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Die Prothesenlockerung ist ein Phanomen welches bei ca 8 aller implantierten Gelenkprothesen innerhalb von 10 Jahren nach Einbau auftritt Dies betrifft weltweit ca 10 000 bis 12 000 Patienten pro Jahr 1 Darstellung einer bekannten septischen Prothesenlockung in der FDG PET CT Inhaltsverzeichnis 1 Formen 2 Therapie 3 Periprothetische Membran 4 Konsensus Klassifikation 5 Validierung der Konsensus Klassifikation 6 EinzelnachweiseFormen BearbeitenMan unterscheidet zwischen der aseptischen und der septischen Prothesenlockerung 2 Bei der aseptischen Prothesenlockerung existieren als Hauptursachen Abriebpartikel z B aus Polyethylen PE Knochenzement Keramik oder Metall Fehlende initiale Stabilitat bei der ImplantationIm Rahmen der septischen Prothesenlockerung welche durch minimale Infektionen im Rahmen der Implantation entsteht unterscheidet man high grade Infektionen mit typischen Symptomen einer Entzundung low grade Infektionen mit untypischen oder gar keinen SymptomenTherapie BearbeitenIm Rahmen einer Prothesenlockerung bleibt zum Erhalt der Mobilitat des Patienten oftmals nur die Revisionsoperation mit Explantation der gelockerten Prothese und der Implantation eines Ersatzes Bei der Explantation wird die periprothetische Membran die sich physiologisch zwischen Prothese und umgebendem Knochen oder Zement bildet entfernt Bei aseptischen Prothesenlockerungen erfolgen Explantation und Re Implantation einer neuen Prothese meist einzeitig d h wahrend der gleichen Operation wahrend bei infizierten Prothesen haufig zweizeitig vorgegangen wird ein einzeitiges Vorgehen ist aber genauso moglich Welches Verfahren wann uberlegen ist ist umstritten Bei zweizeitigem Vorgehen wird nach dem Ausbau der infizierten Prothese zunachst eine Antibiotika Therapie durchgefuhrt und Antibiotika haltige Materialien anstelle der vormaligen Prothese eingebracht z B ein Gentamicin haltiger Knochenzement Spacer bevor einige Wochen spater eine Revisions Prothese implantiert wird Die Prothesen die nach Lockerung einer Erstprothese verwendet werden sind sog Revisionsprothesen und oft deutlich grosser dimensioniert da mit einer Lockerung oft ein erheblicher Knochensubstanzverlust einhergeht Gegebenenfalls muss auch eine Knochentransplantation zur Armierung oder zum Wiederaufbau des knochernen Prothesenlagers erfolgen die autogen von anderen Stellen des Korpers z B eine Spongiosaplastik vom Beckenkamm oder allogen mit Fremdknochen aus einer Knochenbank durchgefuhrt werden kann Generell ist die Uberlebenszeit von Revisionsprothesen kurzer als die von Erstprothesen mit der Gefahr einer erneuten Lockerung Mittels spezieller Operationstechniken z B impaction grafting kann allerdings das defekte Knochenlager derart rekonstruiert werden dass auch mit weitgehend konventionellen Prothesentypen eine der Erstimplantation vergleichbare Uberlebenszeit erwartet werden kann Im Falle einer septischen Lockerung konnen Knochentransplantate verwendet werden die teilweise mit Antibiotika impragniert wurden Hierdurch sind einzeitige Wechseloperationen moglich bei denen nach der Entfernung der gelockerten oder infizierten Prothese direkt im Rahmen desselben Eingriffs eine neue Prothese implantiert wird nach Sanierung der Infektion und der Rekonstruktion von knochernen Defekten 3 Periprothetische Membran BearbeitenAls periprothetische Membran wird ein Saum aus Bindegewebe bezeichnet der sich zwischen Knochen und Endoprothese bildet Diese Membran kann sich auch um festsitzende Implantate bilden und wird dabei ca 0 1 mm dick Bei gelockerten Prothesen betragt die Dicke aber bis zu 1 0 cm 4 Ihre histologische Struktur ist abhangig von der Ursache der Lockerung 5 Im Jahr 2006 wurde in einer Konsensus Klassifikation eine Einteilung der periprothetischen Membran in 4 Subtypen vorgenommen welche durch unterschiedliche Ursachen entstehen und mit der Standdauer der Endoprothesen in Beziehung stehen 6 Konsensus Klassifikation BearbeitenHierbei wurden 370 periprothetische Membranen die bei einem Prothesenwechsel entfernt wurden von Pathologen histologisch mit dem Mikroskop untersucht Diese Klassifikation ist weithin anerkannt und wird international verwendet Selbst hochrangige Fachzeitschriften wie das New England Journal of Medicine beziehen sich hierauf 7 Die Klassifikation unterscheidet 4 Subtypen der periprothetischen Membran Typ 1 Abriebinduzierter TypTritt in ca 55 der Falle auf und geht mit einer mittleren Prothesenstandzeit von 10 1 Jahren einher Im mikroskopischen Bild finden sich vor allem Makrophagen welche kleinere Abriebpartikel aufnehmen sowie mehrkernige Riesenzellen die grosse Partikel aufnehmen Leukozyten finden sich nur sporadisch Typ 1 Membranen treten bei zementierten Endoprothesen signifikant haufiger auf 6 Typ 2 Infektioser TypTritt in ca 20 der Falle auf und geht mit einer mittleren Prothesenstandzeit von 3 2 Jahren einher Im mikroskopischen Bild finden sich bei der low grade Infektion aktivierte Fibroblasten Proliferationen kleiner Blutgefasse Odem und viele neutrophile Granulozyten sowie Ansammlungen von Plasmazellen Bei der high grade Infektion liegen neutrophile Granulozyten im Uberfluss mit reichlich Odem vor Typ 2 Membranen treten bei zementierten und nicht zementierten Endoprothesen etwa gleich haufig auf Zu den die Infektion verursachenden Bakterien gehoren vor allem Hautkeime wie Staphylococcus epidermidis oder der Keim Staphylococcus aureus 6 Typ 3 MischtypTritt in ca 5 der Falle auf und geht mit einer mittleren Prothesenstandzeit von 4 5 Jahren einher Im mikroskopischen Bild zeigen sich Eigenschaften der Membrantypen 1 und 2 welche jeweils bestimmte Bereiche der periprothetischen Membran einnehmen Typ 3 Membranen treten bei unzementierten Endoprothesen etwas haufiger auf 6 Typ 4 Indifferenztyp nicht abriebinduziert oder infektios Tritt in ca 15 der Falle auf und geht mit einer mittleren Prothesenstandzeit von 5 4 Jahren einher Im mikroskopischen Bild zeigt sich kollagenreiches Bindegewebe teilweise mit Fibrinbelagen Auch die Ausbildung einer Deckzellschicht aus Fibroblasten und Makrophagen ahnlich einer Synovialmembran ist moglich Typ 4 Membranen treten doppelt so haufig bei unzementierten Endoprothesen auf 6 In 5 der Falle ist eine Zuordnung der periprothetischen Membran nicht moglich Die Konsensus Klassifikation ist gut und sicher durchfuhrbar und weist eine Reproduzierbarkeit zwischen mehreren Untersuchern von ca 85 auf 6 In der erweiterten Konsensusklassifikation der periprothetischen Membran sind neben den vier genannten Membrantypen weitere fur die Pathogenese der Endoprothesenlockerung wichtige Entitaten miteinbegriffen welche sich sicher mittels der Histopathologie und unter Zuhilfenahme klinischer Informationen diagnostizieren lassen 8 Zu der erweiterten Konsensusklassifikation zahlen ArthrofibroseDie Arthrofibrose welche in einer abriebinduzierten und in einer nicht abriebinduzierten Form vorliegen kann Hierbei kommt es zu einer uberschiessenden inneren Vernarbung des Gelenks ImplantatallergieDiese viel diskutierte Entitat zeichnet sich durch ein dichtes nodal lymphatisches Infiltrat aus und scheint auf einer allergischen Reaktion auf Endoprothesenmaterialien zu beruhen Ossare PathologienZusatzlich zu Gelenk und Neosynovialis kann der implantattragende Knochen selbst pathologische Veranderungen aufweisen welche zu einer Prothesenlockerung fuhren Hierunter zahlt die Klassifikation die Periprothetische Ossifikation die aseptische Knochennekrose und auch den Bruch des Implantatlagers Validierung der Konsensus Klassifikation BearbeitenSeit 2006 wurde die Konsensus Klassifikation zur Prothesenlockerung mehrfach untersucht und validiert Hierbei wurden neue Erkenntnisse gewonnen In 93 der Falle erzielt die histologische Konsensus Klassifikation die exakte Diagnose einer periprothetischen Gelenkentzundung Typ 2 oder 3 und ist damit genauer als alle ubrigen klinischen Methoden 9 Die histologische Diagnose einer septischen Prothesenlockerung Typ 2 oder 3 ist wahrscheinlich wenn 23 oder mehr neutrophile Granulozyten pro 10 High Power Fields HPF nachgewiesen werden konnen 10 Das Enzym Chitinase ist vor allem im Blut bei Patienten mit einer abriebinduzierten Prothesenlockerung Typ 1 erhoht 11 Das Gen MSF megakaryocyte stimulating factor wird in der periprothetischen Membran vermehrt exprimiert Ein Spliceprodukt von MSF ist Lubricin welches im physiologischen Gelenk die Gleitfahigkeit erhoht Eine erhohte Gleitfahigkeit der periprothetischen Membran konnte eine Prothesenlockerung beschleunigen 12 Einzelnachweise Bearbeiten D J Berry u a Twenty five year survivorship of two thousand consecutive primary Charnley total hip replacements factors affecting survivorship of acetabular and femoral components In The Journal of Bone amp Joint Surgery 84 A 2002 S 171 177 PMID 11861721 D C Wirtz u a Etiology diagnosis and therapy of aseptic hip prosthesis loosening a status assessment In Zeitschrift fur Orthopadie und ihre Grenzgebiete 135 1997 S 270 280 PMID 9381761 Heinz Winkler Rationale for one stage exchange of infected hip replacement using uncemented implants and antibiotic impregnated bone graft review In International Journal of Medical Sciences Vol 6 Nr 5 2009 ISSN 1449 1907 S 247 252 doi 10 7150 ijms 6 247 PMID 19834590 englisch medsci org PDF 164 kB I Bos Tissue reactions around loosened hip joint endoprostheses A histological study of secondary capsules and interface membranes In Der Orthopade 30 2001 S 881 889 PMID 11766632 Periprothetische Membran gelockerter Endoprothesen pathologie ccm charite de abgerufen am 21 Mai 2012 a b c d e f L Morawietz u a Proposal for a histopathological consensus classification of the periprosthetic interface membrane In Journal of Clinical Pathology 59 2006 S 591 597 PMID 16731601 J L Del Pozo u a Clinical practice Infection associated with prosthetic joints In N Engl J Med 361 2009 S 787 794 PMID 19692690 V Krenn u a Gelenkendoprothesenpathologie Histopathologische Diagnostik und Klassifikation In Der Pathologe 32 2011 S 210 219 PMID 21526399 M Mueller u a Histopathological diagnosis of periprosthetic joint infection following total hip arthroplasty Use of a standardized classification system of the periprosthetic interface membrane In Der Orthopade 38 2009 S 1087 1096 PMID 19690832 L Morawietz u a Twenty three neutrophil granulocytes in 10 high power fields is the best histopathological threshold to differentiate between aseptic and septic endoprosthesis loosening In Histopathology 54 2009 S 847 853 PMID 19635104 L Morawietz u a Gene expression in endoprosthesis loosening chitinase activity for early diagnosis In Journal of Orthopaedic Research 26 2008 S 394 403 PMID 17902171 L Morawietz u a Differential gene expression in the periprosthetic membrane lubricin as a new possible pathogenetic factor in prosthesis loosening In Virchows Archiv 2003 443 S 57 66 PMID 16888914 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt 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