www.wikidata.de-de.nina.az
Das Lowentor von Ḫattusa ist eines der funf bekannten monumentalen Stadttore in der ausseren Befestigungsmauer der hethitischen Hauptstadt Ḫattusa Es ist nach zwei Lowenskulpturen benannt die die stadtauswartige Torseite schmucken Lowentor von Suden Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Forschungsgeschichte 3 Beschreibung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLage BearbeitenDas Areal von Ḫattusa liegt im nordlichen Zentralanatolien in der Turkei beim Ort Bogazkale fruher und in der archaologischen Literatur Bogazkoy Die Stadt ist von einer 6 6 Kilometer langen Aussenmauer umgeben 1 In deren Verlauf wurden bis heute funf monumentale Toranlagen entdeckt von Westen nach Osten das untere und das obere Westtor das Lowentor das Sphinxtor und das Konigstor Das Lowentor liegt im Sudwesten der Stadt in der Oberstadt an der modernen Strasse uber die die heutigen Besucher das Gelande erkunden konnen In hethitischer Zeit fuhrte eine Strasse in weitem Bogen innen an der Stadtmauer entlang bis zum Konigstor im Osten und weiter bis zur Konigsburg Buyukkale uber die vom Stadtgebiet aus sowohl im Osten als auch im Westen das Tor erreichbar war Aussen schloss sich dort eine nach Suden verlaufende Fernstrasse an Etwa 200 Meter ostlich des Lowentors liegt der fruher bebaute Felsblock Yenicekale etwa 120 Meter sudostlich auf der anderen Strassenseite finden sich die Grundmauern von Tempel 30 Forschungsgeschichte Bearbeiten nbsp Lowentor Kupferstich von Lemaitre nach einer Zeichnung von Charles TexierDas Lowentor war im Lauf seiner Existenz nie verschuttet Dies zeigt bereits eine Zeichnung des franzosischen Reisenden Charles Texier der 1834 Anatolien bereiste und auch Bogazkoy besuchte das er fur die Ruinen des medischen Pteria hielt Spater wurden lediglich an dem ausseren Aufgang die Mauern weiter freigelegt Im Jahr 1965 wurde die ostliche Innenseite der Torkammer neu errichtet 2 Ab 2009 wurde im Rahmen der Grabungen des Deutschen Archaologischen Instituts Istanbul unter der Leitung von Andreas Schachner die Aussenfront aufwendig restauriert Dabei wurden vor allem Risse und Brockelungen die in antiker Zeit durch Brand entstanden waren behandelt Zunachst wurden die Reste einer in den 1960er Jahren vorgenommenen Kittung entfernt die sich gelost hatten und eine unschone Farbgebung angenommen hatten Die Risse an den Gewandesteinen und den Lowenleibern wurden mit einem Steinerganzungsmittel verschlossen Reinigungen von Moosen und Flechten wurden nur dort vorgenommen wo sie den Erganzungen im Wege standen da sie ansonsten keinen storenden Einfluss auf den Gesamteindruck des Ensembles hatten Die Restaurierungen wurden so vorgenommen dass sie das Gesamtbild nicht wesentlich storen jedoch bei genauem Hinsehen erkennbar bleiben Um die monumentale Gesamtansicht wieder herzustellen wurde beim linken Lowen der Kopf der zu einem unbekannten Zeitpunkt verloren ging rekonstruiert Als Vorlage diente dazu der Kopf des rechten Lowen der allerdings insgesamt etwas kleiner ist als der linke Der Kopf wurde vor Ort aus Ton modelliert abgeformt und daraus ein Modell aus Gips gegossen Dieses diente als Vorlage fur die eigentliche Rekonstruktion aus Steinerganzungsmortel Durch die unterschiedliche Oberflachenstruktur und die vereinfachte Darstellung der Fellornamentik ist auch hier die Erkennbarkeit der Rekonstruktion gewahrleistet 3 2019 wurden von der Aussenseite hochauflosende orthophotogrammetische Aufnahmen erstellt die unter anderem dazu dienten die Inschrift beim linken Torlowen besser erkennbar zu machen 4 nbsp Linker Lowe vor der Rekonstruktion nbsp nach der RekonstruktionBeschreibung BearbeitenBis auf das Sphinxtor das nicht nur als Eingang zur Stadt diente sondern hauptsachlich eine kultische Funktion hatte hatten alle Stadttore einen ahnlichen Aufbau aus zwei rechteckigen Turmen Die Turme des Lowentores haben Masse von 10 10 15 30 Metern die Torkammer ist 6 25 Meter breit und 7 70 Meter tief Der aussere Torhof vor den Lowenfiguren ist 4 00 Meter tief Die Durchgange zwischen den Gewandepfosten messen 3 05 Meter Der rechte sudostliche Turm ist innen in sechs Kammern aufgeteilt der linke nur in vier Die Turme sind aus Polygonalmauerwerk errichtet die Steinsockel sind teilweise bis zu einer Hohe von 4 6 Metern erhalten Ihre Front ist auf der Stadtseite durch drei Pilaster an den Ecken und in der Mitte gegliedert 2 Die Steine wurden in grob behauenem Zustand geliefert und erst vor Ort in die exakte Form gebracht Die endgultige Glattung wurde an der Aussenfront der Turme nicht durchgefuhrt Dies wurde oft als Grund fur eine Datierung der Tore in die letzte Phase des hethitischen Grossreichs am Ende des 13 Anfang des 12 Jahrhunderts v Chr angesehen Der heutige Grabungsleiter Andreas Schachner halt es auch fur moglich dass das Bauwerk im spaten 14 Jahrhundert v Chr begonnen wurde vor der Verlegung der Hauptstadt unter Muwattalli II und danach aufgrund der geanderten Funktion der Oberstadt nicht vollendet wurde 5 Die machtigen Laibungssteine der Durchgange bestanden ursprunglich aus mehreren Blocken einem machtigen Monolith der die Torfiguren tragt und daruber zwei in Kragsteintechnik versetzte Blocke Sie schlossen sich zu einer Parabel deren innere Hohe Peter Neve Grabungsleiter in Ḫattusa 1978 1993 auf etwa funf Meter schatzt An ihrer Innenseite ist im Sockelbereich auf einer Hohe von etwa 50 Zentimetern rechts und links eine Auskehlung des Steins vorgenommen die die Breite des Durchgangs auf 3 23 Meter erhoht was fast der Durchfahrtsbreite von 3 25 Metern beim Konigstor entspricht Neve vermutet dass die wegen der Skulpturen besonders bedeutenden Aussenpfosten dadurch vor einer Beschadigung durch die Naben von Wagen geschutzt werden sollten 2 Beide Durchgange konnten mit holzernen Turen verschlossen werden die an der Aussenseite wohl mit Bronzeblech beschlagen waren Von den Angelsteinen in denen sich die Torflugel drehten ist hier im Gegensatz zum Konigstor nur einer erhalten Die Tore konnten von innen verschlossen und versiegelt werden und wurden mit Balkenriegeln gesichert deren Einschublocher noch zu sehen sind Nach einem hethischen Keilschrifttext gehorte es zu den Pflichten des Burgermeisters jeden Morgen dafur zu sorgen dass ein Herr von Hatti oder ein kommandierender 0ffizier oder welcher Herr sonst eingeteilt ist die Siegel uberprufte und dann die Tore offnete An der Aussenseite der Turlaibungen befinden sich die beiden namengebenden Lowenskulpturen Dargestellt sind Kopf Brust und Vorderbeine der Tiere wobei die Tatzen einen eigenen Felsblock einnehmen Der Kopf mit der Mahne und den Schnurrhaaren ist in sehr feingearbeiteten Linien detailliert dargestellt Diese Gravuren sind die einzige Stelle in Ḫattusa an der die Steinarbeiten mit Metallwerkzeugen ausgefuhrt wurden 6 Das Maul ist geoffnet die Zunge hangt heraus Eckzahne die sonst bei hethitischen Lowenabbildungen haufig zu sehen sind fehlen allerdings Die Augen sind zunachst eingebohrt danach wurden sie mit einer weissen Kalkmasse mit schwarzen Pupillen ausgefullt Auch das Fell des Oberkorpers ist in feiner fast ornamenthafter Darstellung gearbeitet Lowenfiguren sind im ganzen vorderen Orient wie auch an anderen Toren in der Stadt zu finden beispielsweise auf Buyukkale und an Tempeleingangen Sie hatten neben ihrer Funktion als Schmuck und Wachter des Tores auch eine kultische Bedeutung Davon zeugen auch die Mulden die in den Block mit den Tatzen eingearbeitet sind und vermutlich der Aufnahme von Trankopfern dienten Links neben dem Kopf des linken Lowen sind bei gutem Sonnenstand einige eingepunzte Hieroglyphenzeichen zu erkennen Parallel zu den othophotogrammetrischen Aufnahmen wurde 2019 die Schrift mit strukturiertem Licht aufgenommen Die bekannten Lesungen von Neve 2 Guterbock 7 und Marazzi 8 wurden im Wesentlichen bestatigt Es ergab sich die mogliche Transkription MAGNUS THRONUS LU LU u PORTA2 MI Grosser Sitz des lulu am Tor bau 4 Der aussere Aufweg kommt als Rampe von rechts also von Suden zum Tor Er hatte eine aussere Begleitmauer sowie einen zusatzlichen Turm mit Verbindung zur Stadtmauer die sich beidseitig an die Torturme anschliesst Sie bildeten vor dem Eingang eine Art Zwinger in dem Feinde von zwei Seiten attackiert werden konnten bevor sie das Tor erreichten Von dieser Anlage ist am Lowentor nur wenig erhalten am Konigstor dessen Grundriss spiegelbildlich dazu angelegt ist sind die Grundzuge von Mauern und Turm besser erkennbar nbsp Lowentor Stadtseite nbsp Torkammer von Norden nbsp rechter Torlowe nbsp Inschrift am linken LowenLiteratur BearbeitenKurt Bittel Bogazkoy Fuhrer Ankara 1972 S 22 Jurgen Seeher Hattuscha Fuhrer Ein Tag in der hethitischen Hauptstadt 4 uberarbeitete Auflage Ege Yayinlari Istanbul 2011 ISBN 978 605 5607 57 9 S 37 43 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Lowentor Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Das LowentorEinzelnachweise Bearbeiten DAI Hattusa Bogazkoy Die Stadtmauer Abschnitt Ergebnisse a b c d Peter Neve Hattuscha Information Archaeology and Art Publications Istanbul 1987 ohne Seitenzahlen Thomas Staemmler Restauratorische Beitrage zur Erhaltung der Bildwerke und Werksteine in Ḫattusa In Andreas Schachner Die Ausgrabungen in Bogazkoy Hattusa 2010 Archaologischer Anzeiger 1 2011 S 64 73 a b Andreas Schachner Die Ausgrabungen in Bogazkoy Hattusa 2019 Archaologischer Anzeiger 1 2020 St 52 56 Andreas Schachner Hattuscha Auf der Suche nach dem sagenhaften Grossreich der Hethiter Beck Munchen 2011 ISBN 978 3 406 60504 8 S 93 159 Andreas Schachner Hattuscha Auf der Suche nach dem sagenhaften Grossreich der Hethiter Beck Munchen 2011 ISBN 978 3 406 60504 8 S 256 Hans Gustav Guterbock Hieroglyphische Miszellen In Onofrio Carruba Hrsg Studia Mediterranea Piero Meriggi Dicata Pavia 1979 S 235 245 Massimiliano Marazzi Die sogenannten eingepunzten Hieroglypheninschriften von Bogazkoy In S Velhartcka Hrsg Anatolian Studies in Honor of Jana Souckova Siegelova Leiden 2016 S 194 20940 010138888889 34 610055555556 Koordinaten 40 0 36 5 N 34 36 36 2 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lowentor Ḫattusa amp oldid 222097361