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Issues oder auch Issue Management bezeichnet die systematische Auseinandersetzung einer Organisation in der Regel Unternehmen aber auch Behorden Parteien Verbande etc mit Anliegen ihrer Umwelt Dabei geht es darum in der Offentlichkeit aufkommende organisationsrelevante Themen fruhzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren Das kann durch Beteiligung am offentlichen Meinungsbildungsprozess geschehen oder durch Anpassung der Organisationspolitik Daruber hinaus gehoren auch Massnahmen einer Organisation Themen selbst in die offentliche Diskussion zu bringen zum Issue Management Der Begriff wird auch im Projektmanagement und beim Softwaretesten verwendet Dort werden z B das Problem Management das Aufgabenmanagement oder die Verwaltung und Bearbeitung gemeldeter Fehler so bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Begriff 1 1 Issues 1 2 Issues Management 2 Ansatze 3 Verfahren 3 1 Identifizierung 3 2 Priorisierung 3 3 Analyse 3 4 Strategie 3 5 Massnahmen 3 6 Evaluation 4 Organisationsprobleme 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBegriff BearbeitenIssues Bearbeiten Unternehmen stehen einer zunehmenden Turbulenz ihres Umfeldes gegenuber Globalisierung der Informations und Wirtschaftsmarkte gesellschaftlicher Wertewandel und soziale Differenzierung sowie die zunehmende Fulle und schnellere Verbreitung von Informationen in der Mediengesellschaft fuhren zu einer steigenden Komplexitat und Dynamik der Umweltbedingungen eines Unternehmens und damit auch zur Zunahme relevanter Anspruche und Themen die eine Begrenzung der Handlungsspielraume eines Unternehmens erwarten lassen Komplexitat bedeutet dabei dass immer mehr Umfeldbereiche fur ein Unternehmen relevant werden Dynamik meint die Geschwindigkeit von Veranderungen 1 Die Legitimitat und damit Durchsetzungsfahigkeit von Organisationsinteressen steht vor der offentlichen Meinung mittlerweile in einer Vielzahl von Bereichen auf dem Prufstand Issues sind in diesem Zusammenhang die erwahnten Anspruche und Themen die in zunehmender Form an eine Organisation herangetragen werden Trager sind Anspruchsgruppen aus dem Organisationsumfeld Mit anderen Worten Issues ergeben sich als Konsequenz des Zusammentreffens von Organisation und Aussenwelt Sie stellen die Verbindung dar zwischen der Organisation und den Interessengruppen 2 Die gesellschaftliche Entwicklung bringt Trends und Themen hervor die durch Stakeholder an ein Unternehmen herangetragen werden und damit zu Issues werden Fur das Wort Issue gibt es im Deutschen keine Entsprechung es wird in der Regel mit Streitfall Streitfrage oder strittiger bzw wesentlicher Punkt ubersetzt Es bietet sich daher an den Begriff auch im Deutschen zu verwenden Als Konsens aller Definitionsvorschlage konnen fur Issues die folgenden Eigenschaften angenommen werden 3 Offentliches Interesse d h Folgen uber die Privatsphare hinaus Konfliktpotential in Bezug auf mogliche Losungen Wertebezug oder Verteilung Einfluss auf Organisationen und deren Handlungsmoglichkeiten Issues stellen eine Beziehung zwischen Teiloffentlichkeiten und Organisation her Zusammenhang mit einem oder mehreren EreignissenNach der Geburt eines Issues indem ein Sachverhalt durch Interessengruppen aufgegriffen wird die damit zu Issue Raisern werden durchlauft ein Issue eine Themenkarriere die ublicherweise als Lebenszyklus dargestellt wird 4 Definitionsphase Sachverhalt wird durch Issue Raiser als Problem erkannt Legitimitationsphase Issue Raiser mussen ihr Anliegen in der Offentlichkeit verbreiten indem sie ihr Vorhaben mit den vorherrschenden Wertvorstellungen in Beziehung setzen Polarisationsphase Das Issue tritt in die offentliche Diskussion ein Diese spielt sich in erster Linie in den Massenmedien ab welche die bestehenden Meinungen zum Thema simplifizieren und polarisieren um ein moglichst grosses Publikumsinteresse hervorzurufen Identifikationsphase Durch die mediale Verbreitung werden Losungen offentlich diskutiert Die Teilnehmer identifizieren sich mit einer der verbreiteten Losungen und vertreten sie fortan Losung Das kritische Thema wird durch Verhandlung Anpassung oder hoheitliche Regelung gelost Eine Losung ist nie endgultig sondern das Issue tritt damit in eine latente Phase ein und kann jederzeit wieder aufkommen wenn sich Rahmenbedingungen andern Je spater die Phase eines Issues desto geringer sind die Handlungsoptionen der betroffenen Organisation und umso hoher sind die Kosten moglicher Reaktionen Einmal nimmt der Zeitdruck zu um uberhaupt noch auf den Prozess Einfluss nehmen zu konnen Zum anderen sinken die Handlungsmoglichkeiten da die Standpunkte der Beteiligten sich umso mehr verfestigen als das Issue in seinem Zyklus voranschreitet Issues Management Bearbeiten Issues Management ist ein Verfahren das die Beobachtungs und Informationsverarbeitungsfahigkeit einer Organisation gewahrleistet und so zur Bewaltigung von Ungewissheit und Risiko beitragt Durch die fruhzeitige Identifikation von kritischen Themen und Anspruchen von Stakeholdern die den Handlungsspielraum eines Unternehmens zu beeintrachtigen drohen schafft Issues Management die Voraussetzung fur eine aktive Auseinandersetzung mit diesen Issues An diese Fruhwarnfunktion schliesst sich die Entwicklung von Strategien zur Beeinflussung des offentlichen Thematisierungsprozesses oder falls dies nicht moglich erscheint zur Anpassung der Organisationspolitik an Grundlegendes Ziel dabei ist es einerseits unangenehme Uberraschungen bzw Konflikte die sonst mit diesen Issues verbunden waren zu vermeiden andererseits aber auch Chancen die Issues mit sich bringen konnen zu nutzen 5 Issues Management tut also drei Dinge 6 Identifizierung Beobachtung und Analyse sozialer technologischer politischer und okonomischer Krafte und Trends welche das Unternehmen beeinflussen konnten Interpretation und Definition der daraus entstehenden Implikationen und Optionen Auswahl und Implementierung von Strategien um mit diesen Issues umzugehenAnsatze BearbeitenDer Begriff Issues Management wurde erstmals im Jahre 1976 von dem US amerikanischen PR Berater W Howard Chase gepragt Ihm ging es bei seiner Begriffsschopfung um eine Neukonzeption von Public Relations PR eine Erweiterung des Aktionsradius Issues Management sollte die PR fur Chase bisher nur eine Ansammlung verschiedener Techniken aufwerten und als Managementfunktion etablieren Issues Management in der Tradition dieses Ansatzes betont die Beobachtung des Organisationsumfeldes auf Chancen und Bedrohungen 7 Eine zweite grundlegende Richtung nennt sich Strategic Issues Management SIM und geht insbesondere auf Igor Ansoff zuruck Diese Richtung entwickelte sich nicht aus der PR sondern dem Strategischen Management Ansoff ging davon aus dass starre Planungszyklen dem zunehmend turbulenten Unternehmensumfeld nicht mehr gerecht werden Gegenlaufige Entwicklungen liessen sich aber durch sogenannten weak signals fruhzeitig erkennen und konnten so ins strategische Management einfliessen 8 Issues Management in der Tradition dieses Ansatzes betont die Analyse von Issues hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Unternehmensstrategie Verfahren BearbeitenIdentifizierung Bearbeiten Ziel ist hierbei Issues moglichst in einer fruhen Phase ihres Lebenszyklus zu erkennen um der Organisation Handlungsspielraum und damit mehr Einflussmoglichkeiten zu geben Es geht also um die Suche nach Ereignissen und Trends weak signals die sich zu Issues entwickeln konnten welche das Unternehmen beeinflussen Die Aktivitaten zur Issues Identifizierung lassen sich in Scanning und Monitoring unterteilen Scanning ist die ungerichtete Beobachtung des Unternehmensumfeldes Beobachtungsgegenstand ist im Grunde alles in den Kontaktbereichen des Unternehmens also die Entdeckung neuer Entwicklungen und Trends in bereits beobachteten Bereichen oder die Entdeckung von Ereignissen in bislang noch unbeobachteten Bereichen Wegen dieses breiten Spektrums ist diese Vorgehensweise eher intuitiv und unstrukturiert Es geht darum Zusammenhange oder Muster zu erkennen Dabei ist die Schwierigkeit dass man gleichsam etwas sucht ohne zu wissen nach was Hinzu kommt die unendliche Vielfalt an Informationen gerade durch das Internet Quellen des Scannings konnen sein Massenmedien Internet Homepages Newsgroups Foren Blogs Unternehmensinterne oder externe personliche Mitteilungen mundlicher oder schriftlicher Art Halboffentliche Quellen graue Literatur wie Manuskripte Studien Tagungsunterlagen Newsletter etc Monitoring ist die gezielte Beobachtung bereits erkannter oder gegebener Trends und Issues Methoden des Issue Monitorings sind Medienbeobachtung Inhaltsanalyse Befragung Expertengesprache Priorisierung Bearbeiten Unter der Vielzahl von Issues mussen die Ressourcen eines Unternehmens auf die dringlichsten gelenkt werden Hierzu mussen die Issues priorisiert werden Typische Kriterien sind dabei jeweils in Bezug auf die Organisation Dringlichkeit Wirkung und Beeinflussbarkeit des Issues Issues Manager mussen die so identifizierten Top Issues im Unternehmen kommunizieren sie unterliegen also der unternehmensinternen Meinungsbildung Im Ergebnis entsteht analog zum Agenda Setting der Medien eine Issue Agenda mit den fur die Organisation wichtigsten Issues welche nicht die strategisch drangendsten sein mussen 9 Zur Priorisierung gehort deshalb nicht nur die Erstellung einer Rangordnung sondern auch Kommunikationsmassnahmen um bestimmte Issues organisationsintern zu verkaufen Analyse Bearbeiten Das Ergebnis der Analyse der vorher identifizierten Top Issues dient als Entscheidungsgrundlage fur den weiteren Issues Management Prozess Untersuchungsgegenstand sind die drei Dimensionen eines Issues Sachdimension Akteursdimension Zeitdimension Idealtypisch besteht eine Analyse somit aus folgenden Elementen Sachdimension Inhalt des Issues Art und Wirkung des Unternehmensbezugs Aufmerksamkeitswert ist ein Mass fur das Resonanzpotential eines Issue in der Offentlichkeit und damit fur die Mobilisierungsfahigkeit von Konsens Die Faktoren des Aufmerksamkeitswertes orientieren sich an den bekannten Nachrichtenfaktoren und stellen vor allem auf die wahrgenommene Wichtigkeit eines Issue und dessen Diffusionstrachtigkeit ab 10 so lasst sich die mogliche Themenkarriere abschatzen Akteursdimension Identifikation der Stakeholder Deutungsrahmen Problemwahrnehmung und Schuldzuweisung Restriktionsempfinden Betroffenheitsgrad Losungsvorstellungen Stellenwert der Stakeholder Macht Legitimitat subjektive Dringlichkeit des Anliegens Zeitdimension Mediale Aufmerksamkeit Beteiligte TeiloffentlichkeitenStrategie Bearbeiten Auf der Grundlage der Analyseergebnisse wird im nachsten Schritt die Art und Weise bestimmt wie die Organisation mit dem Issue umgeht Dazu muss als erstes eine Position entwickelt und formuliert werden Die Gegenuberstellung von Starken und Schwachen der Organisation mit den Moglichkeiten und Bedrohungen SWOT Analyse durch das Issue unterstutzt bei der Entscheidung ob und wie das Issue behandelt werden soll Gleichzeitig mussen die Ziele festgelegt werden welche die Organisation hinsichtlich eines Issues hat Nach der Entscheidung zum Handeln gibt es grundsatzlich drei strategische Optionen namlich die Abwehr der mit dem Issue verbundenen Anliegen der Versuch das Issue durch Mitwirkung zu beeinflussen und die Anpassung durch die Organisation Zur Strategie gehort weiterhin die Entscheidung uber die Art der einzusetzenden Mittel also Kommunikation Instrumente des Managements des Lobbyings etc und uber die Zielgruppen von Massnahmen Zielgruppen konnen im Hinblick auf ihre Position zum Issue Gegner Verbundete oder Vermittler z B Medien Politik sein Massnahmen Bearbeiten Die Art der Massnahmen deckt sich mit denen einer Organisation insgesamt zur Verfugung stehenden Mittel Vertreter des SIM betonen dass es hier eben nicht ausschliesslich um Kommunikationsmassnahmen handelt Evaluation Bearbeiten Der letzte Schritt des idealtypischen Issues Management Verfahrens lasst sich unterteilen in Ergebniskontrolle und Prozesskontrolle Ergebniskontrolle meint den Vergleich zwischen den gesetzten Zielen und den erreichten Ergebnissen Das ist wie im gesamten Kommunikationsbereichs schwierig da wegen der vielen externen Einflusse bestimmte Wirkungen nicht eindeutig Ursachen wie z B PR Massnahmen zugeordnet werden konnen Prozesskontrolle ist die Uberprufung von Effizienz und Effektivitat der einzelnen Schritte des Issues Managements In beiden Fallen ist das oben beschriebene laufende Monitoring der Entwicklung des Issues auch Teil der Evaluierung Eine Prozesskontrolle der Priorisierung ist durch einen Abgleich der Top Issues mit den Bereichen in denen eine Organisation tatsachlich Massnahmen ergriffen hat moglich Organisationsprobleme BearbeitenEinige sehen wie Chase im Issues Management einen Weg zur Professionalisierung der Offentlichkeitsarbeit Tatsachlich fallt auf dass in anderen Organisations und insbesondere Unternehmensfunktionen ein breites Spektrum an Management und Controllinginstrumenten genutzt wird wahrend die PR hier noch in den Kinderschuhen steckt Gleichzeitig konnte gerade das den Widerstand sich als kreativ sehender Kommunikateure gegen eine starkere Einbindung in ein Managementkonzept wecken Fur Vertreter des Strategischen Issues Managements ist eine Beschrankung von Issues Management auf die PR nur alter Wein in neuen Schlauchen da nur befolgt wurde was gute Offentlichkeitsarbeit sowieso ausmacht Ein weiteres organisatorisches Problem ist die Wahl zwischen eher Top Down oder Bottom Up orientierten Ansatzen Letztere bieten eine grossere Unvoreingenommenheit und eine luckenlosere Erfassung des Unternehmensumfeldes aber die Menge an Informationen kann schnell uberhandnehmen und bindet Ressourcen Bei Top Down Ansatzen entfallt zudem die Notwendigkeit das Management von bestimmten Issues zu uberzeugen Issues Management widerstrebt namlich zum Teil der ublichen hierarchischen Organisationsweise Nicht Informationen werden nach strategischen Vorgaben gesucht sondern Informationen sollen strategisches Handeln auslosen oder verandern Best Practice Studien weisen darauf hin dass Issues Management am besten dann funktioniert wenn grosse Teile der Organisation darin involviert sind Issues Management als Vernetzungsprozess hat so mit ahnlichen Problemen zu kampfen wie Wissensmanagement Literatur BearbeitenHorst Avenarius Public Relations Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation 2 Auflage Primus Darmstadt 2000 ISBN 3 89678 181 2 Joseph F Coates Vary T Coates Jennifer Jarrat Lisa Heinz Issues Management Lomond 1986 Gabler Wirtschaftslexikon Franz Liebl Der Schock des Neuen Munchen 2000 Stefan Lutgens Potentiellen Krisen rechtzeitig begegnen Themen aktiv gestalten Strategische Unternehmenskommunikation durch Issues Management Schifferstadt 2002 Ulrike Rottger Hrsg Issues Management Wiesbaden 2001 Gunter C Schaufler amp Benno Signitzer Issues Management Modewort oder neuer Weg in der PR In prmagazin 12 1990 S 31 34 Gero Kalt Achim Kinter Michael Kuhn Hrsg Chefsache Issues Management Ein Instrument zur strategischen Unternehmensfuhrung Grundlagen Praxis Trends Frankfurt am Main 2003 Gero Kalt Achim Kinter Michael Kuhn Hrsg Strategisches Issues Management Vom erfolgreichen Umgang mit Krisen und Profilierungsthemen Frankfurt am Main 2009 Bernadette Forster Jonas Keller Heiko A von der Gracht Inga Lena Darkow Delphi based strategic issue management crafting consumer goods supply chain strategy In International Journal of Physical Distribution amp Logistics Management Vol 44 Issue 5 2014 S 373 391 doi 10 1108 IJPDLM 09 2012 0289 Weblinks BearbeitenInformationsdienst zum Issues Management mit Fallstudien Fachbeitragen etc Spin Off der Universitat Kiel issuemanagement de Issue Management Wenn Unternehmen ins Gerede kommen auf perspektive blau de Der Issues Manager als kommunikativer Spurhund auf Spiegel online 23 Juli 2001 Issues Management quo vadis auf neudeutsch Magazin fur Kommunikation und LebensartEinzelnachweise Bearbeiten Vgl LIEBL S 9 ff Vgl AVENARIUS S 178 f Vgl ROTTGER S 19 SCHAUFLER SIGNITZER LUTGENS S 81 vgl COATES u a S 2 Vgl LUTGENS S 85 f Vgl GABLER S 3634 ff vgl LIEBL S 106 ff LIEBL S 48 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Issue Management amp oldid 235062557