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Die Judische Gemeinde Treysa bestand in Treysa im nordhessischen Schwalm Eder Kreis mindestens seit dem 18 Jahrhundert und bis zu ihrer Vernichtung durch das NS Regime in den Jahren 1938 1942 Inhaltsverzeichnis 1 Gemeindeentwicklung bis 1933 2 Gemeindeeinrichtungen 2 1 Synagoge 2 2 Schule 2 3 Friedhof 3 Untergang der Gemeinde 4 Einzelnachweise 5 Weblinks 6 LiteraturGemeindeentwicklung bis 1933 BearbeitenJudische Einwohner sind 1482 erstmals beurkundet Ihre Zahl blieb jedoch bis ins angehende 19 Jahrhundert sehr klein 1575 78 wird Elias Bobenhausen genannt der in der Burggasse wohnte und dessen Vater Lazarus Bobenhausen Hebraer Medicus Leibarzt im Dienst des hessischen Landgrafen Philipp I war Auch im 17 Jahrhundert werden nur vereinzelte judische Familien erwahnt 1773 gab es sechs judische Familien mit 28 Personen in Treysa Im 19 Jahrhundert stieg die Zahl der judischen Einwohner dann stetig an basierend vor allem auf Zuzug aus anderen kurhessischen Gemeinden Im 19 und 20 Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der judischen Einwohner wie folgt Jahr Einwohner gesamt JudischeEinwohner Anteilin Prozent1805 2 081 35 1 7 1816 13 Familien 1827 2 348 94 4 0 1835 2 499 111 4 4 1861 2 507 125 4 8 1885 2 413 160 6 6 1895 2 385 193 8 1 1905 3 100 160 5 2 1924 4 207 130 3 1 1930 130 1933 ca 120 1938 4 294 ca 60 1 4 Bis zur Mitte des 19 Jahrhunderts waren die judischen Gewerbetreibenden uberwiegend Kleinhandler Viehhandler und Metzger Danach gab es auch einige Handwerker sowie Besitzer kleinerer Manufakturen Handelsbetriebe und Laden Gemeindeeinrichtungen BearbeitenDie Gemeinde gehorte zum Rabbinatsbezirk Oberhessen Eine Synagoge wurde im Jahre 1819 eingeweiht und eine judische Elementarschule bestand seit 1835 Eine Mikwe rituelles Bad befand sich in einem kleinen Badehaus am Keilstor an der Wiera Einen Judischen Friedhof gab es erst ab 1850 an der Wasenberger Strasse An judischen Vereinen bestanden die Chewra Kadischa Arbeitsgebiet Krankenbesuchen und rituelle Bestattung Verstorbener der 1879 gegrundete Israelitische Junglingsverein Chewras Bachurim Arbeitsgebiet Unterstutzung Ortsansassiger Liebesdienste in Sterbefallen und der 1887 gegrundet Israelitische Frauenverein Chewras Noschim Arbeitsgebiet Kranken und Wochnerinnenfursorge Synagoge Bearbeiten Gottesdienste wurden zunachst in privaten Raumen spater in einem Betsaal gehalten Im Jahre 1817 beantragte der Kaufmann Abraham Isaak Meyer bei den Behorden die Erlaubnis zum Bau einer Synagoge Der Bau ein zweigeschossiges Fachwerkhaus mit Satteldach wurde 1818 1819 nach dem Muster der Synagoge in Witzenhausen durch den Maurermeister Peter Menzler ausgefuhrt Am 6 August 1819 wurden die Torarollen in grossem Festzug vom bisherigen Betsaal zur Synagoge Im neuen Weg gebracht Eine Abteilung Schutzen und eine Abordnung der Garnison aus Ziegenhain nahmen an den Festlichkeiten teil Die Synagoge hatte 60 Mannerplatze im Erdgeschoss und 40 Frauenplatze auf einer mit holzernem Stabwerkgitter abgetrennten Empore Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung zerstort Schule Bearbeiten Eine Israelitische Konfessionsschule bestand von 1835 bis 1922 Im Jahre 1868 wurde sie von 14 Schulern besucht 1891 waren es bereits 38 Um den Andrang zu bewaltigen wurde am 9 Januar 1898 ein neues Schulhaus eingeweiht ein zweistockiger Ziegelbau 1899 besuchten 44 Kinder den Unterricht Nach dem Ersten Weltkrieg ging die Zahl der Schuler stark zuruck und die Schule wurde daher 1922 geschlossen 1924 nahmen noch 8 Kinder am Religionsunterricht teil 1931 noch 9 Friedhof Bearbeiten Die Verstorbenen der Gemeinde wurden bis 1850 auf dem Friedhof der Judischen Gemeinde Ziegenhain in Niedergrenzebach beigesetzt Erst dann wurde ein judischer Friedhof in Treysa eingerichtet zwischen der Wasenberger Strasse und der Stephanstrasse Er hat eine Flache von 10 89 ar und enthalt 164 Grabstatten Die letzte Beisetzung fand 1939 statt Beim Novemberpogrom 1938 wurde der Friedhof geschandet Auf dem Friedhof wurde 1976 auf Initiative des aus Treysa stammenden Dr Julius Werner Hoxter ein Denkmal aufgestellt mit dem Text Zum Andenken an die judischen Burger der Stadt Treysa die in den Jahren 1933 1945 der Terrorherrschaft zum Opfer fielen Ihre Seelen seien eingebunden in den Bund des Lebens Ein zweites Denkmal wurde von Nachkommen und Angehorigen von Benedikt Schon und Frau Rosa geb Hahn aufgestellt mit dem Text Sie klagen an und mahnen Untergang der Gemeinde BearbeitenEtwa die Halfte der ca 120 im Jahre 1933 noch in Treysa lebenden judische Personen zog in den Jahren bis 1939 auf Grund der zunehmenden Repressalien und Entrechtung fort oder wanderte ganz aus Deutschland aus Die ortliche SA tat sich mit wusten anti judischen Auftritten hervor die bei Teilen der Bevolkerung Resonanz fanden So wurden z B am 4 September 1933 ein 57 jahriger judischer Mann und seine Frau von der SA durch die Strassen gefuhrt Der Mann musste ein Schild tragen auf dem zu lesen war Ich wollte ein Christenmadchen schanden Er wurde vom Publikum angespuckt verhohnt und geschlagen Der weithin bekannte Tierarzt und Veterinarwissenschaftler Abraham Hoxter wurde am 16 Oktober 1938 von SA Leuten auf den Marktplatz gebracht und dort vor angetretenen SA HJ und BDM Mitgliedern gesundheitspolitischer Sabotage bezichtigt und wust beschimpft Anti judische Sentimente waren in der Stadt schon fruher zu Tage getreten Bei einem Judenpogrom im Jahre 1813 wurden Haus und Geschaft eines judischen Kaufmanns vollig ausgeplundert im Revolutionsjahr 1848 kam es wieder zu Plunderungen judischer Geschafte 1905 wurde ein Ritualmord insinuiert 1 und noch im Jahre 1920 glaubten die Schuler des Gymnasiums in Treysa dass Juden in Christenblut baden 2 Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der erst 1928 29 grundlich renovierten Synagoge vollkommen zerstort Wohnungen judischer Familien wurden verwustet und der Lehrer der Gemeinde wurde ermordet Auch der Friedhof wurde geschandet Die noch verbliebenen judischen Einwohner der Stadt wurden ab 1939 in immer engeren Ghettohausern zusammengepfercht zuletzt 1942 im sogenannten Judenhaus Steingasse 17 Im Juni und September 1942 wurden die letzten 25 nach Polen beziehungsweise in das KZ Theresienstadt deportiert und dann dort nahezu ausnahmslos ermordet Das Gebaude der Synagoge kam in den Besitz der Stadt und wurde zur Unterbringung franzosischer Kriegsgefangener spater als Wascherei benutzt Nach 1945 wurde es zu einem Wohnhaus umgebaut aber gegen Ende der 1950er Jahre abgerissen Einzelnachweise Bearbeiten Robert von Friedeburg Kommunaler Antisemitismus Christliche Landgemeinden und Juden zwischen Eder und Werra vom spaten 18 bis zur Mitte des 19 Jahrhunderts in Monika Richarz amp Reinhard Rurup Hg Judisches Leben auf dem Lande Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Instituts 56 Mohr Siebeck Tubingen 1997 ISBN 3 16 146842 2 S 139 172 S 169 Robert von Friedeburg Kommunaler Antisemitismus Christliche Landgemeinden und Juden zwischen Eder und Werra vom spaten 18 bis zur Mitte des 19 Jahrhunderts in Monika Richarz amp Reinhard Rurup Hg Judisches Leben auf dem Lande Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Instituts 56 Mohr Siebeck Tubingen 1997 ISBN 3 16 146842 2 S 139 172 S 169 Weblinks BearbeitenZur Synagoge in Treysa bei Alemannia Judaica Zum judischen Friedhof in Treysa bei Alemannia Judaica Treysa Schwalm Eder Kreis Historisches Ortslexikon fur Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Literatur BearbeitenHartwig Bambey Adolf Biskamp Bernd Lindenthal Hrsg Heimatvertriebene Nachbarn Beitrage zur Geschichte der Juden im Kreis Ziegenhain 2 Bande Verlag Stadtgeschichtlicher Arbeitskreis e V Schwalmstadt Treysa 1993 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judische Gemeinde Treysa amp oldid 200389705