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Der Lokator lat locator Verpachter Grundstucksverteiler von lat col locare zuweisen vermieten errichten ansiedeln auch magister incolarum in Mecklenburg und Pommern auch possessor oder cultor ahnlich dem Reutemeister in Suddeutschland war ein mittelalterlicher Subunternehmer der meist im Auftrag eines Landes oder Grundherrn fur die Urbarmachung Vermessung und Zuteilung von zu erschliessendem Land verantwortlich war Daruber hinaus warb er Siedler fur diese Zwecke an stellte fur die Ubergangszeit z B wahrend der Rodung den Lebensunterhalt zur Verfugung und besorgte Arbeitsmaterialien und gerate Saatgut Zugtiere Eisenpfluge u a Er spielte somit eine wichtige Rolle bei der Grundung von Stadten und Dorfern sowie der Urbarmachung von unbewirtschaftetem Land wahrend der Binnenkolonisation in Norddeutschland und der deutschen Ostsiedlung und war somit an deren Erfolg beteiligt Eine Szene aus dem Sachsenspiegel zeigt einen Lokator mit Hut wahrend der deutschen Ostsiedlung um 1300 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen Aufgaben und Vorgehensweise 1 1 Auftrag zur Besiedlung 1 2 Rechtliche Grundlagen 1 3 Soziale Stellung 1 4 Vorgehensweise und Aufgaben 1 5 Technischer Hintergrund 2 Der Lokator nach Beendigung des Siedlungsbaus 2 1 Wirtschaftlicher Hintergrund 2 2 Soziale Stellung Rechte und Pflichten 2 3 Alternative Vorgehensweise 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGrundlagen Aufgaben und Vorgehensweise BearbeitenAuftrag zur Besiedlung Bearbeiten Der Auftrag zur Besiedlung des zu erschliessenden Landes erfolgte zumeist durch einen adligen oder geistlichen Landesherren bzw durch einen Grundherrn der hierfur vorher die landesherrliche Genehmigung einzuholen hatte 1 Allerdings wurden auch Dorfer ohne vorherige Erlaubnis an Lokatoren zur Urbarmachung ausgesetzt oder Siedler handelten auf eigene Faust Bezuglich der Aufgaben bei der Urbarmachung und Stellung in der neuen Siedlung ist es von Bedeutung zwischen Stadtlokatoren und Dorflokatoren zu differenzieren Rechtliche Grundlagen Bearbeiten Die rechtliche Grundlage fur die Entstehung einer neuen Siedlung bildete der Lokationsvertrag lat locatio 2 Dieser wurde entweder direkt zwischen dem Landesherrn und dem beauftragten Lokator geschlossen oder zwischen Grundherr und Lokator Im Lokationsvertrag wurden die vorher mit dem Landesherrn abgesprochenen Lokationsprivilegien sowie die Zehntregelungen u a festgehalten 3 Vertraglich wurde somit der Rechts und Organisationswechsel bei den deutschen Ostsiedlungen der Wechsel vom polnischen zum deutschen Recht Vergunstigungen fur Lokator und Siedler sowie Pflichten und steuerliche Abgaben geregelt Hierzu gehorte auch die Vorgabe die Felder gegen Uberschwemmungen oder andere Natureinflusse zu sichern oder die Siedlung z B durch das Ausheben eines Grabens gegen Feinde zu schutzen Der Lokationsvertrag hatte fur Siedler und Lokator somit eine verpflichtende Wirkung gegenuber dem Grundherrn bildete aber auch eine gesetzliche Grundlage die rechtliche Sicherheit fur die Siedlung und ihrer Bewohner bedeutete Oftmals beinhaltete die locatio auch Strafklauseln die im Falle einer gescheiterten Besiedlung den Entzug der Privilegien und eine Geldstrafe fur den Lokator nach sich zogen Soziale Stellung Bearbeiten Lokatoren gehorten hauptsachlich dem niederen Adel oder der Schicht der Stadtburger an Sie waren Ritter oder Vasallen der Landesherren Oft waren es auch Personen die angesehenen Berufen nachgingen wie Munzmeister oder konigliche Dienstmanner Zudem verfugten sie meist uber hinreichend Erfahrung bzw eine in der damaligen Zeit gute Ausbildung Es gibt auch Berichte uber einfache Bauern die sich als Lokatoren betatigten diese Vorgehensweise war jedoch eher unublich Denn meist mussten die Lokatoren uber ein grosseres Vermogen und uber gute gesellschaftliche Verbindungen verfugen Die Grund und Landesherren bevorzugten es Lokationsauftrage an Personen zu vergeben die keine oder nur geringfugige finanzielle Unterstutzung benotigten um so ihr eigenes Risiko zu minimieren Vorgehensweise und Aufgaben Bearbeiten Der Lokator kann als Mittelsmann zwischen Grundherrn und Siedlern bezeichnet werden der in erster Linie fur die Anwerbung zustandig war Oftmals leitete oder unterstutzte er die vom Grundherrn eingeleitete Werbekampagne Den Aufbau der zu entstehenden Ortsanlage fuhrte er in eigener Regie und Verantwortung durch und verteilte die Aufgaben im Zuge der Urbarmachung Zu den grundlegenden Aufgaben des Lokators gehorten zudem das Vermessen des zugeteilten Landes und dessen Verteilung an die einzelnen Siedler Hierbei leitete er oftmals das Losverfahren oder teilte das Land moglichst gerecht zu um Konfrontationen von Anfang an zu vermeiden Ausserdem stellte er Saatgut Gerat und andere Arbeitsmaterialien zur Verfugung die fur die Siedlungsgrundung Urbarmachung gerade bei der Ostsiedlung etwa die Trockenlegung sumpfigen Gebietes und andere Aufgaben notig waren Auch Vorschusse fur Anschaffungen sowie den Lebensunterhalt fur die Siedler in der Ubergangszeit wurden meist vom Lokator getragen Der Lokator war zudem der Stellvertreter fur die Siedler die er betreute Technischer Hintergrund Bearbeiten Beobachtungen von Bergen aus und Rauchzeichen als Orientierungspunkte waren Mittel mit denen der Lokator das Land grob eingrenzte Zur genaueren Abmessung der Siedlung wurden bei stark bewaldeten Gebieten Baume angeritzt und in offenem Gelande das Areal mit einem Pflug eingegrenzt Die Einteilung und Zuteilung der einzelnen Flurstucke fur die Siedler erfolgte in der Landvermessung meist durch Messruten oder Messseile Massgrundlage war je nach Siedlung entweder die flamische Hufe ca 16 Hektar oder die frankische Hufe ca 24 Hektar Der Lokator nach Beendigung des Siedlungsbaus BearbeitenMit der Grundung einer Siedlung war die eigentliche Aufgabe eines Lokators erledigt Wenn es sich um keinen professionellen Lokator handelte der zur Grundung weiterer Siedlungen uberging blieb der Lokator am Grundungsort wohnen und nahm dort eine hervorgehobene Stellung ein Wirtschaftlicher Hintergrund Bearbeiten Der Lokator erhielt meist mehr Land als die anderen Siedler und musste auf dieses im Gegensatz zu den anderen Siedlungsbewohnern keine oder nur sehr geringe Abgaben leisten Ausserdem unterstand ihm die Gerichtsbarkeit nach dem im Lokationsvertrag angewandten Recht oft als sogenannter Lehnschulze 4 Daraus erzielte Gebuhren sowie Abgaben durfte der Lokator teilweise behalten meist 1 3 der Summe wobei 2 3 an den Landesherrn zu entrichten waren Soziale Stellung Rechte und Pflichten Bearbeiten Auch andere Begunstigungen wie das Recht ein Amt in der neuen Siedlung auszuuben oft das des Schulzen oder einer bestimmten Tatigkeit Brauereiwesen Ausschank nachzugehen waren Privilegien die der Lokator genoss und die ihm zu Wohlstand und sozialem Aufstieg innerhalb der Siedlung verhalfen Der Bau einer Muhle in der die Siedler ihr Getreide mahlen lassen mussten war ebenfalls oft dem Lokator gestattet und bedeutet hinsichtlich der dadurch anfallenden Gebuhren eine zusatzliche Einnahmequelle wobei der Grossteil dieser Einnahme meist dem Grundherrn zustand Ausserdem wurden die entstandenen Siedlungen oftmals nach ihrem Lokator benannt Beispiele hierfur gibt es zuhauf Diedersdorf Dittmannsdorf Dittersbach Petersheide Heinersdorf u a Oft zeigte der Siedlungsname auch an woher die Siedler und der Lokator kamen Frankenfelde Flemmingen Sachsenfeld Schoobsdorf u a Auch die Endungen der Ortsnamen sind deutliche Hinweise auf die Herkunft der damaligen Siedlungsbewohner Alternative Vorgehensweise Bearbeiten Manche Lokatoren verkauften nach Fertigstellung der Siedlung ihre Rechte und Privilegien und betatigten sich andernorts wieder als Lokator Hieraus resultierte eine vergleichsweise hohe Professionalisierung des Lokaturentums Manche Lokatoren konnten daher als Berufslokatoren bezeichnet werden Literatur BearbeitenMatthias Hardt Linien und Saume Zonen und Raume an der Ostgrenze des Reiches im fruhen und hohen Mittelalter In Walter Pohl Helmut Reimitz Hrsg Grenze und Differenz im fruhen Mittelalter Denkschriften Osterreichische Akademie der Wissenschaften Philosophisch Historische Klasse 287 Band Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 2000 ISBN 978 3 7001 2896 0 S 39 57 Matthias Hardt Formen und Wege der hochmittelalterlichen Siedlungsgrundung In Enno Bunz Hrsg Ostsiedlung und Landesausbau in Sachsen die Kuhrener Urkunde von 1154 und ihr historisches Umfeld Schriften zur Sachsischen Geschichte und Volkskunde Band 23 Leipziger Universitatsverlag Leipzig 2008 ISBN 978 3 86583 165 1 S 143 160 Herbert Helbig Hrsg Mittel und Norddeutschland Ostseekuste Urkunden und erzahlende Quellen zur deutschen Ostsiedlung im Mittelalter Band 1 Darmstadt 1975 ISBN 3 534 05960 3 Franz Kossler Die Nachfahren des Lokators zur Siedlungsgeschichte einer deutschsprachigen Landschaft im bohmisch mahrischen Raum Hess Bad Schussenried 2010 ISBN 978 3 87336 913 9 Paul Richard Kotzschke Das Unternehmertum in der ostdeutschen Kolonisation des Mittelalters Bautzen 1894 Diss Josef Joachim Menzel Der Beitrag der Urkundenwissenschaft zur Erforschung der deutschen Ostsiedlung am Beispiel Schlesiens In Walter Schlesinger Hrsg Die deutsche Ostsiedlung des Mittelalters als Problem der europaischen Geschichte Reichenau Vortrage 1970 1972 Sigmaringen 1975 S 131 159 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Lokator Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Veroffentlichungen im Opac der Regesta Imperii zu locator zu lokator Einzelnachweise Bearbeiten A XVI Urkundenbuch des Erzstifts Magdeburg I Nr 310 UB Kloster U L F Magdeburg Nr 33 Winter Pramonstratenserurkunde Nr 7 Kotzschke Nr 18 v Mulverstedt Reg archiep Magdeburg I Nr 1442 Menzel 1975 S 146 A XVI Urkundenbuch des Erzstifts Magdeburg I Nr 310 UB Kloster U L F Magdeburg Nr 33 Winter Pramonstratenserurkunde Nr 7 Kotzschke Nr 18 v Mulverstedt Reg archiep Magdeburg I Nr 1442 Heinrich Kaak Das brandenburgische Dorf als Schauplatz sozialer und wirtschaftlicher Entwicklungen 15 bis 19 Jahrhundert S 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lokator amp oldid 229501566