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Kurs 90 Eigenschreibweise teilweise Kurs 90 1 Abkurzung fur kundenfreundliches Reise Informations und Verkaufssystem der 90er Jahre 1 war die Bezeichnung eines von 1989 bis 2006 genutzten Systems zum Verkauf von Fahrkarten und weiteren Dienstleistungen bei Eisenbahnen in Deutschland und weiteren europaischen Staaten Neben Reiseauskunften und Fahrkarten konnten mit dem System auch alle anderen Dienstleistungen verkauft werden Dazu gehorten beispielsweise Reservierungen fur Zugfahrten Hotel und Mietwagen Buchungen und die Vermietung von Parkplatzen in Parkhausern Auch interne Vorgange der Bahn beispielsweise die Nachbestellung von Fahrscheinmustern oder der Ausdruck von Reservierungszetteln waren damit moglich 2 Das System wickelte im Laufe der Jahre mehrere Milliarden Auskunfte und Verkaufsprozesse ab Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Hintergrund 1 2 Konzeption 1 3 Entwicklung 1 4 Einfuhrung 1 5 Betrieb und weiterer Ausbau 1 6 Ablosung durch NVS 2 Technik 3 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenHintergrund Bearbeiten nbsp Datenstation TA 1069 DB Museum Nurnberg1978 fuhrte die Deutsche Bundesbahn erste elektronische Schalter ein 1986 gab es in den Verkaufsstellen 1015 Datenstationen sowie 2700 Fahrkartenautomaten 3 Das entsprechende System wurde als Modernisierter Fahrscheinverkauf MOFA bezeichnet 4 Als Client Hardware kamen dabei Stationen vom TA 1069 zum Einsatz Diese verfugten uber 8 Zoll Diskettenlaufwerke uber die alle vier Wochen die Verkaufsdaten ubertragen wurden 5 Je nach Grosse der Verkaufsstellen gab es mitunter getrennte Schalter fur Auskunfte Reservierungen Fahrscheinverkauf und weitere gesonderte Dienstleistungen Konzeption Bearbeiten Mit Kurs 90 sollten alle Leistungen an einem Schalter angeboten und sowohl Auskunft als auch Fahrausweisdruck deutlich beschleunigt werden 6 Funf zuvor getrennte Verfahren sollten zu einem gemeinsamen System zusammengefasst werden der elektronische Fahrausweisverkauf System MOFA der manuelle Verkauf Schrankschalter die Platzreservierung System EPA 80 der Reiseburo Verkauf System START und die Fahrplanauskunft 7 Auch Fahrkartenautomaten und ein Verkauf per Bildschirmtext waren vorgesehen 8 Im Gegensatz zum Vorgangersystem MOFA sollten mit Kurs 90 auch europaweite Verbindungen abfragbar werden 9 Ebenfalls sollten Verkaufer statt uber Wochen binnen eines Tages uber neue Angebote und Neuigkeiten informiert werden 5 Auch kurzfristig angebotene Zusatzzuge sowie Restplatze kurz vor Abfahrt sollten uber das System verkauft werden konnen 10 Das System war Teil der Strategie DB 90 zur Modernisierung der Deutschen Bundesbahn 11 Entwicklung Bearbeiten Im April 1987 wurde eine Pilotinstallation im Reisezentrum Mannheim eingefuhrt Im Mai 1987 stimmte der Vorstand der DB der Einfuhrung zu 6 Im gleichen Monat begann die Systemplanung 4 Das System sollte zunachst zum 1 Januar 1989 eingefuhrt werden 4 Nach Abschluss der Systemplanung im Oktober 1987 6 wurde das Projekt aufgestockt und der Eroffnungstermin auf den 1 Mai 1989 verschoben 4 Ende 1987 erhielt Tandem Computers als Generalunternehmer den Auftrag Kurs 90 zu realisieren Zunachst wurde die Softwareentwicklung im Wert von sechs Millionen DM an einen Unterauftragnehmer vergeben Wahrend die Server aus dem eigenen Haus kommen sollten waren als Terminals 1100 Stationen vom Typ PCD2 vorgesehen 8 Sie sollten uber eine 40 MB Festplatte einen Drucker und einen 15 Zoll Schwarzweiss Bildschirm verfugen 5 Fur das Gesamtprojekt wurden rund 35 Millionen DM veranschlagt 5 Im Oktober 1988 lagen die geschatzten Kosten bei etwa 80 Millionen DM 10 Kurs 90 gliederte sich in etwa 90 Teilprojekte 6 Die PCD2 Stationen sollten bereits im Laufe des Jahres 1988 die bis dahin verwendeten Stationen vom Typ TA 1069 ersetzen 5 Bevor Kurs 90 zur Verfugung stand liefen diese Terminals zunachst mit dem System START 12 Das Unternehmen HaCon entwickelte fur Kurs 90 die erste computerunterstutzte Fahrplanauskunft in Deutschland Mit einem speziellen Algorithmus sollten Auskunfte binnen sechs Sekunden ausgegeben werden konnen 12 Ende 1988 fing eine internationale Arbeitsgruppe von zwei dutzend europaischen Eisenbahngesellschaften an uber ein als Railway Distribution System bezeichnetes internationales Vertriebssystem nachzudenken 9 Einfuhrung Bearbeiten Die Einfuhrung des Systems begann 1988 6 1990 wurde die erste Stufe des Projekts weitgehend zum Abschluss gebracht 1 Zum Jahresende lief das System auf 1100 Terminals in 625 Fahrkarten Ausgabestellen Die Vorlaufersysteme MOFA und START wurden damit endgultig abgelost Rund 15 000 Terminals in Europa hatten beispielsweise fur Reservierungen ebenfalls Zugriff auf das System 1 Erste einzelne Terminals auf grossen Bahnhofen der Deutschen Reichsbahn wurden 1990 installiert Fur einen weiterfuhrenden Ausbau sollten bis 1992 zunachst notwendige Leitungen zur Datenubertragung geschaffen werden 1 Uber eine Tochtergesellschaft bot die Bundesbahn Kurs 90 auch an auslandische Bahnen an 2 Bis Ende 1990 hatten die Norges Statsbaner den Baustein fur Platzreservierungen von Kurs 90 ubernommen Die Osterreichischen Bundesbahnen und die Polnischen Staatsbahnen hatten das Gesamtsystem oder wesentliche Bausteine ubernommen 1 Im August 1991 wurde der Betrieb in Polen begonnen im September 1991 folgte die Betriebsaufnahme bei den Luxemburgischen Eisenbahnen 13 Betrieb und weiterer Ausbau Bearbeiten Ende 1990 wurden wochentlich 5 2 Millionen Leistungen Auskunfte Reservierungen Fahrscheine abgewickelt Zum Fahrplanwechsel im Juni 1991 begann der Verkauf von ICE Fahrscheinen im Relationspreissystem 13 Das Reservierungssystem wickelte 1990 rund 300 000 Buchungen von Bahn Terminals pro Woche ab Dazu kamen weitere rund 550 000 Reservierungen aus den Reiseburos Die Spitzenzeiten der Systembelastung fur Fahrkartenbuchungen traten typischerweise freitagvormittags und beim Reservierungssystem am Montag auf 2 Das System wurde vielfach kritisiert 14 Ende Dezember 1992 geriet das System in die Schlagzeilen nachdem aufgrund eines Fehlers die erst ab 1 Januar 1993 gultigen erhohten Tarife bereits Ende Dezember 1992 berechnet wurden 15 Ende 1992 lief das System auf rund 2500 Terminals 15 Mitte 1995 auf rund 3000 16 1992 wurde das System um eine Moglichkeit zur Kreditkartenzahlung erweitert 17 Ende 1995 wurde das Betriebssystem Xenix durch SCO Open Desktop ersetzt 16 2004 wurden rund 250 Millionen Fahrkartenverkaufe pro Jahr uber das System abwickelt Dazu kamen uber 1 1 Milliarden Fahrplanauskunfte und etwa 90 Millionen Reservierungen Neben mehr als 4000 Reisezentren und Agenturen griffen rund 10 000 Fahrkartenautomaten auf das System zu Auch das Callcenter der Deutschen Bahn der Internetvertrieb und Grosskunden waren an das System angeschlossen Die Anwendung war zu dieser Zeit uberwiegend in C geschrieben 18 Ablosung durch NVS Bearbeiten Der Vorstand der Deutschen Bahn stufte Kurs 90 Anfang 2001 in einem Bericht an den Aufsichtsrat als veraltetes Kommunikationsnetz mit erheblichen technischen Risiken ein das bis Anfang 2003 in allen Reisezentren und Fahrkartenschaltern der DB abgelost werden sollte Die technischen Moglichkeiten von Kurs 90 seien erschopft es mangle an geeignetem Personal fur die veraltete Software In Verbindung mit grossen Wartungsproblemen steige das Risiko eines zeitweisen Totalausfalls 19 Fur die Einfuhrung des mehrfach verschobenen neuen Preissystems sollte Kurs 90 durch ein neues Vertriebssystem ersetzt werden Nach mehreren Verzogerungen beschloss die entsprechende Lenkungsgruppe schliesslich das System trotz erheblicher Risiken zunachst auf der Grundlage des bestehenden Vertriebssystems einzufuhren 19 Das neue Preissystem wurde im Dezember 2002 auf der Basis von Kurs 90 eingefuhrt 2001 begann die Entwicklung des Kurs 90 Nachfolgers Neues Vertriebssystem NVS Daran arbeiteten bis zu 140 Mitarbeiter der Deutschen Bahn Das System fungierte als Middleware Kurs 90 wurde dabei als Backend zunachst aufrechterhalten 18 Kurs 90 sollte zum 1 November 2005 abgeschaltet und vollstandig durch NVS ersetzt werden Nachdem die Umstellung bei Reiseburos langer dauerte als geplant wurde der Betrieb verlangert 20 Das System sollte anschliessend zum 31 Dezember 2005 abgeschaltet werden 21 Aufgrund von Schwierigkeiten wurde der Parallelbetrieb von Kurs 90 und NVS uber den 31 Dezember 2005 hinaus verlangert 22 Technik BearbeitenFur die rund 2000 Kurs 90 Terminals wurden anfangs Xenix 386 Rechner von Siemens verwendet Die Terminals verfugten uber Schwarz Weiss Bildschirme und Drucker die auch Barcodes von der Ruckseite der Fahrkarten einlesen konnten Etwa sechs Megabyte auf jeder der 80 Megabyte Festplatten wurden fur bis zu 600 haufige Relationen genutzt bei anderen Verbindungen wurde der Zentralrechner in Frankfurt angefragt Die Terminals organisierten sich dabei selbst und speicherten jene Verbindungen lokal zwischen die vor Ort haufig abfragt wurden Auf der Festplatte und zusatzlich auf einer 1 2 Megabyte Diskette wurden die letzten 4 000 Verkaufe zwischengespeichert und drei Tage nach dem Upload zum Server geloscht 2 Anderungen und neue Angebote wurden stets ab Mitternacht eingespielt Wochentlich luden die Terminals Anfang der 1990er Jahre dabei etwa 100 bis 200 Kilobyte Daten herunter 2 Der zentrale Server stand im Rechenzentrum 1 der Bundesbahndirektion 1 Frankfurt am Main Er wurde Anfang der 1990er Jahre von drei Tandem Systemen gebildet die als Parallelrechner ausgebildet waren Das Kurs 90 System lief auf einem Tandem Nonstop Cyclone Grossrechner das zugehorige Reservierungssystem auf zehn Nonstop VLX Maschinen Eine weitere VLX Maschine mit vier CPUs diente als Entwicklungs und Testsystem Untereinander waren die Maschinen mit zwei je vier Megabyte pro Sekunde schnellen Glasfasern verbunden Auf dem Hostsystem liefen zunachst rund 600 Programme mit insgesamt 900 000 Zeilen Quelltext 2 Die Kommunikation mit den Clients lief anfangs uber das so genannte IN das integrierte Netz der Deutschen Bundesbahn einem X 25 Netz 5 2 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h Jahresruckblick 1990 der Deutschen Bundesbahn In Die Bundesbahn Band 67 Nr 1 1991 S 69 a b c d e f g Fritz Jorn Computer am Kartenschalter haben nach zwei Schichten ausgelernt In Suddeutsche Zeitung 3 Juli 1990 S T1 Bundesbahn Marketing Stumme Verkaufer geben den Ton an In Absatzwirtschaft Nr 4 1986 S 6 a b c d DB System mit richtungsweisenden Akzenten fur auslandische Staatsbahnen Kurs 90 soll Programmierer nur noch selten auf den Plan rufen In Computerwoche Nr 46 1990 online a b c d e f Veraltete TA Diskettenstationen werden verschrottet Bundesbahn fahrt mit Tandem auf Kurs 90 In Computerwoche Nr 51 18 Dezember 1987 computerwoche de a b c d e Fritz Timm KURS 90 In Die Bundesbahn 10 1988 S 913 916 F Timm Kurs 90 ein neues zukunftsweisendes Verkaufssystem im Personenverkehr der Deutschen Bundesbahn In Eisenbahntechnische Rundschau Band 36 Nr 9 593 ISSN 0013 2845 S 593 598 a b Tandem Computers Auftrag fur Kurs 90 In Handelsblatt Nr 241 16 Dezember 1987 S 17 a b Eisenbahnen planen gemeinsamen Vertrieb In Frankfurter Allgemeine Zeitung 10 November 1988 ISSN 0174 4909 S R1 a b Bundesbahn ubernimmt Lokomotivfunktion fur Btx In Handelsblatt Nr 202 19 Oktober 1988 S 25 Peter Waldinger Informationsverarbeitung bei der DB In Die Bundesbahn 10 1988 S 909 911 a b Neue Losung auf der Basis von Tandem Rechnern und Siemens PCs Bahn will offenen Rechner Verbund schaffen In Computerwoche Nr 46 1988 computerwoche de a b Jahresruckblick 1991 der Deutschen Bundesbahn In Die Bundesbahn Band 68 Nr 1 1992 S 81 Christian Siedenbiedel Das alltagliche Drama am Fahrkartenschalter In Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr 246 1999 ISSN 0174 4909 S 73 a b Bahnkunden zuviel Geld abgeknopft In Nurnberger Nachrichten 29 Dezember 1992 a b Heinrich Vaske Telegramm In Computerwoche Nr 24 16 Juni 1995 S 2 Bahn akzeptiert mittlerweile auch Kreditkarten In Computerwoche Nr 25 1992 a b Bahn setzt auf neues Vertriebssystem In Computerwoche Nr 10 5 Marz 2004 S 46 47 a b Klaus Ott Bahn droht Fiasko beim Ticketverkauf In Suddeutsche Zeitung 5 April 2001 S 23 Schnittstelle zu Kurs 90 langer am Netz In FVW international Nr 11 13 Mai 2005 ISSN 0939 6039 S 57 Schnell wechseln auf Rail Maske In FVW international Nr 31 21 Dezember 2005 ISSN 0939 6039 S 55 Virtuelle Wartezeit In FVW international Nr 2 20 Januar 2006 ISSN 0939 6039 S 72 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kurs 90 amp oldid 224290463