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Das Portrat des Giuliano de Medici ist die Bezeichnung einer Reihe von Tafelbildern die Giuliano di Piero de Medici darstellen den jungeren Bruder von Lorenzo il Magnifico dem Stadtherrn von Florenz zwischen 1469 und 1492 Die Bildnisse zahlen zu den bekanntesten Portrats von Sandro Botticelli Es gibt drei Versionen eine in Washington eine in Bergamo und eine in Berlin Portrat des Giuliano de MediciSandro Botticelli um 1478Tempera auf Holz75 5 52 5 cmThe National Gallery of Art WashingtonVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Portrat des Giuliano de MediciSandro Botticelli um 1478Tempera auf Holz59 5 39 3 cmAccademia Carrara BergamoVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Portrat des Giuliano de MediciSandro Botticelli um 1478Tempera auf Holz57 1 38 4 cmGemaldegalerie Staatliche Museen zu BerlinVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Geschichte 3 Bildanalyse 4 Provenienz 5 Reproduktionen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenAlle drei Gemalde sind mit Temperafarben gemalt also Farbaufstrichen deren Bindemittel aus einer Mischung von wassrigen und nicht wassrigen Substanzen besteht die durch einen Emulgator zusammengehalten werden Temperafarben sind alterungsbestandig und konnen aufgrund der schnellen Trocknung unmittelbar nacheinander aufgetragen werden Der Farbauftrag in mehreren Schichten erfordert allerdings eine grosse Erfahrung und technische Kenntnisse Als Maluntergrund verwendete Botticelli wie bei vielen seiner Gemalde Holz von der Pappel Die Ausfuhrung auf Holz galt damals als hochwertiger im Vergleich zur Leinwand Das grosste und bedeutendste dieser Bildnisse befindet sich heute in der National Gallery of Art in Washington Von den drei bekannten Fassungen weist dieses Gemalde den hochsten Grad an bildraumlicher Differenzierung und bildgegenstandlicher Komplexitat auf Der Betrachter blickt hier durch einen schmalen Steinrahmen auf den im Typus des Bustenportrats dargestellten jungen Mann der seinen Kopf zu drei Vierteln nach rechts gedreht hat so dass man ihn annahernd im Profil sieht Giulianos haselnussbraune Augen blicken melancholisch nach unten und sind nur halbgeoffnet was fur Portrats aus dieser Zeit ungewohnlich ist Die Gesichtshaut ist blassgelb die Stirn wird in der Mitte von einer tiefen Falte durchzogen die Nase ist lang und spitz das Haar schwarz lang und leicht gewellt die blassrosa Lippen sind dezent geschwungen und schmal Der Unterkiefer ragt kaum merklich uber die Profillinie hinaus Das angehobene Kinn und der nach hinten geneigte Oberkorper verleihen dem Portrat einen selbstbewussten und etwas hochmutigen Ausdruck Die Kleidung eine samtene rote Tunika mit Pelzbesatz uber einem braunen Hemd entspricht der Mode des wohlhabenden Burgertums aus dieser Zeit Links unten auf dem Steinrahmen sieht man eine Turteltaube die sich auf einem verdorrten Zweig niedergelassen hat Die Taube ist dem linken Bildrand zugeneigt wahrend sich Giuliano dem rechten Bildrand zuwendet Eine steinerne Wand bildet den Bildhintergrund und umfasst eine Fensteroffnung die mit zwei holzernen Fensterladen abschliesst von denen einer weit geoffnet ist und den Blick auf einen weiten blassblauen Himmel lenkt Das Portrat aus der Accademia Carrara von Bergamo besitzt ebenfalls eine Fensteroffnung im Hintergrund allerdings in Beigetonen gehalten mit einem hoheren Sims ohne Fensterladen Die Fensteroffnung ist allerdings wenig differenziert ausgestaltet Das Portrat in der Gemaldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin zeigt die Buste von Giuliano ohne Fensteroffnung vor einem neutralen blaugrunen Hintergrund und erscheint wie ein vergrosserter Ausschnitt der beiden anderen Bildnisse Dass Taubenmotiv im Vordergrund findet sich ausschliesslich auf dem Gemalde von Washington Geschichte BearbeitenGiuliano de Medici war der zweite Sohn von Piero de Medici Stadtherr von Florenz Signore di Firenze zwischen 1464 und 1469 Sein alterer Bruder Lorenzo folgte 1469 dem Vater als Stadtherr von Florenz nach Giuliano galt als gutaussehend charmant und liebenswurdig und hatte Freude an der Jagd und heiteren Festen Sein Bruder Lorenzo vertraute ihm gelegentlich politische Aufgaben an Obwohl er ein bedeutender Vertreter der Familie Medici war hatte Giuliano nur geringe machtpolitische Ambitionen Vielleicht auch gerade deshalb war er bei der Florentiner Bevolkerung sehr beliebt und popular nbsp Idealisiertes Portrat der Simonetta Vespucci von Botticelli 1480 Giuliano de Medici war ein grosser Verehrer der Simonetta Vespucci die aus der Genueser Familie der Cattaneo stammte und aufgrund ihrer Schonheit von Botticelli haufig als idealisiertes Modell verwendet wurde 1475 hatte Giuliano bei einem zu seinen Ehren veranstalteten Ritterturnier Simonetta Vespucci zu seiner Turnierdame auserkoren Er umwarb sie damit wie im Zeitalter der hofischen Minne mit einer reinen platonischen Liebe Botticelli hatte anlasslich dieses Turniers eine Standarte fur Giuliano gemalt die in allegorischer Form Giulianos unerfullte Liebe zu Simonetta darstellte da sie mit einem Mitglied der Familie Vespucci verheiratet war 1476 verstarb Simonetta im Alter von 23 Jahren an Tuberkulose Giuliano de Medici fiel im April 1478 der Verschworung der Pazzi zum Opfer die mit ihm und seinem Bruder verfeindet waren Die Verschworung an der auch Papst Sixtus IV und sein Neffe Girolamo Riario beteiligt waren sollte die Medici Herrschaft in Florenz beenden Der entscheidende Mordanschlag auf Lorenzo und Giuliano erfolgte bei einer Messe in der Kathedrale von Florenz Wahrend Lorenzo sich retten konnte starb Giuliano unter zahlreichen Messerstichen Der Umsturzversuch scheiterte schliesslich auch am Widerstand eines grossen Teils der Bevolkerung der loyal zur Familie de Medici stand und sich zu Racheakten hinreissen liess Botticelli wurde beauftragt an der Fassade des ehemaligen Justizpalastes zur Abschreckung Schandbilder der Verschworer anzubringen Als Andenken liess man eine Erinnerungsmedaille mit den Portrats von Lorenzo und Giuliano de Medici pragen Vermutlich wurden noch weitere Gedenkportrats von Giuliano de Medici in Umlauf gebracht Bildanalyse BearbeitenDie Entstehung der drei Portrats hinsichtlich des Anlasses und des Zeitpunkts ist bis heute nicht geklart Ebenso wenig lasst sich die chronologische Reihung der Gemalde untereinander zweifelsfrei festlegen Auch der Auftraggeber ist unbekannt Sie durften jedenfalls zwischen 1476 und 1480 entstanden sein Da Giuliano de Medici in allen drei Bildnissen die Augen gesenkt hat konnte dies als Hinweis auf seinen Tod verstanden werden Das geoffnete Fenster wurde dann den Ubergang vom Leben zum Tod oder die Hoffnung auf Unsterblichkeit symbolisieren Demnach konnte es sich um Gedenkportrats handeln die alle postum nach der Ermordung des Giuliano de Medici 1478 entstanden sind Auf dem Bildnis aus Washington greift auch die Taube das Thema des Todes auf So schreibt Aristoteles in seiner Historia animalium dass sich die Taube nach dem Ableben ihres Partners vollkommen loyal verhalte keine neue Verbindung mehr eingehe und sich nur noch auf durren Zweigen niederlasse 1 Neben dem Totengedenken ist also die Loyalitat zum Verstorbenen ein weiteres Thema des Portrats Angesichts der Ermordung Giulianos in der Pazzi Verschworung eroffnet sich hier die Deutungsmoglichkeit dass das Motiv der Taube auf das loyale Verhalten der Parteiganger der Medici anspielt Das Gemalde von Washington konnte allerdings auch vor dem Tod des Giuliano de Medici entstanden sein Dann wurde sich eine alternative Interpretation mit einem trauernden Giuliano ergeben Als Anlass der Trauer kame der fruhe Tod von Simonetta Vespucci in Betracht die von Giuliano sehr verehrt worden war In diesem Sinne konnte die Taube als Symbol der ewigen Trauer Giulianos um Simonetta Vespucci gedeutet werden Dementsprechend konnte Giuliano selbst das Bildnis zu ihrem Gedenken in Auftrag gegeben haben Die dreifache Ausfertigung ware fur ein privates Portrat allerdings ungewohnlich Das Gemalde das sich heute in der Accademia Carrara in Bergamo befindet ist nach herrschender Meinung das erste Gemalde das Botticelli anfertigte Wenn man davon ausgeht dass es nach dem Tod von Giuliano entstanden ist dann konnte Botticelli als Vorlage eine nicht mehr erhaltene Totenmaske von Giuliano verwendet haben Die Gesichtszuge auf dem Gemalde von Bergamo mit den leblosen halbgeschlossenen Augen und den hohlen Wangen scheinen darauf hinzudeuten Wenn man diesem Ansatz folgt so konnte das Portrat von Bergamo angesichts seiner nur grob skizzierten Architektur als eine erste Studie betrachtet werden der die Bildnisse von Washington und Berlin folgten In der Version von Washington tilgte Botticelli die tiefen Falten der Augendeckel unter den Augenbrauen die Schatten unter den Augen und die Nasenlippenfurche Botticelli drehte auch den Kopf leicht und neigte ihn etwas nach hinten vielleicht um das Portrat lebendiger als in der Studie von Bergamo wirken zu lassen Es scheint sich hier um ein erstes vollendetes Portrat zu handeln das nun annahernd der unlangst verstorbenen in der kollektiven Vorstellung aber noch sehr prasenten offentlichen Person entsprach Nach diesem Ansatz stellt die dritte Version aus Berlin in der Giuliano in derselben Pose aber vor einem einheitlichen blauen Hintergrund dargestellt ist den Hohepunkt und Abschluss des Ausarbeitungsprozesses dar Darauf deuten die freiere Behandlung der Kleidung die weichere Modellierung des Gesichts und die lebendige Behandlung des dichten vollen Haars hin Ausserdem ist die Figur von jeglichem architektonischen Hintergrund befreit wie es bei allen spateren Botticelli Portrats auch der Fall ist Die Annahme dass die Ausfertigung ohne Hintergrund die abschliessend gultige Form darstellt und dadurch die zeitliche Abfolge der Entstehung festgelegt werden kann wird durch Analysen gestutzt die 2011 wahrend der Konservierung des Gemaldes aus Bergamo durchgefuhrt wurden Demnach ubermalte man einige Zeit nach der Herstellung des Bildnisses den Hintergrund vollstandig mit blauer Farbe so dass es einst der Version aus Berlin ahnelte Provenienz BearbeitenDas Gemalde von Washington befand sich spater im Besitz von Ferdinando I de Medici Grossherzog der Toskana Um 1796 war Marchese Alfonso Tacoli Canacci 1724 1801 aus Florenz der Eigentumer des Werks das er an seinen Neffen Pietro Tacoli 1773 1847 aus Modena vererbte Dessen Tochter Adelaide Tacoli brachte das Gemalde durch ihre Heirat in die Familie Bellincini Bagnesi aus Modena 1940 verausserte Zelindo Bonaccini 1890 1967 das Werk an Vittorio Cini 1885 1977 einen Grossunternehmer aus Venedig der es vermutlich um 1948 an die New Yorker Galerie von Georges Wildenstein verkaufte 1949 erwarb der Mazen und Kunstsammler Samuel H Kress das Gemalde und schenkte es 1952 der National Gallery of Art Die Herkunft der Version aus Bergamo ist weit weniger bekannt Das Gemalde scheint sich bis Ende des 19 Jahrhunderts in Privatbesitz befunden zu haben 1883 erwarb Giovanni Morelli 1816 1891 ein Politiker Arzt und Kunsthistoriker das Gemalde und vermachte es testamentarisch der Accademia Carrara Auch die Provenienz der Version aus Berlin ist nicht hinreichend dokumentiert Mitte des 19 Jahrhunderts befand sich jedenfalls das Gemalde im Palazzo Strozzi in Florenz 1877 oder 1878 erwarben die Koniglichen Museen zu Berlin das Bildnis aus der Sammlung von Ferdinando Strozzi 1821 1878 einem Mitglied der gleichnamigen Patrizierfamilie und Nachfahren von Filippo Strozzi Reproduktionen BearbeitenBotticellis Werk wurde zu einem Prototyp fur das Erinnerungsportrat von Giuliano de Medici Es ist anzunehmen dass bereits Botticelli selbst mit Hilfe seiner Werkstatt das Portrat replizierte Ein bekanntes Beispiel ist das Werk aus der Sammlung Mario Crespi in Mailand das wahrscheinlich von Botticelli selbst oder aber aus seiner Werkstatt stammte Auch spatere Darstellungen versuchten Botticellis Portrat mehr oder weniger detailgetreu wiederzugeben so die Kopie von Cristofano dell Altissimo und die Nachbildung aus der Walker Art Gallery in Liverpool Bemerkenswert ist das Portrat von Santi di Tito der etwa 100 Jahre spater Botticellis Bustenportrat zu einem Kniestuck erweiterte und den Hintergrund zu einem moblierten geschlossenen Innenraum abwandelte nbsp Seitenverkehrtes Replikat aus der Sammlung Mario Crespi nbsp Kopie von Cristofano dell Altissimo nbsp Nachbildung aus der Walker Art Gallery nbsp Portrat von Santi di TitoLiteratur BearbeitenAna Debenedetti Caroline Elam Hrsg Botticelli Past and Present UCL Press London 2019 ISBN 9781787354616 S 21 28 Barbara Deimling Botticelli Taschen Verlag Koln 1994 ISBN 3822859923 S 24 Frank Zollner Botticelli C H Beck Munchen 2009 ISBN 9783406591129 S 46 49 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Portrats des Giuliano de Medici Sammlung von Bildern National Art Gallery Washington Giuliano de Medici abgerufen am 20 Februar 2023 Lombardia Beni Culturali Ritratto di Giuliano de Medici abgerufen am 20 Februar 2023 Staatliche Museen zu Berlin Giuliano de Medici abgerufen am 20 Februar 2023 Einzelnachweise Bearbeiten Aristoteles Historia animalium 9 4 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Portrat des Giuliano de Medici amp oldid 237823762