www.wikidata.de-de.nina.az
Knochenzement ist ein Zwei Komponenten System aus Pulver und Flussigkeit das ursprunglich fur den Einsatz in der Dentalchirurgie entwickelt wurde Trotz der scheinbar einfachen Zusammensetzung aus diesen beiden Komponenten stellt Knochenzement ein komplexes Materialsystem dar das nach der Implantation zahlreiche Aufgaben am Einsatzort erfullt Hauptaufgabe des Zements ist es das Implantat zu fixieren Sekundar ubertragt es die vom Implantat aus einwirkenden Krafte auf den Knochen und umgekehrt Diese Fahigkeit des Knochenzements entscheidet langfristig uber die Stabilitat des Implantats Besonders entscheidend ist dabei die Verzahnung zwischen Knochen und Zement die unter anderem durch die Beschaffenheit der Spongialschicht des Patienten bestimmt wird 1 Chemisch handelt es sich um ein polymeres Methyl Methacrylat PMMA 2 Oft wird dem Knochenzement noch Gentamicin zugesetzt um eventuellen Infektionen vorzubeugen Um den Zement wahrend und nach der chirurgischen Intervention radiologisch also uber ein bildgebendes Verfahren darstellen zu konnen ist dieser mit Kontrastmitteln versetzt Hier kommen z B Substanzen wie Zirkoniumdioxid oder Bariumsulfat zum Einsatz Durch Zusatz dieser Stoffe kann der Zement auf Rontgenbildern oder in der Computertomographie sichtbar gemacht werden Bei Implantationen von Endoprothesen nach Gelenkinfektionen konnen Knochenzemente mit speziell auf den Patienten abgestimmten Antibiotikamischungen hergestellt werden In diesem Fall ubernehmen PMMA Knochenzemente zusatzlich die Funktion eines lokalen Antibiotikatragers Drug Delivery System Allgemein ist Knochenzement unverzichtbar zur Verankerung von kunstlichen Gelenken Der Knochenzement schafft eine moglichst hohe Primarstabilitat zwischen Prothesenoberflache und dem Knochen Der Vorteil bei der Verwendung von Knochenzement in der Prothesenchirurgie liegt in der schnellen Remobilisation der Patienten die eingesetzte Endoprothese ist nach der Operation voll belastbar Der Nachteil besteht darin dass sich bei einem Wechsel des Implantats die Entfernung des Knochenzements schwierig gestalten kann Dies trifft jedoch auch auf zementfrei verankerte und gut mit dem Knochen verwachsene Implantate zu Bei beiden Verankerungsarten kommt es zu Knochenschadigungen bis hin zu perioperativen Frakturen bei der Explantation des Implantats Daher wird zunehmend in Form von Zement in Zement Revisionen praktiziert um die Schadigung des Knochens so gering wie moglich zu halten 3 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Anwendung 3 Zusammensetzung 4 Aspekte zum Einsatz von Knochenzement 5 Revisionen 6 Anasthesiologische Aspekte 7 Quellen 8 Weblinks 9 Siehe auch 10 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenKnochenzemente werden seit uber einem halben Jahrhundert sehr erfolgreich zur Verankerung kunstlicher Gelenke Huftgelenke Kniegelenke Schulter und Ellenbogengelenke eingesetzt In der Chirurgie gibt es heute kaum Routineeingriffe die erfolgreicher sind als die Verankerung kunstlicher Gelenke sogenannte Prothesen mit Knochenzement Der Knochenzement selbst fullt dabei den freien Raum zwischen Prothese und Knochen aus und ubernimmt die wichtige Rolle einer elastischen Zone Dies ist notwendig da auf die menschliche Hufte ca das 10 12 fache des Korpergewichtes lastet und daher der Knochenzement die auf die Hufte einwirkenden Krafte abpuffern muss damit das kunstliche Implantat lange erhalten bleibt In den Langzeitbeobachtungen der skandinavischen Endoprothesenregister konnten Unterschiede zwischen zementierten und nicht zementierten Verankerungen z B des Huftgelenkes in Bezug auf Standzeit und oder Komorbiditaten gezeigt werden So ist beispielsweise in Norwegen die Uberlebensrate der zementierten Prothesen hoher als die der unzementierten 4 Auch in Schweden ist der prozentuale Anteil an Eingriffen bei denen keine Revision notig war bei der zementierten Verankerung grosser 5 Chemisch ist Knochenzement ein Zweikomponentensystem aus Pulver und Flussigkeit das PMMA enthalt Knochenzement ist ein glasartiger fester Stoff der als Plexiglas Polymethylmethacrylat PMMA seither vielseitigen Einsatz findet Erstmals klinisch eingesetzt wurde das Material in den 1940er Jahren in der plastischen Chirurgie um Lucken am Schadeldach zu verschliessen Umfangreiche klinische Untersuchungen zur Korpervertraglichkeit von Knochenzementen gingen diesem chirurgischen Einsatzgebiet voraus Aufgrund der optimalen Gewebevertraglichkeit von PMMA wurden dann Knochenzemente in den 1950er Jahren zur Verankerung von Kopfprothesen eingesetzt Heute werden weltweit pro Jahr mehrere Millionen solcher Eingriffe durchgefuhrt und bei mehr als der Halfte kommen routinemassig Knochenzemente zum Einsatz Aufgrund der bequemen und einfachen Handhabung der Knochenzemente in der klinischen Praxis aber insbesondere wegen der nachweislich langen Standzeiten zementierter Prothesen gilt der Knochenzement als verlassliches Verankerungsmaterial In Deutschland wurde 2011 ebenfalls ein Endoprothesenregister eingefuhrt 6 Anwendung BearbeitenDie angemischten Komponenten harten je nach Umgebungstemperatur in etwa 9 13 min aus Mit zunehmender Polymerisation steigt auch die Temperatur an Diese kann sich auf bis zu 70 C erhohen wodurch das umliegende Gewebe geschadigt werden kann Der Korper wurde beginnen dieses geschadigte Gewebe abzubauen Lange Zeit wurde die kurzzeitige Temperaturspitze wahrend des Aushartungsprozess als Hauptgrund fur eine septische Lockerung gesehen Abhilfe schafft hier ein moglichst exaktes operatives Vorgehen um nur sehr dunne Schichten des Zements verwenden zu mussen so dass es zu einer geringeren Warmeentwicklung kommt 7 Eine neuere Anwendung des Knochenzements ist die Stabilisation gebrochener Wirbel bei der Osteoporose oder bei Metastasierungen bosartiger Erkrankungen siehe dazu Vertebroplastie und Kyphoplastie An der Charite Berlin arbeiten derzeit Medizintechniker und Arzte im Rahmen eines von der Technologiestiftung Berlin und der EU EFRE geforderten Projektes an der Umsetzung der klinischen Anwendung eines Knochenzements der auch in einem Magnetresonanztomographen sichtbar ist sodass zukunftig Operationen bei denen Knochenzement verwendet wird ohne Rontgen Strahlenbelastung fur Patient Arzt und beteiligtes Personal durchgefuhrt werden konnen Zusammensetzung BearbeitenKnochenzemente werden als Zweikomponentenmaterialien bereitgestellt Knochenzemente bestehen aus einem Pulver und einer Flussigkeit Diese beiden Komponenten werden zusammengemischt und es entsteht ein homogener Teig Diese Zementmischung wird dann in den Knochen eingefullt Anschliessend wird die Prothese vorsichtig in die Zementmasse eingelassen Die Viskositat des Zementteiges steigt dann zunehmend an bis das Material zu einer festen Matrix aushartet Diese Art der Verankerung fixiert das neue kunstliche Gelenk die Prothese dauerhaft Bekanntermassen wird wahrend der Aushartung des Zements Energie in Form von Warme frei Diese Polymerisationswarme erreicht im Korper eine Temperatur von ca 42 46 C Damit liegt die Temperaturentwicklung unterhalb des fur Korpereiweisse kritischen Bereichs Ursache fur diese niedrige Polymerisationstemperatur im Korper ist die relative dunne Zementschicht die 5 mm nicht uberschreiten sollte sowie die Temperaturableitung uber die grosse Prothesenoberflache und den Blutstrom Die Einzelkomponenten des Knochenzements sind u a auch bekannt aus dem Einsatzgebiet der dentalen Fullmaterialien Auch dort werden Kunststoffe auf Acrylatbasis eingesetzt Wahrend die Einzelkomponenten als pharmazeutische Hilfs und Wirkstoffe per se nicht immer unbedenklich sind werden beim Knochenzement wahrend der Polymerisationsphase vom Viskositatsanstieg bis zur Aushartung die eingesetzten Stoffe entweder umgesetzt oder in der Zementmatrix vollstandig eingeschlossen Ausgeharteter Knochenzement kann daher auch aus heutiger Sicht als unbedenklich eingestuft werden was sich bereits durch die fruhzeitigen Studien zur Korpervertraglichkeit aus den 1950er Jahren zeigte Aspekte zum Einsatz von Knochenzement BearbeitenIn der Literatur wird das sogenannte Knochenzementsyndrom beschrieben Man glaubte lange Zeit dass aus Knochenzement freigesetztes nicht vollstandig umgesetztes Monomer Ursache fur Kreislaufreaktionen und Embolien sei Es stellte sich aber heraus dass dieses Monomer Restmonomer nachweislich uber die Atmungskette verstoffwechselt und in Kohlendioxid und Wasser gespalten und ausgeschieden wird Embolien konnen bei der Verankerung von kunstlichen Gelenken immer dann entstehen wenn in den zuvor ausgeraumten Oberschenkelknochen Material eingebracht wird Es kommt dann zur intramedullaren Druckerhohung Bei nachweislich vorliegenden Allergien auf Bestandteile des Knochenzements sollte nach derzeitigem Kenntnisstand kein Knochenzement zur Verankerung der Prothesen verwendet werden Als Alternative kann die Verankerung ohne Zement die zementfreie Implantation erfolgen Revisionen BearbeitenUnter Revision versteht man den Austausch einer Prothese D h die bereits in den Korper implantierte Prothese wird wieder ausgebaut und durch eine andere Prothese ersetzt Revisionen sind im Vergleich zu den Erstoperationen oftmals aufwendiger Operationen und schwieriger da mit jeder Revision naturgemass gesunde Knochensubstanz verloren geht Revisionsoperationen sind zudem mit hoheren Kosten verbunden um ein zufriedenstellendes Operationsergebnis herzustellen Oberstes Ziel ist daher stets die Vermeidung von Revisionen durch gutes Operieren und die Verwendung von Produkten mit guten Langzeit Ergebnissen Revisionen lassen sich heute nicht immer vermeiden Revisionen konnen unterschiedliche Ursachen haben Man unterscheidet zwischen septischen oder aseptischen Revisionen Muss das Implantat gewechselt werden ohne dass eine Infektion nachgewiesen ist also aseptisch dann wird heute der Zement nicht notwendigerweise vollstandig entfernt Handelt es sich aber um eine septische Lockerung des Implantates dann muss der Zement radikal entfernt werden Nach heutigem Kenntnisstand ist eine Zemententfernung leichter zu bewerkstelligen als eine gut eingewachsene zementfreie Prothese aus dem Knochenbett herauszulosen Letztlich ist es fur die Stabilitat der revidierten Prothese von Bedeutung fruhzeitig eine mogliche Lockerung des Erstimplantates zu detektieren um moglichst viel gesunden Knochen zu erhalten Eine mit Knochenzement fixierte Prothese sorgt fur eine sehr hohe Primarstabilitat verbunden in einer schnellen Remobilisation der Patienten Schon unmittelbar nach erfolgter OP ist die zementierte Prothese voll belastbar Eine notwendige Rehabilitation wird von Patienten die mit einer zementierten Prothese versorgt wurden vergleichsweise problemlos empfunden Eine Belastung der Gelenke ist zeitnah nach Eingriff wieder moglich der Gebrauch von Gehhilfen zur Entlastung in einem uberschaubaren Zeitraum ist aus Grunden der Sicherheit erforderlich Besonders vorteilhaft erweist sich der Knochenzement weil der Pulverkomponente gezielt Wirkstoffe z B Antibiotika zugemischt werden konnen Diese Wirkstoffe werden nach Implantation des neuen Gelenkes lokal also direkt in unmittelbarer Umgebung der neuen Prothese freigesetzt und verringern dadurch nachweislich die Gefahr von Infektionen D h Bakterien werden an Ort und Stelle namlich in der offenen Wunde direkt wirksam bekampft ohne den Korper unnotig mit hohen Antibiotikaspiegeln zu belasten Damit ist Knochenzement ein modernes Drug Delivery System ein lokaler Wirkstofftrager der direkt im chirurgischen Einsatzgebiet zum Tragen kommt Dabei ist aber nicht entscheidend wie viel Wirkstoff in der Zementmatrix enthalten ist sondern wie viel des eingesetzten Wirkstoffes auch tatsachlich lokal freigesetzt wird Zu viel Wirkstoff im Knochenzement ware sogar nachteilig da die mechanische Stabilitat der fixierten Prothese durch hohe Wirkstoffmengen im Zement geschwacht wird Die lokalen Wirkstoffspiegel von industriell gefertigten Knochenzementen die beim Einsatz von wirkstoffhaltigen Knochenzementen aufgebaut werden sind ungefahrlich sofern keine Unvertraglichkeit vorliegt und liegen deutlich unter den klinischen Routine Dosen fur systemische Einmalinjektionen Anasthesiologische Aspekte BearbeitenAus anasthesiologischer Sicht ist zu bemerken dass beim Einbringen des Knochenzements ein Blutdruckabfall und ein Sauerstoff Sattigungsabfall auftreten kann Es gibt verschiedene Theorien wodurch diese Phanomene zustande kommen Eine direkte vasodilatierende gefasserweiternde Wirkung des Zements wird diskutiert Der Abfall der Sauerstoffsattigung kann durch Mikroembolien erklart werden konnte aber auch Folge einer Umverteilung der Lungendurchblutung sein die das Shuntvolumen erhoht also den Anteil des Blutes der ohne Kontakt zu Sauerstoff die Lunge wieder verlasst Bemerkenswert ist die Beobachtung dass dieses Phanomen erst eintritt wenn der Zement polymerisiert kurz vor Ende der Aushartung Hierbei kommt es zu einer thermodynamischen exothermen Reaktion bei der heisse Gase wahrend der Polymerisation entstehen Diese gelangen dann in die Blutbahn und werden uber die Lunge abgeatmet Dabei kommt es im kleinen Kreislauf zu einer gefahrlichen Gefassdilatation die letztlich in akutem Rechtsherzversagen enden kann Quellen BearbeitenEigenschaften von Knochenzement PDF Arzneimittelkommission der deutschen Arzteschaft UAW Aus Fehlern lernen Kardiopulmonale Zwischenfalle bei der Verwendung von Knochenzement Dtsch Arztebl 2008 105 50 A 2721 pdf Weblinks BearbeitenKnochenzement fur Operationen im offenen Hochfeld MRT PDF Siehe auch BearbeitenZahnzement ein naturlicher Teil des ZahnhalteapparatsEinzelnachweise Bearbeiten S J Breusch K D Kuhn Knochenzemente auf Basis von Polymethylmethacrylat In Der Orthopadie Band 32 Nr 1 ISSN 0085 4530 S 41 50 doi 10 1007 s00132 002 0411 0 springer com abgerufen am 17 Februar 2018 S J Breusch K D Kuhn Knochenzemente auf Basis von Polymethylmethacrylat In Der Orthopade 32 2003 S 41 50 doi 10 1007 s00132 002 0411 0 A B Imhoff Schulter Ellenbogen Stosswelle Hufte Springer Verlag 2013 ISBN 978 3 642 58706 1 google de abgerufen am 26 Februar 2018 Startside Abgerufen am 26 Februar 2018 norwegisch Bokmal Swedish Annual Hip Report 2016 Abgerufen am 26 Februar 2018 EPRD Deutsche Endoprothesenregister gGmbH Startseite EPRD Abgerufen am 5 Februar 2018 M K D Nicholas M G J Waters K M Holford G Adusei Analysis of rheological properties of bone cements In Journal of Materials Science Materials in Medicine Band 18 Nr 7 ISSN 0957 4530 S 1407 1412 doi 10 1007 s10856 007 0125 2 springer com abgerufen am 5 Februar 2018 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Knochenzement amp oldid 220520347