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Der Konflikt des 7 Juni 1998 war ein Burgerkrieg in Guinea Bissau der durch einen Putschversuch von Generalstabschef Ansumane Mane gegen den Prasidenten Joao Bernardo Vieira ausgelost wurde In dem daraus resultierenden Burgerkrieg waren auch Truppen aus den beiden Nachbarlandern Senegal und Guinea involviert Die Auseinandersetzungen verliefen in mehreren Phasen zwischen denen es zu mehreren Waffenstillstandsabkommen und Zeiten relativer Ruhe kam Der Burgerkrieg endete mit dem Sturz von Prasident Vieira am 8 Mai 1999 Konflikt des 7 Juni 1998 Burgerkrieg in Guinea BissauKarte von Guinea BissauDatum 7 Juni 1998 bis 8 Mai 1999Ort Guinea BissauAusgang Sieg der RebellenKonfliktparteienPrasident von Guinea Bissau Interventionstruppen aus Senegal und Guinea Junta Militar unter Fuhrung von Ansumane ManeBefehlshaberJoao Bernardo Vieira Ansumane Mane Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Verlauf 2 1 Beginn der Kampfe und Interventionen der Nachbarlander Senegal und Guinea 2 2 Zweite Phase der Kampfe 2 3 Friedensabkommen von Abuja 2 4 Neue Kampfe behindern die Umsetzung des Friedensabkommens 2 5 Erneuter Ausbruch der Kampfe und Sturz von Prasident Vieira 3 Folgen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDer Ausbruch des Burgerkrieges in Guinea Bissau ist in direkten Zusammenhang mit dem seit langem andauernden Konflikt in der Casamance im Suden des Senegals zu sehen Das Verhaltnis Guinea Bissaus zum Senegal war schon seit der Unabhangigkeit konfliktgeladen Von guinea bissauischer Seite stand der Vorwurf im Raum vom Nachbarland Senegal zu wenig Unterstutzung wahrend des lang andauernderden Unabhangigkeitskampfes erhalten zu haben wahrend der Senegal Guinea Bissau vorwarf die Rebellen der Mouvement des forces democratiques de la Casamance MFDC zu unterstutzen 1 Die Rebellen der MFDC hatten in Guinea Bissau traditionell ihre Ruckzugsgebiete Aufgrund ethnischer und politischer Beziehungen die teilweise auf der gegenseitigen Unterstutzung im guineischen Unabhangigkeitskrieg beruhen wurden die Rebellen der MFDC von einigen guineischen Gruppen unter anderem durch einen regen Waffenhandel unterstutzt Mehr als 10 000 senegalesische Fluchtlinge fanden Zuflucht im Norden Guinea Bissaus Ab Ende Dezember 1997 stationierte Guinea Bissau uber 3000 Soldaten an der Grenze zum Senegal wo die Rebellen der MFDC uber Ruckzugsgebiete verfugten 2 Die tieferen Ursachen mussen allerdings in innenpolitischen Streitigkeiten die ihrerseits noch aus Zeiten des Unabhangigkeitskampfes bzw der ersten Phase nach der Unabhangigkeit stammen gesehen werden Seit der Unabhangigkeit 1973 war die Partido Africano da Independencia da Guine e Cabo Verde PAIGC an der Macht Prasident Vieira regierte das Land seit einem Putsch 1980 zunehmend autoritar Daran anderte sich auch durch die Einfuhrung eines Mehrparteiensystems Anfang der 1990er Jahre und den ersten demokratischen Wahlen 1994 nichts Prasident Vieira hatte seine Position so gefestigt dass er auch hinter einer demokratisch liberalen Fassade der unangefochtene Machthaber war Nach der Unabhangigkeit von Portugal hatte sich eine stadtische Elite etabliert die Zuwendungen internationaler Geber geschickt zu kontrollieren verstand Innenpolitisch standen die Vorbereitungen der zweiten Parlaments und Prasidentschaftswahlen an Bereits 1997 litt das Land unter einer allgemeinen schlechten sozialen und wirtschaftlichen Lage Die Regierungspartei PAIGC litt unter internen Machtkampfen dennoch wurde Prasident Vieira auf dem sechsten Parteitag der PAIGC als Parteivorsitzender und Prasidentschaftskandidat bestatigt Im Januar 1998 wurde der Generalstabschef Ansumane Mane wegen Waffenhandels mit der MFDC von Prasident Vieira vom Amt suspendiert Daraufhin erhob Mane seinerseits Korruptionsvorwurfe gegen Prasident Vieira Eine Untersuchungskommission sollte zur Klarung beitragen Vieira und Mane waren ehemalige Kampfgefahrten aus dem guineischen Unabhangigkeitskrieges und genossen in der Bevolkerung ein entsprechend hohes Ansehen Nur wenige Tage vor der Anhorung Manes im Parlament setzte Prasident Vieira Humberto Gomes als neuen Generalstabschef ein Verlauf BearbeitenBeginn der Kampfe und Interventionen der Nachbarlander Senegal und Guinea Bearbeiten Einen Tag nach der Ernennung von Humberto Gomes zum neuen Generalstabschef versuchten Teile des Militars am 7 Juni 1998 einen Putsch unter Fuhrung von Ansumane Mane Er ernannte sich selbst zum Chef einer Junta Militar die Vieiras Rucktritt und freie Wahlen forderte Mane konnte mehr als 90 Prozent des 6500 Mann zahlenden Streitkrafte Guinea Bissaus die fuhrenden Oppositionspolitiker sowie die absolute Mehrheit der Bevolkerung hinter sich vereinen Auf Grundlage eines militarischen Beistandsabkommens mit dem Senegal und Guinea aus dem Jahr 1975 forderte Prasident Vieira Unterstutzung von diesen an Nur zwei Tage spater am 9 Juni 1998 intervenierten Truppen aus dem Senegal und Guinea zu Gunsten von Prasident Vieira 2 der sich ohne dies Hilfe nicht an der Macht hatte halten konnen Die Truppenstarke aus dem Senegal wurde mit etwa 1200 bis 2500 die aus Guinea mit 150 bis 1000 Mann angegeben 1 In der ersten Phase nach Ausbruch des Krieges kampften die Rebellen vor allem gegen die senegalesischen Truppen und die Prasidentengarde in der Hauptstadt Bissau Die Rebellen hatten den internationalen Flughafen sowie das nahe gelegene Militarlager Bra als Hauptstutzpunkte besetzt Bereits nach kurzer Zeit kontrollierten die Rebellen uber 90 Prozent des Landes 2 Rund 200 000 bis 300 000 Zivilisten also etwa ein Viertel der Gesamtbevolkerung wurden zu Fluchtlingen im eigenen Land In der Hauptstadt Bissau verblieben nur etwa 10 15 Prozent der sonst ca 300 000 Einwohner Die Masse der Fluchtlinge kam in den nahegelegenen Provinzhauptstadten oder bei Verwandten auf dem Land unter in Cacheu wurden 73 000 in Bafata 72 000 und in Gabu 30 000 Fluchtlinge registriert In die Nahe des Dorfes Quinhamel bei Bissau sollen rund 100 000 Menschen gefluchtet sein Mehrere Tausend Menschen fluchteten auch uber die Grenze nach Guinea 3 Die stadtische Elite setzte sich zu Beginn der Kampfe vor allem ins europaische Ausland ab 4 Etwa 6000 Auslander vor allem Portugiesen wurden ins Ausland evakuiert Die Mitglieder der Economic Community of West African States ECOWAS berieten am 3 Juli in Abidjan uber die Entsendung einer Eingreiftruppe der Economic Community of West African States Cease Fire Monitoring Group ECOMOG die allerdings nicht ohne Unterstutzung des UN Sicherheitsrates aktiv werden wollten Ein erstes Waffenstillstandsabkommen wurde am 26 Juli unter der Vermittlung von Portugal und der Gemeinschaft der Portugiesischsprachigen Lander CPLP erzielt und am 26 August in Praia Kap Verde unter Anwesenheit der Kontaktgruppen von CPLP und ECOWAS unterzeichnet Im Folgenden wurde der internationale Flughafen von Bissau geoffnet und so humanitare Hilfsleistungen fur die Fluchtlinge ermoglicht 2 In den ersten zwei Monaten des Krieges wurden etwa 2000 Menschen getotet 1 Zweite Phase der Kampfe Bearbeiten Am 14 Oktober brachen erneut schwere Kampfe in der Hauptstadt Bissau aus Am 21 Oktober schickte der Senegal weitere 1000 Soldaten nach Guinea Bissau insgesamt waren nun rund 3500 senegalesische Soldaten im Einsatz Die Bewohner die in der Periode relativer Ruhe bereits wieder zuruckgekehrt waren mussten erneut in die Umgebung fluchten Weiterhin nahmen die Rebellen die zweit und drittgrossten Stadte Bafata und Gabu ein 2 Friedensabkommen von Abuja Bearbeiten Unter Vermittlungsbemuhungen der ECOWAS wurde am 1 November in Abuja ein Friedensabkommen geschlossen in dem fur eine Ubergangszeit eine Regierung der Nationalen Einheit vereinbart wurde Die Truppen aus dem Senegal und Guinea sollten durch Einheiten der ECOMOG ersetzt werden Im Marz 1999 sollten die Parlaments und Prasidentschaftswahlen stattfinden Die Umsetzung des Friedensabkommens verzogerte sich in der Folge Ende November stimmte die Nationale Volksversammlung Guinea Bissaus einstimmig fur den Rucktritt von Prasident Joao Bernardo Vieira ihm wurde das Einbeziehen auslandischer Truppen und die Behinderung der humanitaren Hilfe fur die Fluchtlinge vorgeworfen Der dem Junta Chef Ansumane Mane nahestehende Francisco Fadul wurde am 3 Dezember zum Ministerprasidenten berufen 2 Obwohl man sich im Dezember uber die Verteilung von Ministerien in der Ubergangsregierung einigte verzogerte sich die eigentlich fur Januar geplante Vereidigung des Kabinetts Die Stationierung der ECOMOG Truppen begann erst kurz vor Jahresende mit einem ersten Kontingent von 80 Soldaten aus Togo 1 Am 12 Januar 1999 bildete Premierminister Fadul eine Regierung der Nationalen Einheit Wie im Abkommen von Abuja vereinbart begann am 14 Januar 1999 der Truppenabzug der ersten Kontingente aus dem Senegal und Guinea Neue Kampfe behindern die Umsetzung des Friedensabkommens Bearbeiten Ab dem 31 Januar 1999 kam es zu erneuten Kampfen zwischen juntatreuen und senegalesischen Truppen Diese forderten erneut mehr als Hundert Opfer Am 3 Februar unterzeichneten Prasident Joao Bernardo Vieira und Junta Chef Ansumane Mane erneut ein Waffenstillstandsabkommen in Bissau doch schon am Tag nach diesem kam es erneut zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien Die Stationierung weiterer Truppenkontingente der ECOMOG erfolgte am 4 Februar mit rund 300 Mann aus Benin und dem Niger Die Ubergangsregierung unter Premierminister Francisco Fadul wurde am 20 Februar vereidigt Der Abzug der senegalesischen und guineischen Truppen wurde erst zum letztmoglich vereinbarten Zeitpunkt dem 5 Marz abgeschlossen Der Senegal hatte den Abzug vermutlich auch um die Rebellen der MFDC von ihren Ruckzugsgebieten abzuschneiden so lange hinausgezogert Daraufhin wurden ab dem 5 Marz 5000 Rebellen in und um Bissau zu Demobilisierung aufgerufen Die Truppen der ECOMOG wurden bis Mitte Marz auf rund 600 Mann aufgestockt Die Einheiten stammten vor allem aus frankophonen Landern Vieira hatte die Entsendung von Truppen der CPLP erfolgreich verhindert da er furchtete diese konnten die Konfliktschlichtung eher nach Portugal verlagern das angeblich eher General Mane gestutzt hatte Am 16 April stimmte das Parlament fur einen Strafprozess gegen Prasident Vieira da man ihm vorwarf von den Waffengeschaften mit der MFDC gewusst und nichts gegen diese unternommen zu haben Schwerer wogen allerdings die Vorwurfe des Landesverrats wegen des Zuhilferufens auslandischer Streitkrafte in einen internen Konflikt sowie wegen Korruption und Machtmissbrauch Die Parlaments und Prasidentschaftswahlen wurden am 3 Mai fur den 28 November 1999 festgelegt 5 nbsp Der im Krieg 1998 99 zerstorte Prasidentenpalast stand bis ins Jahr 2013 in RuinenErneuter Ausbruch der Kampfe und Sturz von Prasident Vieira Bearbeiten Nachdem Prasident Joao Bernardo Vieira seine Prasidentengarde nicht wie vereinbart demobilisierte kam es zwischen dem 6 und 9 Mai zu erneuten Gefechten zwischen Soldaten der Militar Junta und der Prasidentengarde um den Prasidentenpalast im Stadtzentrum Prasident Vieira wurde am 8 Mai gesturzt und fluchtete in die portugiesische Botschaft wo er am 12 Mai die bedingungslose Kapitulation unterzeichnete Vieira reiste spater uber Gambia und Frankreich nach Portugal aus wo ihm Asyl gewahrt wurde Die Militarjunta ubernahm unter Fuhrung von Ansumane Mane auch formell fur einige Tage die Macht Am 12 Mai wurde der Parlamentsprasident Malam Bacai Sanha zum Interimsprasidenten ernannt Ansumane Mane wurde am 14 Mai von der parlamentarischen Untersuchungskommission vom Vorwurf des Waffenhandels mit der MFDC freigesprochen 5 Folgen Bearbeiten nbsp Ein verlassener Panzer in den Strassen von Bissau 2003 Die soziookonomischen Folgen des Burgerkriegs waren verheerend Von den 1 1 Millionen Einwohnern Guinea Bissaus waren uber 400 000 zu internen Fluchtlingen geworden Daneben verliessen uber 8500 Menschen das Land Zehntausende waren in der Umgebung von Bissau in Lagern untergebracht Die ohnehin schon schwache Infrastruktur des Landes wurde durch den Krieg weitgehend zerstort In der Hauptstadt wurden 5000 Hauser beschadigt die Produktion von Industrie und Dienstleistungsgewerbe brach 1998 um 40 Prozent ein das Bruttosozialprodukt ging um fast ein Drittel zuruck 5 Symbol fur die Zerstorungen im Krieg wurde das Nationale Forschungsinstitut INEP die senegalesischen Truppen hatten es sich als Hauptstutzpunkt gewahlt Historische Bestande der Bibliothek und des Nationalarchivs wurden als Brennmaterial genutzt Gebaude zerstort und dem tropischen Regen ausgesetzt Daneben wurden auch andere offentliche Einrichtungen und Krankenhauser zerstort die Hauptstadt nach Flucht der Bewohner von Soldaten beider Lager geplundert Portugiesische Tageszeitungen sprachen von rund 5000 Toten 3 Die Wirtschaft Guinea Bissaus erholte sich nur langsam von dem Burgerkrieg und erreichte erst Jahre spater das Vorkriegsniveau Die folgenden Jahre waren von innenpolitischen Unruhen gepragt Regierungen wechselten es kam zu mehreren Putschversuchen 2003 und 2009 waren diese auch erfolgreich In den Jahren 1999 2000 2004 2005 2008 und 2009 wurden zwar erfolgreich freie und demokratische Wahlen abgehalten allerdings stabilisierten diese die innenpolitische Lage kaum Der UN Sicherheitsrat installierte ein Post Conflict Peace Building Support Office UNOGBIS das bis heute im Land tatig ist Eine von der Europaischen Union unterstutzte Reform der Streitkrafte zwischen 2008 und 2010 schlug fehl Im April 2012 kam es zu einem erneuten Militarputsch Das Land befindet sich auch 2015 sechzehn Jahre nach Ende des Burgerkrieges in einer schwierigen Gesamtlage Siehe auch BearbeitenGeschichte von Guinea BissauLiteratur BearbeitenAlexander Reis Rodrigues Americo Silva Santos Bissau em Chamas Junho de 1998 Casa das Letras 2007 ISBN 978 972 46 1745 9 port Augel Johannes Ein Neuanfang in Guinea Bissau in Afrika Spectrum 35 2000 Nr 1 S 31 40 PDF 374 kB Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Vgl Wolfgang Schreiber Burgerkrieg Guinea Bissau Memento vom 10 Juni 2007 im Internet Archive a b c d e f Vgl Ute Gebhard Guinea Bissau 1998 PDF 373 kB In R Hofmeier Hrsg Afrika Jahrbuch 1998 Leske und Budrich Opladen 1999 S 109 112 a b Johannes Augel Staatskrise Ethnizitat und Ressourcenkonflikte in Guinea Bissau Memento vom 19 Dezember 2011 im Internet Archive PDF 135 kB Working Paper N 309 Universitat Bielefeld Fakultat fur Soziologie Bielefeld 1998 ISSN 0936 3408 S 3f Temudo Marina Padrao und Ulrich Schiefer Uber die Belastbarkeit afrikanischer Agrargesellschaften in Kriegszeiten Eine Fallstudie uber die Aufnahme von Stadtfluchtlingen im Suden von Guinea Bissau in Peripherie Nr 84 2001 S 83 84 Memento vom 19 Dezember 2011 im Internet Archive PDF 3 9 MB a b c Vgl Ute Gebhard Guinea Bissau 1999 PDF 373 kB In R Hofmeier Hrsg Afrika Jahrbuch 1999 Leske u Budrich Opladen 2000 S 121 123 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konflikt des 7 Juni 1998 amp oldid 236029255