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Die Umsiedlung der plautdietschen Mennoniten in die Region Altai begann nachdem am 19 September 1906 in der Duma und im Staatsrat eine Gesetzesvorlage uber die Ubergabe von freien Landereien im Distrikt Altai an das Umsiedleramt eingebracht worden war In den Jahren 1907 1908 wurde fur die Umsiedler auch die Kulundasteppe mit einer Flache von uber 600 000 Dessjatinen eine Dessjatine etwa 1 11 Hektar zur Verfugung gestellt Den Umsiedlern wurden gewisse Vergunstigungen eingeraumt ermassigte Eisenbahntarife sie brauchten nur 25 Prozent des normalen Eisenbahntarifs zu entrichten wobei Kinder bis zu zehn Jahren kostenlos mitfahren durften Fur die Beforderung eines Puds Guter auf 100 Werst wurde eine Kopeke erhoben Befreiung von den Gemeinde und staatlichen Steuern in den ersten funf Jahren in den darauffolgenden funf Jahren wurden nur 50 Prozent aller Steuern erhoben spater dann gemass den allgemein geltenden Bestimmungen Freistellung vom Militardienst in den ersten drei Jahren zinsloser Kredit in Hohe von 160 Rubel fur den Erwerb von Landwirtschaftgeraten Saatgut u dgl m Als die Nachricht von dieser Regelung die Mennonitenkolonien auf der Krim in Sudrussland und im Raum Orenburg erreichte erregte dies bei den landlosen und landarmen Kolonisten starkes Interesse Der Preis fur Grund und Boden in den Mutterkolonien war zu dieser Zeit bereits so hoch dass die meisten der landlosen Bauern nicht mehr mit einer Verbesserung ihrer Lage rechnen konnten Daher denn auch der Wunsch dieser landlosen Bauern ihr Gluck im fernen Sibirien zu versuchen Hier sei vermerkt dass Jakob Reimer Vorsteher des Amtsbezirkes Sagradovka im Gouvernement Cherson die Mennonitenkolonien von Samara und Orenburg uber die Plane zur Umsiedlung nach Sibirien informierte Das ist auch der Grund dafur dass die Antrage von den Umsiedlern aus all diesen Orten bei dem Umsiedleramt in Barnaul praktisch zur gleichen Zeit eingetroffen waren was erklart dass ihre Dorfer spater in unmittelbarer Nachbarschaft voneinander gegrundet wurden Ende April 1907 trafen sich in Barnaul die Vertreter von verschiedenen Mennonitensiedlungen und reichten gemeinsam den Antrag ein ihnen in der Kulundasteppe ca 60 000 Dessjatinen Land zur Verfugung zu stellen Ein Angestellter des Umsiedlersamtes bestatigte dass russische Familien auf diesem Land nicht siedeln weil Flusse und Binnenseen fehlten Sehr intensiv verlief die Ubersiedlung der Mennoniten hierher in den Jahren 1907 1909 sie dauerte bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs an In den 19 Siedlungsrevieren grundeten Mennoniten zunachst 31 Dorfer 1 Dorfer Siedlungsrevier ReviergrosseFriedensfeld Orloff Rosenhof Besymjanny Log 4170Ebenfeld Hochstadt Wyssokaja Griwa 2717Landskrone Golenki 1450Alexanderfeld Grischkowka 1880Schonwiese Degtjarka 1895Nikolaidorf Schonsee Djagilewski Nr 2 1871Nikolaipol Rosenwald Schontal Iwanow Log 4631Karatal Karatal 1535Schonau Karlowka Nr 8 1230Alexanderkron Halbstadt Kussak 3132Markowka Markowka 2138Chortitza Perekrjostny 1700Lichtenfeld Petrowka 1645Alexeifeld Protassowo Reinfeld Protassow Log 3304Blumenort Gnadenheim Kleefeld Redkaja Dubrawa 4069Wiesenfeld Stepnoi 1857Gnadenfeld Tiege Stupin Log 3145Alexandrowski Skljarowka 1688Grunfeld Tschertjosch 2605Aus diesen Dorfern sowie aus neun Dorfern die von deutschen Umsiedlern katholischen Bekenntnisses gegrundet wurden entstand am 1 Januar 1910 der Amtsbezirk Orlowo In den nachfolgenden Jahren vollzog sich die Zusammenfassung der von den katholischen Umsiedlern gegrundeten Dorfer zum Amtsbezirk Nowo Romanowka Im Jahre 1916 zahlte der Amtsbezirk Orlowo schon 34 Siedlungen zu den obengenannten waren Schumanowka Berjosowka und Tschernowka hinzugekommen Die Umsiedler die diese Dorfer in der Kulundasteppe grundeten stammten aus den Kolonien an der Molotschna den Amtsbezirken Halbstadt und Gnadenfeld im Landkreis Berdjansk Gouvernement Taurien und aus den Chortitzaer Kolonien Amtsbezirk Chortitza Landkreis Alexandrowsk Gouvernement Jekaterinoslaw einschliesslich ihrer Tochterkolonien Die Zahl der Siedler wird auf etwa 1 200 Familien geschatzt der Anteil der aus Chortiza Stammenden betrug etwa 200 Familien Die ubrigen Mennonitenkolonien auf der Krim in den Gouvernements Orenburg und Samara sowie in Baschkirien usw lieferten nur einen geringen Prozentsatz von Umsiedlern Eine ausserordentlich wichtige Rolle bei der Organisation der Umsiedlung der Mennoniten in die Kulundasteppe spielte die Ansiedlung Sagradowka im Kreis Cherson Gouvernement Cherson die aus 17 Dorfern bestand und in der ersten Halfte der 1870er Jahre von Umsiedlern aus den Kolonien an der Molotschna gegrundet worden war In den Jahren 1906 1912 ubersiedelten aus dieser Ansiedlung 1 847 Personen nach Sibirien darunter 1 726 Personen in das Gouvernement Tomsk Etwas zum Ackerbau den die Neusiedler anwandten Sie brachten die Vierfelderwirtschaft in die Kulundasteppe um hauptsachlich Weizen anzubauen In den ersten beiden Jahren wurde das Feld mit Weizen das dritte aber entweder mit Hafer oder seltener auch mit Gerste bestellt Das vierte Jahr lag das Feld dann brach so dass im Sommer Vieh darauf weidete Im Herbst wurde es erneut mit einem Einscharenpflug beackert Spater kamen aber auch mehrscharige Pfluge Schaldrillpfluge eiserne Eggen Samaschinen Mahmaschinen mit Gespannzug und Garbebindemaschinen zum Einsatz Dreschmaschinen fur Gespannzug waren noch selten Gedungt wurden nur die Gemusegarten denn der Mist wurde als Heizstoff gesammelt weil Steinkohle und Holz nur von weit herangeschafft werden konnten und deshalb teuer waren Obwohl es den Ansiedlern nicht an Fleiss mangelte war es fur sie aufgrund der objektiven Voraussetzungen ausserordentlich schwer eine gute und rentable Wirtschaft aufzubauen Dazu trug in vieler Hinsicht auch bei dass die stadtische Bevolkerung Sibiriens damals nicht mehr als zehn Prozent der Gesamtbevolkerung dieser Region bildete Bei einer durchschnittlichen Getreideernte von 50 Pud pro Dessjatine etwa acht Dezitonnen pro Hektar produzierte Sibirien im Jahre 1909 rund 300 Millionen Pud Getreide Der Eigenbedarf der Region betrug nicht einmal die Halfte dieser Menge Das uberflussige Getreide musste also verkauft werden Doch die hohen Kosten fur den Transport des sibirischen Getreides in den europaischen Teil Russlands machten den Verkauf unrentabel weshalb die Getreidepreise in Sibirien sehr niedrig waren Es kam nicht selten vor dass der Neusiedler das von ihm produzierte Getreide nach Kamen oder nach Pawlodar brachte wo er es zu einem so niedrigen Preis verkaufen musste dass mit dem Erlos kaum die Transportkosten gedeckt werden konnten Der Transport eines Puds Getreide bis Kamen kostete etwa 30 Kopeken wahrend die Weizenpreise in Sibirien zwischen 20 und 70 Kopeken fur das Pud lagen Die von den Ansiedlern benotigten Industrieerzeugnisse wurden aber fast alle von jenseits des Urals gebracht und waren somit infolge ihres langen Transportweges recht teuer So kostete eine Mahmaschine etwa 150 160 Rubel Schon im Jahre 1914 mussten alle Siedlungen und Bezirke die deutsche Bezeichnungen hatten in russische umbenannt werden Im Allgemeinen stutzten sich die russischen Namen auf die Bezeichnungen der Siedlungsreviere in denen die jeweiligen Dorfer lagen Alexanderkron Kussak Alexanderfeld Griskovka Gnadenheim Redkaja Dubrava Grunfeld Certjoz Hochstadt Wyssokaja Griva Lichtenfeld Petrovka Landskrone Golenkij Nikolaidorf Djagilevka Tiege Uglovoje Wiesenfeld Stepnoj Ein Teil der Dorfer wurde durch Ubersetzung der deutschen Bezeichnungen ins Russische umbenannt Ebenfeld Rovnopol Reinfeld Cistoje Rosenwald Lesnoje Halbstadt Polgorod Schonsee Sineosjornoje Alexeifeld Polevoje Eine Reihe von Dorfern bekam Namen die keine direkte Beziehung zur Bezeichnung des Siedlungsreviers oder zu den deutschen Namen hatten Blumenort Podsneznoje Friedensfeld Lugovoje Gnadenfeld Mirnoje Nikolaipol Nikolskoje Rosenhof Dvorskoje Schonau Jasnoje Schontal Krasnyj Dol Kleefeld Krasnoje Der Amtsbezirk Orlovo wurde dann 1924 in den Amtsbezirk Znamenskij eingegliedert und horte auf als eine administrative Einheit zu existieren Im Jahre 1916 wurden die Ansiedlungen im Gouvernement Tomsk von einer Inspektionskommission der Behorde fur Ansiedlerangelegenheiten untersucht so auch im Amtsbezirk Orlowo 2 Anzahl der Dorfer 35Anzahl der Hofe 1051 Bevolkerunggesamt 6659Manner 3083Frauen 3576 Technische AusstattungPfluge 1152Sapfluge 350Pferderechen 57Mahmaschinen 89Garbenbinder 143Samaschinen 112Grasmaher 29Mahmaschinen einfach 463Dreschmaschinen 208Windmuhlen 5Dampf bzw erdolbetriebene Muhlen 4ViehhaltungPferde 5 942Kuhe 2 239Zuchtbullen 40Rinder gesamt 4 514Schafe 338Schweine 4 778 Ackerflache Dessjatinen Weizen 16 357Gerste 1 135Hafer 3 876Hirse 24Sonnenblumen 14Kartoffeln 142Lein 3Bastan 12Sonstiges 8Literatur BearbeitenAziatskaja Rossija Bd 1 Sankt Petersburg 1914 Ocerki Altajskogo kraja Barnaul 1925 Gerhard Fast In den Steppen Sibiriens Rosthern 1952 Sbornik statisticeskich svedenij ob ekonomiceskom polozenii pereselencev v Tomskoj gubernii Ausg 1 Tomsk 1913 Altajsko Tomskaja cast Sibiri po dannym s ch perepisi 1916 goda Tomsk 1927Einzelnachweise Bearbeiten GATO f 239 op 1 d 43A l 15 Transkription angepasst Altajsko Tomskaja cast Sibiri po dannym s ch perepisi 1916 goda Tomsk 1927 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mennonitenansiedlung im Altai amp oldid 183512899