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Le Canarien ist die Chronik des diplomatischen missionarischen und kriegerischen Vorgehens von Jean de Bethencourt Gadifer de La Salle ihrer Soldaten und der Geistlichen bei der Unterwerfung und Christianisierung der Urbevolkerung der Kanarischen Inseln ab 1402 Die erste Fassung des Berichtes wurde im Verlauf der Ereignisse auf Lanzarote von den Geistlichen Pierre Bontier und Jean Le Verrier in franzosischer Sprache verfasst Le Canarien gilt als die wichtigste Quelle fur Informationen uber die Lebensweise der Ureinwohner der Kanarischen Inseln 1 Seite der Version G fol 2r Seite der Version B fol 1r Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung der Urfassung 2 Inhalt der Chronik 3 Versionen der Chronik 3 1 Version G oder Kodex Egerton 2709 3 2 Version B oder Kodex Montruffet 3 3 Unterschiede im Inhalt 4 Illustration der Handschriften 4 1 Kodex Egerton 2709 4 2 Kodex Montruffet 5 Bewertung der historischen Korrektheit 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksEntstehung der Urfassung BearbeitenDie heute nicht mehr vorhandene Urfassung des Berichtes wurde von Jean Le Verrier dem Kaplan Gadifer de La Salles und Pierre Bontier dem Kaplan Jean de Bethencourts verfasst Die beiden Geistlichen die an den Kampfhandlungen und den gefahrlichen Besuchen der anderen Inseln nicht immer selbst teilnahmen schrieben jeweils nach dem Ende dieser Ereignisse die Berichte der Teilnehmer nieder Es ist anzunehmen dass Gadifer de La Salle der an allen diesen Unternehmungen personlich beteiligt war den Chronisten die Texte wenn nicht diktierte so doch vorgab 2 Die Darstellungen durften demzufolge durch die Sicht der Soldaten aber auch durch die Erwartungshaltung der Kleriker gepragt sein Inhalt der Chronik BearbeitenDie Chronik beschreibt den gesamten Verlauf der Reise vom Verlassen Frankreichs bis zur Ruckkehr Jean de Bethencourts in seinen Heimatort Grainville la Teinturiere Die Chronik widmet sich neben der Darstellung der Handlungsablaufe sehr ausgiebig der Beschreibung der Landschaft der Bodenbeschaffenheit der Wasserversorgung und der Fruchtbarkeit der Kanarischen Inseln 3 Die Unterschiede im Aussehen der Sprache der Lebensweise der Brauche und des Glaubens der Ureinwohner der einzelnen Inseln werden detailliert beschrieben 4 Versionen der Chronik BearbeitenVersion G oder Kodex Egerton 2709 Bearbeiten Die Version G ist eine illuminierte Handschrift Sie besteht aus 36 Blattern die jeweils auf der Vorder und der Ruckseite beschrieben sind Sie sind 26 7 17 7 cm gross Sie wurde zwischen 1404 und 1420 vermutlich fur den Herzog von Burgund Johann Ohnefurcht angefertigt Die Gestaltung wird der Werkstatt des Meisters der Cite des Dames zugeschrieben Der Text ist eine unvollstandige Kopie der Urfassung des Le Canarien die mit der Zustimmung Gadifer de La Salles vermutlich sogar auf seine Initiative hin erstellt wurde Es ist sehr wahrscheinlich dass durch ihn einige Stellen des Originaltextes geandert und Teile zugefugt wurden Der Herzog von Burgund Philipp der Gute erwahnt das Manuskript in dem Inventar seiner Bibliothek von 1420 Der Kodex befindet sich seit 1888 in der Sammlung Egerton der British Library Er wird daher auch Kodex Egerton 2709 genannt 5 Im Jahr 1896 veroffentlichte der franzosische Historiker Pierre Margry die erste gedruckte Ausgabe der Version G des Le Canarien Pierre Margry La Conquete et les conquerants des iles Canaries Nouveles recherches sur Jean IV de Bethencourt et Gadifer de La Salle Le vrai manuscrit du Canarien Paris 1896 Version B oder Kodex Montruffet Bearbeiten Das Manuskript der Version B stammt von Jean V de Bethencourt dem einzigen Sohn von Morelet dem Bruder des Eroberers Jean IV de Bethencourt Es besteht aus 88 Blattern die jeweils auf der Vorder und der Ruckseite beschrieben sind Sie sind zwischen 18 und 20 5 cm hoch und zwischen 11 und 12 cm breit Es gibt Hinweise darauf dass das ganze Manuskript B zwischen den Jahren 1488 und 1491 geschrieben wurde Der Autor der Version B scheint die Vorlage fur die illuminierte Handschrift der Version G besessen zu haben Im Jahr 1630 veroffentlichte Pierre de Bergeron die erste gedruckte Ausgabe des Manuskriptes B F Pierre Bontier Jean Le Verrier Histoire de la premiere conqueste et descouverte des Canaries faite des l an 1402 par messire Jean de Bethencourt chambellan du roy Charles VI escrite du temps meme par F Pierre Bontier et Jean Le Verrier et mise en lumiere par M Galien de Bethencourt Hrsg Pierre Bergeron Paris 1630 In den mehr als zweihundert Jahren von dieser Veroffentlichung bis zum Auffinden der Version G im Jahr 1887 galt die von Bergeron veroffentlichte Chronik bei den Historikern als zuverlassige Quelle fur die Erforschung der Ureinwohner der Kanarischen Inseln Die Version B nach einer fruheren Eigentumerin der Marquesa Emma de Mont Ruffet auch als Kodex Montruffet bezeichnet wird in der Stadtbibliothek von Rouen aufbewahrt Unterschiede im Inhalt Bearbeiten Vom Anfang bis einschliesslich Kapitel LXIX bezieht sich der Text auf die ersten zwei Jahre der Aktionen auf den Kanarischen Inseln Dieser Teil der Version B gibt nahezu wortlich mit einigen Veranderungen den gleichen Text wie die Version G wieder Die Veranderungen die in die Version B eingefuhrt wurden dienten dazu Jean de Bethencourts die uberragende Bedeutung bei der Eroberung zuzuerkennen In der Version G erkennt man eindeutig dass Jean de Bethencourt und Gadifer de La Salle diese Eroberung gemeinsam unternommen haben zusammen und unter der Bedingung der Gleichheit Ziel der Version B ist es aufzuzeigen dass Gadifer nur einer der Manner unter dem Befehl Bethencourts gewesen sei Allgemein enthalten die Zusatze in der Version B keine neuen Informationen sondern interpretieren das Geschehene Die Kapitel LXX bis einschliesslich LXXVI enthalten die Eroberung Fuerteventuras und die Bekehrung der Konige bis zur ersten Reise Bethencourts nach Frankreich Der Kodex Egerton 2709 ist eine nicht komplette bearbeitete Kopie der Vorlage der Urschrift des Le Canarien Die Wiedergabe bricht vor den im zweiten Teil der Version B beschriebenen Ereignissen ab Es deutet viel darauf hin dass die Quelle der Version B die Weiterfuhrung der heute verlorenen Vorlage des Kodex Egerton 2709 ist und auch hier von Jean V de Bethencourt bei der Bearbeitung des Textes Veranderungen vorgenommen wurden Einige Formulierungen zeigen dass dem Autor des Textes die Biografie seines Onkels Jean IV de Bethencourt nicht gelaufig war er kein Spanisch sprach und die Kanarischen Inseln nicht kannte Es scheint dass er nicht immer alles was er schrieb auch verstand 6 Die Kapitel LXXVII bis zum zweiten Abschnitt des Kapitels LXXXVIII handeln von der Reise Bethencourts in die Normandie seiner Ruckkehr zu den Inseln seinen Expeditionen nach Gran Canaria La Palma und El Hierro seiner Reise nach Kastilien und Rom bis zur endgultigen Ruckkehr in die Normandie Die Berichte dieser Kapitel haben mit Ausnahme der Expeditionen auf die westlichen Inseln keinen Bezug zur Version G Die Angaben uber die Reise in die Normandie widersprechen den Dokumenten die in Frankreich uber diese Zeit vorliegen Es ist sicher dass Jean de Bethencourt im Fruhjahr 1405 nicht in der Normandie war Die Zeitangaben uber die Besuche auf den westlicheren Inseln erscheinen weitgehend unglaubwurdig Die Beschreibungen dieser Reisen sprechen dafur dass sie unternommen wurden die Zeitangaben und die Angaben uber den Ablauf erscheinen aber unsicher Der zweite Teil des Kapitels LXXXVIII enthalt die Beschreibung der letzten Jahre des Lebens Jean de Bethencourts Dieser Teil der Version B beschreibt einen Zeitraum zu dem die Kopie der Version G bereits abgeschlossen war Die in diesem Teil des Le Canarien genannten Fakten widersprechen in grossem Mass anderen in Frankreich vorhandenen Dokumenten Illustration der Handschriften Bearbeiten nbsp Einzige bildhafte Darstellung der Version GKodex Egerton 2709 Bearbeiten Der Kodex Egerton wurde auf Pergament geschrieben Die Gestaltung des Manuskriptes ist nicht so bedeutend im Hinblick auf die Menge sondern wegen der hohen Qualitat der einzigen Miniatur die in der Art eines Frontispizes auf dem Blatt 2 auf der rechten Seite dem Text vorausgeht Das Bild zeigt ein Schiff auf dessen Heckkastell zwei Manner in Rustungen mit gezogenen Schwertern zu sehen sind Sie sollen offenbar Gadifer de La Salle und Jean de Bethencourt darstellen Von den abgebildeten Fahnen konnen zwei nicht zugeordnet werden Die unterste Fahne und die Wimpel entsprechen dem Wappen Gadifer de La Salles Auch die Wappen an der Seite des Schiffskastells konnen nicht identifiziert werden Der Beginn jedes neuen Kapitels wird mit einer Initiale angezeigt die die Hohe von drei Zeilen hat Diese Initialen zeigen auf einem Goldgrund eine sehr differenzierte pflanzenartige Ornamentik in verschiedenen Farben 7 nbsp Abbildung vor Kapitel LXXXIII der Version BKodex Montruffet Bearbeiten Der Kodex Montruffet wurde auf Papier geschrieben Er zeichnet sich durch 85 Federzeichnungen aus die etwa 7 5 11 cm gross sind Sie befinden sich meist am Beginn des Kapitels dessen Inhalt sie darstellen Auffallend sind der Reichtum an Schauplatzen mit sehr unterschiedlichen Bildkompositionen und die Darstellung von Einzelheiten Diese Bilder nahern sich zwar inhaltlich dem Text an geben aber nicht die historische Wirklichkeit wieder Bei einigen Bildern kann man bei den Landschaften die hinter den handelnden Figuren abgebildet sind verschiedene Orte in der Normandie erkennen Der Illustrator hatte offenbar keinerlei Kenntnisse der Kanarischen Inseln 8 Die Art der perspektivischen Darstellung die teilweise angewendet wurde erscheint fur die Entstehungszeit am Ende des 15 Jahrhunderts erstaunlich fortschrittlich Die verwendete Farbskala ist sehr einfach Es uberwiegt ein braunlicher Ton Die Umrisse werden in schwarzer Farbe dargestellt Rot wird fur die Rahmen und selten auch fur Einzelheiten im Bild verwendet Grossere Flachen sind meist in einem verwaschenen Ockerton angelegt In einigen Fallen wird der Ockerton durch ein Grau ersetzt Durch weisse Farbe werden Lichteffekte erzeugt Das Frontispiz zeigt das Wappen Jean de Bethencourts mit zwei nur mit einem Lendenschurz bekleideten Mannern als Schildhalter Ausser durch die Abbildungen wird der Kodex Montruffet durch zwei mit Gold und vielen Farben gestaltete Initialbuchstaben geschmuckt In einem von ihnen wird das Wappen Jean de Bethencourts der aufrecht stehende Lowe dargestellt 9 Bewertung der historischen Korrektheit BearbeitenIn der Zeit von der Veroffentlichung der Version B im Jahr 1630 bis zur Entdeckung der Version G im Jahr 1887 ging die Geschichtswissenschaft von einem hohen Wahrheitsgehalt der vorliegenden Darstellung aus Die erkennbaren Unterschiede zwischen den beiden Versionen veranlassten verschiedene Historiker im 20 Jahrhundert die Angaben des Le Canarien mit anderen historischen Quellen zu vergleichen Eine sehr ausfuhrliche Kritik wurde 1959 1965 zusammen mit einer neuen Ubersetzung beider Versionen in die spanische Sprache unter dem Titel Le Canarien cronicas francesas de la conquista de Canarias publicadas a base de los manuscritos con traduccion y notas historicas criticas Le Canarien franzosische Chroniken uber die Eroberung der Kanarischen Inseln herausgegeben auf der Grundlage der Handschriften mit einer Ubersetzung und historisch kritischen Anmerkungen von Elias Serra und Alejandro Cioranescu veroffentlicht 10 In den folgenden Jahren kamen zu dieser Veroffentlichung die Apendices a los tres volumenes de Le Canarien Anhange zu den drei Banden des Le Canarien hinzu die u a Dokumente aus Frankreich und Spanien enthalten In dieser Untersuchung wird festgestellt dass sich ein grosser Teil der Ereignisse die in der Version G und in den ersten Teilen der Version B geschildert werden durch andere Dokumente belegen lassen Allerdings ist die chronologische Zuordnung in der Version B offenbar nicht immer zutreffend Nach dem Studium einschlagiger Dokumente halt Cioranescu die Berichte der Ereignisse die die Zeit betreffen nachdem Bethencourt die Kanarischen Inseln endgultig verlassen hatte fur weitgehend unglaubwurdig Literatur BearbeitenAlejandro Cioranescu Hrsg Le Canarien cronicas francesas de la conquista de Canarias Fontes rerum canarium Instituto de Estudios Canarios La Laguna 1959 spanisch mdc ulpgc es abgerufen am 23 Januar 2017 Alejandro Cioranescu Juan de Bethencourt Aula de Cultura de Tenerife Santa Cruz de Tenerife 1982 ISBN 84 500 5034 0 spanisch Alejandro Cioranescu Cronicas francesas de la conquista de Canarias Le Canarien Hrsg Antonio Alvarez de la Rosa Jose M Oliver Frade Idea Santa Cruz de Tenerife Las Palmas de Gran Canaria 2004 ISBN 84 96407 00 4 spanisch Eduardo Aznar et al Le Canarien Retrato de dos mundos I Textos In Eduardo Aznar Dolores Corbella Berta Pico Antonio Tejera Hrsg Le Canarien retrato de dos mundos Fontes Rerum Canarium Band XLII Instituto de Estudios Canarios La Laguna 2006 ISBN 84 88366 58 2 spanisch Eduardo Aznar et al Le Canarien Retrato de dos mundos II Contextos In Eduardo Aznar Dolores Corbella Berta Pico Antonio Tejera Hrsg Le Canarien retrato de dos mundos Fontes Rerum Canarium Band XLIII Instituto de Estudios Canarios La Laguna 2006 ISBN 84 88366 59 0 spanisch Einzelnachweise Bearbeiten Eduardo Aznar et al Le Canarien Retrato de dos mundos I Textos In Eduardo Aznar Dolores Corbella Berta Pico Antonio Tejera Hrsg Le Canarien retrato de dos mundos Fontes Rerum Canarium Band XLII Instituto de Estudios Canarios La Laguna 2006 ISBN 84 88366 58 2 S 11 spanisch Alejandro Cioranescu Juan de Bethencourt Aula de Cultura de Tenerife Santa Cruz de Tenerife 1982 ISBN 84 500 5034 0 S 247 spanisch Eduardo Aznar Le Canarien Retrato de dos mundos I Textos In Eduardo Aznar Dolores Corbella Berta Pico Antonio Tejera Hrsg Le Canarien retrato de dos mundos Fontes Rerum Canarium Band XLII Instituto de Estudios Canarios La Laguna 2006 ISBN 84 88366 58 2 S 39 spanisch Eduardo Aznar Le Canarien Retrato de dos mundos I Textos In Eduardo Aznar Dolores Corbella Berta Pico Antonio Tejera Hrsg Le Canarien retrato de dos mundos Fontes Rerum Canarium Band XLII Instituto de Estudios Canarios La Laguna 2006 ISBN 84 88366 58 2 S 33 spanisch Detailed record for Egerton 2709 Abgerufen am 28 Juni 2017 Alejandro Cioranescu Juan de Bethencourt Aula de Cultura de Tenerife Santa Cruz de Tenerife 1982 ISBN 84 500 5034 0 S 278 spanisch Etelvina Fernandez Gonzalez Fernando Galvan Freile La ilustracion de los manuscritos de Le Canarien In Eduardo Aznar Dolores Corbella Berta Pico Antonio Tejera Hrsg Le Canarien retrato de dos mundos Fontes Rerum Canarium Band XLIII Instituto de Estudios Canarios La Laguna 2006 ISBN 84 88366 59 0 S 180 ff spanisch Eduardo Aznar Le Canarien Retrato de dos mundos I Textos In Eduardo Aznar Dolores Corbella Berta Pico Antonio Tejera Hrsg Le Canarien retrato de dos mundos Fontes Rerum Canarium Band XLII Instituto de Estudios Canarios La Laguna 2006 ISBN 84 88366 58 2 S 19 spanisch Etelvina Fernandez Gonzalez Fernando Galvan Freile La ilustracion de los manuscritos de Le Canarien In Eduardo Aznar Dolores Corbella Berta Pico Antonio Tejera Hrsg Le Canarien retrato de dos mundos Fontes Rerum Canarium Band XLIII Instituto de Estudios Canarios La Laguna 2006 ISBN 84 88366 59 0 S 185 ff spanisch Neuauflage der Ubersetzungen Alejandro Cioranescu Cronicas francesas de la conquista de Canarias Le Canarien Hrsg Antonio Alvarez de la Rosa Jose M Oliver Frade Idea Santa Cruz de Tenerife Las Palmas de Gran Canaria 2004 ISBN 84 96407 00 4 spanisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Le Canarien Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Le Canarien amp oldid 235266576