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Ein Radioprotektor ist ein Pharmakon das nach seiner Verabreichung selektiv gesunde Zellen vor den toxischen Auswirkungen ionisierender Strahlung schutzen soll Durch diese Schutzfunktion kann die Strahlendosis bei einer gegen bosartige Tumoren Krebs gerichtete Strahlentherapie erhoht werden um die Wirksamkeit der Strahlentherapie zu steigern Radioprotektoren sind eine Untergruppe der Radiomodulatoren 1 Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Wirkstoffklassen 3 Geschichte 4 Literatur 5 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenBei der konventionellen Strahlentherapie Radiatio ist die niedrige Strahlungsempfindlichkeit vieler Tumoren im Vergleich zum umgebenden gesunden Gewebe eines der grossten Probleme 2 Um moglichst viele Tumorzellen sicher abzutoten ware in vielen Fallen eine deutlich hohere Strahlendosis notwendig Dies ist aber wegen der Empfindlichkeit des umgebenden gesunden Gewebes gegen die ionisierende Strahlung meist nicht moglich In der Strahlentherapie verfolgt man daher zwei unterschiedliche pharmakologische Ansatze um moglichst viele Tumorzellen zu zerstoren und moglichst wenige gesunde Zellen zu schadigen Eines davon sind Radiosensitizer die die Strahlungsempfindlichkeit der Tumorzellen erhohen sollen Ein anderes sind Radioprotektoren die die gesunden Zellen vor der Strahlung schutzen sollen Durch die ionisierende Strahlung beispielsweise Rontgen oder Gammastrahlen entstehen in den betroffenen Zellen hochtoxische freie Radikale die wiederum zu reaktiven Sauerstoff ROS und Stickstoffspezies RNS fuhren Diese hochreaktiven Spezies sind im Wesentlichen fur die Wirksamkeit der Strahlentherapie verantwortlich Sie fuhren zu irreparablen Schaden beispielsweise Doppelstrangbruchen an der DNA im Zellkern einer Zelle Radioprotektoren sollen moglichst selektiv das heisst nur in den gesunden Zellen diese Schaden verhindern Eine Vielzahl unterschiedlicher Substanzen wurde zum Zweck der intrazellularen Radioprotektion entwickelt Sie sollen die in den Zellen erzeugten freien Radikale abfangen und dadurch die Elektronenentzugsrate reduzieren Diese anti oxidative Wirkung reduziert den Sauerstoff Effekt Um diese Wirkung entfalten zu konnen mussen die Radioprotektoren vor der Bestrahlung verabreicht werden und im Inneren der Zellen sein Nur so konnen die Molekule der Radioprotektoren ausreichend schnell in die Bereiche diffundieren in denen sie die passenden Reaktionspartner freie Radikale und reaktive Sauerstoff beziehungsweise Stickstoffspezies treffen und unschadlich machen konnen Ein anderer Wirkungsmechanismus in Form eines Reparaturprozesses ist die Abgabe von Elektronen an die defekten Bindungen der DNA Dies ist nur mit Reduktionsmitteln Elektronendonatoren moglich 3 Wirkstoffklassen Bearbeiten nbsp Die Strukturformel von Amifostin ein Prodrug mit radioprotektiver Wirkung das im Korper zum eigentlichen Wirkstoff 2 Aminopropyl amino ethanthiol verstoffwechselt wird nbsp 2 Aminopropyl amino ethanthiol der aktive Bestandteil von AmifostinAls Radioprotektoren werden vor allem Verbindungen mit freien Thiol Gruppen Thiole beziehungsweise Prodrugs die nach Verstoffwechselung Metabolisierung die entsprechenden Thiole freisetzen verwendet Ein Beispiel fur einen naturlichen Radioprotektor ist das Pseudotripeptid Glutathion das im Zellinneren vor freien Radikalen und ROS schutzt Als von aussen zugefuhrter Radioprotektor ist Glutathion allerdings weniger gut geeignet da es vor dem Transport in die Zellen in seine drei Aminosauren Bestandteile Cystein Glutaminsaure und Glycin zerlegt wird Andere naturliche Radioprotektoren sind die Aminosaure Cystein ein Bestandteil von Glutathion und dessen Stoffwechselprodukt das biogene Amin Cysteamin 3 Als Arzneimittel fur die Radioprotektion explizit zugelassen ist der Wirkstoff Amifostin ein phosphoryliertes Aminothiol 4 Dieses Prodrug wird in den Zellen durch Alkalische Phosphatasen in den eigentlichen Wirkstoff 2 Aminopropyl amino ethanthiol zerlegt Die selektive Wirkung von Amifostin wird offensichtlich durch die hohere Aktivitat der Alkalischen Phosphatasen dem vergleichsweise hoheren pH Wert und dem gunstigeren Permeationsverhalten des gesunden Gewebes verursacht Es wird ublicherweise etwa eine halbe Stunde vor einer Radiatio als funfzehnminutige Kurzinfusion verabreicht 5 Neben den Thiolen mit dem zugelassenen Wirkstoff Amifostin sind eine Reihe weiterer Radioprotektoren in der pra klinischen Entwicklung Dazu gehoren beispielsweise Radikalfanger wie beispielsweise TEMPOL ein 4 Hydroxy Derivat des freien Radikals 2 2 6 6 Tetramethylpiperidinyloxyl 6 Zytokine wie Interleukin 1b 6 7 Stammzellfaktor 6 Enzyme wie beispielsweise Superoxiddismutase SOD verschiedene Vasokonstriktoren Cimetidin 6 Serotonin 8 Melatonin 9 Pyridoxin 10 Natriumselenit 11 12 und Natriumwolframat 13 Die Wirksamkeit eines Radioprotektors lasst sich in Modellorganismen mit Hilfe der Elektronenspinresonanz ESR messen Dabei wird die Signaldampfung des Spin Labels 3 Carbamoyl PROXYL 3 Carbamoyloxy 2 2 5 5 tetramethyl pyrrolidin N oxyl CAS 4399 80 8 gemessen Eine Stunde nach der Bestrahlung mit Rontgenstrahlen wird das 3 Carbamoyl PROXYL als Spinsonde verabreicht Wurde ein Radioprotektor vor der Bestrahlung verabreicht so wird das ESR Signal starker gedampft 6 Ein anderes etablierteres Verfahren ist die Verwendung eines Comet Assays 14 Geschichte BearbeitenDie ersten Arbeiten an Radioprotektoren begannen im Rahmen des Manhattan Projekts 15 Literatur BearbeitenD Citrin A P Cotrim F Hyodo B J Baum M C Krishna J B Mitchell Radioprotectors and mitigators of radiation induced normal tissue injury In Oncologist Band 15 Nummer 4 2010 S 360 371 ISSN 1549 490X doi 10 1634 theoncologist 2009 S104 PMID 20413641 PMC 3076305 freier Volltext Review S J Hosseinimehr Trends in the development of radioprotective agents In Drug Discovery Today Band 12 Nummer 19 20 Oktober 2007 S 794 805 ISSN 1359 6446 doi 10 1016 j drudis 2007 07 017 PMID 17933679 Review D M Brizel Pharmacologic approaches to radiation 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