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Dieser Artikel beschreibt den Begriff Leistungsgrad aus dem Arbeitsstudium vgl a Arbeitswissenschaft Zum physikalischen Begriff Leistungsgrad siehe Intensitat Physik zum technischen siehe Netto Gesamtanlageneffektivitat Leistungsgrad Der Leistungsgrad ist ein beurteilter prozentualer Zu oder Abschlag zu einer in Zeit gemessenen menschlichen Arbeitsleistung und dient dazu individuelle Leistungsauspragungen bei der Ubertragung auf Kollektive zu normalisieren 1 Der Leistungsgrad kann nicht gemessen sondern muss durch einen ausgebildeten Arbeitsorganisator fruher Arbeitsstudienmann bei einer REFA Zeitaufnahme beurteilt werden Inhaltsverzeichnis 1 Definition im Arbeitsstudium 2 Leistungsgradbeurteilung 2 1 Vorgehen bei der Leistungsgradbeurteilung 2 2 Umgang mit stark abweichenden Leistungsgraden 2 3 Messbarkeit des Leistungsgrades 2 4 Haufigkeit von Leistungsgradbeurteilungen 2 5 Leistungsgrad und Zeitgrad 3 Neuere Begriffsverwendung 4 Geschichte des Leistungsgrads 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseDefinition im Arbeitsstudium BearbeitenWenn zwei Menschen die gleiche Aufgabe ausfuhren dann gibt es im Ergebnis also dem was produziert oder geleistet wurde oft einen Unterschied Dieser Unterschied erklart sich durch auf unterschiedliche Fahigkeiten Fertigkeiten und Leistungsbereitschaften der Arbeitspersonen beruhenden Intensitat und Wirksamkeit ihrer Arbeit Wenn eine solche Arbeitsleistung gemessen werden soll dann muss zusatzlich zur Leistungs und Zeitmessung ein Faktor beurteilt werden der diese Unterschiede ausgleicht Dieser Faktor heisst Leistungsfaktor oder in Prozent ausgedruckt der Leistungsgrad 2 Durch Anwendung eines solchen Leistungsgrades auf gemessene Arbeitsleistungen erzeugt man eine Bezugsleistung 100 Leistung die als Vorgabezeit fur andere Arbeitende als Grundlage fur die Entgeltfindung und als Sollzeit fur ahnliche Aufgaben verwendet werden kann Der REFA Verband definiert die Bezugsleistung als Die einer Soll Zeit zugrundeliegende Leistung wird mit Bezugsleistung bezeichnet Im allgemeinen erhalt die Bezugsleistung den Leistungsgrad 100 REFA 2 Damit ist Leistungsgrad beobachtete Istleistung vorgestellte Bezugsleistung 100 displaystyle text Leistungsgrad cong frac text beobachtete Istleistung text vorgestellte Bezugsleistung cdot 100 nbsp Man kann den Leistungsgrad auch als Leistungsfaktor angeben In diesem Falle gilt Leistungsfaktor beobachtete Istleistung vorgestellte Bezugsleistung displaystyle text Leistungsfaktor cong frac text beobachtete Istleistung text vorgestellte Bezugsleistung nbsp Diese Gleichungen konnen nur gelten wenn die sieben Systemfaktoren des Arbeitssystems weitgehend ubereinstimmen Unter der hier angesprochenen Leistung versteht man die Mengenleistung also Ausgabe Zeit 3 Erweitert man die Formeln damit so ergibt sich Leistungsgrad beeinflussbare Istmengenleistung bei beobachtetem Bewegungsablauf Bezugsmengenleistung bei vorgestelltem Bewegungsablauf 100 Istzeit Sollzeit displaystyle text Leistungsgrad cong frac text beeinflussbare Istmengenleistung bei beobachtetem Bewegungsablauf text Bezugsmengenleistung bei vorgestelltem Bewegungsablauf cdot 100 cong frac text Istzeit text Sollzeit nbsp So definiert auch der REFA Verband Der Leistungsgrad druckt das Verhaltnis von beeinflussbarer Ist zur beeinflussbaren Bezugsmengenleistung in Prozent aus REFA 2 Diese sehr theoretische Betrachtung fuhrt zu dem praktischen Problem der Leistungsgradbeurteilung Leistungsgradbeurteilung Bearbeiten nbsp Vorgehen bei der LeistungsgradbeurteilungDer Leistungsgrad ist nach der REFA Methodenlehre ein zu beurteilendes Kriterium bei Zeitstudien Der Leistungsgrad druckt das Verhaltnis von einer gedachten als der Dauerleistungsgrenze angesehenen Arbeitsleistung zu der gerade beobachteten aus Die Leistungsgradbeurteilung engl pace rating stellt den methodisch umstrittensten Teil der REFA Zeitaufnahme dar Da die menschliche Leistung bei einer Zeitaufnahme durch die Umstande der Beobachtung bedingt oder willentlich systematisch verfalscht sein kann wird ein Korrektiv gebraucht Das Ergebnis einer Zeitaufnahme soll ja in der Regel als Sollzeit fur Kalkulationen und Planungen oder gar als Vorgabezeit in einem Leistungsentgelt benutzt werden Somit darf sie einerseits den Menschen nicht uberfordern andererseits den Betrieb nicht ubervorteilen Zudem soll das Ergebnis zu reproduzierbaren Werten fuhren das heisst zwei Zeitnehmer mussen unabhangig voneinander zu einem vergleichbaren Ergebnis kommen REFA beschreibt es wie folgt Das Leistungsgradbeurteilen besteht darin dass der Arbeitsstudienmann das Erscheinungsbild des Bewegungsablaufs beobachtet und mit dem Bild des vorgestellten Bewegungsablaufs vergleicht um aus diesem Verhaltnis einen Schluss auf die mutmasslich erreichte Mengenleistung im Verhaltnis zur Bezugs Mengenleistung zu ziehen REFA 2 Vorgehen bei der Leistungsgradbeurteilung Bearbeiten Man geht fur die Beurteilung davon aus dass der Zeitnehmer genaue Sachkenntnis uber den Arbeitsablauf hat und aufgrund seiner Ausbildung eine ausreichend gute Vorstellung davon entwickelt wie der Bewegungsablauf aussehen musste wenn der Arbeitende die Arbeit acht Stunden lang ohne Nachlassen im Arbeitstempo und ohne zusatzliche Ermudung durch die Arbeit durchfuhren wollte Er beurteilt dies anhand der Geschwindigkeit Intensitat und dem Konnen der Arbeitsperson Wirksamkeit um die Abweichung zur vorgestellten Bezugsleistung festzulegen Eine solche Beurteilung lasst sich nicht nachmessen Durch grundliche Ausbildung und Ubung kann ein Zeitnehmer aber erreichen dass seine Ergebnisse sich nur unwesentlich von denen einer Gruppe anderer Zeitnehmer unterscheidet Die von REFA genannten Kriterien zur Geschwindigkeit Intensitat sind stark vom Arbeitsvorgang abhangig und lassen sich teilweise uberhaupt nicht von der Wirksamkeit trennen die Wirkung eines Hammerschlags ist direkt von der Ausfuhrungsgeschwindigkeit abhangig Andererseits nennt REFA eine Vielzahl von Kriterien zur Wirksamkeit Wirksamkeit ist ein Ausdruck fur die Gute der Arbeitsweise der Arbeitsperson Die Wirksamkeit ist daran zu erkennen wie gelaufig zugig beherrscht harmonisch sicher unbewusst ruhig zielsicher rhythmisch locker gearbeitet wird REFA 2 Der Zeitnehmer entwirft also eine Vorstellung wie eine solche Leistung aussieht setzt dieses Bild gleich 100 Bezugsleistung vergleicht was der Arbeitende gerade tut damit und beurteilt ob und wie viel das schneller oder langsamer ist als seine 100 Vorstellung Umgang mit stark abweichenden Leistungsgraden Bearbeiten Die Zielsetzung der Zeitaufnahme namlich eine Zeit fur durchschnittlich geeignete und geubte Arbeitspersonen zu ermitteln schliesst die Beobachtung von extrem abweichenden Ablaufen aus Der beurteilbare Bereich beginnt bei 80 und geht in Funfer Schritten also 85 90 95 bis 120 Besonders geubte Zeitnehmer konnen daruber hinaus Leistungsgrade bis circa 135 ausreichend realistisch beurteilen Hierzu ist aber ein sehr hohes Erfahrungswissen des Zeitnehmers notwendig das sich durch eine besondere Ubung in der Beurteilung verschiedener Tatigkeiten idealerweise in verschiedenen Branchen ergibt Leistungen die unter oder oberhalb dieser Grenzwerte liegen sind nur ausserordentlich schwer zu beurteilen Ublicherweise wird ein Zeitnehmer solche extremen Ablaufe beobachten aber in der Zeitstudie als nicht verwendbar markieren sofern die Zeitaufnahme zyklisch also an mehreren gleichen Teilen ausgefuhrt wird und sich anschliessend eine durchschnittliche Zeit je Einheit ergibt Bei Arbeitsablaufen die langwierig und nur einmalig ausgefuhrt werden ist ein solches Verwerfen von Zeitwerten nicht immer moglich Um in einem solchen Fall die Auswirkung eines einmalig niedrigen Leistungsgrades unterhalb von 80 auf eine Gesamtzeit einzuschranken sollte auch bei einer solchen Zeitaufnahme die Leistungsgradbeurteilung an moglichst vielen Messwerten durchgefuhrt werden um somit den Anteil an Zeiten mit realistischen und qualitativ gut beurteilten Leistungsgraden zu erhohen Die Zeitabweichung durch eine ungenaue Leistungsgradbeurteilung unterhalb von 80 ist dann im Verhaltnis zur Gesamtausfuhrungszeit des Ablaufes vernachlassigbar Liegt eine beobachtete Leistung dauerhaft ausserhalb des zulassigen Beurteilungsbereiches so sollte eine Zeitstudie abgebrochen und mit einer geeigneteren Arbeitsperson fortgesetzt besser wiederholt werden Ursache von anhaltend niedrigem Leistungsgraden ist in der Regel mangelnde Ubung und Unterweisung des Mitarbeiters oder in ganz seltenen Fallen Leistungsverweigerung Mangelnde Ubung ist zumeist auch durch haufige Unterbrechungen des Ablaufes zur Orientierung bemerkbar Messbarkeit des Leistungsgrades Bearbeiten Da der Leistungsgrad aus einer komplexen Mischung aus Intensitat und Wirksamkeit entsteht die in ihrem Zusammenwirken schwerlich messbar und damit nicht objektivierbar ist spricht man heute von Beurteilung Der fruher ubliche Begriff Leistungsgradschatzung ist deswegen nicht richtig weil eine geschatzte Grosse prinzipiell nachmessbar ist Die Subjektivitat der Leistungsgradbeurteilung ist unvermeidbar und eingestanden Es ist deswegen notwendig Zeitnehmer so zu trainieren dass sie zu moglichst ubereinstimmenden Urteilen kommen Dass dies moglich ist zeigt sich regelmassig in den einschlagigen Ausbildungen Ein solches Training und die Erfahrung machen einen guten Zeitnehmer aus Haufigkeit von Leistungsgradbeurteilungen Bearbeiten Leistungsgrade sollten moglichst haufig wahrend einer Zeitstudie beurteilt werden um somit Fehler durch Subjektivitat und dem System der Beurteilung in 5 Schritten nach dem Fehlerausgleichsgesetz von Gauss der Gesamtfehler ist geringer als die Einzelfehler auszugleichen Leistungsgrad und Zeitgrad Bearbeiten Haufig wird der Begriff Leistungsgrad falschlicherweise mit dem Begriff Zeitgrad gleichgesetzt und die Leistungsgrade einer Zeitstudie mit dem Zeitgrad verglichen Der Leistungsgrad wird jedoch nur fur Haupt und Nebentatigkeiten beurteilt Der Zeitgrad dagegen bezieht sich auf eine Mengenleistung in einer Periode Der Leistungsgrad fuhrt zu einer Beeinflussung der Haupt und Nebenzeit einer Vorgabezeit Zusatzlich gehen aber auch Wartezeiten immer mit 100 in die Grundzeit ein Somit wird durch die Leistungsgradbeurteilung nur ein Teil der Grundzeit beeinflusst Auf die gemessene Grundzeit wird noch eine sachliche und eine personliche Verteilzeit in Form von prozentualen Zuschlagen aufgeschlagen die idealerweise in einer Verteilzeitstudie gewonnen werden sehr oft allerdings das Ergebnis einer betrieblichen Ubung sind oder sich aus Tarifvertrag ergeben Die daraus entstehende Gesamtzeit die Zeit je Einheit ist anschliessend die Basis zur Berechnung des Zeitgrades Neuere Begriffsverwendung BearbeitenIn der Prozesskostenrechnung sickert allem Anschein nach durch die Ubersetzung des englischen Begriffs Level of Performance ins Deutsche als Leistungsgrad eine Bedeutung in die Sprache die das Verhaltnis von erbrachter zur moglichen Leistung meint Tatsachlich ware eine Ubersetzung mit Zeitgrad obwohl der Begriff sich definitionsgemass nur auf den Menschen bezieht jedoch angemessener Die Kennzahlendefinition Level of Performance ist bisher weder im Englischen und angesichts der fehlerhaften Ubersetzungen erst recht nicht im Deutschen eindeutig und abgeschlossen Eine angesichts der mit der Marktbedeutung verbundenen sprachlichen Definitionsmacht in diesem Zusammenhang beachtliche Alternative ist der Nutzungsgrad in dem Sinne wie ihn die SAP AG benutzt Als Ausdruck fur die Verluste an einer Kapazitat die auch ein Mensch sein kann aus technischen und organisatorischen Storungen Im Arbeitsstudium entspricht diese Grosse der Verteilzeit Geschichte des Leistungsgrads BearbeitenBereits gegen Ende des 19 Jahrhunderts wurde im Scientific Management die Beobachtung erforscht dass einzelne Arbeiter eine Tatigkeit schneller als andere ausfuhrten Taylor nahm dies zum Anlass nach dem so genannten one best way einer Arbeitsausfuhrung systematisch mittels Zeitaufnahmen zu suchen um diesen dann zusammen mit einer Vorgabezeit zu normieren und die jeweiligen Mitarbeiter entsprechend zu unterweisen Seit 1911 gibt es ein System zur Leistungsgradbeurteilung nach dem amerikanischen Ingenieur Charles Bedaux 1886 1944 Er trennte erstmals den Leistungsgrad in die Komponenten Bewegungsgeschwindigkeit und Wirksamkeit auf und verfeinerte die Normen fur Erholungszeitzuschlage 4 Das Problem wurde von Frank Bunker Gilbreth 1886 1924 und seiner Frau Lillian aufgegriffen die mit Bewegungsstudien Applied Motion Study 1917 sowie Ermudungsstudien Fatigue Studies 1918 weitere Teile zur Losung beitrugen 4 Siehe auch BearbeitenErholungszeit TaylorismusEinzelnachweise Bearbeiten Christopher Schlick Ralph Bruder Holger Luczak Arbeitswissenschaft 3 vollstandig uberarbeitete und erweiterte Auflage Heidelberg Springer 2010 S 674 ISBN 978 3 540 78332 9 a b c d e REFA Verband fur Arbeitsstudien und Betriebsorganisation Hrsg Methodenlehre des Arbeitsstudiums Teil 2 Datenermittlung Munchen Hanser 1978 ISBN 3 446 12704 6 Seite 125 ff REFA Verband fur Arbeitsstudien und Betriebsorganisation Hrsg Methodenlehre des Arbeitsstudiums Teil 1 Grundlagen Munchen Hanser 1984 ISBN 3 446 14234 7 Seite 107 111 a b REFA Verband fur Arbeitsstudien und Betriebsorganisation Hrsg Methodenlehre des Arbeitsstudiums Teil 1 Grundlagen Munchen Hanser 1984 ISBN 3 446 14234 7 Seite 27 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leistungsgrad amp oldid 235861262