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Die Elementare Typografie Neue Typographie oder auch Funktionale Typografie ist eine Stilrichtung innerhalb der Schrift und Druckgestaltung vom Anfang des 20 Jahrhunderts Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Jan Tschichold als Vertreter der Elementaren Typografie 3 Weiterentwicklung und Widerspruche 4 Schweizer Typografie 5 Siehe auch 6 Literatur 7 WeblinksGeschichte BearbeitenDie Elementare Typografie ist eine Reaktion auf den Ende des 19 Jahrhunderts einsetzenden Verfall der typografischen Gestaltung Durch neue Erfindungen im Bereich der Drucktechnik z B Lithografie und Offset Druck bot sich plotzlich eine Vielzahl an Gestaltungsmoglichkeiten Dies fuhrte zu einem ubertriebenen Gebrauch von Zierleisten Rahmen und Ornamenten die Schriften selbst wurden oft wahllos miteinander vermischt Daher besann man sich bald wieder auf eine einfache naturliche und technisch bedingte Typografie Im Mittelpunkt stand hierbei einerseits die Intention Typografie als selbststandige kunstlerische Ausdrucksform zu etablieren Gleichzeitig sollte typografische Gestaltung aber auch den praktischen Anforderungen der Zeit Reklame Gebrauchsdrucke etc entsprechen Die Bewegung der Neuen Typografie ging anfangs vorrangig von Malern und bildenden Kunstlern aus die eine Erhebung des Alltaglichen zum Kunstwerk und wiederum eine Gebrauchsfunktion der Kunst anstrebten Erstmals wurde der Begriff der Neuen Typographie 1923 von dem Bauhaus Kunstler Laszlo Moholy Nagy erwahnt In einem Aufsatz anlasslich einer Bauhaus Ausstellung forderte er u a eine klare und eindeutige Schriftgestaltung eine Abkehr von der Gross und Kleinschreibung und die sinnvolle Ausnutzung der neuen maschinellen Moglichkeiten Jan Tschichold als Vertreter der Elementaren Typografie BearbeitenDen eigentlichen Anstoss zu einer Durchsetzung der neuen Ideen im Alltagsgebrauch gab jedoch Jan Tschichold Als gelernter Typograf konnte er nicht nur fundierte Fachkenntnisse vorweisen sondern besass durch seine Tatigkeiten im Bereich des Setzens und Druckens daruber hinaus jahrelange praktische Erfahrung In der Sonderausgabe elementare typographie der Typographischen Mitteilungen 1925 griff er Moholy Nagys Thesen auf Im Gegensatz zu diesem schrieb Tschichold jedoch nicht fur eine eingeweihte Kunstlergruppe sondern wandte sich mit praktischen Vorschlagen an die Akzidenzdrucker Sein drei Jahre spater erscheinendes Lehrbuch Die Neue Typographie Ein Handbuch fur zeitgemass Schaffende bot daher zahlreiche praktische Anweisungen und konkrete Beispiele die sehr bald Eingang in die Berufspraxis fanden Tschichold sah in der Funktionalen Typografie vorrangig eine enorme Erleichterung und Vereinfachung fur die Handhabung der Setz und Druckpraxis Entsprechend eingangig und pragmatisch formulierte er seine Thesen zur neuen typografischen Gestaltung Moglichst wenig Schriftarten und grade verwenden Kursiv und halbfett eignen sich besonders als Schriftauszeichnung Versalien nur selten gebrauchen wenn immer sperren Diese Thesen verbreiteten sich sehr schnell und wirken bis heute als allgemeingultige Regeln massgeblich in die anspruchsvolle Typografie hinein Weiterentwicklung und Widerspruche BearbeitenWahrend des nationalsozialistischen Regimes unter Adolf Hitler wurde Jan Tschichold in Haft genommen und anschliessend zur Auswanderung gezwungen Diese Erfahrung zusammen mit seiner jahrzehntelangen Berufserfahrung und gebuhrender Distanz zu den Anfangen der Elementaren Typografie liessen Tschichold einige der Aussagen und Ansichten die er in seinem Werk Die Neue Typographie geaussert hatte relativieren Die strengen nach Endgultigkeit und Gleichheit strebenden Regeln der Neuen Typographie erschienen ihm nun beangstigend parallel zu der totalitaren Gesinnung faschistischer Regime Obvious similarities consist in the ruthless restriction of typefaces a parallel to Goebbel s infamous gleichschaltung and the more or less militaristic arrangement of lines Offensichtliche Ahnlichkeiten liegen in der rabiaten Einschrankung der Schriftarten eine Parallele zu Goebbels schandlicher Gleichschaltung und der mehr oder weniger militaristischen Ausrichtung der Zeilen Jan Tschichold Beiheft Die Neue Typographie S 45 Zudem missfiel Tschichold die bedingungslose Hingabe an die maschinelle Produktion Er verurteilte die Anstrengungen vieler Typografen selbst traditionellen Werken mit klassischen Inhalten eine moderne Gestaltung aufzuzwingen Hierzu zahlte er den Gebrauch der Grotesk fur Fliesstext Die Vorteile der Elementaren Typografie die einheitlichen Satzregeln und besser strukturierte Satzweise konnen laut Tschichold nur fur Akzidenzdrucke nicht fur langer fortlaufende Buchtexte gelten Tschichold forderte dennoch keine Abkehr von der Neuen Typographie hin zu einer sentimentalen Flucht in die Vergangenheit Vielmehr forderte er eine Wiederaufnahme der traditionellen Typografie in Kombination mit den modernen Vorzugen der Elementaren Typografie Laut Tschichold bedeutete die Bewegung der Neuen Typographie lediglich eine Momentaufnahme des Reinigungsprozesses in den 1920er und 1930er Jahren in Deutschland Die traditionelle Typografie hingegen schatzte Tschichold als zeitlose international gultige Gestaltungsbasis Verstandlicherweise losten Tschicholds neue Aussagen Kontroversen aus Bekannt wurde beispielsweise die Diskussion mit dem Schweizer Architekten und Kunstler Max Bill der sich eher mit bestimmten Stil und Kunstelementen der Neuen Typographie befasste und den praktikablen Wert dabei ausser Acht liess Tschichold verteidigte jedoch sein immerwahrendes Bestreben nach Ordnung und Vereinfachung der typografischen Gestaltung und zweifelte dabei nie den allgemeingultigen und praktischen Wert seines Lehrbuchs an Schweizer Typografie BearbeitenDie Schweizer Typografie baute ab etwa 1955 auf der Neuen Typographie auf Kennzeichnend fur diese Richtung sind ebenfalls streng sachliche Darstellung teilweise auch Asymmetrie die hauptsachliche Verwendung von Groteskschriften in moglichst wenigen Schriftgraden Weitere Merkmale sind extreme Weissraume und der Verzicht auf samtliche Schmuckelemente Den Schweizer Stil haben u a gepragt Max Bill Adrian Frutiger Karl Gerstner Armin Hofmann Richard Paul Lohse Hans Eduard Meier Max Miedinger Josef Muller Brockmann Bruno Pfaffli Emil Ruder Helmut Schmid Anton Stankowski Vor diesem Hintergrund ist auch die Entwicklung eines neuen Rastersystems 1957 durch Karl Gerstner zu beachten das die Sachlichkeit und Zweckmassigkeit von Schrift und Textgestaltung noch verstarkte Siehe auch BearbeitenDe StijlLiteratur BearbeitenBeiheft Die Neue Typographie Zum neu aufgelegten Handbuch von Jan Tschichold von 1925 Beitrage von Jan Tschichold Werner Daede und Gerd Fleischmann Brinkmann amp Bose 1987 Jan Tschichold Die Neue Typographie Ein Handbuch fur zeitgemass Schaffende Verlag des Bildungsverbandes der Deutschen Buchdrucker Berlin 1928 Neuauflage Brinkmann amp Bose 1987 ISBN 3 92266 023 1 Iwan Jan Tschichold Elementare Typographie Typographische Mitteilungen Oktoberheft Sonderheft 1925 Leipzig Neuauflage Schmidt Mainz 1986 ISBN 3 87439 129 9 Susanne Wehde Typographische Kultur Max Niemeyer Verlag Tubingen 2000 Julia Meer Neuer Blick auf die Neue Typographie Zur Rezeption der Avantgarde in der Fachwelt der 1920er Jahre Transcript Bielefeld 2015 ISBN 978 3 8376 3259 0 Fabian Grutter Unter der Hand Zur Materialitat der Neuen Typografie Frankfurt am Main Campus Verlag 2019 ISBN 978 3 593 51073 6 Weblinks BearbeitenDie Bauhaus Typografie von Ralf Hermann Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Elementare Typografie amp oldid 237521363