www.wikidata.de-de.nina.az
Die Nichtbenutzungseinrede ist ein Verteidigungsmittel eines Zeichenbenutzers oder Inhabers einer Marke mit jungerem Zeitrang gegen einen Angriff des Inhabers einer Marke mit alterem Zeitrang Inhaltsverzeichnis 1 Rechtsdogmatische Grundlage 2 Das Prinzip der rechtserhaltenden Benutzung 2 1 Benutzung durch den Markeninhaber 2 2 Benutzung fur die zugehorigen Waren und oder Dienstleistungen 2 3 Benutzung im Inland 2 4 Ernsthafte Benutzung 2 5 Abweichungen von der eingetragenen Form der Marke 2 6 Ausnahme vom Benutzungserfordernis 3 Anwendungsfalle der Nichtbenutzungseinrede 3 1 Widerspruchsverfahren gegen die Eintragung einer jungeren Marke 3 2 Loschungsverfahren wegen rangalterer Markenrechte 3 3 Markenverletzungsverfahren 4 Siehe auch 5 Einzelnachweise 6 LiteraturRechtsdogmatische Grundlage BearbeitenRechtsdogmatisch fusst die Nichtbenutzungseinrede auf dem in der gesamten Rechtsordnung geltenden Grundsatz der unzulassigen Rechtsausubung Dieser besagt dass es rechtsmissbrauchlich ist aus einer nur formalen in materieller Hinsicht aber nicht haltbaren Rechtsposition heraus Rechte gegen andere geltend zu machen und diesen dadurch Schaden zuzufugen 1 Der Grundsatz der unzulassigen Rechtsausubung gilt auch im Markenrecht 2 Auf dieses ubertragen bedeutet er dass Angriffe auf Basis einer eingetragenen Marke dann als rechtsmissbrauchlich anzusehen sind wenn die Marke nur ein Formalrecht darstellen sollte Das Markengesetz hat als Voraussetzung zur Vermeidung eines blossen Formalcharakters einer eingetragenen Marke das Kriterium der so genannten rechtserhaltenden Benutzung geschaffen Das Prinzip der rechtserhaltenden Benutzung BearbeitenRechtsgrundlage fur die Nichtbenutzungseinrede ist also das Erfordernis der rechtserhaltenden Benutzung Dieses ist durch 26 Markengesetz MarkenG normiert Absatz 1 der genannten Vorschrift lautet Soweit die Geltendmachung von Anspruchen aus einer eingetragenen Marke davon abhangig ist dass die Marke benutzt worden ist muss sie von ihrem Inhaber fur die Waren oder Dienstleistungen fur die sie eingetragen ist im Inland ernsthaft benutzt worden sein es sei denn dass berechtigte Grunde fur die Nichtbenutzung vorliegen Benutzung durch den Markeninhaber Bearbeiten Dem Wortlaut des 26 Abs 1 MarkenG ist zu entnehmen dass die rangaltere Marke von ihrem Inhaber benutzt worden sein muss Allerdings gilt gemass 26 Abs 2 MarkenG die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers als Benutzung durch den Inhaber Bei dieser Ausnahmeregelung ist insbesondere an die Benutzung durch den Lizenznehmer eines Markenlizenzvertrages gedacht Benutzung fur die zugehorigen Waren und oder Dienstleistungen Bearbeiten Eine Benutzung der Marke fur irgendwelche beliebigen Waren oder Dienstleistungen reicht nicht aus Vielmehr muss die rangaltere Marke fur diejenigen Waren bzw Dienstleistungen benutzt worden sein fur die sie im Markenregister eingetragen ist um den an eine rechtserhaltende Benutzung gestellten gesetzlichen Anforderungen siehe oben zu genugen Wurde die Marke nur fur einen Teil der zugehorigen Waren oder Dienstleistungen benutzt so liegt nur bezuglich des entsprechenden Teils des Waren und Dienstleistungsverzeichnisses eine rechtserhaltende Benutzung der Marke vor Benutzung im Inland Bearbeiten Die rangaltere Marke muss nach der Vorgabe des 26 Abs 1 MarkenG siehe oben im Inland benutzt worden sein Inland ist der Geltungsbereich des deutschen Markengesetzes also das Territorium der Bundesrepublik Deutschland 3 Daraus folgt dass eine ausschliessliche Benutzung der Marke im Ausland grundsatzlich keine rechtserhaltende Benutzung im Sinne des i S d 26 MarkenG sein kann 4 Allerdings bestimmt 26 Abs 4 MarkenG dass als Benutzung im Inland auch das Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung oder Verpackung im Inland gilt wenn die Waren ausschliesslich fur die Ausfuhr bestimmt sind Ernsthafte Benutzung Bearbeiten Um den gesetzlichen Anforderungen an eine rechtserhaltende Benutzung gerecht zu werden genugt es insbesondere nicht die Marke nur zum Schein zu benutzen etwa um den gesetzlichen Benutzungszwang zu umgehen Vielmehr mussen ernsthafte Benutzungshandlungen gegeben sein Ausreichend zur Erfullung des Kriteriums Ernsthaftigkeit einer Benutzung sind nach standiger hochstrichterlicher Rechtsprechung nur solche Benutzungshandlungen die nach Art Umfang und Dauer dem Zweck des Benutzungszwangs entsprechen namlich die Geltendmachung lediglich formaler Markenrechte zu verhindern 5 Ob eine Benutzungshandlung im konkreten Einzelfall als ernsthaft zu werten ist hangt von den jeweiligen Umstanden ab Hierbei muss man sich am Verkehrsublichen und wirtschaftlich Angebrachten orientieren 6 In der Regel wird eine nennenswerte Dauer ebenso wie ein gewisser Umfang der Benutzungshandlungen zu fordern sein In jedem Fall mussen die Benutzungshandlungen funktionsgerecht sein d h die Marke muss geeignet sein die markierten Produkte zu identifizieren und von gleichen oder ahnlichen Produkten anderer Herkunft zu unterscheiden 7 Abweichungen von der eingetragenen Form der Marke Bearbeiten Wird die rangaltere Marke nicht in der Form benutzt in der sie im Markenregister eingetragen ist sondern in einer hiervon abweichenden Form so kann gleichwohl eine rechtserhaltende Benutzung gegeben sein Gemass 26 Abs 3 Satz 1 MarkenG gilt eine derartige Benutzung als rechtserhaltend soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verandern Die vorgenannte Norm ist auch dann anzuwenden wenn die Marke in der Form in der sie benutzt worden ist ebenfalls eingetragen ist Ausnahme vom Benutzungserfordernis Bearbeiten Gemass 26 Abs 1 letzter Halbsatz MarkenG ist fur die Rechtserhaltung einer eingetragenen Marke eine Benutzung ausnahmsweise nicht erforderlich wenn berechtigte Grunde fur die Nichtbenutzung vorliegen Dem Markeninhaber obliegt es gegebenenfalls solche berechtigten Grunde darzulegen Eine Rechtfertigung der Nichtbenutzung kommt vornehmlich dann in Betracht wenn eine Benutzung der Marke unzumutbar ware Hierbei ist auf die besonderen Umstande des konkreten Einzelfalles abzustellen 8 Als berechtigte Grunde fur eine Nichtbenutzung werden insbesondere Tatbestande hoherer Gewalt wie Naturkatastrophen Krieg Kriegsfolgen und dgl nicht aber allgemeine wirtschaftliche Schwierigkeiten eines Unternehmens etwa als Folge unternehmerischer Fehlentscheidungen anzuerkennen sein 9 Anwendungsfalle der Nichtbenutzungseinrede BearbeitenWiderspruchsverfahren gegen die Eintragung einer jungeren Marke Bearbeiten Wenn der Inhaber einer rangalteren eingetragenen Marke Widerspruchsmarke gegen die Eintragung einer jungeren Marke Widerspruch 42 MarkenG wegen angeblicher vorrangiger Rechte vgl 9 10 und 11 MarkenG erhebt so kann ihm der Inhaber der jungeren Marke die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke entgegenhalten 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG Die vorgenannte Vorschrift bestimmt in diesem Fall dass der Widerspruchsfuhrer die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke innerhalb der letzten funf Jahre vor der Veroffentlichung der Eintragung der angegriffenen jungeren Marke glaubhaft zu machen hat sofern die rangaltere Widerspruchsmarke im Zeitpunkt der Veroffentlichung der Eintragung der jungeren Marke seit mindestens funf Jahren eingetragen ist Endet der Zeitraum von funf Jahren der Nichtbenutzung nach der Veroffentlichung der Eintragung so hat der Widersprechende wenn der Gegner die Benutzung bestreitet glaubhaft zu machen dass die Marke innerhalb der letzten funf Jahre vor der Entscheidung uber den Widerspruch gemass 26 benutzt worden ist 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG Bei der Entscheidung werden nur die Waren oder Dienstleistungen berucksichtigt fur die die Benutzung glaubhaft gemacht worden ist 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG Das bedeutet dass die Nichtbenutzungseinrede nur bezuglich derjenigen Waren oder Dienstleistungen der Widerspruchsmarke greift fur die dem Widerspruchsfuhrer die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung oder die Rechtfertigung einer Nichtbenutzung im Sinne von 26 MarkenG siehe oben nicht gelingt Loschungsverfahren wegen rangalterer Markenrechte Bearbeiten Gemass 55 Abs 1 MarkenG ist gegen den als Inhaber einer Marke Eingetragenen oder dessen Rechtsnachfolger die Klage auf Loschung wegen des Bestehens alterer Rechte 51 MarkenG statthaft Dem Inhaber der angegriffenen jungeren Marke steht in diesem Fall als Verteidigungsmittel die Nichtbenutzungseinrede zur Verfugung Ist die Klage auf Loschung vom Inhaber der eingetragenen Marke mit alterem Zeitrang erhoben worden so hat er auf Einrede des Beklagten nachzuweisen dass die Marke innerhalb der letzten funf Jahre vor Erhebung der Klage gemass 26 benutzt worden ist sofern sie zu diesem Zeitpunkt seit mindestens funf Jahren eingetragen ist 55 Abs 3 Satz 1 MarkenG Endet der Zeitraum von funf Jahren der Nichtbenutzung nach Erhebung der Klage so hat der Klager auf Einrede des Beklagten nachzuweisen dass die Marke innerhalb der letzten funf Jahre vor dem Schluss der mundlichen Verhandlung gemass 26 benutzt worden ist 55 Abs 1 Satz 2 MarkenG Insoweit gleichen die Voraussetzungen fur ein Wirksamwerden der Nichtbenutzungseinrede den entsprechenden Voraussetzungen beim Widerspruchsverfahren 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG siehe oben War die Marke mit alterem Zeitrang am Tag der Veroffentlichung der Eintragung der Marke mit jungerem Zeitrang bereits seit mindestens funf Jahren eingetragen so hat der Klager auf Einrede des Beklagten ferner nachzuweisen dass die Eintragung der Marke mit alterem Zeitrang an diesem Tag nicht nach 49 Abs 1 MarkenG hatte geloscht werden konnen 55 Abs 1 Satz 3 MarkenG Bei der Entscheidung werden nur die Waren und Dienstleistungen berucksichtigt fur die die Benutzung nachgewiesen worden ist 55 Abs 1 Satz 4 MarkenG Vorgenannte Vorschrift entspricht hinsichtlich ihrer Voraussetzungen wiederum exakt der Regelung im Widerspruchsverfahren 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG siehe oben Markenverletzungsverfahren Bearbeiten Wenn jemand ein Zeichen z B eine geschaftliche Bezeichnung Unternehmenskennzeichen Werktitel vgl 5 MarkenG oder eine Marke zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen verwendet so konnen dem Inhaber einer mit dem jungeren Zeichen identischen oder ahnlichen rangalteren Marke gegen den Zeichenbenutzer Anspruche auf Unterlassung und Schadensersatz 14 MarkenG auf Warenvernichtung und ruckruf 18 MarkenG auf Auskunftserteilung 19 MarkenG auf Vorlage und Besichtigung 19a MarkenG auf Sicherung von Schadensersatzanspruchen 19b MarkenG und auf Urteilsbekanntmachung 19c MarkenG zustehen Der Inhaber der rangalteren Marke kann diese Anspruche im Wege der Klage gerichtlich geltend machen Allerdings stehen ihm die Anspruche nicht zu wenn die rangaltere Marke innerhalb der letzten funf Jahre vor der Geltendmachung des Anspruchs fur die Waren oder Dienstleistungen auf die er sich zur Begrundung seines Anspruchs beruft nicht gemass 26 benutzt worden ist sofern die Marke zu diesem Zeitpunkt seit mindestens funf Jahren eingetragen ist 25 Abs 1 MarkenG In diesem Fall hat der Beklagte Zeichenbenutzer gemass 25 Abs 2 MarkenG die Moglichkeit durch Erhebung der Nichtbenutzungseinrede die Anspruche des Klagers Inhaber der rangalteren Marke abzuwehren Die Voraussetzungen des 25 Abs 2 MarkenG fur den dem Klager obliegenden Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung der rangalteren Marke entsprechen weitestgehend der Regelung des 55 Abs 3 MarkenG fur den Fall einer Loschungsklage gegen den Inhaber einer jungeren eingetragenen Marke siehe oben Siehe auch BearbeitenMarke Recht Ausschliesslichkeitsrecht Widerspruch Vorrechts und VerpflichtungserklarungEinzelnachweise Bearbeiten Gerhard Kobler Juristisches Worterbuch 3 Aufl Munchen 1983 S 235 Stichwort Rechtsmissbrauch Karl Heinz Fezer Markenrecht 4 Aufl Munchen 2009 Rn 539 zu 14 MarkenG Fezer Einzelnachw 2 Rn 64 zu 26 MarkenG Bundesgerichtshof BGH in Zeitschrift Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR S 50 52 So z B BGH in GRUR 1978 S 46 GRUR 1979 S 707 und GRUR 1980 S 289 BGH in Zivilsachen BGHZ Bd 70 S 143 149 Fezer Einzelnachw 2 Rn 13 zu 26 MarkenG Vgl die Begrundung zum Markengesetz Bundestagsdrucksache 12 6581 vom 14 Januar 1994 S 84 Fezer Einzelnachw 2 Rn 42 zu 26 MarkenGLiteratur BearbeitenKarl Heinz Fezer Markenrecht 4 Aufl Munchen 2009 Adolf Baumbach Wolfgang Hefermehl Warenzeichenrecht 12 Aufl Munchen 1985Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nichtbenutzungseinrede amp oldid 181554933