www.wikidata.de-de.nina.az
Die Netzgruppe Weilheim war 1923 das erste Telefonnetz mit Selbstwahlferndienst der Welt Es umfasste die Stadt Weilheim in Oberbayern und die meisten umliegenden Orte im Radius von ca 25 km Dieses Netz ermoglichte erstmals die Selbstwahl von Telefonverbindungen im Fernverkehr also zwischen Telefonteilnehmern aus verschiedenen Ortsnetzen Inhaltsverzeichnis 1 Ursprunglicher Netzaufbau und Arbeitsweise 2 Gebuhrenzahlung 3 Einfuhrung der offenen Kennzahlen 4 Eingliederung in das deutsche Landesfernwahlnetz 5 Die Nummerierungsplane im direkten Vergleich 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseUrsprunglicher Netzaufbau und Arbeitsweise Bearbeiten nbsp Die Netzgruppe Weilheim in ihrer UrformJede Rufnummer wurde im gesamten Netz nur einmal vergeben Daher genugte es von einem beliebigen Anschluss des Netzes nur die gewunschte Rufnummer ohne Vorwahl zu wahlen Es war nicht notwendig zu wissen in welchem Ort der gewunschte Gesprachspartner wohnte Allerdings waren aus technischen Grunden die Rufnummernblocke geografisch sortiert Die ersten bis zu vier Ziffern einer Rufnummer standen somit fur die Zugehorigkeit zu einem bestimmten Ortsnetz Es handelte sich somit um verdeckte Nummerierung Nach diesem Vorbild wurden bis vor wenigen Jahren noch die Rufnummern in deutschen Grossstadten verteilt Die Rufnummern innerhalb eines Stadtbezirks begannen ublicherweise mit der gleichen Ziffernkombination Die Moglichkeit der Rufnummernmitnahme nach Umzug innerhalb des Ortsnetzes bzw nach Anbieterwechsel verwischen zusehends diese raumliche Zuordnung Die letzten beiden Ziffern bezeichneten den gewunschten Teilnehmeranschluss innerhalb des Ortsnetzes Fur die meisten Orte reichte diese Kapazitat von hochstens 100 Teilnehmern zunachst aus Nur die grosseren Orte bekamen mehrere Hunderter Nummernblocke zugewiesen Die Netzgruppe Weilheim die zunachst 22 Ortsnetze umfasste war baumformig nahezu sternformig aufgebaut mit diesen drei Ebenen das Hauptamt in Weilheim als Mittelpunkt des gesamten Netzes funf weitere daran angeschlossene Knotenamter in Diessen Peissenberg Schongau Murnau und Kochel 22 sternformig an diese angeschlossene Endamter die den Ubergang in je ein Ortsnetz bildeten Das Knotenamt in Peissenberg diente zugleich als Durchgangsstelle von Weilheim zum weiter entfernt liegenden Knotenamt in Schongau Alle anderen Knotenamter waren uber Direktleitungen sternformig an das Hauptamt angeschlossen Durch Abheben des Horers wurde der Gesprachswunsch direkt an das Hauptamt in Weilheim geleitet Die ersten gewahlten Ziffern legten dann fest an welches Knoten und welches Endamt das Gesprach weiterzuvermitteln war bis die hinteren Ziffern schliesslich zur Auswahl des gewunschten Teilnehmers innerhalb des Ziel Ortsnetzes ausgewertet wurden Ein prinzipielles Problem war dass zunachst jedes Gesprach eine teure Fernleitung zum Hauptamt belegte selbst wenn es sich nur um ein Ortsgesprach handelte weil diese Unterscheidung oft erst nach dem Wahlen mehrerer Ziffern getroffen werden konnte Um diesen Effekt abzumildern wurden die ersten gewahlten Ziffern parallel zum Hauptamt auch im abgehenden Ortsnetz ausgewertet Bei Ubereinstimmung mit der eigenen lokalen Ortsnetzkennzahl veranlasste dann ein Umsteuerwahler die direkte Weitervermittlung im Ort und sofortige Freigabe der Fernleitung 1 Dadurch konnte die Blindbelegung von Fernleitungen immerhin auf wenige Sekunden pro Gesprach begrenzt werden Gebuhrenzahlung BearbeitenEin weiteres prinzipielles Problem war die Gebuhrenzahlung Ferngesprache wurden nach 10 Abs 1 des bei Inbetriebnahme der Netzgruppe Weilheim geltenden Fernsprechgebuhrengesetzes bei Entfernungen bis zu 100 km in unteilbaren Einheiten zu drei Minuten abgerechnet wobei die Gebuhr zu Beginn jedes Abschnitts von drei Minuten fallig wurde in heute ublicher Schreibweise Taktung 180 180 Bei Entfernungen uber 100 km wurde die Gebuhr fur die ersten drei Minuten zu Beginn des Gesprachs und danach zu Beginn jeder Minute ein Drittel der Drei Minuten Gebuhr fallig in heute ublicher Schreibweise Taktung 180 60 In der Netzgruppe Weilheim wurde wegen der Entfernungen der Ortsnetze zueinander die Taktung 180 180 angewendet In der ersten Zeit nach Eroffnung der Netzgruppe Weilheim wurde jede Verbindung nach drei Minuten unterbrochen Sollte die Verbindung fortgesetzt werden so musste der rufende Teilnehmer die Ziffer 1 wahlen Hierdurch schaltete er den Gebuhrenzahler weiter und stellte die Verbindung fur drei Minuten wieder her 2 Diese Betriebsart wurde mit Einfuhrung weiterentwickelter so genannter Zeit Zonen Zahler geandert Sie zahlten automatisch und machten die Teilnehmer durch einen Signalton jeweils kurz vor Ablauf eines Drei Minuten Abschnitts darauf aufmerksam dass bald eine neue Drei Minuten Gebuhr fallig werden wurde 2 Die Teilnehmer hatten dann Gelegenheit das Gesprach zu beenden Im handvermittelten Ferndienst konnten Teilnehmer die Vermittlungsbeamtin unmittelbar nach Herstellung der Verbindung darauf aufmerksam machen dass sie falsch verbunden waren Hatte die Vermittlungsbeamtin falsch vermittelt obwohl dem Teilnehmer bei der Anmeldung die richtige Rufnummer bestatigt worden war wurde fur diese Falschverbindung keine Gebuhr fallig Im Selbstwahlferndienst wirkte eine Vermittlungsbeamtin nicht mit und der rufende Teilnehmer hatte nach Falschverbindungen lediglich nachtraglich beantragen konnen die bereits mit der Meldung des gerufenen Teilnehmers fallige Gebuhr fur ein Drei Minuten Gesprach nicht zu erheben er hatte dafur aber nachweisen mussen dass er richtig gewahlt hatte und dennoch falsch verbunden wurde Um den Teilnehmer bei einer Falschwahl nicht mit der vollen Gebuhr fur ein Drei Minuten Gesprach zu belasten hielten die weiterentwickelten Zeit Zonen Zahler ab Meldung des gerufenen Teilnehmers eine Karenzzeit von 5 spater 10 Sekunden 3 ein Legte der rufende Teilnehmer in dieser Zeit wieder auf so wurde der Anruf nur als Ortsgesprach gezahlt 2 Die Karenzzeit war lang genug damit der Rufende den Gerufenen Teilnehmer mit dem damals empfohlenen Hinweis Irrtum bitte hangen Sie an 3 davon informieren konnte dass er falsch verbunden war Die Zeit Zonen Zahler speicherten die wahrend des Gesprachs auflaufenden Gebuhren und ubermittelten die zugehorigen Zahlimpulse erst nach Gesprachsschluss auf den Gesprachszahler des rufenden Teilnehmers Die Zeit Zonen Zahler konnten 60 Gebuhreneinheiten speichern 2 Aus dieser Speicherkapazitat ergab sich eine Begrenzung der Gesprachsdauer auf 6 oder 12 Minuten je nach Entfernung bevor der Speicher des Zeit Zonen Zahlers voll war Der Zeit Zonen Zahler machte die Teilnehmer dann durch einen Signalton darauf aufmerksam dass die Zwangstrennung der Verbindung bevorstand Beendeten die Teilnehmer die Verbindung auf den Signalton hin nicht so trennte der Zeit Zonen Zahler sie zwangsweise Die Teilnehmer konnten die Verbindung sofort wieder wahlen Diese Art der Gebuhrenzahlung wurde erst ab 1948 durch die Zahlung wahrend des Gesprachs abgelost wodurch dann unbegrenzt lange Verbindungen moglich wurden 4 Einfuhrung der offenen Kennzahlen Bearbeiten nbsp Die Netzgruppe Weilheim nach dem UmbauNoch 1926 wurde die Nutzung verdeckter Kennzahlen als zu bevorzugende Betriebsform im Selbstwahlferndienst angesehen auch weil sie geringere Anforderungen an den Teilnehmer stellte 2 Es zeigte sich aber dass die Nachteile der verdeckten Kennzahlen uberwogen Insbesondere war der Selbstwahlferndienst zwischen verschiedenen Netzgruppen ohne offene Kennzahlen kaum zu verwirklichen und die verdeckten Kennzahlen verlangerten die Rufnummern auch fur Ortsgesprache unnotig 5 Die Netzgruppe Weilheim wurde daher auf die offene Nummerierung umgestellt 1929 6 wurden in diesem Netz erstmals echte offene Ortsnetzkennzahlen eingefuhrt Um ein Ferngesprach aufzubauen musste zunachst die Verkehrsausscheidungsziffer 0 gewahlt werden gefolgt von weiteren Ziffern die das Zielortsnetz angaben Alle gewahlten Nummern die nicht mit einer 0 begannen standen fur ein Ortsgesprach das im Unterschied zum vorherigen verdeckten Kennzahlsystem ohne Inanspruchnahme des Fernnetzes direkt innerhalb des Ortes vermittelt werden konnte Die grundsatzliche Netzstruktur mit den genannten Haupt Knoten und Endamtern blieb erhalten Auch waren die Ortsnetzkennzahlen vorlaufig noch so geplant dass sie in mehreren nicht benachbarten Netzgruppen mehrfach vergeben werden konnten und dass sich die Ortsnetzkennzahlen je nach dem Ursprung einer Selbstwahlfernverbindung unterscheiden konnten 5 Ein landesweit einheitlicher Plan fur allgemein gultige Ortsnetzkennzahlen wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg eingefuhrt 7 Eingliederung in das deutsche Landesfernwahlnetz Bearbeiten nbsp Das Hauptamt Weilheim im deutschen LandesfernwahlnetzDie erfolgreiche dreistufige Sternstruktur und das Prinzip der offenen Kennzahlen bildeten das Vorbild fur das Fernwahlsystem Technik 62 T 62 das im Jahr 1962 bundesweit eingefuhrt wurde Zusammen mit den neu eingefuhrten Zentralamtern in acht zentralen Stadten der damaligen Bundesrepublik einschliesslich Berlin West ergaben sich somit vier Hierarchieebenen Zentral Haupt Knoten und Endamt in die sich das Hauptamt Weilheim mit seinen Unterstrukturen gut einfugen liess Mit der Eingliederung der Netzgruppe Weilheim in das bundesdeutsche Landesfernwahlnetz gingen zwangslaufig Anderungen im Nummerierungsplan einher allerdings sind die fruheren Ziffernzuordnungen zum Teil noch in den heute gultigen Vorwahlen zu erkennen Insbesondere gehen die heute noch klaffenden Ziffernlucken im Bereich der Knotenvermittlungsstellen Murnau 088 41 dann Lucke von 42 bis 44 weiter mit 45 Kochel und Schongau auf den alten Nummerierungsplan mit den Hunderter Rufnummernblocken zuruck Die Knotenamter in Diessen und Peissenberg wurden aufgelost Andererseits wurde das neu errichtete Knotenamt in Garmisch Partenkirchen an das Hauptamt Weilheim angeschlossen so dass Weilheim fortan vier offene Knotenamter bediente Seitdem hat es im Nummerierungsbereich 088xx keine Vorwahl Anderungen mehr gegeben Die Nummerierungsplane im direkten Vergleich BearbeitenDer Nummerierungsplan ist 1 nach Ziffern sortiert und 2 nach Knotenamtsbereichen gegliedert Die 0 Null ist entsprechend ihrer Position auf der Wahlscheibe hinter der 9 sortiert Fett gesetzte Ortsnamen bezeichnen den Sitz eines Haupt oder Knotenamtes Rufnummernblocke verdeckte Kennzahlen ab 1923 8 Offene Kennzahlen 8 ab 1929 Ortsnetzkennzahlen 9 im Landesfernwahlnetz ab 19622xx 5xx Weilheim 69xx Pahl60xxx Seeshaupt 081 Weilheim 082 Huglfing 083 Polling 084 087 andere Knotenamter s u 088 Pahl 089 Wessobrunn 0881 Weilheim 08801 Seeshaupt 08802 Huglfing 08803 Peissenberg 08805 Hohenpeissenberg 08806 Utting 08807 Diessen 08808 Pahl 08809 Wessobrunn74xx 77xx Diessen 704xx 708xx Utting 08821 Garmisch Partenkirchen 08822 Oberammergau 08823 Mittenwald 08824 Oberau 08825 Krun81xx Wessobrunn82xx Huglfing83xx Polling841xx 844xx Murnau 845xx Kohlgrub847xx Obersochering 084 Murnau Anfangsziffern 2 bis 4 0845 Bad Kohlgrub 0847 Obersochering 0848 Uffing 08841 Murnau 08845 Bad Kohlgrub 08846 Uffing 08847 Obersochering803xx 806xx Peissenberg 085 Kochel Anfangsziffern 2 und 3 0856 Penzberg 0857 Benediktbeuern 0858 Walchensee 0859 Bad Heilbrunn 08851 Kochel 08856 Penzberg 08857 Benediktbeuern 08858 Kochel Walchensee8071xx 8073xx Schongau 8075xx Rottenbuch8076xx Schwabsoien8077xx Kinsau8078xx Steingaden 086 Schongau Anfangsziffern 2 bis 6 0861 Steingaden 0868 Schwabsoien 0869 Kinsau 0860 Bernbeuren 08861 Schongau08862 Steingaden 08867 Rottenbuch 08868 Schwabsoien 08869 Kinsau 08860 Bernbeuren91xx 94xx Kochel 95xxx Penzberg96xx Walchensee97xx Bad Heilbrunn98xx Benediktbeuern 087 Diessen Anfangsziffern 2 bis 4 0877 Utting 080 Peissenberg Anfangsziffern 7 und 8 0809 HohenpeissenbergLiteratur BearbeitenJoachim Heberlein Weilheim als Weltstadt der Telekommunikation In Weilheimer Tagblatt Wochenendausgabe vom 17 18 Mai 2008 Lokales Seite 9 seitenfullender Artikel auf der Samstagsseite der AusgabeWeblinks BearbeitenBildersammlung von der FernwahltechnikEinzelnachweise Bearbeiten Martin Hebel Handbuch fur den Selbstwahlfernverkehr Franckh sche Verlagshandlung Stuttgart 1962 S 29 a b c d e Martin Hebel Das Modell der Netzgruppe Schaftlach auf der deutschen Verkehrsausstellung Munchen als Zukunftsbild des deutschen Fernsprechwesens In Zeitschrift fur Fernmeldetechnik Werk und Geratebau Zeitschrift des Verbandes Deutscher Schwachstrom Industrieller 1926 S 1 14 22 26 und 39 43 a b z B Amtliches Fernsprechbuch fur den Bezirk der Reichspostdirektion Nurnberg 1938 S 6 Abschnitt Selbstwahlferndienst z B Amtliches Fernsprechbuch fur das Ortsnetz Munchen 1951 hier sind die im Selbstwahlferndienst erreichbaren Ortsnetze bereits nach Netzen mit Zahlung wahrend des Gesprachs und nach dem Gesprach unterteilt a b Erich Muller Mees Der Selbstwahlferndienst bei der Deutschen Reichspost In Der Europaische Fernsprechdienst 1942 S 29 ff Vorlesungsunterlagen zu Grundfunktionen der Telefon Vermittlungstechnik Teil 2 von Hans Thomas Ausgabe Sept 2003 Bild 1 2 Memento des Originals vom 28 September 2007 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www roggeweck net W Clausen Der Selbstwahlferndienst und seine Auswirkung auf die Benutzer unter besonderer Berucksichtigung der Erfahrungen im rheinisch westfalischen Industriegebiet In Journal fur das elektrische Fernmeldewesen 1953 S 124 ff a b Rudolf Fuhrer Landesfernwahl Band 1 Verlag R Oldenbourg Munchen Wien 1966 Amtliches Verzeichnis der Ortsnetzkennzahlen AVON der Deutschen Bundespost Ausgaben 1966 bis 1992 und Verzeichnis der Vorwahlen und Tarifbereiche der Deutschen Telekom Ausgabe 1996 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Netzgruppe Weilheim amp oldid 237757909