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Das Kontinentale Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland KTB war ein in den Jahren 1987 bis 1995 durchgefuhrtes geowissenschaftliches Grossforschungsprojekt Das damalige Bundesministerium fur Forschung und Technologie finanzierte das Projekt mit 528 Millionen DM 270 Millionen Euro Projekttrager war das Niedersachsische Landesamt fur Bodenforschung Das Bohrloch der Hauptbohrung ist mit 9101 Metern Tiefe das tiefste in Deutschland und eines der tiefsten weltweit Das Tiefbohrprogramm brachte umfangreiche und teilweise anerkannten Hypothesen widersprechende neue Erkenntnisse zur Erdkruste Die Nachfolge des Programms bildet das International Continental Scientific Drilling Program ICDP Kontinentales Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland Deutschland Der 83 m hohe Bohrturm der 9 km tiefen Bohrung bei WindischeschenbachVon 1996 bis 2001 betrieb das GeoForschungsZentrum Potsdam GFZ in der Anlage ein Tiefenobservatorium das die weitere wissenschaftliche Nutzung der beiden Bohrungen im Rahmen des ICDP betreute Seither befinden sich Grundstuck und Gebaude im Eigentum der Stiftung GEO Zentrum an der KTB die seit 1998 mit dem GEO Zentrum eine offentliche Informations und Bildungsstatte betreibt Besucher konnen die immer noch weltweit grosste Landbohranlage besichtigen und werden bei Veranstaltungen und Sonderausstellungen uber aktuelle geowissenschaftliche und geotechnische Themen informiert Die wissenschaftliche Nutzung der beiden Bohrlocher ist ebenfalls weiter moglich Inhaltsverzeichnis 1 Ziele des kontinentalen Tiefbohrprogramms 2 Planung 3 Geologie 4 Bohrverlauf 5 Ergebnisse 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseZiele des kontinentalen Tiefbohrprogramms BearbeitenZiel des kontinentalen Tiefbohrprogramms das viele wissenschaftliche Einzelprojekte umfasste war vor allem die genaue Erforschung der Erdkruste Dazu musste auch spezielle Bohr und Uberwachungstechnik entwickelt und erprobt werden Das KTB war das erste deutsche Grossprojekt der geowissenschaftlichen Grundlagenforschung Planung BearbeitenGeplant wurde eine Bohrung bis zu einer Tiefe in der eine Temperatur von 300 C herrscht da die elektronischen Messgerate Magnetfeld Temperatur etc nur bis zu dieser Temperatur funktionieren wurden Mindestens sollten 8000 Meter Tiefe und 250 C erreicht werden Entscheidend fur die Wahl des Standortes in der Oberpfalz gegenuber einem Standort im Schwarzwald der aus Sicht des moglichen geologischen Erkenntnisgewinns bis zum Schluss als gleichwertig galt war dass die kritische Temperatur von 300 C in der Oberpfalz erst in ca zwolf Kilometern Tiefe erwartet wurde funf Kilometer tiefer als im Schwarzwald Geologie Bearbeiten nbsp nbsp Geologische Karte mit Schwerpunkt auf den Rumpfgebirgen bzw Aufbruchen der mitteleuropaischen Varisziden Die Zone von Erbendorf Vohenstrauss rot markiert befindet sich am Westrand des Tepla Barrandium genannten Krustenabschnittes der Moldanubischen Zone Der Standort Windischeschenbach nahe Weiden in der Oberpfalz liegt in der sogenannten Zone von Erbendorf Vohenstrauss ZEV Im Norden endet diese tektonische Einheit an der Erbendorflinie im Westen an der Frankischen Linie und im Suden an der Luhe Linie Die Erbendorf und die Luhe Linie entstanden als Folge der Entstehung der variskischen Gebirge deren Rumpfe hier und in den anderen deutschen Mittelgebirgen aufgeschlossen sind bei der Konvergenz der Kontinente Laurussia und Gondwana Die Erbendorf Linie in der nebenstehenden Graphik gestrichelt gezeichnet ist die Grenze zwischen den beiden zur Kontaktzone der ehemaligen Kontinentalplatten gehorenden parallel dazu verlaufenden grossen Schollen Saxothuringikum und Moldanubikum 1 Die eigentlich angebohrte Einheit die ZEV besteht aus einer Wechsellagerung von Metabasiten und Paragneisen wahrscheinlich wurden diese Einheiten an einem Kontinentalhang abgelagert die ehemalige Zugehorigkeit zu Saxothuringikum Bohemikum Tepla Barrandium oder Moldanubikum i e S ist umstritten 2 Die Erdkruste weist aufgrund ihrer Geschichte hier einen stark strukturierten Aufbau auf ausserdem sind mehrere geophysikalische Anomalien nachgewiesen so der an dieser Stelle circa elf Kilometer tief liegende Erbendorfkorper mit erhohter seismischer Reflektivitat und Geschwindigkeit Daruber liegen mehrere stark magnetisierte Bereiche die zum Teil erbohrt zum Teil durch ihre Fernwirkung entdeckt wurden 1987 befurchteten Einwohner der Gemeinde Windischeschenbach an der nahe gelegenen Bohrstelle konnten gesundheitsschadliche Gase austreten Nach Information der Wissenschaftler war die Angst unbegrundet da nur kleinste Mengen an Wasserstoff Methan und Helium 3 freigesetzt wurden Bohrverlauf Bearbeiten nbsp Modell im InformationszentrumZwischen September 1987 und April 1989 wurde eine vollstandig als Kernbohrung ausgefuhrte Vorbohrung auf 4 000 Meter niedergebracht Die Erkenntnisse der Vorbohrung bestimmten das technische Konzept der Hauptbohrung So zeigte sich auch ein deutlich hoherer Temperaturgradient als erwartet Mit der bis dahin genutzten Technik konnte die Bohrung auch nicht hinreichend vertikal gebohrt werden Bohrlochverlaufe projiziert in die Horizontalebene nbsp Vorbohrung nbsp Hauptbohrung Die ab 8 September 1990 in 200 Meter Entfernung folgende Hauptbohrung sollte daher nur wenig uber 10 000 Meter erreichen Hier wurden erst unterhalb von 4 000 Metern insgesamt 35 vereinzelte Kernproben entnommen jedoch das Bohrklein kontinuierlich untersucht Um die Reibung des Bohrstranges so zu begrenzen dass die geplante Tiefe uberhaupt zuverlassig erreicht werden konnte wurde bis 7 500 Meter ein selbststandig steuernder Vertikalbohrkopf eingesetzt mit dem die seitliche Abweichung auf 12 Meter begrenzt werden konnte Wegen des erwarteten temperaturbedingten Versagens der Elektronik musste unterhalb dieser Tiefe konventionell weitergebohrt werden Das Gestein befand sich ab dieser Tiefe im sprod duktilen Ubergangsbereich so dass sich das Bohrloch durch unterschiedlich gerichtete horizontale Spannungen teilweise verformte Der Bohrer blieb mehrfach stecken und musste nach stuckweisem Verfullen des Bohrloches neu angesetzt werden Diese Operationen nahmen ungefahr ein Jahr in Anspruch Budget und damit verbundene Zeitbeschrankungen waren schliesslich fur die Beendigung der Bohrung ausschlaggebend Die Hauptbohrung des Kontinentalen Tiefbohrprogramms wurde am 12 Oktober 1994 nach 1468 Tagen bei einer Tiefe von 9 101 Metern ca 300 Metern seitlicher Abweichung und einer Temperatur von 265 C beendet Bis zum 31 Dezember 1994 wurden die drei geplanten Grossversuche durchgefuhrt und damit der Hauptteil des Tiefbohrprogramms abgeschlossen Danach wurde die Anlage teilweise ausser Betrieb genommen und weitere kleinere Versuche durchgefuhrt Das Programm insgesamt endete am 31 Dezember 1995 Ergebnisse BearbeitenDie Ergebnisse fuhrten zu einer breiten Anerkennung des Zonenbaus bzw der darauf basierend postulierten Palaoplattenkonfiguration im mitteleuropaischen Teil des variszischen Grundgebirges die Tiefbohrung liegt im Nahtbereich mehrerer ehemals separater Lithospharenplatten Die raschere Zunahme der Temperatur mit steigender Tiefe passt gut zu der aus diesem Bild erkennbaren starken Strukturierung des geologischen Gesamtsystems Durch die Temperaturbegrenzung auf 300 C wurde zugleich die ursprunglich erhoffte Tiefe von 12 km nur zu 75 erreicht 3 nbsp 6 Rollen Bohrkrone mit BohrkernEinzelne Ergebnisse sind zum Beispiel die Erkenntnis dass das Gestein bis in grosse Tiefen Klufte aufweist und so Tiefenwasser deutlich mobiler sind als zunachst vermutet Dies sollte etwa bei der Planung von Tieflagern fur radioaktive Abfalle berucksichtigt werden Bereits in der Vorbohrung zeigte sich ein anomal starker Anstieg des Magnetfeldes der als Folge eines tiefliegenden zuvor nicht vermuteten magnetisierten Bereiches interpretiert und in der Hauptbohrung dann auch erbohrt wurde Grosse Fortschritte machte auch die gemeinsame Interpretation verschiedener Bohrlochmessverfahren deren Ergebnisse anhand von Bohrkernen und Cuttings kontrolliert werden konnten Die gemeinsame Interpretation von Oberflachen und Bohrlochmessungen lieferte verbesserte Methoden z B im Bereich von Seismik Geoelektrik Magnetotellurik Magnetik und bei der Erdbebenbeobachtung Literatur BearbeitenRolf Emmermann Heinrich Rischmuller Das Kontinentale Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland KTB In Die Geowissenschaften Band 8 Nr 9 1990 S 241 258 doi 10 2312 geowissenschaften 1990 8 241 und weitere Artikel im gleichen Heft Fiona Drewnitzky Red Das Loch Kontinentales Tiefbohrprogamm der Bundesrepublik Deutschland KTB Buch amp Kunstverlag Oberpfalz Amberg Rolf Emmermann Jorn Lauterjung The German Continental Deep Drilling Program KTB Overview and major results PDF 3 3 MB In Journal of Geophysical Research Band 102 Nr B8 1997 S 18179 18201 Max Goldt De deepest hole in ders Wenn man einen weissen Anzug anhat Ein Tagebuch Buch Rowohlt 2002 ISBN 3 498 02493 0 S 27 29 Th Wohrl Ziele und Ergebnisse der KTB Tiefbohrung in Windischeschenbach PDF 1 8 MB Geoforschungszentrum Potsdam 2003 KTB Resumee und Ausblick Themenheft der Zeitschrift Geowissenschaften Nr 4 1995 ISSN 0933 0704 Hans Georg Dietrich Aktuelle Mitteilungen aus dem KTB Feldlabor In Die Geowissenschaften Band 10 Nr 1 1992 S 1 3 doi 10 2312 geowissenschaften 1992 10 1 Peter Kehrer Das Bohrlochmessprogramm der KTB Vorbohrung In Die Geowissenschaften Band 8 Nr 9 1990 S 259 264 doi 10 2312 geowissenschaften 1990 8 259 Bernhard Schulz Red Das tiefe Loch GEO Zentrum an der KTB 5 Auflage 2006 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kontinentales Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien BMB F 1996 Kontinentales Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland Ergebnisse eines Projektes zur Erforschung der Erdkruste 32 S pdf 27 MB Das senkrechteste Loch der Welt Was so schwer daran ist gerade in die Erde zu bohren Unterseite eines Dossiers zu ubertiefen Forschungsbohrungen auf scinexx de Die Kontinentale Tiefbohrung Verlauf und erste Ergebnisse ausfuhrlicher Bericht uber Bohrtechnik Ergebnisse und erste Experimente auf spektrum de veroffentlicht am 1 Marz 1996 Das kontinentale Tiefbohrprojekt Windischeschenbach Beitrag von Berthold Weber auf der Webprasenz der Bezirksgruppe Weiden der Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie VFMG GEO Zentrum an der KTB Webprasenz der Umweltstation am Standort der KTB Video Kontinentales Tiefbohrprogramm Seismische Voruntersuchungen Institut fur den Wissenschaftlichen Film IWF 1987 zur Verfugung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek TIB doi 10 3203 IWF C 1652 Einzelnachweise Bearbeiten M Fussl B Weber Nordliche Oberpfalz Streifzuge durch die Erdgeschichte Quelle amp Meyer Verlag Wiebelsheim 2009 S 12 A Dorr W A Zulauf Elevator tectonics and orogenic collapse of a Tibetan style plateau in the European Variscides the role of the Bohemian shear zone International Journal of Earth Sciences March 2010 Volume 99 Issue 2 pp 299 325 doi 10 1007 s00531 008 0389 x Weitere Ergebnisse finden sich im Artikel Was die Wissenschaftler fanden Ergebnisse der KTB auf scinexx de49 815278 12 120556 Koordinaten 49 48 55 N 12 7 14 O Normdaten Sachbegriff GND 4289192 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kontinentales Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland amp oldid 238285907