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Der Mansholt Plan war ein Konzept fur die Gemeinsame Agrarpolitik der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft das der damalige Agrarkommissar und Vizeprasident der Kommission Sicco Mansholt im Jahr 1968 prasentierte Der Plan sah umfassende Rationalisierungsmassnahmen in der europaischen Landwirtschaft die Bildung grosserer Wirtschaftseinheiten und die schrittweise Einstellung samtlicher Subventionen vor Heftige Widerstande seitens der europaischen Regierungen und der Bauernverbande fuhrten dazu dass der Mansholt Plan in seiner ursprunglichen Form nicht umgesetzt wurde Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Inhalt 3 Rezeption 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenZwischen 1962 und 1968 wurden in der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft Agrarsubventionen in der Hohe von uber 20 7 Millionen D Mark ausbezahlt uberwiegend in der Form von Exportforderungen und garantierten Mindestpreisen Die Uberproduktion an Lebensmitteln fuhrte erstmals zum Phanomen der Butterberge Mansholt selbst betonte die Dringlichkeit einer Neuausrichtung der Agrarpolitik Wenn wir jetzt nichts tun fliesst uns spatestens 1970 die Butter auf die Strasse 1 Der Mansholt Plan war das Ergebnis einer Arbeitsgruppe von Beamten der Kommission die sich zu regelmassigen Sitzungen in Luxemburg trafen das Konzept wurde unter der Aktenzahl COM 68 1000 im Dezember 1968 den EWG Staaten vorgelegt Das vorgelegte Papier bestand aus sechs Abschnitten wovon der Abschnitt A unter dem Titel Memorandum uber die Reform der Landwirtschaft in der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft als eigentlicher Kern des Mansholt Planes zu betrachten ist Die darin enthaltenen Forderungen waren recht allgemein gehalten Der Plan war zunachst nur als Diskussionsgrundlage gedacht welche ein generelles Bekenntnis zu Reformen hervorrufen sollte Einzelheiten sollten noch nachverhandelt werden Inhalt BearbeitenIm Mansholt Papier wurde die Halbierung der Beschaftigtenzahl in der europaischen Landwirtschaft bis zum Jahr 1980 als Ziel definiert Vier Millionen Bauern Landarbeiter und Familienangehorige sollten eine staatliche Pension erhalten wenn sie ihre Betriebe aufgaben eine Million sollte durch Umschulungsmassnahmen fur die Arbeit in anderen Wirtschaftssektoren qualifiziert werden 1980 sollten so nur noch 6 Prozent aller Beschaftigten in der EWG im Agrarbereich tatig sein fur 1970 rechnete man noch mit einem Anteil von 13 Prozent Diese Massnahme sollte einerseits die Uberalterung der Bauernschaft reduzieren und andererseits uber 20 Millionen Hektar Grund und Boden verfugbar machen 5 Millionen Hektar sollten stillgelegt werden weitere 4 Millionen aufgeforstet die ubrigen Flachen sollten von grosseren rationeller arbeitenden Betrieben bewirtschaftet werden 2 Den damals bereits beobachteten Trend hin zur Nebenerwerbslandwirtschaft betrachtete Mansholt lediglich als Phanomen des Ubergangs welches durch den Prozess der Schaffung leistungsfahiger Grossbetriebe mit der Zeit wieder verschwinden wurde 3 Der Kurs einer forcierten Modernisierung den der Mansholt Plan verfolgte wird auch an der Frage der Betriebsgrosse sichtbar Zur damaligen Zeit betrug die durchschnittliche Wirtschaftsflache eines Bauern in der EWG 11 Hektar diese sollte auf 80 bis 100 Hektar erhoht werden Dies sollte durch gezielte strukturpolitische Massnahmen erreicht werden Kunftig so der Plan seien Subventionen nur noch an kompetitive Betriebe zu vergeben Beispielsweise sollten Bauern die Milchwirtschaft mit weniger als 60 Kuhen betrieben kunftig keine Zuschusse mehr erhalten Die Agrarpreispolitik der EWG habe sich ausschliesslich an Kosten und Bedarf zu orientieren und somit der Marktlogik zu folgen Das Leitbild des bauerlichen Familienbetriebes sollte durch die eher technokratisch ausgerichteten Begriffe der Produktionseinheit und des modernen landwirtschaftlichen Unternehmens ersetzt werden die sozialpolitische Komponente der Preispolitik wurde wegfallen 4 Die Rationalisierung in der Produktion wurde festgelegte Preise mittelfristig uberflussig machen und die Preise fur die Konsumenten tendenziell senken Rezeption BearbeitenMansholts Vorschlage wurden gerade in Deutschland das im EWG Vergleich die hochsten Preise fur Lebensmittel und andere Agrarprodukte aufwies scharfstens zuruckgewiesen auch der Zeitpunkt der Veroffentlichung im Wahlkampf fur die Bundestagswahl 1969 war ungunstig Der Vorsitzende der CSU Landesgruppe im Bundestag Richard Stucklen etwa sagte Nicht funf Millionen Bauern sind zuviel sondern ein Vizeprasident in Brussel 5 Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger erklarte lediglich der Mansholt Plan werde als Diskussionsgrundlage ernst genommen und werde von allen Seiten auch der Bauernschaft gepruft Man musse jedoch auch mogliche Alternativen im Blick behalten 6 Die heftigen Proteste der Bauernschaft in allen Mitgliedsstaaten der EWG in Brussel wurden mehrfach bewaffnete Polizeikrafte aufgeboten um Sicco Mansholt vor Ubergriffen gewaltbereiter Demonstranten zu schutzen fuhrte schliesslich dazu dass der Mansholt Plan praktisch beerdigt wurde die strukturpolitischen Richtlinien auf die man sich im Mai 1971 einigte enthielten nur noch wenig von der ursprunglichen Intention des Kommissars 7 Allerdings kann der Mansholt Plan als Vorlaufer spaterer Reformmassnahmen z B Agenda 2000 verstanden werden die ebenfalls darauf abzielten das marktwirtschaftliche Element in der europaischen Agrarpolitik zu starken Literatur BearbeitenHermann Bohle Hans Bartsch Das Ende der Illusionen Der Mansholt Plan Die Stunde der Wahrheit fur Parlamentarier Minister Steuerzahler und Bauern Europaische Schriften des Bildungswerks Europaische Politik Bd 23 Europa Union Verlag Koln 1969 ISBN 3 7713 0040 1 Weblinks BearbeitenAkten zum Mansholt Plan sind im Historischen Archiv der EU in Florenz Einzelnachweise Bearbeiten Der Spiegel 51 1968 Butter auf die Strasse Rosemary Fennell The common agricultural Policy Continuity and Change Clarendon Press Oxford 2002 ISBN 0 19 828857 3 S 208ff Gunther Burkert Dottolo Das Land gepragt Die Geschichte der steirischen Bauern und ihrer politischen Vertretung Leopold Stocker Verlag Graz Stuttgart 1999 ISBN 3 7020 0851 9 S 199f Kiran Klaus Patel Europaisierung wider Willen Die Bundesrepublik Deutschland in der Agrarintegration der EWG 1955 1973 Oldenbourg Verlag Munchen 2009 ISBN 978 3 486 59146 0 S 429f Der Spiegel 51 1968 Butter auf die Strasse Hans Peter Schwarz Hg Akten zur auswartigen Politik der Bundesrepublik Deutschland Bd 1 Oldenbourg Verlag Munchen 1994 ISBN 3 486 55964 8 S 422 Markus F Hofreiter Origins and development of the Common Agricultural Policy in Michael Gehler Hg From common Market to European Union Building 50 Years of the Rome Treaties 1957 2007 Bohlau Verlag Wien Koln Weimar 2009 ISBN 978 3 205 77744 1 S 333 349 hier S 347 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mansholt Plan amp oldid 188202817