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Die Zeitschrift Nemesis mit dem Untertitel Zeitschrift fur Politik und Geschichte war ein politisches Journal und erschien ab Januar 1814 in zwanglosen Heften bei Bertuch in Weimar Sie umfasst 12 Bande zu je vier Heften Stuck genannt und wurde von dem Jenaer Geschichtsprofessor Heinrich Luden und dem Weimarer Verleger Friedrich Justin Bertuch herausgegeben wobei Bertuch aus Angst vor Zensur offentlich nicht genannt wurde Ausschnitt des Titelblatts der ersten Ausgabe der Zeitschrift Nemesis von 1814Zu Beginn ganz im Zeichen antinapoleonischer Propaganda stehend entwickelte sich die Nemesis mit der Zeit zu einem niveauvollen und seriosen politischen Journal das weit uber die Grenzen Sachsen Weimar Eisenachs hinaus im gesamten deutschen und sogar europaischen Raum rezipiert und aufmerksam verfolgt wurde Sie gehort zur liberalen und freiheitlich nationalen Presse in der Zeit des deutschen Fruhkonstitutionalismus Nachdem im Januar 1818 der versuchte Abdruck eines Geheimbulletins August von Kotzebues an Zar Alexander I von Russland in der Nemesis zu einem europaweiten Skandal fuhrte Kotzebue Affare erschien aufgrund politischen Drucks das letzte Heft der Zeitschrift im Oktober 1818 Inhaltsverzeichnis 1 Der Titel der Zeitschrift 2 Bedeutung der Zeitschrift 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseDer Titel der Zeitschrift BearbeitenZunachst erwogen Luden und Bertuch den Titel Volk und Staat fur ihr gemeinsames Zeitschriftenprojekt Er sollte zeigen wie sich das ganze politische und gesellschaftliche Leben um die beiden Pole Volk und Staat dreht Nachdem diese und andere Varianten von Bertuch als zu wenig zugkraftig verworfen wurden entschied man sich fur den Vorschlag von Bertuchs Sohn Carl sie Nemesis zu nennen 1 Anknupfend an den Mythos der antiken Schicksalsgottin Nemesis deren strafender Gerechtigkeit niemand entrinnen kann sollte dieser Titel die historische Notwendigkeit des Zusammenbruchs der Napoleonischen Herrschaft und der angestrebten politischen Wiedergeburt des befreiten Deutschlands symbolisieren Im ersten Heft des ersten Bandes schrieb Bertuch zur Begrundung des Titels Nemesis So tragt sie Nemesis als schon geflugelte weibliche Gestalt bald den gleich und gerecht vertheilenden Maasstab der zeitlichen Guter in der Hand und ihr Fuss steht auf einem Rade dem Symbol der schnellen Wandelbarkeit der weltlichen Dinge bald zugelt sie mit einem Zaume den unbandigen und verheerenden Ehrgeiz oder zuchtigt mit der Geissel den stolzen und ubermuthigen Thyrannen oder bestraft mit Waage und Schwerdt als gottliche Gerechtigkeit die Verbrechen des Despoten auf dem Throne und racht an ihm die gemisshandelte und unterdruckte Menschheit Bald erscheint sie mit Steuerruder und Fullhorn und belohnt mit Volkesgluck und reicher Fulle das edle Streben und die Sorgen des weisen Regenten In ihrer hochsten ich darf wohl sagen religiosen Symbolik erscheint sie mit aufgehobenem Busenschleier und sieht sich selbst als strafendes oder freigesprochenes Gewissen ins eigene Herz 2 Bedeutung der Zeitschrift BearbeitenDie Nemesis tritt zunachst als antinapoleonisches Propagandablatt auf den Markt Doch nach dem Wegfall der causa Napoleon im April 1814 wendet sich ihr Herausgeber Luden dem eigentlichen die Zeitschrift bis zu ihrem Ende dominierenden Thema zu dem deutschen Verfassungsdiskurs Sich zunachst auf eine nationale Losung fokussierend verlagert sich infolge der Grundung des Deutschen Bundes und der damit verbundenen Enttauschung der erhofften Nationszusammenfuhrung das Gewicht recht schnell auf die Diskussionen um die Errichtung landstandischer Verfassungen nach Artikel 13 der Bundesakte Im Verlaufe des Diskurses innerhalb der Zeitschrift zeigt sich der gemassigt liberale und etatistisch orientierte Luden als Prototyp des Bildungsburgers der in zahlreichen eigenen Artikeln fur eine reprasentativkonstitutionelle Umsetzung des Art 13 votiert und dabei auf die liberalen Lehren der modernen Staats und Rechtstheorie zuruckgreift Er versucht mittels Publizitat in den offentlichen Diskurs einzugreifen und dadurch Einfluss auszuuben was ihm auch gelingt Die Nemesis ist bald eines der bedeutendsten politischen Journale im gesamten Sprachraum und kann dadurch den offentlichen Diskurs um die Verfassungen der deutschen Einzelstaaten mitbestimmen Die Verfassungsentwicklungen im inzwischen zum Grossherzogtum aufgestiegenen Sachsen Weimar Eisenach begleitet die Zeitschrift wohlwollend und preist den Thuringer Kleinstaat als Vorreiter der deutschen Verfassungsgebung als Vorstufe zum spateren geeinten deutschen Nationalstaat Sie tragt auf diesem Weg die Kunde weit in den deutschen Sprachraum dass unter Grossherzog Carl August im Kleinen ausprobiert und gelebt werde was dem folgenden Grossen den Boden bereiten soll Mit der zunehmenden Kritik der politisch restaurativen Gegner wie Metternich und Friedrich Gentz an der per Verfassung garantierten Weimarer Pressefreiheit verscharft sich auch die Position der Nemesis zunehmend Dass der gemassigt liberale politische Professor Luden durch die sogenannte Kotzebue Affare schliesslich in einen Verfassungskonflikt verwickelt wird der weit uber die Thuringer Grenzen in ganz Europa fur Protest sorgt um in Zensurforderungen und schliesslich 1819 in den Karlsbader Beschlussen zu munden zeigt deutlich die bereits vor 1818 existierenden Radikalisierungstendenzen im Verlauf des Verfassungsdiskurses Durch das Zusammenwirken der Weimarer Reprasentativverfassung mitsamt ihrer Pressefreiheit und den politischen Zeitschriften wie der Nemesis gerat das Grossherzogtum in das Blickfeld der grossen deutschen ja europaischen Politik und wird zur Zielscheibe der restaurativen Bemuhungen insbesondere aus Wien aber auch Berlin und Petersburg Literatur BearbeitenJulia A Schmidt Funke Auf dem Weg in die Burgergesellschaft Die politische Publizistik des Weimarer Verlegers Friedrich Justin Bertuch Koln Weimar Wien 2005 ISBN 3 412 22305 0 Werner Greiling Thuringen als Presselandschaft Voraussetzungen und Anfange In Konrad Scheurmann Jordis Frank Hrsg Neu entdeckt Thuringen Land der Residenzen Essays 6 Mainz 2004 S 461 479 Werner Greiling Presse und Offentlichkeit in Thuringen Mediale Verdichtung und kommunikative Vernetzung im 18 und 19 Jahrhundert Koln 2003 ISBN 3 412 11502 9 Detlef Jena Russlands Einfluss auf den Verfassungskonflikt im Grossherzogtum Sachsen Weimar Eisenach von 1817 1818 In Weimar und der Osten Historische und kulturelle Beziehungen des Thuringer Raumes zu Osteuropa Schriftenreihe Europaisches Denken 2 Jena 2002 S 11 32 Gerhard Muller Heinrich Luden als Parlamentarier In Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thuringen Heft 10 Weimar 1998 ISBN 3 86160 510 4 Franz Schneider Pressefreiheit und politische Offentlichkeit Studien zur politischen Geschichte Deutschlands bis 1848 In Politica Abhandlungen und Texte zur politischen Wissenschaft 24 S 175 190 Johannes Haage Heinrich Luden 1930 Elisabeth Reissig Heinrich Luden als Publizist und Politiker Jena 1920 Hans Ehrentreich Die Freie Presse in Sachsen Weimar von den Freiheitskriegen bis zu den Karlsbader Beschlussen Halle 1907 Weblinks BearbeitenDigitalisat bei ub bielefeld Einzelnachweise Bearbeiten Brief Ludens an Bertuch vom 14 November 1813 im Weimar Goethe und Schillerarchiv Nachlass Bertuch Nr 5570 unpaginiert Zitiert nach Gerhard Muller Heinrich Luden als Parlamentarier Weimar 1998 S 22 Anmerkung 50 Nemesis 1 Band I Stuck S 11 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nemesis Zeitschrift amp oldid 239308389