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Die Irrenanstalt Chelm war eine psychiatrische Anstalt in der Stadt Chelm ostlich von Lublin in der Woiwodschaft Lublin Wahrend des Zweiten Weltkriegs befand sie sich nach der deutschen Besetzung im Generalgouvernement Am 12 Januar 1940 wurden etwa 440 Patienten der psychiatrischen Anstalt durch SS Einheiten ermordet Ab 1940 wurde die Anstalt als fiktive Anstalt weitergefuhrt Unter den Bezeichnungen Irrenanstalt Chelm Irrenanstalt Cholm oder Ortspolizeibehorde Chelm II mit der gleichlautenden Anschrift Postfach 822 Post Lublin erstellte die Zentraldienststelle T4 falsche Todesurkunden und fuhrte einen Briefwechsel mit Angehorigen beziehungsweise Fursorgetragern ermordeter judischer Patienten Dazu wurde Ende 1940 vorgeblich in Chelm ein NS Sonderstandesamt dessen tatsachlicher Sitz sich in Berlin befand eingerichtet um den Schriftverkehr mit Angehorigen und Fursorgetragern zu fuhren Inhaltsverzeichnis 1 Krankenmorde am 12 Januar 1940 2 Fiktive Anstalt zur Verschleierung und Bereicherung 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseKrankenmorde am 12 Januar 1940 BearbeitenAm 6 Januar 1940 wurde die psychiatrische Anstalt von SS Mitgliedern besichtigt und die Patientenliste gepruft Am 12 Januar 1940 erschien morgens eine SS Einheit und forderte das Betreuungspersonal auf die Klinik binnen zehn Minuten zu verlassen Nur zehn Mitarbeiter sollten bleiben Am Nachmittag liess man die Patienten vom Personal aus dem Haus bringen Wer sich wehrte wurde aus dem Fenster geworfen Vor den Eingangen wurden etwa 300 Manner 124 Frauen und 17 Kinder erschossen 1 Die Leichen wurden am folgenden Tag in provisorische Massengraber gebracht Im Fruhling 1940 wurden polnische Anwohner gezwungen sie tiefer zu vergraben 2 Der ganze Anstaltskomplex wurde beschlagnahmt und spater als SS Kaserne und Militarhospital verwendet 3 Fiktive Anstalt zur Verschleierung und Bereicherung BearbeitenUm die Schicksale der judischen psychisch kranken Patienten sowie Behinderten die im Rahmen der T4 Aktion ab Sommer 1940 in geschlossenen Transporten in die NS Totungsanstalten verbracht und ermordet wurden zu verschleiern wurde die Anstalt fiktiv weitergefuhrt Unter dieser Bezeichnung wurden der Reichsvereinigung der Juden Betreuungskosten in Rechnung gestellt gefalschte Sterbeurkunden eines NS Sonderstandesamts versandt und Anfragen von Angehorigen beantwortet Aufgrund einer Anordnung des Reichsinnenministeriums vom 30 August 1940 waren judische geistig Behinderte im Reich an zentrale Sammelanstalten Giessen Egelfing Haar Heppenheim Andernach Dusseldorf Grafenberg Hamburg Langenhorn Berlin Buch Bunzlau Am Steinhof in Wien und Wunstorf zu verlegen Von dort aus wurden sie in geschlossenen Transporten der Gemeinnutzigen Krankentransportgesellschaft kurz Gekrat zu den T4 Totungsanstalten gebracht und dort ermordet Fur sie war es doppelt verhangnisvoll Jude und Behinderter zu sein 4 Nachdem die beteiligten Institutionen auf Ruckfragen von Angehorigen und der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zunachst keine befriedigende Auskunft uber den Verbleib der verlegten Patienten erteilen konnten wurde von der Gekrat in Anlehnung an die 1939 erfolgten Judendeportationen nach Nisko und die im Februar 1940 erfolgte Deportation der Stettiner Juden nach Lublin vorgetauscht die Patienten seien ebenfalls in den Osten und zwar in die inzwischen leergemordete und als Kaserne genutzte Irrenanstalt Chelm verlegt worden Aus der T4 Zentrale wurden per Kurierdienst Sterbeurkunden und Trauerbekundungen mit gefalschten Angaben zu Todesursache Todeszeitpunkt und Todesort sowie weitere Schreiben mit Absendeort Lublin versandt Im Gegensatz zu ermordeten arischen Patienten deren Todeszeitpunkt meist um 6 Tage bis zu 4 Wochen vordatiert wurde ist dieser Zeitraum bei Juden regelmassig bis auf ein dreiviertel Jahr in Extremfallen sogar bis zu anderthalb Jahre vordatiert worden und die Angehorigen erhielten entsprechend spat erst Nachricht vom Ableben der Patienten Die Schreiben enthielten im Briefkopf die Angabe Irrenanstalt Chelm Irrenanstalt Cholm oder Ortspolizeibehorde Chelm II mit der Anschrift Postfach 822 Post Lublin Das Aktenzeichen dieser Schreiben aus Chelm begann generell mit einem X und einer laufenden Nummer im Gegensatz zu den regularen Totungsanstalten wo zum Beispiel A fur Grafeneck oder D fur Sonnenstein stand Nach dem Krieg behaupteten Viktor Brack und andere T4 Funktionare bei ihren Prozessen die judischen geistig Behinderten seien ins Generalgouvernement verlegt worden 5 Auch Nachkriegshistoriker verwendeten die Darstellung aufgrund der gefalschten Urkunden haufig und bewerteten diese als wahr Siehe auch BearbeitenListe von Psychiatrien in Polen Krankenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus PolenLiteratur BearbeitenHenry Friedlander The origins of Nazi genocide from euthanasia to the final solution 1995 ISBN 0 8078 2208 6 S 276 ff Wolfgang Neugebauer Juden als Opfer der NS Euthanasie in Wien 1940 1945 erschienen in Zur Geschichte der NS Euthanasie in Wien 2002 Hrsg Eberhard Gabriel Wolfgang Neugebauer ISBN 3 205 99325 X S 101 f Rael Strous Extermination of the Jewish Mentally Ill during the Nazi Era The Doubly Cursed 2008 Isr J Psychiatry Relat Sci Vol 45 No 4 S 247 256 Artur Hojan Cameron Munro Overview of Nazi euthanasia program in occupied Poland 1939 1945 Weblinks BearbeitenDie judischen Euthanasieopfer in Osterreich Vortrag von Wolfgang Neugebauer 1999 Liquidation of the Psychiatric Hospital in Chelm deathcamps org Liquidation of the Psychiatric Hospital in Chelm Holocaust Education amp Archive Research Team Gelsenzentrum NS Krankenmorde in PolenEinzelnachweise Bearbeiten Gelsenzentrum NS Krankenmorde in Polen Robert Kuwalek Liquidation of the Psychiatric Hospital in Chelm 2006 Holocaust Education amp Archive Research Team abgerufen 10 Juni 2016 Artur Hojan Cameron Munro Overview of Nazi euthanasia program in occupied Poland 1939 1945 Rael Strous Extermination of the Jewish Mentally Ill during the Nazi Era The Doubly Cursed 2008 S 250 Henry Friedlander The origins of Nazi genocide from euthanasia to the final solution 1995 ISBN 0 8078 2208 6 S 276 ff Koordinaten fehlen Hilf mit Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Irrenanstalt Chelm amp oldid 236812599