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Der sprachgeschichtliche Begriff Quantitatenkollaps bezeichnet die Entwicklung der Quantitaten Lange bzw Kurze von Vokalen in antiken Sprachen Im Folgenden wird diese Entwicklung im Lateinischen auf dem Weg zu den romanischen Sprachen sowie im Griechischen beschrieben Inhaltsverzeichnis 1 Quantitaten 2 Beschreibung des Kollapses 3 Schriftbelege 4 Beispiele fur Auswirkungen des Quantitatenkollapses 5 Die Entwicklung im Griechischen 6 QuellenQuantitaten BearbeitenIm Lateinischen der klassischen Zeit spate Republik und fruhes Prinzipat wurde zwischen kurzen und langen Vokalen unterschieden den Vokalquantitaten zu jedem der funf Vokale gab es also eine lange und eine kurze Variante wobei die Lange bedeutungsunterscheidend war 1 liber frei liber Buch levis glatt levis leicht malum Apfel malum Ubel ōs Mund os Knochen lutum Gelbkraut lutum Schlamm Beschreibung des Kollapses BearbeitenDer Wandel der Aussprache dieser Vokale im Vulgarlatein ging vermutlich von einer veranderten Betonung aus in betonten Silben tendierten die Vokale generell zur langeren Aussprache in den ubrigen Silben dagegen zur kurzeren Dies hatte zur Folge dass sich die ursprunglichen Kurz und Langvokale in der Quantitat einander anglichen so dass sich zunachst folgendes Schema ergab 2 Aussprache IPA Buchstabe Klassisch Vulgarkurzes A ă a a langes A a aː a kurzes E ĕ ɛ ɛ langes E e eː e kurzes I ĭ ɪ ɪ langes I i iː i kurzes O ŏ ɔ ɔ langes O ō oː o kurzes V ŭ ʊ ʊ langes V u uː u AE ae aj aɛ ɛ OE œ oj oe o e AV au aw aw ɔ In den betonten Silben entfiel daraufhin die Unterscheidung zwischen den einander nahestehenden Kurzvokalen ɪ und e ʊ und o mit entsprechend wechselnder Schreibweise in den erhaltenen Quellen i e bzw u o In den unbetonten Silben ging die Reduktion der Vokale noch weiter hier fielen jeweils ɪ e und ɛ zu e und ʊ o und ɔ zu o zusammen Zu beachten ist dass dies eine vereinfachte Darstellung des Quantitatenkollapses ist die einige Sonderentwicklungen aufgrund unterschiedlicher sprachlicher Voraussetzungen in den romanisierten Gebieten Beeinflussung durch vorromanische Sprachen u a nicht berucksichtigt Schriftbelege BearbeitenZu den altesten Belegen gehort ein Brief der bei Ausgrabungen in Agypten 1924 1934 gefunden und im fruhen 2 Jahrhundert n Chr vermutlich im Jahre 133 von einem romischen Soldaten Claudius Terentianus verfasst wurde Darin finden sich folgende Beispiele fur den Quantitatenkollaps 3 acu lentiaminaque statt acum linteaminaque Akk Nahzeug sopera uber bezuglich statt supra Prap uber Etliche weitere Belege enthalt die Worterliste Appendix Probi u a tolonium non toloneum columna non colomna ostium non osteum puella non poella Beispiele fur Auswirkungen des Quantitatenkollapses BearbeitenErkennbar ist bei lentiamina die beginnende Hiattilgung e und i vor weiterem Vokal fielen zunachst zu ɪ zusammen bevor sie zu j wurden 4 Dieser Laut bewirkte im spateren 2 Jahrhundert die Palatalisierung eines vorangehenden t und damit die Weiterentwicklung von tj zu einem Zischlaut Vincentza statt Vincentia tersiu statt tertiu m usw 5 dadurch entstanden u a im heutigen Italienischen und Franzosischen die Worter piazza Platz aus platea und grace Gnade aus gratia Konnten mit Hilfe der langen und kurzen Vokale im klassischen Latein noch unterschiedliche Kasus markiert werden war dies im Vulgarlatein nicht mehr moglich da die beiden Formen nun gleich lauteten So musste man verstarkt Prapositionen verwenden um die Kasus eindeutig voneinander zu unterscheiden Deshalb werden heute in so gut wie allen romanischen Sprachen mit Ausnahme des Rumanischen samtliche Kasus durch Prapositionen ausgedruckt Die Entwicklung im Griechischen BearbeitenWie das Latein kannte auch das Altgriechische lange und kurze Vokale Im Gegensatz zur Entwicklung im Vulgarlatein blieben beim Griechischen mit Ausnahme von eː das zu i gehoben wurde die Qualitaten erhalten wahrend das System der Quantitaten vollkommen zusammengebrochen ist 6 Quellen Bearbeiten Reinhard Kiesler Einfuhrung in die Problematik des Vulgarlateins Tubingen 2006 ISBN 978 3 484 54048 4 S 42 Johannes Kramer Vulgarlateinische Alltagsdokumente auf Papyri Ostraka Tafelchen und Inschriften Berlin und New York 2007 ISBN 978 3 11 020224 3 S 24 26 63 71 Johannes Kramer Vulgarlateinische Alltagsdokumente auf Papyri Ostraka Tafelchen und Inschriften Berlin und New York 2007 ISBN 978 3 11 020224 3 S 63 71 Johannes Kramer Vulgarlateinische Alltagsdokumente auf Papyri Ostraka Tafelchen und Inschriften Berlin und New York 2007 ISBN 978 3 11 020224 3 S 68 Leonard R Palmer Die lateinische Sprache Hamburg 2000 ISBN 3 87548 220 4 S 181 Josef G Mitterer Lautwandel 157 Lautschicksale mit Beispielen Deutung und Erlauterungen KDP 2019 ISBN 978 1797576749 S 86 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Quantitatenkollaps amp oldid 235528543