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Die Optographie wird auch als Wissenschaft um die Fixierung des letzten Bildes das ein Lebewesen vor dem Tod sieht 1 bezeichnet Optogram eines Hasen Wilhelm Friedrich Kuhne 1878 Die Idee und die ersten Forschungsansatze mit dem Ziel eine Methode zu erarbeiten die das letzte Bild auf der Netzhaut eines Toten Optogramm wiedergibt stammen aus dem 19 Jahrhundert 2 Die Namensgebung Optogramme stammt von dem Heidelberger Professor Wilhelm Friedrich Kuhne Der wissenschaftliche Stellenwert der Optographie ist aufgrund des fehlenden Nutzens minimal Historische Uberlegungen sie als forensisches Mittel einzusetzen waren nie zu realisieren Heutzutage haben Kunstler die Optographie als den magischen Moment des letzten Blickes fur sich entdeckt 3 Inhaltsverzeichnis 1 Physiologie 2 Geschichtliche Aspekte 3 Herstellung eines Optogrammes 4 Stellenwert 5 Rezeption in den Medien 6 Literatur 7 EinzelnachweisePhysiologie Bearbeiten nbsp Funktionsweise einer LochkameraAuf der Netzhaut des Auges entsteht ahnlich wie bei einer Kamera ein auf dem Kopf stehendes Abbild des einfallenden Lichts In der Netzhaut gibt es Sehzellen in denen sich der Sehpurpur das Rhodopsin befindet Trifft ein Photon mit ausreichend Energie auf das Rhodopsin andert dieses seine Konformation Siegfried Seligmann beschrieb diesen Effekt 1899 als Bleichen des Sehpurpurs 4 Wenn also helles Licht langere Zeit auf bestimmte Stellen der Netzhaut einwirkt werden diese heller als die nicht oder weniger belichteten Nachbarbereiche Die Darstellung dieser Netzhautveranderungen nennt man ein Optogramm Sein Herstellungsprinzip beruht auch heutzutage noch auf dem Bleichen des Sehpurpurs durch hellen Lichteinfall 5 Geschichtliche Aspekte BearbeitenDie Geschichte der Optographie reicht zuruck bis ins 17 Jahrhundert Damals hatte der Jesuiten Monch Christoph Scheiner bei einem toten Frosch ein Bild auf dessen Netzhaut gesehen und als den Anblick interpretiert den der Frosch kurz vor seinem Ableben gesehen hat 3 1876 entdeckte Franz Boll das Rhodopsin Wilhelm Kuhne stellte wenig spater optographische Untersuchungen bei einem Kaninchen an und erkannte das Abbild seines Laborfensters Robert Bunsen war Zeuge der Entdeckung 1880 konnte Kuhne bei dem mittels Guillotine hingerichteten Erhard Reif ein Optogramm auf einer menschlichen Retina erkennen Es konnte jedoch nicht festgestellt werden was es darstellte Spater versuchte man Optogramme zur Aufklarung von Mordfallen zu verwenden Eine Wiener Zeitung will in Erfahrung gebracht haben dass der Oberstaatsanwalt in einem der sensationellen Massenmord Prozesse der Weimarer Zeit neben den Fallen Fritz Haarmann und Peter Kurten 1924 25 dem Fall Fritz Angerstein den Angeklagten und das wohl letztmals in der deutschen Strafjustizgeschichte mit diesem an esoterische Methoden anmutenden Beweismittel konfrontiert haben soll Ein Optogramm hatte den ohnehin verdachtigen Angerstein als Tater bestatigt Samtliche Versuche das Verfahren kriminaltechnisch nutzbar zu machen scheiterten allerdings 2 5 obwohl US Richter in dem Verfahren Eborn v Zimpelman zu dem Schluss kamen Die Wissenschaft hat herausgefunden dass eine perfekte Fotografie eines Objektes das im Auge eines Sterbenden reflektiert wird nach dem Tod auf der Retina fixiert bleibt 1975 fuhrte der Augenarzt Evangelos Alexandridis an der Heidelberger Universitatsaugenklinik auf Anfrage von Kriminologen erneut ahnliche Versuche durch Auch dabei konnten erfolgreich Optogramme erstellt werden 2 1 3 Uberlegungen an eine praktische Umsetzung der theoretisch moglichen Verwendung in der Forensik mussten dabei jedoch verworfen werden 6 5 Herstellung eines Optogrammes Bearbeiten nbsp Aufbau des Auges Mensch Netzhaut dunkelgrun Erste konkrete Anleitungen zum Erhalt von Optogrammen gehen auf Wilhelm Kuhne und August Ewald zuruck Sie fuhrten ihre Untersuchungen an Augen von Froschen Kaninchen und Ochsen durch die noch lebten oder kurz vorher getotet worden waren Als wesentlich fur den Versuchsaufbau forderten sie dabei dass das Auge gut fixiert das Bild scharf und das Licht gut sein musse Die Einwirkzeit des Lichtes durfe gleichzeitig in aller Regel nicht unter drei Minuten liegen 4 Die Herstellung des Optogrammes selbst wurde Ende des 19 Jahrhunderts beispielsweise fur das Kaninchen beschrieben Die Augen wurden nach der Belichtung unverzuglich bedeckt um weiteren Lichteinfall und damit eine zweizeitige Anderung der Netzhaut zu verhindern Die Arbeit des Eroffnens und Hartens der Augen mittels Alaunlosung wurde in einer Dunkelkammer durchgefuhrt Die anschliessend abgeloste Netzhaut wurde in einer kleinen konkaven Porzellanschale so ausgebreitet dass die ursprunglich dem Glaskorper zugewandte Seite oben zu liegen kam Konserviert wurden die Praparate durch Trocknung mit konzentrierter Schwefelsaure 4 In den 1970er Jahren nahm Evangelos Alexandridis diese Experimente wieder auf Er setzte dabei narkotisierte Kaninchen ebenfalls vor kontrastreiche Bilder totete sie anschliessend entnahm die Augen loste deren hinteren Bereich ab und legte diesen ebenfalls in Alaunlosung 24 Stunden lang Anschliessend entnahm er die Netzhaut zog diese auf eine kleine Kugel von der Grosse eines Augapfels auf und liess sie im Dunkeln trocknen Da die Praparate nicht lichtresistent waren fotografierte er sie zur Dokumentation 5 Stellenwert BearbeitenDer Stellenwert der Optographie als dem magischen Moment des letzten Blickes liegt heutzutage eher im Bereich der Kunst Schon der Physiologe Wilhelm Kuhne stellte seine Optogramme als Lithographien zu Schau 7 Rezeption in den Medien BearbeitenIm Film Wild Wild West wird mit Hilfe der Optographie der Hauptverdachtige eines Mordes ermittelt Im Krimi Unterholz des Munchner Autors Jorg Maurer wird die Optographie als forensische Ermittlungsmethode und Gefahr fur Kriminelle in einem Seminar fur Auftragsmorder beschrieben Im Thriller Totenblick von Markus Heitz wird Optographie ebenfalls angewendet um einem Morder der Kunstwerke in echt nachstellt auf die Spur zu kommen Im Film Vier Fliegen auf grauem Samt von Dario Argento wird die Methode ebenfalls als moglicher Losungsansatz den Morder zu entlarven angewandt Literatur BearbeitenBernd Stiegler Augen Zeugen Die Optographie in der Kriminalistik des 19 und fruhen 20 Jahrhunderts In Amelie Rosinger Gabriela Signori Hrsg Die Figur des Augenzeugen Geschichte und Wahrheit im facher und epochenubergreifenden Vergleich UVK 2014 ISBN 978 3 86764 515 7 S 135 158 Bernd Stiegler Belichtete Augen Optogramme oder das Versprechen der Retina S Fischer Verlag 2011 ISBN 978 3 10 075550 6 Derek Ogbourne Encyclopedia of Optography The Shutter of Death The Muswell Press 2008 ISBN 978 0 9547959 4 8 Derek Ogbourne Der letzte Blick Museum of Optography Katalog zur Ausstellung im Kurpfalzischen Museum der Stadt Heidelberg mit Beitragen von Frieder Hepp Kristina Hoge und Stefanie Boos 2010 ISBN 978 3 938839 89 8 Arthur B Evans Optograms and Fiction Photo in dead Man s Eye In Science Fiction Studies Vol 20 Part 3 1993 Richard L Kremer The Eye as inscription Device in the 1870s Optograms Cameras and the Photochemistry of Vision In Brigitte Hoppe Hrsg Biology integrating scientific fundamentals Munchen 1997 S 359 381 Georg Popp Kann man im Auge des Opfers das Bild des Morders erkennen In Die Umschau 29 Jg Nr 5 1925 S 85 87 Wilhelm Kuhne Untersuchungen des Physiologischen Instituts der Universitat Heidelberg Band 4 1881 S 280ff Wilhelm Kuhne Vorlaufige Mitteilung uber optographische Versuche In Centralblatt fur die medicinischen Wissenschaften 1877 S 33 49 Einzelnachweise Bearbeiten a b die stadtredaktion de Der letzte Blick Derek Ogbournes Museum of Optography online zuletzt eingesehen am 23 August 2010 a b c Kurt F de Swaaf Der letzte Blick In Der Spiegel 13 Juli 2010 eingesehen am 23 August 2010 a b c Derek Ogbourne Der letzte Blick Museum of Optography Memento vom 11 Februar 2013 im Webarchiv archive today Ausstellung zur Optografie im Kurpfalzischen Museum der Stadt Heidelberg eingesehen am 23 August 2010 a b c S Seligmann Die mikroskopischen Untersuchungsmethoden des Auges S Karger Verlag Berlin 1899 S 184ff Reprint BiblioBazaar 2009 ISBN 978 1 110 25650 1 online a b c d D Ogbourne Encyclopedia of Optography Muswell Press 2008 ISBN 978 0 9547959 4 8 S 10ff Wissenschaft im Dialog Der letzte Blick Museum of Optography 1 2 Vorlage Toter Link www wissenschaft im dialog de www wissenschaft im dialog de Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Marz 2019 Suche in Webarchiven Instrumente des Sehens Bildwelten des Wissens Kunsthistorisches Jahrbuch fur Bildkritik Band 2 2 Akademie Verlag Berlin 2004 ISBN 3 05 004063 7 S 25 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Optographie amp oldid 233944697