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Mit Leipziger Volkszeitung Entscheidung wird in der deutschen Rechtswissenschaft ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes BVerfG vom 3 Oktober 1969 bezeichnet in dem sich das Bundesverfassungsgericht mit der Bedeutung der Rezipientenfreiheit als selbstandiges Grundrecht auseinandersetzt 1 Logo auf den Entscheidungen des Verfassungsgerichts Inhaltsverzeichnis 1 Sachverhalt 2 Zusammenfassung der Entscheidung 3 Aus den Grunden 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseSachverhalt BearbeitenDer Beschwerdefuhrer liess sich von einem Bekannten Tageszeitungen aus der DDR schicken Die Zollbehorden behielten ein Exemplar der Leipziger Volkszeitung vom 8 Mai 1964 ein weil das Landgericht Luneburg diese Ausgabe wegen Staatsschutzdelikten eingezogen hatte Das Landgericht begrundete seine Entscheidung damit dass mit dieser Ausgabe die SED die verbotene KPD fordern wollte um in der Bundesrepublik schliesslich eine Gewalt und Willkurherrschaft wie in der DDR einzurichten Der Beschwerdefuhrer erhob Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichtes Das Bundesverfassungsgericht hob den Einziehungsbeschluss auf Zusammenfassung der Entscheidung BearbeitenDas Bundesverfassungsgericht stellte in diesem Beschluss fest dass die Rezipienten oder Informationsfreiheit ein selbstandiges Grundrecht neben Meinungs und Pressefreiheit darstellt Dieses Grundrecht wurde erst nach 1945 aufgrund der Erfahrungen mit der staatlichen Lenkung der Information und Gleichschaltung im NS Staat in Deutschland eingefuhrt Die Informationsfreiheit hat zwei Komponenten das Demokratieprinzip nach Art 20 Abs 1 GG und das Personlichkeitsrecht aus Art 2 Abs 1 in Verbindung mit Art 1 Abs 1 GG denn zur Entfaltung als Personlichkeit gehort die Information als elementares Bedurfnis dazu Die Freiheit sich aus allgemein zuganglichen Quellen informieren zu konnen sog Rezipientenfreiheit tragt wesentlich zur Willensbildung im demokratischen Prozess bei sie darf keiner staatlichen Beeinflussung unterliegen Es ist auch unerheblich ob es sich um eine unverlangt zugesandte Information oder um eine angeforderte Information handelt der Zugang zur Information ist gleichfalls geschutzt Aus den Grunden Bearbeiten Die deutsche Verfassungsgeschichte kennt bis zum Jahre 1945 kein eigenstandiges Grundrecht sich aus allgemein zuganglichen Quellen ungehindert zu unterrichten Anlass fur die selbstandige verfassungsrechtliche Gewahrleistung der Informationsfreiheit im Grundgesetz waren die Erfahrungen mit den zur nationalsozialistischen Regierungspraxis gehorenden Informationsbeschrankungen der staatlichen Meinungslenkung den staatlichen Abhorverboten fur auslandische Rundfunksender und den Literatur und Kunstverboten Die Informationsfreiheit steht in der grundgesetzlichen Ordnung gleichwertig neben der Meinungs und Pressefreiheit Sie ist kein blosser Bestandteil des Rechts der freien Meinungsausserung und verbreitung Fur die in Art 5 Abs 1 Satz 1 GG gewahrleistete Informationsfreiheit sind danach zwei Komponenten wesensbestimmend Einmal ist es der Bezug zum demokratischen Prinzip des Art 20 Abs 1 GG Ein demokratischer Staat kann nicht ohne freie und moglichst gut informierte offentliche Meinung bestehen Daneben weist die Informationsfreiheit eine individualrechtliche aus Art 1 Art 2 Abs 1 GG hergeleitete Komponente auf Es gehort zu den elementaren Bedurfnissen des Menschen sich aus moglichst vielen Quellen zu unterrichten das eigene Wissen zu erweitern und sich so als Personlichkeit zu entfalten Zudem ist in der modernen Industriegesellschaft der Besitz von Informationen von wesentlicher Bedeutung fur die soziale Stellung des Einzelnen Das Grundrecht der Informationsfreiheit ist wie das Grundrecht der freien Meinungsausserung eine der wichtigsten Voraussetzungen der freiheitlichen Demokratie vgl BVerfGE 7 198 208 Erst mit seiner Hilfe wird der Burger in den Stand gesetzt sich selbst die notwendigen Voraussetzungen zur Ausubung seiner personlichen und politischen Aufgaben zu verschaffen um im demokratischen Sinne verantwortlich handeln zu konnen Mit zunehmender Informiertheit erkennt der Burger Wechselwirkungen in der Politik und ihre Bedeutung fur seine Existenz und kann daraus Folgerungen ziehen seine Freiheit zur Mitverantwortung und zur Kritik wachst Nicht zuletzt konnen die Informationen den Einzelnen befahigen die Meinungen anderer kennenzulernen sie gegeneinander abzuwagen damit Vorurteile zu beseitigen und Verstandnis fur Andersdenkende zu wecken Eine solche Unterrichtung des Einzelnen liegt schon dann vor wenn die Information auf dem Postweg an ihn herangebracht wird Wird der Zugang auf diesem Weg unterbrochen so kann einer spateren Berufung auf die Informationsfreiheit nicht entgegengehalten werden er habe die Druckschrift nicht bestellt es liege daher kein Eingriff in die Freiheit der Unterrichtung vor Dass sich der Unterrichtungswille unter Umstanden erst nach Erhalt der Postsendung aktualisiert liegt in der Natur dieses Rechts Zeitungen und andere Massenkommunikationsmittel sind daher von Natur aus allgemein zugangliche Informationsquellen Sie verlieren die Eigenschaft als allgemein zugangliche Quelle auch dann nicht wenn durch staatliche Massnahmen wie Einziehungen Importverbote oder beschrankungen die Moglichkeit des allgemeinen Zugangs beeintrachtigt wird Dem Einzelnen soll ermoglicht werden sich seine Meinung auf Grund eines weitgestreuten Informationsmaterials zu bilden Er soll bei der Auswahl des Materials keiner Beeinflussung durch den Staat unterliegen Da die Informationsfreiheit infolge ihrer Verbindung mit dem demokratischen Prinzip gerade auch dazu bestimmt ist ein Urteil uber die Politik der eigenen Staatsorgane vorzubereiten muss das Grundrecht vor Einschrankungen durch diese Staatsorgane weitgehend bewahrt werden Die Informationsfreiheit wurde gerade als Reaktion auf die nationalsozialistischen Informationsverbote und beschrankungen verfassungsrechtlich garantiert um die ungehinderte Unterrichtung auch aus Quellen die ausserhalb des Herrschaftsbereiches der Staatsgewalt der Bundesrepublik bestehen zu gewahrleisten Wenn die Informationsquelle an irgendeinem Ort allgemein zuganglich ist mag dieser auch ausserhalb der Bundesrepublik liegen dann kann auch ein rechtskraftiger Einziehungsbeschluss nicht dazu fuhren dieser Informationsquelle die Eigenschaft der allgemeinen Zuganglichkeit zu nehmen Siehe auch BearbeitenPresserechtWeblinks BearbeitenBVerfGE 27 71Einzelnachweise Bearbeiten Fundstelle BVerfGE 27 71 88 Az 1 BvR 46 65Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leipziger Volkszeitung Entscheidung amp oldid 219662479