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Das Leben im Wiener Untergrund begann mit der Errichtung der Wiener Kanalisation Ende des 19 Jahrhunderts die zur Zuflucht fur Arbeits und Obdachlose wurde Moglich war dies weil die Kanalisation seit jeher weitgehend begehbar ist auch wenn dies aus Sicherheitsgrunden fur Unbefugte verboten ist Gegen die steigende Zahl der Unterschlupfsuchenden wurde schliesslich polizeilich vorgegangen Als Obdachloser verkleidet wagte sich der Journalist Max Winter im Zuge seiner Reportage fur die Wiener Arbeiter Zeitung uber Strotter im Jahre 1902 in den Untergrund von Wien Inhaltsverzeichnis 1 Rahmenverhaltnisse 2 Kanalisation als Lebensgrundlage 3 Unterschlupfe 4 Polizeiliche Verfolgung 5 Heutige Bedeutung 6 Literatur 7 WeblinksRahmenverhaltnisse BearbeitenDie Fertigstellung der Wiener Kanalisation fiel in eine Zeit als Wien eine stark expandierende Stadt war Das steigende Arbeitsplatzangebot zog eine Vielzahl von Menschen an von denen jedoch nicht alle tatsachlich auch Arbeit finden konnten Soziale Fursorge wie Arbeitslosengeld oder Krankenversicherung gab es damals noch nicht ebenso wenig gab es Obdachlosenunterkunfte oder Wohnheime und so stieg die Zahl von Bettlern und anderen Menschen die auf der Strasse leben mussten rasant an In der Wiener Kanalisation erkannten einige Menschen daher schnell eine neue Einkommensquelle und Unterkunft Bei starkem Regen oder Gewittern kann die Kanalisation allerdings fur Unerfahrene zur todlichen Falle werden Auch die Entwicklung giftiger oder explosiver Gasgemische einlaufendes Benzin etc ist nicht auszuschliessen Der enorme oder gar bestialische Gestank von dem manchmal berichtet wird herrscht dort jedoch nicht Selbst wo Fakalien transportierendes Wasser fliesst riecht es eher wie in einem feuchten Keller aber es stinkt nicht Trotzdem ist der ungesicherte Aufenthalt in der Kanalisation lebensgefahrlich Die durch besondere Ausfuhrlichkeit gekennzeichneten und durch langwierige Recherchen vor Ort entstandenen bildunterstutzten Sozialreportagen der Wiener Journalisten Max Winter und Emil Klager machten diese Problematik einem grossen Teil der Wiener Bevolkerung bekannt und stiessen auf grosses Interesse 1905 brachte Max Winter seine Sozialreportagen aus dem Wiener Untergrund unter dem Titel Im unterirdischen Wien in Buchform heraus 1920 erschien basierend auf den Sozialreportagen Emil Klagers der Dokumentarfilm Nachtstuck aus dem Leben der Vaganten der Entgleisten und Gesturzten in den Wiener Kinos Sowohl die Zeitungsreportagen als auch das Buch und der Film zahlen zu den ersten Sozialreportagen uberhaupt Kanalisation als Lebensgrundlage Bearbeiten nbsp Bewohner der Wiener Kanalisation um 1900 unter einer Wendeltreppe Die Zugange zur Kanalisation waren und sind unter anderem in so genannten Turmen untergebracht die wie ubergrosse Litfasssaulen aussehen Uber Wendeltreppen kann man durch diese in die Wiener Unterwelt absteigen Um die 50 Stellen und Obdachlose vermutlich aber noch mehr verbrachten einen grossen Teil jeden Tages mit dem Herausfischen von Gegenstanden aus den Abwassern dem so genannten Strotten Diese Strotter wie man sie bald nannte verdienten ihren Lebensunterhalt teilweise durch das Finden von Munzen und Schmuck was zwar eher selten vorkam aber besonders viel einbrachte durch das Herausfischen von Knochen und Fett zum Verkauf an Seifenfabriken oder durch das Herausholen von allerlei anderen brauchbaren Gegenstanden Einige dieser Strotter aber auch mehrere hundert gewohnliche Obdachlose lebten sogar in der Kanalisation wo sie in manchen Gangen Kammern und Luftschachten Moglichkeiten zum Wohnen vorfanden Unterschlupfe BearbeitenDie wohl bekannteste Unterkunft fur Obdachlose und Strotter war die in einer trockenen Kammer eingerichtete Zwingburg unter dem Wiener Schwarzenbergplatz Der Name ruhrte nicht zuletzt daher dass sie nur durch ein Brett welches uber einen Kanal gelegt werden musste und jederzeit eingezogen werden konnte zu erreichen war So konnte selbst die Polizei kurzfristig vom Eindringen abgehalten werden Zudem verfugte die Zwingburg uber mehrere Fluchtwege in Form von Seitenkanalen und schachten Polizeiliche Verfolgung BearbeitenZwar war der Aufenthalt von Unbefugten in der Kanalisation naturlich nicht gestattet die Polizei konnte aufgegriffene Strotter und Obdachlose aber nicht allzu lange festhalten Die Zahl der Strotter und Obdachlosen nahm erst ab als 1934 die Kanalbrigade gegrundet wurde die nicht nur gegen kriminelle Banden sondern auch gegen Vagabunden harter vorgehen sollte In der Zwischenzeit waren auch Obdachlosen und Wohnheime entstanden die zumindest fur einen Teil der Kanalbewohner eine vernunftige Alternative bieten konnten so zum Beispiel das Mannerwohnheim Meldemannstrasse das dadurch bekannt wurde dass Adolf Hitler hier drei Jahre verbrachte Heutige Bedeutung BearbeitenAbgesehen vom Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit als alliierte Geheimagenten die Kanalisation der geteilten Stadt fur sich zu nutzen wussten worauf auch der Film Der dritte Mann aufbaut spielt die Kanalisation heute aufgrund zahlreicher sozialer Einrichtungen deren Errichtung im sozialdemokratisch regierten Roten Wien ihren Anfang nahm als Zufluchtsort keine nennenswerte Rolle mehr Die letzten Zeitungsberichte uber Strotter stammen aus den spaten 1950er Jahren der Begriff und die mit ihm verbundene Tatigkeit waren aber damals noch einem Grossteil der Wiener Bevolkerung bekannt Literatur BearbeitenAlexander Gluck Marcello La Speranza Peter Ryborz Unter Wien Auf den Spuren des Dritten Mannes durch Kanale Grufte und Kasematten Christoph Links Verlag Berlin 2001 ISBN 3 86153 238 7 Weblinks BearbeitenHomepage der Wien Kanal Homepage des Underground Club Vienna Verein zur Pflege der Unterwelten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leben im Wiener Untergrund amp oldid 210314912