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Die Musikalische Sozialisation bezeichnet die auf die Musik bezogene Entwicklung eines Individuums Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsbestimmung 2 Modellvorstellungen 2 1 Modell von A N Sochor 2 2 Modell von W F Prince 2 3 Modell von K E Behne 2 4 Schema von Buchhofer Friedrichs und Ludtke 2 5 Modell von LeBlanc 2 6 Zusammenfassung der Schemata durch Dollase u a 3 Literatur 3 1 Verwendete Literatur 3 2 Weiterfuhrende LiteraturBegriffsbestimmung BearbeitenDer aus den Sozialwissenschaften ubernommene Sozialisationsbegriff hat die musikpsychologische und musikpadagogische Forschung um ein wichtiges Element erweitert Auch musikalisches Handeln kann als ein transaktionaler Prozess zwischen Person und Umwelt betrachtet werden Oerter R 1993 S 254 in Rosing H 1995 S 349 Die Strategien musikalischen Handelns und Verhaltens ergeben sich aus den Aneignungs und Vergegenstandlichungsprozessen des Einzelnen Diese kann man unter zwei Perspektiven beschreiben namlich dem Aspekt der Entwicklung und dem Aspekt der Sozialisation Der musikalische Entwicklungsprozess wird durch verschiedene gesellschafts und kulturspezifische Sozialisationsinstanzen ausgeformt die dazu fuhren dass das Individuum zuerst einmal strukturelle und inhaltliche Merkmale der Musikkultur ubernimmt um sie danach gegebenenfalls zu verandern oder gar zu erneuern Beim Begriff Sozialisation wird die Bedeutung der Sozialisationsinstanzen besonders hervorgehoben die auf den Einzelnen pragend einwirken Dazu gehoren neben der Familie als primare Sozialisationsinstanz auch die verschiedenen Bildungsinstitutionen wie Kindergarten Schule Ausbildung Universitat die eine Person durchlaufen kann die Massenmedien die genutzt werden die Umwelt und Rahmenbedingungen in denen sich das Leben des Einzelnen abspielt geographische Lage soziales Umfeld etc und personenbezogene Komponenten wie Alter Geschlecht Veranlagung Gembris H 1987 in Rosing H 1995 S 349 Die Komplexitat des Sozialisationsbegriffs wird dadurch deutlich dass soziokulturelle und personenabhangige Bedingungsvariablen ineinander ubergreifen und dabei in einen historisch dynamischen Kulturbegriff eingebettet sind Dieser so definierte Sozialisationsbegriff wurde oft in Zusammenhang mit kulturkritischen Analysen gebracht wie z B der nachteilig manipulativen Wirkung von Massenmedien auf das Individuum was aber der Komplexitat von Sozialisationsprozessen kaum Genuge leistet Die Annahme dass ein direkter Zusammenhang zwischen massenmedial verbreiteter Musik und den Musikpraferenzen des Einzelnen besteht wird den sehr differenzierten und realitatsbezogenen Sozialisationsmodellen nicht gerecht Rosing H Oerter R 1993 in Rosing H 1995 S 350 Forschungsbedarf bleibt dennoch hinsichtlich der Anpassung der oben zitierten Modelle an die digitale Revolution hinsichtlich medienbasierter Musik deren Verbreitung und zunehmende Verfugbarkeit Nicht allein der direkte sondern vor allem der zunehmend indirekte Einfluss der Medien auf die Musikpraferenzen des Einzelnen sind entsprechend zu berucksichtigen Modellvorstellungen BearbeitenAlle in der Sozialisationsforschung entworfenen Erklarungsmodelle verdeutlichen auf verschiedene Art dass musikalisches Handeln und Verhalten nachhaltig kulturabhangig und sozial ausgerichtet ist Farnsworth P R 1976 in Rosing H 1995 S 350 Wahrend der Entwicklung der Modellentwurfe lassen sich zwei Strategien erkennen namlich die Reduzierung auf einige wenige kategoriale Kriterien die dann noch je nach Fragestellung weiter ausdifferenziert werden mussen oder die sehr genaue detaillierte Darstellung aller erfassbaren Bedingungsvariablen musikalischen Handelns in einem komplexen Schaubild Modell von A N Sochor Bearbeiten A N Sochor legte 1980 ein Schema der Musikkultur der sozialistischen Gesellschaft vor in dem der Musikkonsument nur eine untergeordnete Rolle einnimmt Laut Sochor sollte er nur ein kleines Radchen im streng institutionalisierten sozialistischen Musikbetrieb darstellen Sochor A N 1980 in Rosing H 1995 S 350 Modell von W F Prince Bearbeiten Bei diesem Erklarungsmodell steht der musikalisch Handelnde im Zentrum des Geschehens Prince veroffentlichte sein Schema als Flussdiagramm um das Verhalten von Musikhorern zu erklaren Prince W F 1977 in Rosing H 1995 S 350 Hier werden personenbezogene Faktoren wie musikalische Ubung und Erfahrung selektive Aufmerksamkeit momentane Stimmung musikalische Praferenzen Formen der Darstellung von musikalischen Strukturen etc in einem sehr komplexen Zusammenhang dargestellt und in Beziehung gesetzt Modell von K E Behne Bearbeiten In diesem Modell wird stark von der Erfahrung als wichtigstem Merkmal fur musikbezogenes Verhalten und Handeln ausgegangen Erfahrungen die der Einzelne im Laufe seines Lebens mit Musik macht verfestigen sich zu Erlebnismustern Antrieb fur diesen Prozess sind neuartige Erfahrungen sowie Dissonanzen in den verfugbaren Wissens und Erfahrungsbestanden Behne K E 1993 S 344 in Rosing H 1995 S 351 Dies geschieht dann wenn jemand der eine negative Einstellung zu geistlicher Musik hat dennoch einen unvoreingenommen gehorten Ausschnitt geistlicher Musik als positiv wahrnimmt Ob diese Art des unbefangenen Horens allerdings wirklich moglich ist ist fraglich Schema von Buchhofer Friedrichs und Ludtke Bearbeiten Erfahrungen beruhen auf sozialisationsbedingten Lernvorgangen die im Schema von Buchhofer Friedrichs und Ludtke zur Entstehung von musikalischen Praferenzen und zur aktuellen Auswahl von Musikstucken in Verbindung mit dem Modell lernen Musik die im Elternhaus gehort o gespielt wurde und dem Kontiguitatslernen Musikerfahrung in bestimmten sozialen Situationen gebracht werden Buchhofer B u a 1974 in Rosing H 1995 S 351 Modell von LeBlanc Bearbeiten Dieses Interaktive Modell zur Entwicklung von Musikpraferenzen ist handlungsbezogen konzipiert und das Ergebnis musikalischer Sozialisation Es ist was die institutionellen lernpsychologischen und personabhangigen Sozialisationsvariablen betrifft zwar hierarchisch aufgebaut aber auch interaktiv angeordnet wenn man es als Regelkreissysteme mit den Hirnaktivitaten des Musikhorers als hauptsachlicher Steuerung betrachtet LeBlanc A 1982 in Rosing H 1995 S 351 Zusammenfassung der Schemata durch Dollase u a Bearbeiten Im Rahmen des gesellschaftlichen Kontextes der sich aus den musikalischen Produktionssystemen Instrumente Notenmaterial Tontrager dem musikalischen Repertoire und dessen Bewertung zusammensetzt wird der Einzelne mit seiner biologischen Veranlagung und seiner physiologischen Konstitution mit objektiven Lebensbedingungen konfrontiert die je nach regionalem und sozialem Umfeld unterschiedlich sind Die wichtigsten Punkte die fur die individuelle musikalische Sozialisation von Bedeutung sind sind der zeitliche und finanzielle Aufwand der fur Musik betrieben wird wann Musik gehort oder gemacht wird und wie sehr das musikalische Handeln von verschiedenen Institutionen wie Medien Gleichaltrigen Schule oder Elternhaus beeinflusst wird Soziale Lernprozesse beinhalten die Akzeptanz bzw die Abgrenzung von bestimmten Musikgeschmackern Assoziatives Lernen bezieht sich darauf dass bestimmte Musik Discomusik Marschmusik Orgelmusik eine bestimmte Wirkung und Funktion ausubt Instrumentelles Lernen beruht darauf dass musikalisches Handeln durch Lob oder Tadel entweder verstarkt oder verhindert wird Zum kognitiven Lernen gehort jede Information uber Musik Komponisten Interpreten Diese Lernprozesse erganzen sich gegenseitig und fuhren zu kulturbezogenen Formen musikalischen Verhaltens die wieder Teil der Musikkultur werden was sich in bestimmten Horgewohnheiten Horstrategien Musikpraferenzen Funktionen von Musik und Reflexionen uber Musik widerspiegelt Rosing H 1992 in Rosing H 1995 S 353 Dieses Modell zeigt zwar Zusammenhange auf aber gibt keine klare Auskunft uber die Bedeutung und Gewichtung der einzelnen Variablen Die angefuhrten Modellvorstellungen sind idealtypische Konstruktionen die empirisch untermauert werden mussen Empirische Daten konnen allerdings auch nicht mehr als ein Oberflachenbild von Sozialisationsprozessen abgeben wenn sie nicht in interpretatorischen Bezug zu den Modellvorstellungen gesetzt werden Literatur BearbeitenVerwendete Literatur Bearbeiten W Pape D Pickert Amateurmusiker Von der klassischen bis zur popularen Musik Frankfurt Main 1999 S 16 39 H Rosing Musikalische Sozialisation In S Helms R Schneider R Weber Hrsg Kompendium der Musikpadagogik Kassel 1995 S 349 371Weiterfuhrende Literatur Bearbeiten K E Behne Musikpraferenzen und Musikgeschmack In Bruhn H u a Hrsg Musikpsychologie Ein Handbuch Reinbek 1993 S 339 353 B Buchhofer u a Musik und Sozialstruktur Theoretische Rahmenstudie und Forschungsplane Koln 1974 R Dollase u a Demoskopie im Konzertsaal Mainz 1986 P R Farnsworth Sozialpsychologie der Musik Stuttgart 1976 H Gembris Musikalische Fahigkeiten und ihre Entwicklung In H de la Motte Haber Hrsg Psychologische Grundlagen des Musiklernens Kassel 1987 S 431 469 A LeBlanc An interactive theory of music preference In Journal of Music Therapy 1982 19 S 28 45 R Oerter Musik und Individuum Handlungstheoretische Fundierung In H Bruhn u a Hrsg Musikpsychologie Ein Handbuch Reinbek 1993 S 253 267 W F Prince A paradigm for research on music listening In B Dopheide Hrsg Horerziehung Darmstadt 1977 S 302 318 H Rosing Musik als Lebenshilfe Funktionen und Alltagskontexte In W Lipp Hrsg Gesellschaft und Musik Wege zur Musiksoziologie Berlin 1992 S 311 331 H Rosing R Oerter Kultur und Musikpsychologie In H Bruhn u a Hrsg Musikpsychologie Ein Handbuch Reinbek 1993 S 43 56 A N Sochor Soziologie und Musikkultur In A N Sochor Hrsg Fragen der Musiksoziologie und Musikasthetik Leningrad 1980 S 10 136 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Musikalische Sozialisation amp oldid 185915962