Hamburgischen Museum fur Kunst und Gewerbe Er lehrte im Rahmen des allgemeinen Vorlesungswesens und an der Hamburger Universitat und arbeitete auch fur eine Abwehrstelle gegen Kunstfalschungen Stettiner war Mitarbeiter des Direktors des Museums fur Kunst und Gewerbe Justus Brinckmann Kurz nach Brinckmanns Tod 1915 eroffnete Stettiner bei einer Gedachtnisfeier die von dem ehemaligen Direktor vorbereitete Ausstellung Die hamburgische Denkmaler Inventarisation Stettiner hat bei der politischen Debatte um das erste Denkmalschutzgesetz fur die Stadt 1919 eine Denkschrift erstellt Nach Erlass dieses Gesetzes wurde er 1920 zum ersten Denkmalpfleger der Freien und Hansestadt Hamburg Ausserdem war er als Leiter der Denkmalschutzbehorde des Hamburger Senats tatig Stettiners Arbeit fuhrte die Systematik Brinckmanns weiter und war gepragt vom Aufbau eines Denkmalarchivs sowie von der Denkmal Inventarisation Wichtig war ihm der Einsatz dieser Arbeitsmittel in Forschung und Offentlichkeitsarbeit Als Stettiner nach langerer Krankheit 1927 starb hinterliess er trotz begrenzter Wirkungsmoglichkeiten das Amt des Denkmalpflegers als eine in Hamburg anerkannte Institution Mit seiner Frau Eva Stettiner hatte er eine Tochter 2 Er war Schwager Ludwig Geigers und Mitglied des Vereins Gesellschaft der Freunde eines judischen Hilfsvereins in Berlin Stettiner und die Fotografie BearbeitenAls Kunsthistoriker verfolgte Stettiner mit grossem Interesse die aufsteigende Kunstfotografie Bewegung die in Hamburg unter dem Patronat Alfred Lichtwarks dem Leiter der Hamburger Kunsthalle besonders prasent war Stettiner bezeichnete Lichtwark als fuhrende Instanz des Piktorialismus in Deutschland Will man heute uber die kunstlerische Photographie in Deutschland sprechen so muss man immer wieder den Namen Lichtwark nennen 3 Er strebte im lichtwarkschen Sinne der Kunstpadagogik an in Hamburg eine Statte edlen aufbluhenden Kunstgewerbes 4 zu schaffen in diesem Vorhaben inbegriffen war vor allem die Schulung des Geschmacks und der Erwartungen des Publikums an die Fotografie Stettiner sah die Fotografie in der Kunstwissenschaft als ein unentbehrliches Instrument Sie leiste eine werkgetreue Wiedergabe der Kunst unterstutze die Methode der Kunstwissenschaft und konne sogar durch den Standpunkt ihrer Aufnahme zu einem tieferen Verstandnis des Kunstwerkes verhelfen Der Kunsthistoriker musse deswegen selber mit der Fotografie vertraut sein 5 Was die Kunstfotografie betrifft berief sich Stettiner wieder auf Lichtwark Fur Lichtwark war die kunstlerische Photographie eine Klasse in einem grossen System auf dem Wege des Dilettantismus der Kultur d h Das Verstandnis fur Kunst und das Bedurfnis der Kunst als eine unentbehrliche Seite das Lebens unter seinen Mitburgern zu erhohen 6 Durch die Kunstfotografie entstehe die Moglichkeit einer bis dahin fast nur mechanisch gepflegten Sache eine kunstlerische Seite abzugewinnen 7 und damit die latente kunstlerische Kraft 6 zum Ausdruck zu bringen Piktorialismus Bearbeiten Stettiners Aufsatz J Craig Annan 8 in der 4 Ausgabe der fotografischen Zeitschrift Die Kunst in der Photographie erschienen stellte eine Art schriftliches Interview mit dem gleichnamigen schottischen Kunstlerfotografen 9 dar Stettiner fasste die Leitfragen folgendermassen zusammen Der schriftliche Interviewer hatte vor Allem zu erfahren gewunscht welcher Art die kunstlerische und photographische Ausbildung des schottischen Kunstlerphotographen gewesen sei insbesondere in welchem Zusammenhang er mit der weltberuhmten Firma T amp R Annan amp Sons in Glasgow der wir die vorzuglichen Reproduktionen von Kunstwerken in Glasgow und Edinburgh verdanken stande 8 Im Text bezeichnete sich Stettiner selbst als wissbegieriger Freund seiner Craig Annans Kunst und mochte anhand seiner Person exemplarisch darstellen was wahre fotografische Kunst ausmacht Stettiner war ein grosser Bewunderer Craig Annans und bezeichnete diesen als eine echte Kunstlernatur Er behauptete dass Kunstlerfotografen dann das Schonste leisten wenn sie ihrem kunstlerischen Instinkt folgen 10 Stettiner teilte die Kunstfotografie in zwei Hauptrichtungen ein die eine ist uberaus geschickt geschmackvoll aber doch etwas manirirt als Beispiel wird England genannt wahrend die andere vor Experimenten nicht scheut und sich von der Theorie nicht begrenzen lasst hier sind die Schulen von Wien und Hamburg die Hauptreprasentanten 10 Somit entstunden zwei Lager zwei verschiedene Richtungen und asthetische Zielsetzungen Craig Annan gelang es beide gleichzeitig zufriedenzustellen und bei deren Anhangern Anerkennung zu finden noch ein Beweis fur sein kunstlerisches Konnen Dem Profilbildnis der Miss Burnett einer 1893 entstandenen und 1899 in Berlin ausgestellten Fotografie ware von allen ohne Ausnahme die Palme zuerkannt worden Stettiner zog daraus den Schluss dass der Wert der Werke von echtem Gehalte die Zeit uberdauere und dass hierin der kunstlerische Gehalt der Fotografie liege Stettiner ausserte sich in dem Text Gedanken eines Theoretikers uber die Bildnisphotographie 11 auch zur Berufsfotografie sowie zur kunstlerischen Amateurfotografie Erstere erwecke den Eindruck der Starrheit und Monotonie Das liege aber weniger an den Fotografen sondern vielmehr am Publikum das solche typisierenden Bilder verlange In diesem Sinne sei die Aufgabe der kunstlerischen Portratfotografen eine erzieherische sie sollen den Geschmack und die Forderungen des Publikums schulen wie auch Alfred Lichtwark betont hatte Stettiner sah in der mangelnden Aufklarung des Publikums eine Bremse fur die Entstehung von kunstlerisch wertvollem Material Die kunstlerische Portratfotografie solle den entscheidenden Augenblick wiedergeben und bei dem Betrachter Interesse fur das Charakteristische an einer Gestalt bzw fur die Personlichkeit als solche wecken Gleichzeitig solle ein Portrat den Betrachter mit der dargestellten Gestalt in Kontakt setzen und fesseln Je langer man es betrachtet desto intimer wird bei einem guten Bilde jener Contact werden Faden spinnen sich hin und her und trennt man sich endlich so kostet es Muhe ja fast eine mechanische Anstrengung um diese Faden zu zerreissen 12 Kennzeichnend fur ein fotografisches Kunstwerk sei auch die Befreiung vom Moment an den doch der Photograph thatsachlich gefesselt ist 10 In dieser Abhangigkeit von dem Moment bestehe ein wichtiger Unterschied zu der Portratkunst in der Malerei die laut Stettiner durchaus als Vorbild fur die Fotografie fungieren solle insbesondere was die Aspekte der Abstraktion und Kombination angeht Aber wie ein charakteristisches Bild erhalten Der Maler erhalt es durch Combination Nachdem er sein Modell psychologisch durchdrungen zu haben glaubt geht er zwar bei seinem Gemalde von dem Realen von dem was er vor sich sieht aus aber das Ergebnis seiner Kunst ist bei den grossen Portraitisten fast stets nicht die Wiedergabe eines bestimmten Moments sondern eine durch Abstraction gewonnene Zusammenziehung einer Reihe verschiedener Momente 10 Das Erfassen dieses entscheidenden Augenblicks sei eine Aufgabe der man nur schwer mit einem zielgerichteten Studium der Personlichkeit und der notigen Ausstattung gerecht werden konne weshalb Stettiner davon ausging dass nur wenige Fotografen in absehbarer Zeit kunstlerisch hochwertige Bilder produzieren wurden Personlichkeit und Engagement Rezeption BearbeitenRichard Stettiner wurde von wichtigen zeitgenossischen Personlichkeiten sowie allgemein von seinen Mitmenschen sehr geschatzt Er wurde als ausserst kompetent und engagiert beschrieben seine Arbeit bedeute ihm sehr viel und er scheue nicht davor sich fur deren Vollendung aufzuopfern 13 Er setze sich fur seine Ziele ein mit einer Ausdauer und Beharrlichkeit die wenig sterblichen eigen ist 14 Ausserdem wurde er als optimistischer Idealist bezeichnet von Menschlichkeit und Gerechtigkeit gepragt aber gleichzeitig fachlich und wissenschaftlich streng 15 Laut Erwin Panofsky hat Stettiner mit seiner Promotionsschrift Die illustrierten Prudentiushandschriften einen wichtigen Beitrag zur Forschung geleistet indem er in seiner grossen Arbeit uber die Prudentiushandschriften mit instinktiver Sicherheit einen der ganz wenigen fassbaren Faden gefunden und blossgelegt hat die die Kunst der Antike mit der des Mittelalters verknupfen 16 Panofsky war es auch der Stettiner als Grunder des kunstgeschichtlichen Seminars an der Universitat Hamburg sah Auch sind wir stets der Tatsache eingedenk dass er es war der uneigennutzig wie immer mit Hilfe einiger Freunde jene Sammlung von Arbeitsmitteln zusammenbrachte und stiftete die den Studierenden der Kunstgeschichte eine erste aussere und innere Heimstatte bot und die eigentliche Keimzelle unseres kunsthistorischen Seminars werden sollte Stettiner wurde als ein exzellenter Lehrer dargestellt von den Studenten sehr geschatzt und verehrt vor allem da er es geschafft habe ein personliches Vertrauensverhaltnis zu ihnen aufzubauen Die Schuler haben es ihm gedankt und danken es ihm noch und es darf uns eine Genugtuung sein dass ihre herzliche Verehrung ihn fur manches was das Leben ihm versagte in etwas entschadigt hat 17 Wolfgang Brinckmann Sohn von Justus Brinckmann und Hamburger DDP Politiker aussert sich folgendermassen zu der Person Stettiners Stets wenn es galt in unserem Kreise fortschrittlich eingestellter Manner wertvolles Kulturgut unseres Volkes zu schutzen oder geistige Interessen Hamburgs zu fordern stand er als Streiter uns zur Seite Sein vielseitiges Wissen sein tiefes Gefuhl fur geistige Werte und nicht zuletzt seine bei einem Nichthamburger doppelt bewundernswerte Kenntnis Hamburger Verhaltnisse und Personlichkeiten machte seine Mitarbeit fur uns besonders wertvoll und nur schwer werden wir uns daran gewohnen sie in Zukunft zu missen 18 Publikationen BearbeitenBucher Bearbeiten Die Porzellanmanufaktur zu Vincennes und Sevres Berlin Grote 1893 Die illustrierten Prudentiushandschriften Strassburg Universitat Dissertation 1895 Ausstellung von Kunstwerken des Mittelalters und der Renaissance aus Berliner Privatbesitz veranstaltet von der Kunstgeschichtlichen Gesellschaft 20 Mai bis 3 Juli 1898 von Wilhelm Bode redigiert von Richard Stettiner Berlin 1899 Das Webebild in der Manesse Handschrift und seine angebliche Vorlage Berlin Spemann 1911 Justus Brinckmann und die hamburgische Denkmalerinventarisation Hamburg Hartung 1915 Das Kleinodienbuch des Jakob Mores in der Hamburgischen Stadtbibliothek Eine Untersuchung zur Geschichte des Hamburgischen Kunstgewerbes um die Wende des 16 Jahrhunderts Meissner 1916 Als Ubersetzer Thomas J Cobden Sanderso Das Idealbuch oder das schone Buch The Ideal Book or Book Beautiful Eine Abhandlung uber Kalligraphie Druck und Illustration und uber das schone Buch als ein ganzes Ins Deutsche ubertragen von Richard Stettiner Berlin Euphorion 1921 Zeitschriften und Aufsatze Bearbeiten Die Photographie in der Kunstwissenschaft In Kunstchronik 7 1896 555 560 Gedanken eines Theoretikers uber Bildnissphotographie In Die Kunst in der Photographie 1 1897 49 52 Einleitung In Die Kunst in der Photographie 4 1900 1 8 J Craig Annan In Die Kunst in der Photographie 4 1900 29 36 Motiv Vorsatz Papiere von Wilhelm Rauch In Deutsche Kunst und Dekoration illustr Monatshefte fur moderne Malerei Plastik Architektur Wohnungskunst u kunstlerisches Frauen Arbeiten 15 Oktober 1904 86 89 Paul Trummer und das Museum fur Kunst und Gewerbe In Zeitschrift des Vereins fur hamburgische Geschichte 20 1915 S V VIII Vom kunstgewerblichen Export In Probleme der angewandten Kunst Im Auftrage des Vorstandes von Alfred Rohde und Hans Doren herausgegeben Jahresgabe 1926 des Kunstgewerbevereins zu Hamburg Hamburg 1926 58 Seiten Als Herausgeber Das Museum Eine Anleitung zum Genuss der Werke bildender Kunst hrsg von Richard Stettiner und Wilhelm Spemann 1 1896 11 1911 Berlin Stuttgart Literatur BearbeitenStettiner Richard in Joseph Walk Hrsg Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918 1945 K G Saur Munchen 1988 ISBN 3 598 10477 4 S 356 Einzelnachweise Bearbeiten Die Photographische Lehranstalt des Lette Vereins Berlin 1900 S 9 11 Richard Stettiner zum Gedachtnis Trauerfeier fur Richard Stettiner im Krematorium zu Ohlsdorf am 21 Dezember 1927 Hamburg Petermann 1928 7 Stettiner Richard Einleitung In Die Kunst in der Photographie 4 1900 S 5 Rover Hermann Richard Stettiner In Denkmalpflege und Heimatschutz 1928 30 Jahrgang hg im preussischen Finanzministerium S 14 Stettiner Richard Die Photographie in der Kunstwissenschaft In Kunstchronik 1896 7 Jahrgang 555 560 a b Stettiner Richard Einleitung In Die Kunst in der Photographie 4 S 6 Stettiner Richard Einleitung In Die Kunst in der Photographie 4 S 2 a b Stettiner Richard J Craig Annan In Die Kunst in der Photographie 4 1900 31 Die Begriffe Kunstlerphotograph und Kunstlerphotographie wurden von Stettiner selbst an mehreren Stellen verwendet im Text uber Craig Annan S 31 usw sowie im Text Die Photographie in der Kunstwissenschaft S 1 S 6 a b c d Stettiner Richard J Craig Annan In Die Kunst in der Photographie 4 1900 32 Stettiner Richard Gedanken eines Theoretikers uber Bildnissphotographie In Die Kunst in der Photographie 1 1897 49 Stettiner Gedanken eines Theoretikers uber Bildnissphotographie In Die Kunst in der Photographie 1 1897 51 Richard Stettiner zum Gedachtnis Trauerfeier fur Richard Stettiner im Krematorium zu Ohlsdorf am 21 Dezember 1927 Hamburg Petermann 1928 Richard Stettiner zum Gedachtnis Trauerfeier fur Richard Stettiner im Krematorium zu Ohlsdorf am 21 Dezember 1927 Hamburg Petermann 1928 11 Richard Stettiner zum Gedachtnis Trauerfeier fur Richard Stettiner im Krematorium zu Ohlsdorf am 21 Dezember 1927 Hamburg Petermann 1928 7f 9 Richard Stettiner zum Gedachtnis Trauerfeier fur Richard Stettiner im Krematorium zu Ohlsdorf am 21 Dezember 1927 Hamburg Petermann 1928 9 Richard Stettiner zum Gedachtnis Trauerfeier fur Richard Stettiner im Krematorium zu Ohlsdorf am 21 Dezember 1927 siehe Anm 1 9f Richard Stettiner zum Gedachtnis Trauerfeier fur Richard Stettiner im Krematorium zu Ohlsdorf am 21 Dezember 1927 Hamburg Petermann 1928 13 Normdaten Person GND 117236012 lobid OGND AKS LCCN n86800891 VIAF 27843310 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Stettiner RichardKURZBESCHREIBUNG deutscher Kunsthistoriker Museumsmitarbeiter und DenkmalpflegerGEBURTSDATUM 12 Mai 1865GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 15 Dezember 1927STERBEORT Ebenhausen bei Munchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Richard Stettiner amp oldid 231084491