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Kunigunde Sterzl auch Kunigunda Kungotlin Sturzlin Storzlin alias Nonn um 1544 in Eichstatt 18 Juli 1620 ebenda war ein Opfer der Hexenverfolgung aus der Zeit des Hohepunktes der Verfolgung in Eichstatt Eichstatt 1627 Stadtansicht von Matthaus Merian Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Hexenprozess 3 Hinrichtung 4 Weitere Hinrichtungen 5 Siehe auch 6 Quellen 7 Literatur 8 WeblinksLeben BearbeitenKunigunde Sterzl wurde um 1544 als Tochter des Schusters Alexius Jan und seiner Frau Anna Janin in Eichstatt geboren Im Alter von etwa 32 Jahren ca 1576 heiratete sie Hanns Bidermann Biedermann Schuster in Eichstatt und Mitglied des ausseren Rats und lebte mit ihm bis zu seinem Tod 1606 Ihre Ehe blieb kinderlos Sie besassen ein eigenes Haus in der Ostenvorstadt von Eichstatt in dem sie auch Zimmer vermieteten Acht Jahre spater heiratete Kunigunde 1614 im Alter von etwa 70 Jahren Hannsen Sturzel Storzel einen Backer Burger und Witwer der Stadt Im Mai 1620 wurde sie im Alter von ca 76 Jahren wegen Verdacht auf Hexerei in Eichstatt verhaftet wochenlang von den Hexenkommissaren verhort gefoltert und schliesslich am 18 Juli 1620 zusammen mit drei weiteren Frauen offentlich enthauptet und verbrannt Hexenprozess Bearbeiten nbsp Seite 2 von 60 des Verhorprotokolls des Prozesses gegen KunigundeKunigunde wurde am Freitag den 8 Mai 1620 aufgrund von 17 Denunziationen wegen Verdacht auf Hexerei in Eichstatt verhaftet und morgens um 9 Uhr der Malefizkommission vorgefuhrt Sie sagte so wahr Gott Im Himmel leb so wisse Sie von der Hexerey nichts zu sagen dessen soll Gott Ir ein Zeug sein Darauf wurde sie vom Scharfrichter entkleidet und auf verdachtige Hexenmale untersucht die jedoch nicht vorhanden waren Nachdem sie auf gutes Zureden immer noch nicht gestandig war wurde die Befragung in der Folterkammer durch das sogenannte Leer Aufziehen fortgesetzt Dazu wurden die Hande hinter dem Rucken zusammengebunden und der Korper ohne weitere Gewichte leer daran hochgezogen Als sie trotz der starken Schmerzen weiterhin ihre Unschuld beteuerte wurde sie herabgelassen und auf den Auf den Stock gesetzt vermutlich ein Folterstuhl mit Daumen und Zehenschrauben Noch zweimal wurde sie an diesem Vormittag durch das Aufziehen gepeinigt bevor sie uber die Mittagszeit in eine Haftzelle gebracht wurde Am Nachmittag wurde das Verhor durch gutliche Befragung fortgesetzt aber Kunigunde beteuerte weiterhin ihre Schuldlosigkeit sey khein Unhold wiss von der Hexerey nichts zu sagen man machs gleich mit Ir wie man woll und wann Ire 100 Sie Hexerey halben hetten angeben so geschehe Ir iedoch Unrecht Am nachsten Morgen legte sie ein erstes Gestandnis ab und gab zu sich ungefahr zehn Jahre zuvor mit dem Teufel in Gestalt eines Bauern gegen Geld eingelassen und Gott verleugnet zu haben Teufelsbuhlschaft Gottesverleugnung Nachdem sie am dritten Verhortag keine weiteren Untaten zugeben wollte wurde sie am vierten Verhortag durch Auspeitschen mit der Rute zu weiteren Gestandnissen gebracht Sie gab zu an einem Hexentanz am Galgenberg teilgenommen und sich dort dem Teufel erneut hingegeben zu haben Auch sei sie dort vom Teufel getauft worden und habe schwarzes Pulver von ihm erhalten mit dem Auftrag dieses zum Schaden von Mensch und Vieh anzuwenden Teufelstaufe Hexentanz Die am funften Tag vorgesehene Folter blieb ihr zufallig erspart da sich Handwerker im Garten nebenan aufhielten An diesem Tag gestand sie endlich das schadliche Pulver im Auftrag des Teufels an Menschen und Tieren in mehreren Fallen tatsachlich angewendet zu haben welche fast alle kurz danach gestorben seien Schadenzauberei An sechs weiteren Verhortagen gab sie alle Schadenzaubereien zu derentwegen sie angezeigt wurde wobei durch dreimaliges Leer Aufziehen und auf den Stock setzen nachgeholfen wurde Sie gestand auch Unwetter herbeigefuhrt zu haben Wettermachen und mit der Gabel nachts durch die Luft gefahren zu sein Hexenflug um an Hexentanzen teilzunehmen Dies habe gewohnlich Dienstag Donnerstag und Samstagnacht stattgefunden Es habe Wein Essen und Musik gegeben und der Teufel habe dabei vielen Frauen brennende Kerzen in den Hintern gesteckt Unter Androhung weiterer Folter gestand sie geweihte Hostien die sie bei der Kommunion in der Kirche empfangen hatte zehnmal ausgespuckt und entehrt zu haben und ausserdem das Kruzifix und Heiligenbilder bespuckt zu haben Gotteslasterung Vom 11 bis 24 Verhortag konzentrierten sich die Hexenkommissare darauf die Namen angeblicher Komplizinnen und Komplizen zu bekommen wobei hier mehrfach mit erneuter Folter gedroht wurde Kunigunde nannte insgesamt 59 Personen 53 Frauen und sechs Manner von denen neun zu diesem Zeitpunkt bereits als vermeintliche Hexen hingerichtet worden waren und mindestens 13 Personen mit Kunigunde oder spater vom selben Gericht wegen Hexerei zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden Insgesamt war Kunigunde 72 Tage in Haft vom 8 Mai bis 18 Juli und wurde an insgesamt 29 Tagen verhort bis 19 Juni An drei Tagen wurde ihr die Folter angedroht und an drei Tagen auch angewendet Einen Verteidiger hatte sie offenbar nicht denn im Protokoll wurde keiner erwahnt Wahrend des Prozesses traten funf namentlich benannte Zeugen auf welche die angebliche Schadenzauberei bestatigten So sei ein Schreiner der im Jahr zuvor bei Kunigundes Haus zu tun hatte nach vier Monaten Fieber verstorben Das dreijahrige Kind eines Nachbarn sei an Roter Gicht gestorben und ebenso eine seit langem schwerkranke junge Frau aus dem nahen Siechenhaus Weiterhin sei eine gesunde Kuh in Kunigundes Stall plotzlich gestorben ebenso ein Pferd im Nachbarhaus Fur die Urteilsfindung spielten die Zeugenaussagen kaum eine Rolle weil nach damaliger Rechtsauffassung die Gestandnisse Urgicht der Angeklagten massgeblich waren Die Prozessakte endete mit der Kostenrechnung des Scharfrichters der jede einzelne Tatigkeit bei der peinlichen Befragung und Hinrichtung nach der geltenden Gebuhrenordnung fur sich und seinen Gehilfen in Rechnung stellte In Summe waren es 3 Gulden 47 Kreuzer 2 d die ebenso wie die ubrigen Haftkosten von der Verurteilten bzw ihren Hinterbliebenen zu bezahlen waren Das Urteil wurde im Prozessprotokoll nicht erwahnt sondern im Urfehdebuch der Stadt zusammen mit dem finalen Gestandnis Urgicht festgehalten Bemerkenswert ist hierbei dass fur Kunigunde kein eigenes Urteil geschrieben sondern auf ein fruheres Todesurteil verwiesen wurde das bereits ein halbes Jahr zuvor uber vier andere Frauen wegen Hexerei verhangt worden war Dies war jedoch kein Einzelfall sondern wurde in Eichstatt ab Ende des Jahres 1619 bis zum Ende der ortlichen Hexenverfolgung 1630 standardmassig so gehandhabt Hinrichtung Bearbeiten nbsp Hochgericht auf dem Galgenberg oberhalb von Eichstatt Ausschnitt aus der Stadtansicht von Matthaus Merian 1627 nbsp Mahnmal fur die Opfer der Hexenverfolgung in Eichstatt an der Hinrichtungsstatte Als Gerichtstag wurde fur Kunigunde Sterzl und drei weitere Frauen der Samstag der 18 Juli 1620 festgelegt Dies war der funfte von insgesamt neun Eichstatter Gerichtstagen im Jahr 1620 in welchem insgesamt 24 Frauen und ein Mann wegen angeblicher Hexerei hingerichtet wurden An diesem Tag wurde morgens gegen 8 Uhr die Sperrglocke des Rathauses im Abstand von jeweils einer halben Stunde dreimal gelautet Mit dem ersten Lauten versammelten sich der Blutrichter und alle Mitglieder des inneren und ausseren Rats in der Ratstube wo die Urgicht der Verurteilten und das vom furstlichen Hofrat verfasste Urteil verlesen wurde Anschliessend befragte der Blutrichter jeden Ratsherrn ob er diesem Urteil zustimme Mit dem dritten Lauten der Sperrglocke wurden die Verurteilten aus dem Amtshaus in das Stubengericht heruntergebracht welches nun offentlich wurde Im Beisein aller Anwesenden wurden die Angeklagten vorgestellt und ihre Urgicht verlesen Im Anschluss fragte der Blutrichter die Beisitzer nach ihrem Urteil und liess anschliessend das Todesurteil des Gerichts verkunden Fur jede der vier Verurteilten wurde ein Stab in drei Teile zerbrochen und auf den Boden geworfen Danach wurde der Scharfrichter aufgefordert gemass diesem Urteil vorzugehen Er fesselte die Verurteilten und fuhrte sie zu seinem Pferdewagen in dem auch ein Geistlicher mitfuhr Der Blutrichter ritt zusammen mit berittenen Stadtknechten an der Spitze des Zuges der die Verurteilten vom Rathaus zum Richtplatz auf den Galgenberg hinauf brachte wo der Hinrichtungsplatz bereits vorbereitet war Dort angekommen erhielten die Verurteilten Gelegenheit zu einer letzten Beichte und Reue Wahrenddessen verkundete der Amtsknecht dem umstehenden Volk dass es jedermann bei Todesstrafe verboten sei einzugreifen falls dem Scharfrichter der Schwerthieb misslingen sollte Nun waltete der Nachrichter Matthias Horman seines Amtes und enthauptete nacheinander jede der vier Frauen mit dem Schwert Zum Schluss verkundete er dem Blutrichter laut und vernehmlich er hatte vollbracht was das Urteil und Recht verlangt habe worauf dieser und die Wachen in die Stadt zuruckkehrten wahrend am Richtplatz die Leichen der Frauen verbrannt wurden Sie erhielten kein christliches Begrabnis und ihr Tod wurde auch nicht in den Kirchenbuchern eingetragen Weitere Hinrichtungen BearbeitenMit Kunigunde wurden an diesem Tag ebenfalls als vermeintliche Hexen folgende Frauen hingerichtet Helena Schneckin mindestens 65 Jahre alt vermutlich die Witwe des 1594 verstorbenen Thomas Schneck Hofrat und Stadtprobst in Eichstatt mit dem sie funf erwachsene Kinder hatte Barbara Freyin Apothekersfrau von Eichstatt Eva Hohenschildin alias die Koch Eva 36 Jahre alt Frau des Michael Hohenschild alias Kochmichel Garkoch und Weinwirt in der Rosengasse beim Prediger Kloster Dominikanerkloster der acht Jahre spater am 8 April 1628 ebenfalls wegen Hexerei in Eichstatt hingerichtet wurde Siehe auch BearbeitenHexenverfolgung im Hochstift Eichstatt Eva HohenschildinQuellen BearbeitenProzessakte der Kunigunda Sturzlin Staatsarchiv Nurnberg Rep 190 II Eichstatter Archivalien Nr 4018 S 1 60 nbsp Diozesanarchiv Eichstatt B 15 Urvedt Buech de anno 1603 Das Urfehdebuch des Stadtgerichts Eichstatt enthalt die Urgichten und Urteile fur nahezu alle Todesurteile wegen Hexerei Mord Diebstahl Wilderei von 1603 bis 20 August 1627 fol 186a Diozesanarchiv Eichstatt B 5 Heuslersche Sammlung 1496 1521 Enthalt u a die Instruktion des Blutrichters in Eichstatt von 1497 in welcher der vorgeschriebene Ablauf am Hinrichtungstag beschrieben ist Literatur BearbeitenKlaus Dieter Hein Mooren Hexenwahn In Anna Elisabeth Albrecht Dieter Bruckner Klaus Dieter Hein Mooren Arnold Buhler Wolfgang Hofmann Anna Klebensberger Josef Koller Das waren Zeiten Bayern Unterrichtswerk fur Geschichte an Gymnasien Band 2 fur die Jahrgangsstufe 7 Vom Mittelalter Zum Absolutismus C C Buchner Verlag Bamberg 2019 ISBN 978 3 661 31062 6Heinrich Sturzl Der Fall der Kunigunde Sterzl Ein Eichstatter Hexenprozess von 1620 mit standardisiertem Todesurteil In Blatter des Bayerischen Landesvereins fur Familienkunde Selbstverlag Munchen 2013 76 284 328 ISSN 0005 7118 Heinrich Sturzl Rosa Marschall Familienchronik Sturzl Ursprung und Verbreitung der Familiennamen Sterzl und Sturzl im Suddeutschen Raum Cardamina Weissenthurm 2016 Weblinks Bearbeiten Unschuldig hingerichtet Vor 400 Jahren erreicht die Hexenverfolgung in Eichstatt ihren Hohepunkt Kunigunde Sterzl sitzt unschuldig in Haft Eichstatter Kurier vom 18 Juli 2020 zum 400 Todestag von Kunigunde SterzlNormdaten Person GND 1037414969 lobid OGND AKS VIAF 304939456 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sterzl KunigundeALTERNATIVNAMEN Sturzl StorzlKURZBESCHREIBUNG deutsches Hexenprozess OpferGEBURTSDATUM um 1544GEBURTSORT EichstattSTERBEDATUM 18 Juli 1620STERBEORT Eichstatt Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kunigunde Sterzl amp oldid 233068879