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Das Manifest der 2000 Worte vollstandiger Titel Zweitausend Worte die an Arbeiter Landwirte Beamte Kunstler und alle gerichtet sind tschechisch Dva tisice slov ktere patri delnikum zemedelcum urednikum umelcum a vsem ist einer der wichtigsten Texte des Prager Fruhlings in der Tschechoslowakei von 1968 Es ist ein Zeugnis einer Emanzipation der Offentlichkeit und wurde von Intellektuellen verschiedener Couleur unterzeichnet Das Dokument entstand auf Anregung einiger Mitarbeiter der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften Ceskoslovenska akademie ved u a Otto Wichterle Jan Brod Otakar Poupa und Miroslav Holub Verfasst wurde es im Juni 1968 von dem bekannten Schriftsteller Ludvik Vaculik Das Manifest erschien am 27 Juni 1968 in der kulturpolitischen Zeitschrift Literarni listy und in den Tageszeitungen Lidove noviny Prace Mlada fronta und Zemedelske noviny 1 Es beleuchtete nicht nur die Rolle der Kommunistischen Partei im Prozess des Prager Fruhlings sehr kritisch und forderte eine unbedingte Weiterfuhrung der Reformpolitik gegen die reaktionaren Krafte im In und Ausland sondern ubte auch allgemein heftige Kritik an den Irrtumern des Sozialismus Die Fuhrung der Kommunistischen Partei lehnte das Dokument als eine Misstrauenserklarung gegenuber ihrer Politik ab Die Bevolkerung insbesondere auch die bis dahin eher passive Arbeiterschaft begrusste das Manifest hingegen in einem sturmischen Echo 2 Generell fuhrten die 2000 Worte zu einer weiteren Radikalisierung sowohl der konservativen als auch der reformorientierten Krafte wahrend die Regierung Cernik und die Mehrheit der Parteifuhrung unter Dubcek sich gezwungen sahen zwischen beiden Seiten zu lavieren Inhaltsverzeichnis 1 Wirkung und Reaktionen 2 Einzelnachweise 3 Quellen 4 WeblinksWirkung und Reaktionen BearbeitenDie uberwaltigende Wirkung der 2000 Worte ist unbestritten Sowohl Gegner als auch Befurworter der Reformen in der CSSR waren gezwungen zu dem Manifest Stellung zu beziehen Naturgegebenermassen fiel die Bewertung des Schriftstucks hochst unterschiedlich aus Klare Worte fand am 29 Juni Ministerprasident Cernik wenn er davon sprach dass die Erklarung ob die Autoren es wunschten oder nicht beide Gruppen von extremen Kraften aufstachele und den konstruktiven Aufschwung des sozialistischen Erneuerungsprozesses ernstlich store 3 Der Vorsitzende der Nationalversammlung Smrkovsky ging sogar noch weiter indem er warnte dass eine Aufforderung zu Streik Boykott und Ahnlichem die elementare Sprengladung der Ungesetzlichkeit in sich berge 4 Auch warf er die Frage auf ob ein abstrakter Appell sich an die Gesetze zu halten tatsachlich mehr Autoritat innerhalb der Leserschaft besitze als die konkreten Forderungen nach faktisch ungesetzlichen Massnahmen Weitsichtig warnte er vor politischem Romantismus und fuhrte aus dass ebendieser vorherrsche wenn man von ungenugenden Informationen ausgeht und darum nicht alle in Betracht kommenden inneren wie ausseren Komponenten berucksichtigt die die Entwicklung unserer der tschechoslowakischen Gesellschaft und das Schicksal unseres Erneuerungsstrebens bestimmen 5 Diese Passage in seinem Antwortschreiben auf das Manifest muss als eine feine Anspielung auf die Drohkulisse verstanden werden welche die Tschechoslowakei und ihren Reformprozess einzuengen drohten Ota Sik zog in seinem Buch eine etwas gemassigtere Bilanz Er schrieb zu dem Manifest Auch ich habe dieses Manifest so sehr ich mit seinem Inhalt einverstanden war fur taktisch verungluckt gehalten Die Progressiven waren uberall die wesentlich starkeren und trotz aller Intrigen konnten die Reaktionare die Entwicklung mit inneren Kraften nicht mehr zuruckdrangen Das Manifest hat daher zu diesem Zeitpunkt den Konservativen und Reaktionaren mehr genutzt als den Reformern 6 Der progressive Teil der Regierung war sich in seinen Grundzugen bei der Bewertung dieses Schriftstuckes also einig Sie alle konnten sich zumindest teilweise mit dem Inhalt des Manifests identifizieren kritisierten aber offen Wortwahl und Erscheinungstermin der 2000 Worte Die Anspielung auf die ausseren Krafte durch Smrkovsky muss in diesem Zusammenhang als letzter Versuch gewertet werden die Literaten zu einer gewissen Massigung zu drangen um das Gesamtvorhaben nicht zu gefahrden Eine ablehnende Haltung nahmen naturlich die konservativen Krafte selbst ein Generalmajor Kodaj bezeichnete das Manifest direkt nach seinem Erscheinen als Aufruf zur Konterrevolution 7 und der konservative Kommunist Hajak bezeichnet das Manifest in seiner Ruckschau als provokativ und erklart dass es die weitere politische Entwicklung beschleunigte oder sogar radikalisierte 8 Auch ZK Mitglied Indra verschickte als Antwort auf die 2000 Worte Warnungen vor einer drohenden Konterrevolution an alle Parteiorganisationen Rudiger Wenzke geht in seiner 1990 veroffentlichten Broschure Prager Fruhling Prager Herbst sogar so weit zu konstatieren dass erst mit dem Erscheinen des Manifests der Begriff Konterrevolutionar in den Auseinandersetzungen auftauchte Zumindest die zentral aus Moskau gesteuerte Pravda sah diese Gefahr nun am Horizont In einem Artikel vom 11 Juli konstatierte sie dass es offensichtlicher denn je zuvor ist dass das Auftauchen der 2000 Worte keineswegs eine isolierte Erscheinung sondern ein Beweis fur das Aktivwerden der rechten und ausgesprochen konterrevolutionaren Krafte in der Tschechoslowakei die offenkundig mit der imperialistischen Reaktion liiert ist 9 Die sowjetische Propaganda hatte sich also erstaunlich schnell auf dieses Manifest eingeschossen und suchte nun es zur Unterstutzung ihrer Sichtweise der Dinge in der CSSR auszunutzen Dafur spricht auch der gemeinsam verfasste Brief der funf an dem Einmarsch beteiligten Lander den sie am 15 Juli an die KSC richteten In diesem wird das Manifest in einen grosseren Zusammenhang eingeordnet indem behauptet wird dass gerade dadurch Gemeint ist das zu vorsichtige Eingreifen des ZK gegen die verstarkten Angriffe der vermeintlichen Reaktion erhielt die Reaktion die Moglichkeit offentlich mit einer im ganzen Land verbreiteten politischen Plattform unter dem Namen 2000 Worte hervorzutreten die einen offenen Appell zum Kampf gegen die kommunistische Partei gegen die verfassungsmassige Macht enthalt die zu Streiks und Unruhen aufruft 10 Tatsachlich war also nun eingetreten was der Vorsitzende der Nationalversammlung Smrkovsky vermutet hatte Die sowjetische Seite nutzte das Manifest geschickt aus und versuchte den Eindruck zu vermitteln Prag stunde kurz vor einer imperialistischen Konterrevolution Allen Beteiligten musste spatestens jetzt klar sein dass Moskau den Reformverlauf als unnotig und kontraproduktiv beurteilte Ebenfalls klar wird in dem Brief darauf hingewiesen dass die Sowjetunion weitere Schritte in diese Richtung nicht dulden wurde 11 und die Angelegenheit zukunftig nicht mehr unter dem Blickpunkt der Souveranitat sondern unter dem der gemeinsamen Abwehr des Imperialismus betrachten wurde Einzelnachweise Bearbeiten Angaben aus Dva tisice slov online svedomi cz Memento vom 14 Mai 2006 im Internet Archive tschechisch Eleonora Schneider Prager Fruhling S 108 Skibowski Klaus Otto Hrsg Schicksalstage einer Nation S 29 Domes Alfred Prag 21 August 1968 S 18 Domes Alfred Prag 21 August 1968 S 18 Sik Ota Prager Fruhlingserwachen S 249 Sager Peter Brugger Christian Hrsg Prag 1968 S 63 Hajak Jiri Demokratisierung und Demontage S 148 Wenzke Rudiger Prager Fruhling Prager Herbst S 8 Skibowski Klaus Otto Hrsg Schicksalstage einer Nation S 34 Kountouroyanis Konstantin Das Netz der Zensur Zum Tod eines zeitlosen Kritikers Ein Nachruf auf Ludvik Vaculik in prag aktuell 13 Juni 2015 hier der Absatz Auf 2000 Worte rollten hunderte Panzer Quellen BearbeitenEleonora Schneider Prager Fruhling und samtene Revolution Soziale Bewegungen in Gesellschaften sowjetischen Typs am Beispiel der Tschechoslowakei IZE Aachen 1994 ISBN 3 930528 11 8 Weblinks BearbeitenManifest 2000 slov tschechischer Originaltext Manifest der 2000 Worte Deutsche Version Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Manifest der 2000 Worte amp oldid 239275687