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Dieser Artikel behandelt Josef Grimm Pfarrer und NS Opfer Zum Theologen und Hochschullehrer im 19 Jahrhundert siehe Joseph Grimm Josef Grimm 13 Januar 1900 in Deisenried Landkreis Miesbach 28 April 1945 in Gotting war Pfarrer in Gotting und wurde dort kurz vor Kriegsende von der SS ermordet Josef GrimmPfarrer Grimm Gedenkstatte nahe UnterleitenGedenktafelGrimm Hangl Denkmal in GottingGrimm Hangl Denkmal Detail Grimm Hangl Gedenkstein an der Kreisstrasse RO8 oberhalb von Unterleiten Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ermordung 3 Strafrechtliche Aufarbeitung 3 1 Erste Ermittlungen 1945 3 2 Festnahme Bachots 1961 3 3 Voruntersuchungen 1962 3 4 Hauptverhandlung 1963 3 5 Erneute Hauptverhandlung 1965 4 Gedenken 5 Literatur 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJosef Grimm wuchs zusammen mit sechs Geschwistern drei Schwestern und drei Bruder auf einem landwirtschaftlichen Anwesen in Oberaudorf auf Von einem Bekannten der Familie dem spateren Weihbischof Johannes Neuhausler wurde er ermutigt Priester zu werden Nach vierjahrigem Theologiestudium am Lyceum in Freising wurde er am 29 Juni 1925 von Kardinal Michael von Faulhaber zum Priester geweiht Am 12 Juli 1925 feierte er seine Primiz in Oberaudorf Es folgten 13 Jahre als Hilfs und Aushilfspriester in Gruntegernbach Surberg Altfraunhofen Feldmoching und Untermenzing Im Jahre 1938 ubernahm er die Pfarrei St Martin in Untermenzing und 1939 liess er sich nach Gotting versetzen um naher an seiner Heimat zu leben Ermordung BearbeitenGegen Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich etwa 40 bis 50 Soldaten des SS Jagdverbandes Nordwest in Gotting Sie ruckten zum grossten Teil am 27 April 1945 ab zuruck blieb ein Nachkommando das aus etwa funf Mannern und einigen Frauen bestand Diese hatten eine Schreibstube im Gasthaus Eder eingerichtet Nachdem der Lehrer Georg Hangl am Morgen des 28 April 1945 die Aufrufe der Freiheitsaktion Bayern FAB im Radio gehort hatte Die FAB hatte verkundet dass sie sich in der Nacht zuvor die Regierungsgewalt erstritten hatte und forderte die Bevolkerung auf die Funktionare der NSDAP zu entmachten begab er sich gegen 6 30 Uhr zu Grimm um ihm von dem soeben Gehorten zu erzahlen Kurze Zeit spater hissten sie gemeinsam die weiss blaue Bayernfahne auf der Sudseite des Kirchturms Die Hakenkreuzfahne wurde heruntergeworfen und verfing sich in der Dachrinne der Kirche Gegen 7 Uhr begaben sich die beiden zum Wirt Josef Eder bis 1933 Burgermeister von Gotting und erzahlten ihm vom Aufruf der FAB und von ihrem Plan gegen die Nationalsozialisten am Ort vorzugehen Zunachst sollte der verbliebene PKW der SS beschadigt werden der sich im nahe gelegenen Unterstand befand Da jedoch der SS Obersturmfuhrer Bachot im Wagen schlief wurde dies nicht in die Tat umgesetzt Anschliessend begab sich Hangl in die Schule um den Schulern mitzuteilen dass der Unterricht an diesem Tag ausfalle Nach Polizeiangaben benutzte er die Worte sie konnen nach Hause gehen und die Nazi totschlagen 1 Zwischenzeitlich begab sich der Hauptmann einer ebenfalls am Ort befindlichen Staffel des Armee Pferde Lazaretts ins Pfarrhaus um im Interesse von Ruhe und Ordnung das Einziehen der weiss blauen Fahne und das Entfernen der Hakenkreuzfahne aus der Dachrinne zu erwirken Die weiss blaue Fahne wurde wahrend der Morgenmesse abgenommen und gegen 8 Uhr war die Hakenkreuzfahne vom Kirchendach entfernt worden Im Laufe des Vormittags trafen sich Grimm Hans Gruber und Georg Eisenreich im Schulhaus bei Hangl um die Geschehnisse des Morgens zu besprechen Ein Soldat der Armee Pferde Lazarett Staffel kam spater hinzu und forderte die Herausgabe der Hakenkreuzfahne Grimm ging deshalb mit ihm zum Pfarrhaus Gegen Mittag ging der Pfarrer noch einmal zum Schulhaus und sagte dass er nun nach Bad Aibling fahre um dort Hostien zu besorgen Dort besuchte er am fruhen Nachmittag das Ehepaar Rotthaler und berichtete von den Ereignissen in Gotting Das Ehepaar bot an ihn zu verstecken doch Grimm lehnte ab da er noch Beichte horen und den Rosenkranz vorbeten musse so brach er gegen 15 Uhr wieder nach Gotting auf 2 Etwa um 15 Uhr traf SS Obersturmfuhrer Bachot mit drei weiteren SS Mannern wieder am Ort ein Kurze Zeit spater holten sie den Zweiten Burgermeister Martin Krattenmacher den Gemeindeschreiber Karl Brassler sowie den Messner Josef Worndl und seinen Sohn zum Verhor in die Schreibstube um sie zum Hissen der weiss blauen Fahne zu befragen Die Befragung verlief allerdings ergebnislos da die Vernommenen keine Angaben zu dem Vorgang machten 3 Anschliessend wurde Pfarrer Grimm von der SS im Pfarrhof abgeholt und ebenfalls in der Schreibstube verhort Nach dem Ende des Verhors bat Grimm sich noch von seiner hochbetagten schwerkrank im Pfarrhaus liegenden Mutter verabschieden zu durfen er wurde aber unmittelbar in die Gegenrichtung zur Strasse nach Irschenberg gefahren von wo die SS Manner etwa eine halbe Stunde spater gegen 17 Uhr ohne den Pfarrer zuruckkehrten Angeblich war der Pfarrer dem Sicherheitsdienst ubergeben worden 4 Bald danach kamen die SS Manner zum Schulhaus und nahmen Georg Hangl fest mit der Begrundung er musse eine Aussage zum Pastor machen Kurz darauf wurde er auf der Flucht wahrscheinlich nach einem Stoss von Bachot von der SS erschossen Die SS Truppe verliess Gotting noch in derselben Nacht Nachdem mehr und mehr Zweifel am Verbleib des Pfarrers aufkamen wurde gegen Mittag des Folgetags eine Suchaktion eingeleitet an der die Gendarmerie und Einwohner Gottings beteiligt waren Nach etwa einer Stunde fand man die Leiche Grimms in einer Mulde im Wald oberhalb Unterleiten nahe der Strasse nach Irschenberg Sie war mit Tannenzweigen abgedeckt und hielt noch den Rosenkranz in der linken Hand 5 6 Die Leiche wies einen Genickschuss und ausgeschlagene Vorderzahne moglicherweise durch den Genickschuss verursacht auf Am Hinterkopf und im Genick befanden sich zahlreiche kleine Stiche moglicherweise von einem Messer oder Dolch und die Fingernagel waren blutunterlaufen 7 8 Grimm wurde im Pfarrhaus aufgebahrt Offenbar auf Anordnung der SS sollte ein ehrenvolles Begrabnis verweigert werden Zwei Tage nach dem Einrucken der US Armee wurden Hangl und Pfarrer Grimm unter grosser Anteilnahme der Gottinger Bevolkerung am 3 Mai 1945 beigesetzt Strafrechtliche Aufarbeitung BearbeitenErste Ermittlungen 1945 Bearbeiten Bereits im Juni 1945 leitete das Landratsamt Ermittlungen ein Im August 1945 lagen erste Protokolle von den Vernehmungen der Angehorigen und Augenzeugen vor Drei mutmasslich zum Taterkreis gehorende Personen konnten namentlich identifiziert werden Obersturmfuhrer Josef Bachot Unterscharfuhrer Gaston Koeken und Unterscharfuhrer Jean Moens Da alle drei Belgier waren wurden von dort Informationen eingeholt Es stellte sich heraus dass Koeken und Moens bereits von einem belgischen Kriegsgericht zu langeren Freiheitsstrafen verurteilt worden waren und der nicht auffindbare Bachot in Abwesenheit sogar zum Tode verurteilt war Aufgrund dessen stellte die Oberstaatsanwaltschaft Traunstein Ende 1950 die Ermittlungen ein 9 Festnahme Bachots 1961 Bearbeiten Im Mai 1961 wurde der unter falschem Namen lebende Josef Bachot bei Hannover entdeckt Daraufhin veranlasste die Staatsanwaltschaft Traunstein seine Festnahme und nahm die Ermittlungen wieder auf Er stritt seine Beteiligung an den Morden an Hangl und Grimm stets ab Bachots Anwalte versuchten mehrfach eine Haftaussetzung zu erreichen Er blieb jedoch wegen Flucht und Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft Voruntersuchungen 1962 Bearbeiten Im Januar 1962 gab es drei Verfahren am Landgericht Traunstein gegen Josef Bachot Heinz K und Leonhard L In der Vernehmung am 9 Januar belastete der ehemalige Unterscharfuhrer Heinz K mit seiner Aussage zum Mord an Pfarrer Grimm Bachot und Moens schwer Selber habe er bei einer Hausdurchsuchung wahrend der Abholung Hangls mitgewirkt sei aber an der Erschiessung des Lehrers nicht beteiligt gewesen 10 Leonhard L konnte zu den beiden Morden keine massgeblichen Angaben machen da er sich hauptsachlich in der Schreibstube aufgehalten habe Allerdings habe er gehort dass Bachot bei Giessen Marburg an der Erschiessung von KZ Haftlingen und Fremdarbeitern beteiligt war 11 Daraufhin wurde gegen Bachot sowie gegen Leonhard L und Heinz K der Prozess eroffnet Koeken und Moens sollten ebenfalls zur Sache vernommen werden Koeken war aber mittlerweile in einer Nervenheilanstalt untergebracht und konnte keine sachdienlichen Angaben zu den Vorgangen mehr machen Die Aussage von Jean Moens zu den beiden Morden belastete Bachot schwer 12 Die Voruntersuchungen waren im Mai 1962 abgeschlossen Die Hauptverhandlung verzogerte sich wegen eines noch ausstehenden Rechtshilfeersuchens an die belgischen Behorden Hauptverhandlung 1963 Bearbeiten Am 27 Februar 1963 begann am Landgericht Traunstein die Hauptverhandlung gegen Bachot er wurde des Mordes angeklagt Ein Verfahren gegen Heinz K wegen Beihilfe zum Mord wurde aus Mangel an Beweisen nicht eroffnet Eine Anklage gegen Leonhard L ist in den Akten nicht vermerkt Samtliche noch lebenden Zeugen wiederholten ihre Aussagen Da Jean Moens nicht personlich anwesend war wurden die Protokolle der kommissarisch vorgenommenen Vernehmung ebenso wie die Aussagen der bereits verstorbenen Zeugen verlesen Am 6 Marz 1963 war die Beweisaufnahme abgeschlossen Der Antrag der Staatsanwaltschaft lautete auf lebenslange Zuchthausstrafe jeweils fur jeden der beiden Morde und die Entziehung der burgerlichen Ehrenrechte Am 7 Marz 1963 wurde das Urteil verkundet es lautete schuldig eines Verbrechens des Totschlages an Pfarrer Grimm und Freispruch im Fall der Erschiessung Hangls Das Strafmass betrug 7 Jahre Zuchthausstrafe unter voller Anrechnung der Untersuchungshaft Sowohl die Verteidigung als auch der Oberstaatsanwalt legten Berufung ein Der Bundesgerichtshof hob am 22 Oktober 1963 das Urteil auf und verwies das Verfahren an das Landgericht Traunstein zuruck 13 Im Dezember 1963 wurde Bachot aus der Untersuchungshaft entlassen Erneute Hauptverhandlung 1965 Bearbeiten Am 14 Oktober 1965 wurde erneut eine Hauptverhandlung eroffnet Die Beweisaufnahme umfasste diesmal nur das Verbrechen an Pfarrer Grimm da bezuglich der Erschiessung Hangls der Freispruch bereits rechtskraftig war Die entsprechenden Zeugen wurden erneut vernommen Am funften Prozesstag wurde das Urteil verkundet Schuldig wegen Totschlag Das Strafmass betrug diesmal drei Jahre und sechs Monate unter Anrechnung der Untersuchungshaft Josef Bachot musste die teilweise ermassigten Kosten des Verfahrens ubernehmen In der Urteilsbegrundung wurde erwahnt dass Bachot von fruhester Jugend an zu Unterordnung und Gehorsam erzogen worden war und seine SS Zugehorigkeit auf ein normales Unrechtsbewusstsein negativen Einfluss gehabt habe Weiterhin hatte gegen Ende des Krieges ein Menschenleben wenig gezahlt Ausserdem habe Grimm ein gemass der damaligen Rechtsprechung schweres Verbrechen begangen wofur er hart bestraft worden sei 14 Wieder legte die Staatsanwaltschaft Traunstein Revision ein Sie wurde jedoch am 28 Juni 1966 vom Bundesgerichtshof verworfen Im September 1966 wurde die verbliebene Freiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat gegen den Einspruch der Staatsanwaltschaft in eine dreijahrige Bewahrungsstrafe umgewandelt Am 13 Oktober 1966 wurde der Haftbefehl aufgehoben Gedenken BearbeitenAm Fundort der Leiche des Pfarrers wurde bereits 1945 ein Holzkreuz aufgestellt 1947 wurde die Schulstrasse in Munchen Untermenzing in Pfarrer Grimm Strasse umbenannt Benennung der Pfarrer Grimm Strasse in Gotting Am 22 Marz 2009 wurde das Grimm Hangl Denkmal auf dem Friedhof in Gotting enthullt Die katholische Kirche hat Pfarrer Josef Grimm als Glaubenszeugen in das deutsche Martyrologium des 20 Jahrhunderts aufgenommen Literatur BearbeitenVeronika Diem Die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs in Gotting In Nicolas Klocker Alois Fuchs Hrsg Gotting Beitrage zur Ortsgeschichte s n Gotting 2008 S 295 316 Helmut Moll Hrsg im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz Zeugen fur Christus Das deutsche Martyrologium des 20 Jahrhunderts Paderborn u a 1999 7 uberarbeitete und aktualisierte Auflage 2019 ISBN 978 3 506 78012 6 Band I S 468 471 LG Traunstein 21 Oktober 1965 In Justiz und NS Verbrechen Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Totungsverbrechen 1945 1966 Bd XXII bearbeitet von Irene Sagel Grande Adelheid L Ruter Ehlermann H H Fuchs C F Ruter Amsterdam University Press 1981 Nr 599 S 283 317 Verfahrensgegenstand Erschiessung eines Pfarrers und eines Lehrers die nach dem Aufruf der Freiheitsaktion Bayern eine weiss blaue Fahne an dem Kirchturm von Gotting gehisst hatten Einzelnachweise Bearbeiten Schreiben des Gendarmerie Postens Bruckmuhl an den Oberstaatsanwalt beim Landgericht Traunstein vom 29 April 1945 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 3 Vernehmungsniederschrift Gertrud Rotthaler vom 17 Februar 1947 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 3 Vernehmungsniederschrift Martin Krattenmacher vom 17 Juni 1945 Karl Brassler vom 19 Juni 1945 Josef Worndl senior und junior vom 16 August 1945 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 1 und 2 Vernehmungsnierderschrift ehem Veterinar Hauptmann Dr Jan Entjer vom 27 Juni 1945 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 2 Abschrift eines Schreibens der Gendarmerie Bruckmuhl an den Oberstaatsanwalt beim Landgericht Traunstein vom 29 April 1945 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 3 Vernehmungsniederschrift Sebastian Schonweitz vom 14 November 1961 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 4 Fotokopie des Leichenschauscheines Nr 42 vom April 1945 der Polizeibehorde Aibling Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 3 Vernehmungsniederschrift der Leichenfrau Maria Mittermiller vom 14 November 1961 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 4 Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft Traunstein vom 23 Dezember 1950 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 4 Vernehmungsniederschrift ehem Unterscharfuhrer Heinz K vom 9 10 Januar 1962 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 4 Vernehmungsniederschrift ehem Hauptsturmfuhrer Leonhard L vom 26 Februar 1962 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 5 Ubersetzung der Niederschrift der Vernehmung des ehem Unterscharfuhrers Jean Moens vom 7 April 1962 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 5 Verschiedene Prozessunterlagen Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 9 Urteil in der Strafsache gegen Josef Bachot vom 21 Oktober 1965 Staatsarchiv Munchen Staatsanwaltschaften 31245 9Normdaten Person GND 122069307 lobid OGND AKS VIAF 32869048 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Grimm JosefKURZBESCHREIBUNG deutscher Geistlicher Pfarrer in GottingGEBURTSDATUM 13 Januar 1900GEBURTSORT Deisenried Landkreis MiesbachSTERBEDATUM 28 April 1945STERBEORT Gotting Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Josef Grimm amp oldid 218606822