Die poissonsche Summenformel ist ein Hilfsmittel der Fourier-Analysis und Signalverarbeitung. Sie dient unter anderem zur Analyse der Eigenschaften von Abtastmethoden.
Aussage Bearbeiten
Sei eine Schwartz-Funktion und sei
die kontinuierliche Fourier-Transformation von in . Dann besagt die poissonsche Summenformel
Diese Identität gilt auch für bestimmte allgemeinere Klassen von Funktionen. Geeignete Voraussetzungen sind beispielsweise, dass die Funktion zweifach stetig differenzierbar und der Ausdruck beschränkt ist.
Unter Ausnutzung der elementaren Eigenschaften der Fourier-Transformation ergibt sich daraus die allgemeinere Formel mit zusätzlichen Parametern
Setzt man in der allgemeineren Form ,
so kann die poissonsche Summenformel auch als Identität einer Fourier-Reihe mit Funktionswerten von als Koeffizienten auf der linken Seite und einer Periodisierung der Fourier-Transformierten von auf der rechten Seite gelesen werden. Diese Identität gilt mit Ausnahme einer Menge vom Maß Null, wenn eine bandbeschränkte Funktion ist, das heißt die Fourier-Transformierte eine messbare Funktion in mit kompaktem Träger ist.
Formulierung mittels Dirac-Kamm Bearbeiten
Der Dirac-Kamm zur Intervalllänge ist die Distribution
Die Fourier-Transformierte einer temperierten Distribution ist definiert durch
in Analogie zur Plancherel-Identität. Da die Fouriertransformation ein stetiger Operator auf dem Schwartzraum ist, definiert dieser Ausdruck tatsächlich eine temperierte Distribution.
Der Dirac-Kamm ist eine temperierte Distribution, und die poissonsche Summenformel besagt nun, dass
ist. Dies lässt sich auch in der Form
schreiben. Dabei sind die Exponentialfunktionen als temperierte Distributionen aufzufassen, und die Reihe konvergiert im Sinne von Distributionen, also im Schwach-*-Sinne, gegen den Dirac-Kamm. Man beachte aber, dass sie im gewöhnlichen Sinne nirgendwo konvergiert.
Zum Beweis Bearbeiten
Sei f genügend glatt und im Unendlichen genügend schnell fallend, sodass die Periodisierung
stetig, beschränkt, differenzierbar und periodisch mit Periode 1 ist. Diese kann also in eine punktweise konvergente Fourier-Reihe entwickelt werden,
Deren Fourier-Koeffizienten bestimmen sich nach der Formel
Ebenfalls aus dem schnellen Abfall im Unendlichen folgt, dass die Summe mit dem Integral vertauscht werden kann. Daher gilt mit s=t+n weiter
Zusammenfassend gilt
woraus sich bei die Behauptung ergibt.
Anwendung auf bandbeschränkte Funktionen Bearbeiten
Sei x bandbeschränkt mit höchster Frequenz W, das heißt . Ist dann so tritt in der rechten Seite der Summenformel nur ein Summand auf, mit den Ersetzungen , t=0 und Multiplikation eines Faktors erhält man
Nach Multiplikation mit der Indikatorfunktion des Intervalls [-W,W] und nachfolgend der inversen Fourier-Transformation ergibt sich
Im Grenzfall ist dies die Rekonstruktionsformel des Nyquist-Shannon-Abtasttheorems
wobei die Sinc-Funktion mit ist.
Anwendungen in der Zahlentheorie Bearbeiten
Mit Hilfe der Poissonschen Summenformel kann man zeigen, dass die Theta-Funktion
der Transformationsformel
genügt. Diese Transformationsformel wurde von Bernhard Riemann beim Beweis der Funktionalgleichung der Riemannschen Zeta-Funktion verwendet.
Elliptische Deutung der Poissonschen Formel Bearbeiten
Die zahlentheoretisch basierte Poissonsche Summenformel besagt, dass der Quotient aus dem Jacobischen Theta-Standardfunktionswert vom Komplementären Elliptischen Nomen dividiert durch den Theta-Standardfunktionswert vom Elliptischen Nomen selbst gleich der Quadratwurzel aus dem reellen Periodenverhältnis ist.
Sowohl Nomen und Komplementäres Nomen als auch das Periodenverhältnis sind über das vollständige elliptische Integral erster Art definiert:
Das komplementäre Integral ist definiert als das K-Integral vom Pythagoräisch komplementären Modul:
Folgende Summenformel definiert die Jacobische Theta-Standardfunktion:
So lautet die zahlentheoretisch basierte Poissonsche Summenformel:
Denn die Jacobische Thetafunktion hat diese Identität:
Und durch Austausch des elliptischen Moduls als innere Funktion durch den Pythagoräisch komplementären Modul entsteht diese Formel:
Der Quotient der beiden zuletzt genannten Formeln ergibt direkt die Poissonsche Summenformel in der dargestellten Form im Kästchen.
Nun wird durch Substitution des Periodenverhältnisses durch einen Parameter die genannte Poissonsche Summenformel von den elliptischen Integralen komplett befreit:
Somit ist das Resultat aus den vorherigen Abschnitten des Artikels mit Hilfe von elliptischen Integralen bewiesen!
Literatur Bearbeiten
- Elias M. Stein, Guido Weiss: Introduction to Fourier Analysis on Euclidean Spaces. 1. Auflage. Princeton University Press, Princeton, N.J. 1971, ISBN 978-0-691-08078-9.
- J. R. Higgins: Five short stories about the cardinal series. In: Bulletin of the American Mathematical Society. 12, 1, 1985, ISSN 0002-9904, S. 45–89, online (PDF; 4,42 MB).
- John J. Benedetto, Georg Zimmermann: Sampling multipliers and the Poisson summation formula. In: The journal of Fourier analysis and applications. 3, 5, 1997, ISSN 0002-9904, S. 505–523, online.