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Prochiralitat ist ein von Kenneth R Hanson im Jahr 1966 gepragter stereochemischer Begriff 1 Er beschreibt die Eigenschaft eines planaren Molekuls das drei verschiedene funktionelle Gruppen oder Substituenten tragt oder eines nichtchiralen tetraedrischen Molekuls mit hochstens zwei identischen Substituenten Die planare Verbindung kann durch eine Additionsreaktion die tetraedrische bei Substitution oder bei Isomerisierungsreaktion 2 3 eines der identischen Substituenten durch einen neuen Substituenten ein Chiralitatszentrum ausbilden Eine planare nicht chirale Kohlenstoffverbindung mit Doppelbindung hier eine Carbonylverbindung ein Aldehyd mit R beliebiger Substituent jedoch R H Eintrittsgruppe reagiert mit einem von oben re oder unten si eintretenden Molekul Atom und es entsteht eine chirale tetraedrische Struktur Inhaltsverzeichnis 1 Stereochemische Erklarung 1 1 Allgemeines 1 2 Addition an ein planares Molekul mit einer Doppelbindung 1 3 Ersatz eines Substituenten Stereodeskriptoren 2 Literatur 3 Einzelnachweise 4 WeblinksStereochemische Erklarung Bearbeiten nbsp Prochiralitat an einem sp3 hybridisierten Kohlenstoffatom An einem tetraedrischen Kohlenstoffatom im Zentrum mit den Resten F und G sind die beiden blau markierten Reste A sterisch nicht aquivalent wenn das Substrat CA2FG mit drei verschiedenen Atomen A F und G an der Oberflache eines Rezeptorproteins gebunden wird 4 Allgemeines Bearbeiten Eine prochirale Verbindung besitzt eine Symmetrieebene welche die Verbindung in zwei Teile zerlegt Die beiden Seiten werden als enantiotop bezeichnet Je nachdem von welcher Seite nun der Angriff erfolgt entsteht das eine oder das andere der zwei Spiegelbilder Wird bei der Reaktion keine der Seiten bevorzugt angegriffen entsteht ein racemisches 1 1 Gemisch der jeweiligen Stereoisomere Ist zudem in einer prochiralen Verbindung noch ein Chiralitatszentrum vorhanden wird die Verbindung in zwei diastereotope Teile zerlegt Wieder entsteht das eine oder andere Diastereomer je nachdem von welcher Seite der Angriff erfolgt Auch wenn ein prochirales Molekul an eine stereochemisch differenzierende Oberflache oder ein Rezeptorprotein gebunden ist sind die beiden Seiten eines planaren beziehungsweise die identischen Substituenten eines tetraedischen Molekuls nicht mehr stereochemisch gleichwertig Addition an ein planares Molekul mit einer Doppelbindung Bearbeiten nbsp Addition an ein planares Molekul mit einer Doppelbindung Die Reduktion der prochiralen Ketogruppe in Brenztraubensaure fuhrt entweder zu S Milchsaure zu R Milchsaure oder zu RS Milchsaure Das trigonal planare sp2 hybridisierte Kohlenstoffatom einer organischen Verbindung kann durch Addition von HCl Cl2 H2 etc in ein chirales nun sp3 hybridisiertes Kohlenstoffatom in einem Schritt uberfuhrt werden Dabei kann der neue Substituent entweder oberhalb oder unterhalb der Molekul Ebene eintreten Das sp2 hybridisierte planar substituierte Kohlenstoffatom nennt man dann prochiral Diejenige Seite von der aus die Verbindung R konfiguriert erscheint wird Re genannt die andere Seite von der aus die Verbindung S konfiguriert erscheint wird mit Si bezeichnet Ein Angriff von der Re bzw Si Seite bedeutet dabei aber nicht dass das Produkt R bzw S konfiguriert ist vielmehr ist dies abhangig von der Prioritat der vorhandenen Substituenten und der Prioritat des addierten Stoffes Ein Beispiel ist die Addition von Wasserstoff an Brenztraubensaure wobei die chirale Milchsaure entsteht 5 Ersatz eines Substituenten Stereodeskriptoren Bearbeiten nbsp Ersatz eines Substituenten Die Oxidation der Methylengruppe CH2 in Propionsaure fuhrt entweder zu S Milchsaure zu R Milchsaure oder zu RS Milchsaure Es ist nicht notwendig dass das prochirale Atom sp2 hybridisiert ist es kann auch sp3 hybridisiert sein und zwei identische Substituenten stereoheterotopen Gruppen tragen womit dieses Molekul ebenfalls nicht chiral ist Im Falle solcher Verbindungen werden die Bezeichnungen pro R und pro S verwendet Demjenigen der beiden identischen Substituenten welcher zunachst nur in Gedanken ersetzt wird ordnet man willkurlich die hohere CIP Prioritat uber seinen stereoheterotopen Partner zu Alle anderen Prioritaten der Substituenten untereinander bleiben ansonsten unangetastet Ergibt sich auf diese Weise in Gedanken ein S konfiguriertes Produkt wird der Substituent oder die Gruppe pro S genannt und der andere mit pro R bezeichnet Aufgrund dieser Vorgehensweise ist es moglich dass bei Substitution des pro S Substituenten ein R Produkt entsteht Beispielsweise entsteht aus Propionsaure durch Ersetzen eines der beiden stereoheterotopen a Wasserstoffatome Wasserstoffatome der Methylengruppe CH2 durch eine OH Gruppe die chirale Milchsaure 5 Ersetzen des pro S Wasserstoffatoms der Propionsaure fuhrt zur S Milchsaure In diesem Fall wird die oben genannte Regel dass sich die Prioritaten der anderen Substituenten nicht andern durfen verletzt Dies geschieht jedoch gleich zweimal da die eingefuhrte Hydroxygruppe nach CIP sowohl gegenuber der Carboxygruppe als auch gegenuber der Methylgruppe eine hohere Prioritat hat sodass sich die Verletzungen gegenseitig aufheben und durch Substitution des pro S Wasserstoffatoms das S Produkt entsteht Ersetzt man dasselbe Atom jedoch durch ein Ethylgruppe so tritt nur eine Verletzung der Regel auf und es entsteht das entsprechende R Produkt hier 2 Methylbutansaure Literatur BearbeitenKlaus Schwetlick Organikum Wiley VCH 2004 22 vollstandig uberarbeitet u aktualisierte Auflage ISBN 978 3 527 31148 4 Einzelnachweise Bearbeiten Kenneth R Hanson Applications of the Sequence Rule I Naming the Paired Ligands g g at a Tetrahedral Atom Xggij II Naming the Two Faces of a Trigonal Atom Yghi in J Am Chem Soc 88 2731 1966 Stuart Cantrill A Photo Finish Nature Chem 4 5 2012 P K Hashim Nobuyuki Tamaoki Induction of Point Chirality by E Z Photoisomerization Angew Chem Int Ed 50 11729 2011 Hermann J Roth Christa E Muller Gerd Folkers Stereochemie und Arzneistoffe Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 1998 S 261 262 ISBN 3 8047 1485 4 a b Universitat Erlangen ProchiralitatWeblinks BearbeitenEintrag zu prochirality In IUPAC Hrsg Compendium of Chemical Terminology The Gold Book doi 10 1351 goldbook P04859 Version 2 3 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Prochiralitat amp oldid 218795346